Read Ebook: Celsissimus: Salzburger Roman by Achleitner Arthur
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Ebook has 1678 lines and 69989 words, and 34 pages
Celsissimus.
Salzburger Roman
von
Arthur Achleitner.
Berlin.
Alfred Schall,
K?nigliche Hofbuchhandlung.
Verein der B?cherfreunde.
Vorwort.
Zum Geleit seien nur wenige Worte vorausgeschickt.
Der geneigte Leser wolle nicht an Bisch?fe und Priester unserer Zeit denken, wenn er an Wolf Dietrich, den erhabenen Kirchenf?rsten des 16. Jahrhunderts denkt und seine Schicksale liest. Die Verh?ltnisse der damaligen Zeit lagen ganz anders, wie denn auch f?r die Erw?hlung eines Kirchenf?rsten nicht kirchlich frommes Leben, sondern adelige Geburt erforderlich war. Der Adel beanspruchte die hohen und eintr?glichen W?rden der Kirche, er allein war stiftsf?hig und bestrebt, solche Stellen, weil das Leben versorgend, an sich zu bringen.
In die Zeit Wolf Dietrichs, eines genial veranlagten Adeligen, fiel die Restaurationsbewegung, von diesem F?rsten erwartete man Ausrottung des Protestantismus, der immer wieder auflodernden Kelchbewegung, Berufung der Jesuiten nach Salzburg, Wiederherstellung des C?libates, Anforderungen, die ?ber eines selbst genialen Mannes Kr?fte gehen mussten, zumal wenn die Erziehung, das Leben in r?mischen Pal?sten der Gedankenwelt eine ganz andere Richtung gegeben.
Wolf Dietrich, der seine Fehler durch Sturz und lange Gefangenschaft s?hnte, ist die interessanteste Erscheinung in Salzburgs Geschichte, die unvergessen in dankbarer Erinnerung fortleben wird, so lange die sch?ne Stadt Salzburg, welcher er das heutige Gepr?ge gegeben, bestehen wird.
M?nchen, im Herbst 1900.
Der Verfasser.
Die Fastnacht des Jahres 1588 sollte in Salzburgs Trinkstube mit einem gl?nzenden Fest, Schmaus und Tanz der B?rgergeschlechter gefeiert werden, dem beizuwohnen der junge Landesherr, Erzbischof Wolf Dietrich, in Gnaden der B?rgerdeputation versprochen hatte. Demgem?ss musste alles aufgeboten werden, das Fest so herrlich als in diesen Zeitl?ufen m?glich zu gestalten; der sonst beh?bige B?rgermeister Ludwig Alt hat diese hochwichtige Angelegenheit selbst in die Hand genommen und die Stadtr?te, vornehmlich seinen Bruder Wilhelm Alt, den Handelsherrn, um kr?ftige Unterst?tzung angegangen, wasmassen es gilt, dem prunkliebenden F?rsten ein seiner w?rdiges Fest darzubieten. Im Erzstift wusste man m?nniglich, wie sehr sich Wolf Dietrich auf dergleichen versteht, sein Einritt im Herbst des vergangenen Jahres gab den Unterthanen hiervon einen Begriff, die unerh?rte Pracht, welche selbst der unbarmherzige Salzburger Regen nicht zu beeintr?chtigen vermochte, blendete nicht bloss Bauern und B?rger, sie verbl?ffte auch den Adel. Einem solchen kunstverst?ndigen, prunkliebenden Herrn ein Fest zu bieten, war daher keine leichte Aufgabe. Doch die Ratsherrn der Bischofstadt hatten hierzu den Willen, und die reichen Patrizier das n?tige Geld; man will dem Landesf?rsten zeigen, dass auch die B?rger der Residenz sich auf ?ppige Feste verstehen.
So eifrig ist denn seit vielen Jahren nicht Rats gepflogen worden, als in der Zeit von Neujahr bis zum Fastnachtsfeste; man teilte die Arbeit, jeder Ratsherr erhielt sein Teil zugemessen.
Der hagere Handelsherr Wilhelm Alt, weitum bekannt durch seine kaufm?nnischen Talente, noch mehr aber durch seine sch?ne Tochter Salome, die als das herrlichste Gesch?pf Europas gepriesen ward, hatte die F?rsorge um das Mahl ?bernommen und konnte seiner Aufgabe gerecht werden, da ihm die Beihilfe seiner im Hauswesen t?chtigen grundgescheiten Tochter in jeder Weise wurde. F?r Beschaffung erlesener Weine sorgte Rat Thalhammer, eine Weinzunge f?rnehmer Art, geschult durch viele Reisen in Italien und Griechenland; ,,Vater Puchner", der Z?pfler, hatte es ?bernommen, etwaigen W?nschen nach einem Trunk guten Salzburger Bieres gerecht zu werden. Martin Hoss musste die Musikanten besorgen und die Anleit zum Balle geben.
Andere Ratsmitglieder ordneten die Ausschm?ckung der R?umlichkeiten der Trinkstube, die auch als Gasthof zur Fremdenbeherbergung diente und grosses Ansehen genoss, und schliesslich ward f?r diesen Festabend eine besondere Kleiderordnung ausgegeben, nach welcher sich die m?nnliche B?rgerschaft zu richten hat, dieweilen das f?r die Weiberwelt nicht n?tig ist, denn diese weiss sich schon selber aufs sch?nste herauszuputzen.
Zu Fuss und vielfach nach welscher Art in S?nften waren die Honoratioren der Bischofstadt im Trinkhause erschienen, buntgeschm?ckt und erwartungsvoll. In einem Seitensaale neben der Tanzhalle versammelten sich Salzburgs Frauen und M?dchen, in einer Gruppe standen eifrig parlierend die Junker und jungen B?rgers?hne, die Ratsherren hielten den vorderen Teil des Hauptsaales besetzt, empfangsbereit und voll Erwartung bange murmelnd. Ein Teil der B?rgerschaft hingegen hatte rasch entdeckt, dass ein Schenktisch in einem Gemache hinter dem Festsaal steht, wohlbesetzt mit Zinnkr?gen, Silberk?pfen, Kannen, Pokalen und Humpen, ja auch viel Majolikageschirr aus Welschland war vorhanden, und recht derb kontrastierten dagegen die h?lzernen Bierbitschen. Dass alle diese sch?nen Gef?sse teils mit Wein, teils mit Gerstensaft gef?llt seien, hatten junge Leute bald los. Zwar lautet das Gebot, dass vor Tafelbeginn der Schenktisch nicht gepl?ndert werden d?rfe, doch von den gewaltigen Ratsherren war heut keiner um die Wege, die Aufw?rter fragte man nicht, und so schluckte so mancher aus den Gef?ssen, ohne lang zu fragen, ob es erlaubt und wessen der Inhalt sei. ,,Was man hat, besitzt man!" gr?hlte ein junger Negotiator, und sein Beispiel wirkte aneifernd genug.
Im Hauptsaale, so sch?n und grossartig, dass darin ein r?mischer Kaiser logieren k?nnte, war die Tafel, bedeckt mit schwerem Damast und goldenen wie silbernen Kannen, Bechern und Sch?sseln, ausgestellt, wundersam zu beschauen auch ob der Schaugerichte, so da waren ein Pfau mit aufgeschlagenem Rade, der unvermeidliche Schweinskopf in reicher Garnierung, gewaltige Huchen und rotbetupfte Ferchen, auch Fasanen mit senkrecht aufragendem Stoss, und etliche Gebirge aus Zucker, darunter der Untersberg, aus dessen Quellen Weisswein als Bergbr?nnlein herniederrieselten.
Lustige Weisen der Zinkenbl?ser und Posaunisten, dazu Trommelwirbel und Schellengeklingel t?nten von der Galerie herab, den buntgeschm?ckten Festg?sten die Wartezeit bis zum Beginn zu verk?rzen, doch h?rte man nicht viel auf die lockende, bald leise schwirrende, bald wieder grell l?rmende Musik. Die Weiber hatten Besseres, Wichtigeres zu thun im Mustern der Kleider von Freundinnen, im schauen und kritisieren, und der Anblick, den Salome Alt, des Kaufherrn bildsch?ne Tochter bot, versetzte die anwesende Frauenwelt in eine Erregung, die sich in Rufen des Erstaunens, im Gemurmel und Tuscheln grimmigsten Neides ?usserte.
Salome, ein M?dchen mittlerer Gr?sse von kaum zwanzig Lenzen, war soeben in den f?r die Frauen reservierten Raum getreten; l?chelnd begr?sste sie die Damen, nickte den M?dchen zu und schritt langsam zur B?rgermeisterin, die sich ob der Pracht solcher Kleidung nicht zu fassen wusste, wiewohl sie wahrlich weiss, dass Salome ?ber Prachtgew?nder dank der Freigebigkeit des Vaters zu verf?gen hat. Ein bezaubernder Liebreiz ist ?ber das runde Madonnenantlitz des M?dchens ausgegossen, der schlanke Wuchs weist das herrlichste Ebenmass auf mit einer F?lle reizendster Formen, die ein M?nnerauge in hellstes Entz?cken versetzen muss. Blendend weiss die reine Stirne, von blonden L?ckchen umrahmt, die Z?hnchen schimmernd gleich Perlen, das goldige Haar aufleuchtend im Licht der vielen Kerzen, Kinderaugen lieb und rein, rundes Kinn, ein Wesen so sanft, unschuldsvoll und lockend, und dennoch bescheidener Art, die es vermeidet, das eigene sch?ne Ich irgendwie in den Vordergrund zu dr?ngen. Ein leises Rot liegt wie angehaucht auf Salomes zarten Wangen, ein L?cheln inneren Triumphes auf den leicht ge?ffneten Lippen. F?rstlich muss die Erscheinung des M?dchens genannt werden im weiten blauen, mit N?rzpelz gef?tterten Atlasrock, besetzt mit goldenen und silbernen Schn?ren, um den Hals eine vierfache Perlenkette, am Halsausschnitt die steife Spitzenkrause, die ?rmel verbr?mt mit golddurchwirktem Tuch.
,,Gott zum Gruss, liebwerte Muhme!" lispelte Salome und erwies der B?rgermeisterin geb?hrende Reverenz.
Frau Alt brachte den Mund nicht zu vor ?berraschung und musste erst verschnaufen, bis sie zu stammeln vermochte: ,,Salome! Wie eine F?rstin siehst du aus! Gott straf' mich peinlich, so dein Rock nicht die f?nfhundert Lot Perlen hat und in die tausend Thaler kostet!"
,,Gef?llt Euch das Kleid nicht? Das th?t' mich schmerzen, der gute Vater ist zufrieden, und das macht mich immer gl?cklich!"
,,Schon, gewiss auch! Aber Perlen, so viel Perlen f?r eine junge Maid! Das ist zu viel des Guten, Kind! Und Perlen bringen dereinst Z?hren, das hat mein Ahnl schon gesagt!"
,,Des will ich warten, Muhme!" lachte silberhell die sch?ne Salome, ,,ich habe Zeit und f?rchte mich nicht davor. Doch wenn Ihr verlaubet, will die anderen Frauen ich begr?ssen!"
Indes Salome einer F?rstin gleich und doch b?rgerlich bescheiden den Frauen zuschritt, ward es immer lauter am Schenktisch dr?ben, wo der hastig geschluckte starke S?dwein die Geister bereits zu entfesseln begann, und sowohl Stadtrat Thalhammer wie der ob seines Festbieres besorgte Vater Puchner herbeigeeilt waren, um weiteren Beraubungen der Getr?nkevorr?te vorzubeugen. Ihr Veto und der Hinweis, dass die k?stlichen Weine f?r das f?rstliche Gefolge, nicht aber f?r Schmarotzer bestimmt seien, rief lebhaften Protest der naschhaften B?rgers?hne hervor, und besonders der noch ziemlich jugendliche Ratssohn Lechner opponierte lauter als schicklich war, gegen sothane Bemutterung. ,,Festg?ste sind wir alle und in der Trinkstube zum trinken da, es bleibt sich gleich, ob wir unser Deputat vor oder erst nach dem Mahle trinken. Und auf diesen Wein wird der F?rst wohl nicht reflektieren, der hat besseren Tropfen im Keller des Keutschachhofes, besseren, sag' ich, als dieser Raifel, und der H?pfwein gar, der hat einen Stich!"
Nun war es zu Ende mit der Ruhe Thalhammers, den eine Verschimpfung von Weinen, die seine Zunge als f?rtrefflich erkieset, beleidigte. ,,Die Pest hat er, so diese Weine stichig sind! Sauf' er Wasser vom Gerhardsberg, das giebt Ihm den Verstand wieder, so einer ?berhaupt vorhanden war! Und die Rumorknechte schick' ich ihm auf den Hals!"
,,Die lasst nur h?bsch zu Hause! Wir sind in unserer Trinkstube, die ist st?dtisch und geh?rt uns B?rgern! Wollt Ihr beten, geht in den Dom, ist Platz genug darin, f?r Euch und den Erzbischof!"
,,Wollt Ihr gleich stille sein!" mischte sich Vater Puchner dazwischen, dem nicht ganz wohl ward bei so respektwidriger Erw?hnung des noch dazu eben erwarteten Landesf?rsten. ,,Wollet Ihr gr?hlen, wartet bessere Gelegenheit ab! Kein Wort aber mehr ?ber den erleuchteten erlauchten Herrn!"
Dem Lechner sass der Weinteufel aber schon im Gehirn und er polterte unbek?mmert los: ,,Erleuchtet, hehe! Der neue Herr mit dem seltsam Wappen! Wisst Ihr, Bierwanst, was der W?lfen Dieter im Schilde f?hrt? Ich will es Euch sagen: eine schwarze Kugel im weissen Felde! Das ist die Finsternis! Wir werden es noch erleben, ein Wetter wird gehen ?ber das Erzstift! Bringt Euren Schmeerbauch zu rechten Zeiten weg, der Erlauchte k?nnte Euch darauftreten, dass Ihr zwillt!"
Best?rzt rief Rat Thalhammer: ,,Haltet ein, Ihr schw?tzt Euch um den Kopf! Der neue Herr vergeht keinen Spass von solcher Seite und l?sst uns entgelten, was der Weindunst aus Euch spricht!"
Grimmig pfauchte Lechner: ,,So lasst Euch auf den K?pfen tanzen, dass es staubt, Ihr Memmen! Ich f?rcht' ihn nicht, den W?lfen Dieter samt seinen Degen! Haha! Ein Kirchenf?rst, der spanisch herumstolziert gleich einem geckenhaften Junker!"
L?rmender Tusch unterbrach diese Scene; auf ein Zeichen des B?rgermeisters hatten die Musikanten eingeht, den ins Haus getretenen Landesherrn anzublasen.
Die mit Tannengr?n und den Farben Salzburgs geschm?ckte Treppe herauf stieg Wolf Dietrich, gefolgt von den W?rdentr?gern seines Hofes. Der Gestalt nach war der Erzbischof und Landesf?rst schm?chtig, fast klein zu nennen, unsch?n die Z?ge seines Gesichtes mit kleinen, doch lebhaften Augen, deren Blick es jedoch verstand, sich Respekt zu verschaffen und den keiner auf die Dauer aushielt. Eine Unruhe lagerte ?ber diesem Antlitz, ein Gedankenreichtum, etwas undefinierbar Gewaltiges, jeden Augenblick bereit, ?berraschend loszubrechen. Kaum dreissigj?hrig ging von diesem Manne ein Wille aus, der an die Vollkraft des reifen Mannes, an eine unbeugsame Willensst?rke gemahnte, die Gestalt Wolf Dietrichs atmete Hochmut, trotz der kleinen Erscheinung, und gemahnte keineswegs an einen duldsamen Kirchenf?rsten. Aristokrat von der Sohle bis zum Scheitel vereinigte Wolf Dietrich die Eigenschaften schw?bischen und lombardischen Blutes in sich; ein frischer, junger Mann ,,geschwinden Sinnes und Verstandes und auch hohen Geistes", der infolge seiner Studien im collegium Germanicum zu Rom, seiner Erziehung im Palazzo seines Oheims Marx Dietrich von Hohenems, als Grossneffe des regierenden Papstes, an Bildung den Landadel turmhoch ?berragte und sechs Sprachen beherrschte.
Mit dem ihm eigenen stechenden Blicke musterte Wolf Dietrich die Dekoration im Treppenhause und stieg langsam empor, haltmachend vor dem in tiefster Verbeugung gehenden B?rgermeister Alt, der ehrerbietigst Seine Hochf?rstliche Gnaden begr?sste, ohne den gekr?mmten R?cken zu heben, und den Willkomm gleichzeitig mit dem Dank f?r das huldvolle Erscheinen des gn?digen F?rsten stammelte.
Ein hochm?tiger Blick flog ?ber des B?rgermeisters R?cken hinweg zu den Saalth?ren, durch welche heller Kerzenschimmer herausflutete, es schien, als suchten Wolf Dietrichs Augen eine bestimmte Peinlichkeit.
,,So m?gen denn Ew. Hochf?rstliche Gnaden geruhen, den Schritt zu setzen in das vor Freude erzitternde Haus bemeldter Stadt, die das Gl?ck hat...."
,,Will nicht hoffen! Liebe ,zitternde' H?user nicht! Soll ich aber den Fuss in den Saal setzen, mag Er Raum dazu geben!" sprach ironisch l?chelnd der junge F?rst, worauf sich der B?rgermeister erschrocken mit seinem gutgen?hrten B?uchlein an die Stiegenmauer dr?ckte. Wolf Dietrich schritt an ihm vor?ber, und Alt wollte eben dem F?rsten folgen, da dr?ckte ihn die energische Hand des Kammerherrn hinweg, das f?rstliche Gefolge blieb dem Gebieter auf den Fersen. Bis auch noch die Edelknaben die Stiege vollends erklommen hatten, war Wolf Dietrich l?ngst im Hauptsaal angelangt, und der B?rgermeister stand verdutzt an der Stiegenmauer.
Die Stadtr?te beugten sich wie ein ?hrenfeld im Winde vor dem Gebieter, dessen Feueraugen indes nach dem Frauengemach schielten, und mit ebenso ?berraschender wie gewinnender Liebensw?rdigkeit sprach Wolf Dietrich: ,,Meinen Dank allen f?r den freundlichen Empfang! Doch ich bitte, zuerst die Damen! Nicht will ich die Ursache sein einer Verz?gerung, und Frauen soll man niemals warten lassen!"
Auf einen Wink des F?rsten schritt der K?mmerling an die offene Th?r des Frauenwartegemaches und sprach: ,,Seine Hochf?rstliche Gnaden lassen die Damen bitten, in den grossen Saal zu treten!"
Scheu und doch neugierig, geschmeichelt und doch ?ngstlich zugleich wollte von den Frauen keine vortreten, und f?r die jungen M?dchen schickte sich ein Vortritt ?berhaupt nicht.
,,Nicht um die Welt und Gastein dazu geh' ich voraus!" wisperte die verdatterte B?rgermeisterin in einer schier un?berwindbaren Scheu vor dem Auge Wolf Dietrichs. Um aber an der Ehre des Vortrittes doch einigermassen Anteil zu haben, auf dass sothane Ehre in der Verwandtschaft bleibe, gab Frau Alt der Nichte Salome einen ebenso freundlichen wie verst?ndlichen Stoss mit der kn?cherigen Faust und tuschelte dazu: ,,Geh du voraus, dein Kleid vertr?gt es!"
,,Wenn Ihr glaubt, Muhme, ich f?rchte mich nicht und w?sste auch keinen Grund zu Angst und Sorge!" erwiderte leise die sch?ne Salome, und schritt durch die offene Th?r in den Hauptsaal; hinterdrein zappelten nun die Frauen und T?chter und guckten sich die Augen und H?lse wund nach dem jungen F?rsten in der spanischen Tracht.
Noch ehe Salome die Lippen ge?ffnet, um den Dank von Salzburgs Damen f?r das gn?dige Erscheinen des Landesherrn darzubringen, war Wolf Dietrich in seiner impulsiven Art dem sch?nen Fr?ulein entgegengegangen, und lebhaft rief der F?rst: ,,Ah, welches Gl?ck lacht mir entgegen, des Festes K?nigin erscheint, und sie wolle auch meine Huldigung entgegennehmen!" Mit eleganter Wendung griff Wolf Dietrich nach dem zierlichen H?ndchen Salomes und dr?ckte galant die Lippen darauf.
,,Hochf?rstliche Gnaden!" stammelte ?berrascht die sch?ne Salome und wollte die Hand zur?ckziehen.
,,Nicht doch, bellissima! Gew?hrt die Gnade, dass des Stiftes Salzburg Herr der Sch?nheit huldigt! Euren Arm, Donna, und nun wollen wir geruhen, das Fest zu er?ffnen!"
Salome hatte sich gefasst, die chevalereske Huldigung schmeichelte ihrem Sinn wie die offenkundige Auszeichnung; Salome wusste, dass sie strahlend sch?n, begehrenswert wie keine zweite Dame unter Salzburgs M?dchen ist, und in diesem Triumph legte das Fr?ulein, holdselig l?chelnd, den vollen runden Arm in jenen des jungen F?rsten. Das Paar schritt nun durch den Saal, die Musikanten spielten eine flotte Weise dazu, die ?berraschten Patrizier und deren Frauen, S?hne und T?chter thaten das kl?gste, indem sie sich paarweise anschlossen und in der Ronde hinterdrein schritten. Gelegenheit zum schw?tzen war dabei reichlich genug vorhanden, die M?ndchen der Damen schnurrten wie Spinnr?dchen. Neues genug bringt der neue Herr in alle Kreise. Ohne vorherigen Cercle ein Fest zu er?ffnen, sich ein Fr?ulein herauszufischen, und das zur Festesk?nigin erk?ren und auszurufen, welch neues, ungew?hnliches Vorgehen! Wenn der F?rst da doch wenigstens die eigene Tochter herausgefischt h?tte! Aber so schlankweg die Salome Alt, die ohnehin sich geriert, als stamme sie aus f?rstlichem Gebl?t! Es muss ihr ja der Neid lassen, dass sie sch?n ist, h?bscher als alle andere, aber weil das unbestreitbare Thatsache ist, w?re es besser, wenn sich die Alt-Tochter mehr im Hintergrund verhielte! Und dieser fabelhafte Luxus in der Kleidung! Eine Prinzessin hat kaum so viel Perlen zu tragen!
Salomes Vater, Herr Wilhelm Alt, war mit sich selber nicht recht einig, als er mit der Schw?gerin, der Muhme Salomes, dahinschritt. Die seiner Tochter widerfahrene Auszeichnung schmeichelte zum Teil ja gewiss auch dem Vater, besonders da Wolf Dietrichs Art sonst hochm?tig ist und der junge Gebieter viel auf h?fische Formen h?lt. Aber eben die so pl?tzliche Durchbrechung der Etikette will dem stolzen Kaufherrn nicht gefallen, sie verletzt durch ihre Ausserordentlichkeit. Einem Stachel gleich wirkt auch die von Wilhelm Alt wohl beobachtete Scene, wie der Bruder-B?rgermeister von den Herren des f?rstlichen Gefolges an die Stiegenwand gedr?ckt wurde; die Hofschranzen nehmen sich in ihrem ?bermut zu viel heraus, der B?rgerstolz ist verletzt und stolz waren die Salzburger Patrizier von jeher. Was aber thun in diesem ungew?hnlichen Falle? Es ist nicht opportun, als Vater hinzutreten und dem F?rsten die Tochter aus dem Arm zu reissen.
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