Read Ebook: Die Frauenfrage: ihre geschichtliche Entwicklung und wirtschaftliche Seite by Braun Lily
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Ebook has 1724 lines and 219312 words, and 35 pages
Die Familie war im Orient ein Staat f?r sich gewesen, der Vater der Patriarch, der K?nig darin. Sie wurde in Griechenland fast bedeutungslos, denn der Staat ?bernahm viele ihrer wichtigsten Funktionen; der Familienvater war nicht mehr Herrscher, sondern Unterthan, seine B?rgerpflichten entrissen ihn vollkommen seiner H?uslichkeit, sein Leben als Gesetzgeber, Soldat, Advokat, Philosoph und K?nstler spielte sich ausserhalb des Hauses ab, dessen Gesch?fte und Obliegenheiten er ausschliesslich der Gattin und den Sklaven ?berliess. Eines freien Mannes waren sie unw?rdig und wurden um so verachteter, je mehr die Sklaverei zu einem wichtigen Faktor im sozialen Leben sich entwickelte. W?hrend der Orientale, besonders der Israelit, in der Arbeit keine Schande sah und die Z?chtung und H?tung der Herden zu seinen Pflichten geh?rte, w?hrend der Schwerpunkt seines Lebens in seiner Familie, seinem Besitztum lag, und die Frau ihm dadurch, trotz aller Unterdr?ckung, menschlich n?her stand, sank sie in Griechenland vollst?ndig in die Reihen der Sklaven hinab.
Sie war, wie im Orient, das willenlose Eigentum des Mannes. Der Vater, wie der Vormund konnten sie, wem sie wollten, zur Gattin geben; der Gatte konnte sie verschenken oder vertauschen; blieb sie unfruchtbar, so galt es f?r ein Verbrechen gegen die G?tter, wenn sie nicht verstossen wurde. Die Pflicht, zum Zweck der Zeugung legitimer Kinder, die Ehe zu schliessen, wurde vom Staate den M?nnern auferlegt; durch Solons Gesetzgebung wurden die Unverheirateten einer Strafe unterworfen. Denn noch waren die L?nder nur schwach bev?lkert und vom Zuwachs t?chtiger B?rger hing das Bestehen und der Wohlstand des Staates ab. Daher besch?ftigt sich die Gesetzgebung jener Periode der Geschichte in einer so eingehenden Weise mit der Frage der Volksvermehrung.
Die Monogamie war Gesetz. Der Mann durfte nur eine legitime Frau haben; die Zahl der Konkubinen, die er sich neben ihr hielt, war aber unbeschr?nkt, und der einzige Fortschritt gegen?ber den orientalischen Zust?nden bestand darin, dass ihre Kinder nicht ohne weiteres Mitglieder der Familie waren, sondern es erst durch die Legitimation ihres Vaters werden konnten. Die aus dem v?terlichen Hause meist in sehr jungen Jahren in das des Gatten eintretende Frau lebte hier wie dort in v?lliger Abgeschlossenheit, ohne irgend welche Ber?hrung mit der Aussenwelt; sie durfte weder am ?ffentlichen noch am geselligen Leben Anteil nehmen. Das Haus war ihre Welt, ?ber deren Grenze die tugendhafte Frau nicht hinwegschreiten durfte. Und wenn Dichter und Schriftsteller auch versuchten, sie ihr zu verkl?ren--genau wie es heute geschieht--so war ihre Lage doch die einer physisch und geistig allen Lichts beraubten Gefangenen, die auch wie eine solche verachtet wurde. Von einem Griechen stammt jener bekannte Ausspruch, wonach diejenigen Frauen am meisten Ruhm verdienen, von denen am wenigsten gesprochen wird, und er bedeutet nichts anderes, als dass die Frau im Guten ebensowenig wie im B?sen aus der Masse hervorragen darf. Es entsprach nur der allgemeinen niedrigen Meinung von den Frauen, wenn Demosthenes der Ansicht seiner Zeitgenossen von der Ehe Ausdruck verlieh, und sagte, dass man Frauen nur nehme, um rechtm?ssige Kinder zu zeugen, Beischl?ferinnen, um eine gute Pflege zu haben, und Buhlerinnen, um die Freuden der Liebe zu geniessen. Die eheliche Verbindung aus Liebe kannte der Grieche nicht. Im besten Fall war sein Gef?hl f?r die Gattin die wohlwollende Anh?nglichkeit eines Patrons zu seinem Klienten. Nicht die in strenger Zur?ckgezogenheit lebende, von klein auf zu k?hler Keuschheit und Zur?ckhaltung erzogene Frau war der Gegenstand seiner Leidenschaft, sondern die freie Priesterin Aphrodites, die Het?re.
Die uralte Verehrung des m?tterlichen Prinzips in der Natur, der Weiblichkeit und der Fruchtbarkeit, hatte sich mit dem allm?hlichen Verfall des Mutterrechts mehr und mehr verwandelt. Einst mussten sich die Jungfrauen Aegyptens einmal in ihrem Leben im Tempel der G?ttin der Fruchtbarkeit einem Fremden preisgeben, sp?ter bev?lkerten zahlreiche Frauen das ganze Jahr die Tempel der Iris, der Astarte, der Anahita oder Mylitta. Denn hart war das Los der M?gde und Sklavinnen; nur die M?dchen, welche eine Mitgift besassen, hatten Aussicht auf eine legitime Ehe, und auch das Schicksal rechtm?ssiger Frauen war ein trauriges. Da kann es nicht wunder nehmen, wenn Not, Gl?ckssehnsucht und Freiheitsdurst Scharen Armer und Unterdr?ckter in den Dienst der Liebesg?ttin trieb. Geheiligt durch die Religion, gef?rdert durch Not und Unterdr?ckung--so entstand in der ?ltesten Zeit die Prostitution. Sie wuchs mit der Ausdehnung der Sklaverei,--fast alle bekannten Het?ren waren urspr?nglich Sklavinnen,--und gewann an Ansehen und Bedeutung, je tiefer die Stellung des weiblichen Geschlechtes im allgemeinen war. Ihre Bl?tezeit erlebte sie in Griechenland, als Kunst und Wissenschaft auf ihrer H?he standen und der Kultus der Sch?nheit die Religion beinahe ersetzte.
Gern trat die sch?ne Sklavin, auf die das bewundernde Auge des Gebieters gefallen war, aus dem engen dumpfen Gyn?konitis mit seiner einf?rmigen Arbeitspflicht auf den offenen Markt hinaus, um von den Dichtern besungen, den K?nstlern gemalt und gemeisselt, dem Volke verehrt zu werden. Und diejenigen Frauen, deren reger Geist sich durch das abgeschlossene Leben nicht ert?ten liess, in deren Gemach ein Schimmer vom Glanz griechischer Bildung verlockend eindrang, betraten h?ufig genug den einzigen Weg, der ihnen offen stand, denn nur die Buhlerin war in Griechenland eine freie Frau, die ihrer Liebe folgen, die an der hohen Geisteskultur ihres Vaterlandes pers?nlichen Anteil nehmen konnte. Die Geliebte des Perikles, Aspasia, die Lehrerin des Sokrates, Diotima, die Sch?lerin des Plato, Lastheneia, die des Epikur, Leontion, nahmen dem griechischen Het?rentum das Odium eines ehrlosen Gewerbes und erhoben die Het?re in den Augen der hervorragendsten M?nner ?ber die Hausfrau, deren Geistes- und Gef?hlsleben k?nstlich verk?mmert wurde.
Trotzdem hat Plato dem weiblichen Geschlecht einen grossen Dienst geleistet, indem er die Bedeutung der Frau als Mutter und die Pflicht des Staates, sie f?r ihren Naturberuf f?hig und w?rdig zu machen, in eindringlicher Weise zum Ausdruck brachte.
Weniger eingehend hat sich Aristoteles ?ber die Stellung der Frauen ausgesprochen. Aber so wenig Plato ein Feminist nach modernen Begriffen war, so wenig war Aristoteles der erste Antifrauenrechtler, f?r den er oft gehalten wird. Wenn er sagt, dass die Herrschaft des Mannes ?ber das Weib mit der Regierung einer obrigkeitlichen Person in einer freien Republik zu vergleichen sei, und wenn er erkl?rt, dass die eheliche nicht zugleich die urspr?nglichste herrschaftliche Gesellschaft und das Weib nicht der Sklave des Mannes sei, so war das gegen?ber der thats?chlichen Stellung der griechischen Frau eine revolution?re Ansicht. In der Frage der Erziehung stimmte er sogar mit Plato ?berein, denn auch er forderte Musik und Gymnastik f?r beide Geschlechter. Einen h?heren Begriff aber als Plato hatte er von der ehelichen Verbindung, denn er hielt die strenge Monogamie f?r ihre h?chste Form. Wenn er an anderer Stelle von den weiblichen Tugenden spricht und meint, ein Mann sei noch feige, wenn er so heldenm?tig w?re, wie eine Frau, so erinnert dieser Ausspruch augenf?llig an den Platos, der im Hinblick auf die Seelenwanderung sagt, dass alle feigen und ungerechten M?nner bei der Wiedergeburt "wie billig" zu Weibern w?rden.
So konnten sich selbst die bedeutendsten Denker der Hellenen nicht von dem Einfluss ihrer Zeit und ihres Volkes befreien. Auch f?r sie war die Frau ein minderwertiger Mensch.
Wollen wir nun statt der Griechin die R?merin betrachten, so tritt der Gegensatz zwischen beiden am klarsten hervor, wenn wir Cornelia, die Mutter der Gracchen, der Penelope, der Mutter Telemachs, gegen?berstellen: hier w?rdevolle Gr?sse, ruhige Selbst?ndigkeit, dort ?ngstliche Sch?chternheit, Bed?rfnis nach Schutz und Anlehnung; hier S?hne, die der Mutter Ehrerbietung zollen, dort ein Sohn, der sie, als der Herr, zur Ruhe verweist. Schon in der Sage von der Egeria, der weisen Beraterin K?nig Numa Pompilius', spricht sich die Achtung des R?mers vor der Frau aus. Ihr Ursprung mag in der d?nnen Bev?lkerung des Landes zu suchen sein, in dem nicht genug Frauen vorhanden waren. Die Geschichte vom Raub der Sabinerinnen spricht f?r diese Annahme, ebenso die urspr?nglich f?r Mann und Weib gleich strenge monogamische Ehe. Es gab nicht so viel Frauen, als dass der Mann ihrer mehrere h?tte haben k?nnen. Er forderte von seinem Weibe unverbr?chliche Treue, aber seine Volksgenossen forderten von ihm dasselbe, denn sein Treubruch konnte zugleich den Treubruch eines ihrer Weiber bedeuten.
Die R?mer waren in ihren ersten historischen Anf?ngen ein abgeh?rtetes Landvolk. Ihre G?tter waren Personifikationen der Saat, des Lichtes, des Lenzes. Der Begriff der Familie umschloss Eltern, Kinder, Knechte und M?gde gleichm?ssig. An einem Tisch vereinigten sich alle; die Arbeit, der nichts Ehrloses anhaftete, besch?ftigte sie gemeinsam. Die r?mische Hausfrau, die Matrone, stand der inneren Wirtschaft und der Erziehung der Kinder vor. Ihre Stellung war von vornherein eine gefestigtere und ehrw?rdigere, da sie keine Rivalin neben sich hatte und die einzige Herrin im Hause war.
Die h?here Achtung, die sie genoss, verschaffte der R?merin auch gr?ssere Freiheit. Sie empfing des Hauses G?ste mit dem Gatten, sie war nicht in das Frauenhaus eingeschlossen, sie nahm teil an ?ffentlichen Festen und besuchte Theater und Zirkus. Rechtlich stand sie jedoch wie die Orientalin und die Griechin unter dauernder Vormundschaft. Niemals verf?gte sie frei ?ber ihr Eigentum; thats?chlich war es sogar das Eigentum, durch das sie unm?ndig wurde. So konnte nach altr?mischem Recht das unter v?terlicher Gewalt lebende M?dchen, das also selbst kein Verm?gen besass, ?ber seine Person frei verf?gen; die unter Vormundschaft stehende Waise dagegen, die im Besitz des v?terlichen Erbes war, blieb in allen ihren Handlungen v?llig unfrei. Daraus ergiebt sich, dass nicht die Frau an sich, sondern die Frau als Eigent?merin eines Verm?gens unter gesetzlichem Schutze stand. Sie durfte weder ein Testament, noch Geschenke, noch Schulden machen; die r?mischen Rechtslehrer selbst erkennen an, dass die Vormundschaft ?ber die Frau eine Institution sei, die weniger in ihrem Interesse als in dem des Vormundes lag. Nur in einem Punkt genoss sie w?hrend der Bl?tezeit der Republik dieselben Rechte, wie der Mann: Sie hatte Zutritt zum Forum und konnte sowohl in eigener wie in fremder Sache als Zeuge oder als Verteidiger auftreten. So wird von Amesia Sentia erz?hlt, dass sie sich unter ungeheuerem Zulauf des Volkes mit Klugheit und Energie zu verteidigen verstand, worauf fast einstimmig ihre Freisprechung erfolgte, und von Hortensia, der Tochter des Redners Hortensius, die es durch ihre gl?hende Beredsamkeit durchsetzte, dass die Frauen der Bezahlung einer ihnen auferlegten Steuer wieder entbunden wurden.
Allzu schnell wurden die R?mer aus einem schlichten ackerbautreibenden Volk die stolzen Beherrscher der Welt, und fr?h schon trug ihre Existenz den Todeskeim in sich. Die siegreichen Feldz?ge, die Unterdr?ckung ganzer Nationen waren von b?sen Folgen begleitet, denn nicht nur dass auf ihre rohe Kultur griechische ?berfeinerung, orientalische Perversit?t und Genusssucht gepfropft wurde--ein Umstand, der auf alle Naturv?lker verderblich wirkt--, auch das Grund?bel der Staatenbildung im Altertum, das Sklavensystem, fand in Rom raschen Eingang und entwickelte sich hier zur h?chsten Bl?te. Ungeheuere Reicht?mer str?mten aus allen Teilen der Welt in Rom zusammen; sie vereinigten sich in den H?nden weniger. An Stelle der kleinen, freien Bauern trat der Grossgrundbesitzer, an Stelle des kleinen Handwerkers und der freien Industrie der Grosskaufmann mit seinen Sklaven. Massen von Sklaven arbeiteten in den Pal?sten f?r ihre Gebieter und ein solches Gemeinwesen aus Million?ren und Bettlern musste die ?usserste sittliche Zerr?ttung zur Folge haben.
Ihr erstes Zeichen war, wie in Griechenland, die Entehrung der Arbeit. Nur der reiche Mann, der durch die Th?tigkeit des Sklaven lebte, galt f?r anst?ndig; jede Arbeit, die k?rperliche Anstrengung erforderte, war ehrlos, und der Arme, der sich durch seiner H?nde Arbeit sein Brot verdiente, wurde ver?chtlich als ein gemeiner Mann behandelt. Verderblicher noch als f?r die m?nnliche Bev?lkerung war diese moralische Dekadenz f?r die weibliche. Der r?mische B?rger konnte, auch wenn die manuelle Arbeit eine f?r ihn unw?rdige war, seine geistigen und physischen Kr?fte als Politiker, als Philosoph, als K?nstler, Dichter und Krieger beth?tigen. Er konnte dadurch dem entsittlichenden Einfluss des Reichtums Schranken setzen. Seine Gattin dagegen, der die F?hrung des Hausstandes, ja sogar die Wartung und Erziehung der Kinder von Sklaven abgenommen wurde, war ihm schrankenlos preisgegeben. Sie hatte dem Staat gegen?ber weder Rechte noch Pflichten und daher kein Verst?ndnis f?r ?ffentliche Fragen; ihre Erziehung wurde in jeder Weise vernachl?ssigt, daher hatte sie nur ein ganz oberfl?chliches Interesse an Kunst und Wissenschaft. Reichtum und Langeweile trieb die r?mische B?rgerin der Genusssucht und Sittenlosigkeit in die Arme, w?hrend die arme Sklavin, um dem Elend ihres jammervollen Daseins zu entrinnen, die Reihen der Prostituierten Jahr um Jahr in wachsender Zahl vermehrte. Der aus Griechenland und dem Orient eingef?hrte Dienst der Liebesg?ttinnen kam dabei den Neigungen und W?nschen der Frauen entgegen, die die w?stesten Orgien aus ihm machten.
Um der Verschwendungssucht der Frauen zu steuern, entstand schon w?hrend der Punischen Kriege das Oppische Gesetz, wonach ihr Besitz an Gold und Kleidern beschr?nkt und ihnen verboten wurde, in einem Wagen zu fahren. Bald jedoch emp?rten sich die Frauen gegen diese Beeintr?chtigung und zwei B?rgertribunen beantragten die Abschaffung des Gesetzes. Da trat zum erstenmal der strenge Sittenprediger und Vertreter altr?mischer Einfachheit, Marcus Portius Cato, gegen die Frauen auf. Unter grossem Zusammenlauf der R?merinnen erkl?rte er, dass jede Menschenart gef?hrlich sei, wenn man ihr gestatte, sich zu versammeln und gemeinsam zu beratschlagen. Gebe man den W?nschen der Frauen nach, die lediglich ihrer Genusssucht fr?hnen wollten, so w?rden sie bald volle Gleichberechtigung fordern und die M?nner auch im Staatsleben zu beherrschen suchen. Diese Philippika des strengen R?mers,--der es ?brigens selbst so wenig ernst mit der Aufrechterhaltung alter Sitte hielt, dass er sich von seiner Frau scheiden liess, weil ein Freund von ihm sie zu heiraten w?nschte, und sie wieder zur Gattin nahm, als dieser sie nicht mehr mochte--hatte zun?chst wenig Erfolg, denn das Oppische Gesetz wurde aufgehoben. Siebzehn Jahre sp?ter beantragte der Tribun Voconius, dass keine Frau erbberechtigt sein und Legate von mehr als 100000 Sestertien annehmen d?rfe. Der damals achtzigj?hrige Cato versagte es sich nicht, mit dem ganzen Gewicht seines Ansehens und seiner Beredsamkeit f?r diesen Antrag zu k?mpfen, indem er die Ausschweifungen und die Genusssucht der R?merinnen heftig tadelte, und seine Annahme schliesslich durchsetzte.
Aber wie kein Gesetz Sitten zu verbessern vermag, das sich nur mit den Symptomen statt mit dem Grund?bel besch?ftigt, so hatte auch dieses keine anderen Folgen, als dass die davon Betroffenen es auf Schleichwegen zu umgehen suchten. Um sich von der verm?gensrechtlichen Unselbst?ndigkeit zu befreien, schlossen die Frauen h?ufig mit M?nnern, die sich dazu hergaben, gegen eine Abfindungssumme Scheinehen. Sie versuchten aber auch, auf die Gesetzgebung direkten Einfluss zu gewinnen, indem sie durch Intriguen und Bestechungen aller Art die Abschaffung der Vormundschaft durchzusetzen suchten. Aus dieser Thatsache, die in die Zeit des Verfalls der r?mischen Republik fiel, ist sehr h?ufig der Schluss gezogen worden, dass die Emanzipationsbestrebungen der Frauen stets ein Zeichen f?r die Dekadenz des Volks, dem sie angeh?ren, und ein Beweis f?r die Korruption aller Sitten sind. Die Emanzipationsbestrebungen der R?merinnen aber waren keineswegs identisch mit denen der Frauen des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. Sie entsprangen weder der Not, noch dem Bildungsdrang, noch dem Pflichtgef?hl gegen?ber Staat und Gesellschaft; sie beschr?nkten sich auf den kleinen Kreis der herrschenden, b?rgerlichen Klasse, die niemals eine Tr?gerin grosser Reformen und einschneidender Umw?lzungen gewesen ist und sein kann. Eine Frauenbewegung im modernen Sinn konnte es nicht geben. Dazu waren die r?mischen B?rgerinnen durch den grossen Reichtum moralisch zu schwach und zu verweichlicht, und die Scharen der Sklavinnen durch die furchtbare Not und harte Arbeit zu stumpf und vertiert geworden. Wir finden in der r?mischen Geschichte nirgends eine Spur von dem Kampf der Frauen um h?here Bildung oder politische Rechte, sie verlangten nur ?ber ihr Verm?gen frei verf?gen zu k?nnen, um in ihrem Genussleben unbeschr?nkt zu sein.
Von der altr?mischen Ehe war kaum eine Spur mehr vorhanden. Noch stand auf den Ehebruch der Frau eine harte Strafe; die Gattinnen hochgestellter r?mischer B?rger gaben das Beispiel, wie man sich ihr entziehen k?nne; sie liessen sich in die Listen der Prostituierten eintragen, die straflos ihrem Gewerbe nachgehen konnten.
Mit dem zunehmenden Luxus nahm die Ehelosigkeit ?berhand; die M?nner scheuten die Kostspieligkeit eines eigenen Hausstandes und zogen ein freies Lotterleben vor, das die Denker und Dichter ihnen sogar empfahlen. Selbst einer der besten M?nner des damaligen Rom, der Censor Metellus Macedonicus, der den B?rgern die Pflicht zu heiraten nachdr?cklich einsch?rfte, erkl?rte sie f?r eine schwere Last, die der Mann nur aus Patriotismus auf sich nehmen m?sse, damit der Staat nicht untergehe. Was die griechische Gesetzgebung schon fr?h als eine der ersten B?rgerpflichten hervorhob,--durch eine zahlreiche Nachkommenschaft dem Vaterland zu nutzen,--das hat die r?mische erst sp?t in ihre Bestimmungen aufgenommen. Denn f?r den R?mer war die Bezeichnung Kinderzeuger--proletarius--lange Zeit ein Ehrenname gewesen; erst mit dem Niedergang der Republik war er zu einem Schimpfnamen geworden. Von den Frauen wurde das Geb?ren als eine sehr unangenehme Beeintr?chtigung ihrer Sch?nheit und ihrer Vergn?gungslust empfunden. Die M?nner w?nschten sich so wenig Kinder als m?glich, damit ihr angeh?ufter Reichtum nicht zersplittert w?rde. Infolgedessen drohte die Kinderlosigkeit verh?ngnisvoll zu werden; die Gesetzgebung sollte Hilfe schaffen. W?hrend C?sars Konsulat wurden Verordnungen erlassen, nach denen Unverheiratete keine Legate annehmen und die V?ter vieler Kinder bedeutende Privilegien geniessen sollten. Aber der beabsichtigte Segen dieser Gesetze wurde in den H?nden der entarteten B?rgerschaft in sein Gegenteil verkehrt. Es wurden Ehen geschlossen, nur um der Legate nicht verlustig zu gehen; viele M?nner wurden zu Kupplern an ihren eigenen Frauen, um an den Privilegien der Kinderreichen teilzunehmen.
Immer tiefer sanken die Frauen. Die begabteren unter ihnen, die ein Leben ?usserlicher Genusssucht nicht befriedigen konnte, versuchten durch Hinterth?ren in die f?r sie verschlossenen heiligen Hallen der Politik einzudringen, oder sie benutzten das einzige ?ffentliche Recht, das sie besassen--das vor Gericht zu plaidieren--, um ihrem leeren Leben dadurch Inhalt zu geben. Vielleicht, dass es unter ihnen Frauen gab, die durch ihre Freim?tigkeit den Zorn der m?nnlichen Herrscher erregten, vielleicht, dass sie f?r eine gute Sache eintraten und grosse Herren in ihrem Ansehen sch?digten,--wir wissen nichts Genaueres dar?ber, aber wir k?nnen annehmen, dass selbst f?r die ungerechtesten Gesetzgeber kein einzelnes Vorkommnis, wie das von dem Valerius Maximus erz?hlt, die Ursache sein konnte, um den Frauen das Recht zu plaidieren, gesetzlich abzuerkennen. Der r?mische Historiker berichtet n?mlich, dass die Gattin des Senators Buccion, Afrania oder Cafrania, wie man sie sp?ter nannte, mit Leidenschaft Prozesse f?hrte und stets ihr eigener Anwalt war. Dabei soll sie sich so skandal?s benommen haben, dass der Pr?tor sofort ein Edikt gegen das Auftreten von Frauen vor Gericht erliess, weil sie sich entgegen "der ihrem Geschlecht zukommenden schamhaften Zur?ckhaltung" in anderer Leute Angelegenheiten gemengt und m?nnliche Tugenden ausge?bt h?tten. Die sp?tere Justinianische Gesetzgebung setzte dieser Verordnung die Krone auf, indem sie erkl?rte: "Frauen sind von allen Aemtern, b?rgerlichen wie ?ffentlichen, ausgeschlossen, k?nnen daher weder Richter sein noch Verwaltungsbeamte, noch k?nnen sie klagen oder f?r andere als Beist?nde oder als Sachwalter vor Gericht auftreten." Die Begr?ndung f?r dieses Verbot lautete: "Es wird allgemein angenommen, dass Frauen und Sklaven ?ffentliche Aemter nicht auszuf?llen verm?gen." Durch den Vellejanischen Senatsschluss wurden sie schliesslich auch in privater Beziehung v?llig rechtlos, da sie f?r unf?hig erkl?rt wurden, B?rgschaften irgend welcher Art zu ?bernehmen.
Das Bild der Frauenwelt Roms zu Beginn unserer Zeitrechnung ist das dunkelste, das die Sittengeschichte bis dahin aufzuweisen hatte. Kaum ein Lichtstrahl erhellte es, denn selbst die Dichter, die sonst die Frauen immer zu preisen pflegen, ?berh?uften ihre Zeitgenossinnen mit Hohn und Spott, oder besangen nur die Dirnen unter ihnen, von denen keine die geistige H?he griechischer Het?ren erreicht hatte. Nur vereinzelt und beinahe sch?chtern versuchten einige Schriftsteller der allgemeinen Meinung entgegenzutreten. So sprach sich Cicero nicht, wie man infolge einer missverst?ndlichen Auffassung des Textes oft meint, f?r die Abschaffung der Vormundschaft der Frauen, sondern vielmehr daf?r aus, dass jene Art Sittenpolizei, die ?ber die Auff?hrung und den Luxus der Frauen in Griechenland zu wachen hatte, nicht in Rom eingef?hrt werde; statt ihrer sollte "nur ein Censor da sein, der die M?nner lehre, ihre Weiber geh?rig zu leiten".
Und Cornelius Nepos spricht in der Vorrede zu seinen Biographieen seine Zustimmung zu nichts anderem aus, als dazu, dass die R?merin im Gegensatz zur Griechin an Gastm?hlern teilnehme, Besuche empfange und nicht wie jene im Frauenhaus eingesperrt sei. Wichtiger, als diese kurzen Bemerkungen, die nur deshalb erw?hnenswert sind, weil ihre Bedeutung leicht ?bersch?tzt und Cicero zuweilen als Vork?mpfer der Frauenemanzipationgefeiert wird, ist die Schrift Plutarchs ?ber die Tugenden der Weiber. Er erz?hlt darin von einer ganzen Anzahl edler und heldenm?tiger Frauen und erkl?rt in der Einleitung, durch diese historische Beweisf?hrung den Satz bewahrheiten zu wollen, dass die Tugend des Mannes und die des Weibes gleich sei. Aber auch er ist weit entfernt davon, den Schluss auf die Notwendigkeit gleicher Rechte daraus zu ziehen.
Weit mehr als diesen zweifelhaften "Vork?mpfern" der Sache der Frauen ging einem anderen, geistig und moralisch h?her stehenden r?mischen Schriftsteller--Tacitus--die Not seiner Zeit, die unw?rdige Stellung seiner weiblichen Landsleute zu Herzen, und mit tieferem Ernst als sie suchte er dagegen anzuk?mpfen. Er entwarf von dem Volk der Germanen ein schattenloses Bild und der Gedanke liegt nahe, er habe es haupts?chlich geschrieben, damit Rom an dieser schlichten Reinheit seine eigene Verworfenheit erkennen m?ge. Er glaubte an die Wirkung des guten Beispiels mehr als an die wohlgemeinter Predigten und zog dabei nicht in Betracht, dass gute Sitten sich nicht durch den guten Willen verpflanzen lassen, sondern von selbst aus dem gesunden Boden der Volksnatur hervorwachsen m?ssen.
In allen V?lkern, deren Entwicklungsstufe dem Urzustand am n?chsten steht, die den schroffen Gegensatz von arm und reich, frei und unfrei noch nicht kennen, ist die Lage der Frauen eine verh?ltnism?ssig g?nstige, weil die f?r die ganze Familie notwendig auszuf?hrende Arbeit allein in ihren H?nden ruht, weil die Bildung der beiden Geschlechter eine gleiche ist, und die uralte g?ttliche Verehrung der Mutterschaft ihren Glorienschein noch auf das Weib zur?ckwirft. Die germanische Frau erschien Tacitus in ihrer Keuschheit, ihrem Fleiss, ihrer Einfachheit als das gerade Widerspiel der sittenlosen, faulen, verschwenderischen R?merin. Mit dem Tode wurde der Ehebruch bestraft, mit Peitschenhieben vertrieb man die Dirne aus dem Heerbann; "verf?hren und verf?hrt werden nennt man nicht Zeitgeist, und mehr wirken dort gute Sitten als anderswo gute Gesetze." Die M?hseligkeiten mondelanger Wanderungen mit Kindern und Hausger?t, die Schrecken der Fehden und Kriege teilten die Weiber mit den M?nnern. Das Klima ihrer Heimat und die Strapazen ihres Lebens hatten sie widerstandsf?higer und kr?ftiger werden lassen als andere ihres Geschlechts. Trotz alledem war die Germanin nicht der Typus der gl?cklichen, freien, gleichberechtigten Frau, wie sie einem Tacitus auf den ersten fl?chtigen Blick erscheinen mochte. Auch sie war nur des Mannes willenloses Eigentum; alle Arbeit, auch die des Feldes, lag allein in ihren H?nden, w?hrend der Mann im Frieden auf der B?renhaut lag. Sie musste den Pflug f?hren und auf schweren Handm?hlen das Getreide mahlen, sie musste die H?tte aufrichten, backen, Meth brauen, spinnen und weben; sie blieb auch dann noch ?berlastet, als nach den grossen Wanderungen auch die M?nner Ackerbauer geworden waren, denn das Gebiet ihrer Th?tigkeit umspannte, ausser der h?uslichen Wirtschaft, die Viehzucht, die Schafschur, die Flachsbereitung und nicht zum mindesten die aufmerksame Bedienung des Mannes.
In der ganzen heidnischen Welt finden wir in Bezug auf die Stellung der Frau nur Gradunterschiede. Infolge ihrer Geschlechtsfunktionen und der notwendig daraus folgenden Beschr?nkungen war sie dem Manne untergeordnet; Religion, Recht und Sitte heiligten und befestigten diesen Zustand. Die wirtschaftlichen Verh?ltnisse trieben sie noch nicht in den offenen Konkurrenzkampf mit dem Mann; selbst die Sklavin war nicht die Konkurrentin, sondern die Leidensgenossin des Sklaven, und es gab daher wohl Sklavenkriege, aber keine Frauenbewegungen. Erst musste die Frauenfrage in ihrer ganzen Sch?rfe formuliert werden, ehe eine Bewegung sich ihre L?sung zum Ziel setzen konnte. Nur leise Spuren von ihr haben wir in Griechenland und Rom verfolgen k?nnen. Mit dem Zusammenbruch der antiken Gesellschaft und dem allm?hlichen Auftauchen neuer Lebens- und Arbeitsformen tritt sie immer deutlicher hervor, bis sie auf jenen H?hepunkt gelangt, von wo aus ihr Flammenzeichen ?berall sichtbar werden sollte.
W?hrend Rom auf der H?he seiner ?usseren Macht zu stehen schien, im Innern aber von der schleichenden Krankheit der allgemeinen Korruption so zerfressen wurde, dass sein Zusammensturz nahe bevorstand, war ?ber Bethlehem, mitten unter dem geknechteten, geschm?hten Judenvolk jener Stern aufgegangen, durch dessen Glanz Rom zu neuer Weltherrschaft auferstehen sollte.
Es ist hier nicht der Ort, den innigen Zusammenhang der Entstehung des Christentums mit den wirtschaftlichen und politischen Verh?ltnissen der Zeit, in der es sich ausbreitete, n?her zu er?rtern. Es musste ?ber den Kreis des armen Volks, dem sein Gr?nder angeh?rte, schnell hinauswachsen, weil der Boden im r?mischen Reich ?berall daf?r vorbereitet war. Den Philosophen waren seine Gedanken zum Teil schon vertraut; von dem Nebenmenschen als dem Bruder hatte schon Plato gesprochen; die Stoiker lehrten die Verachtung irdischer G?ter und waren die ersten gewesen, die erkl?rten, dass der Mensch auch gegen seine Sklaven moralische Verpflichtungen zu erf?llen habe. Und der M?hseligen und Beladenen gab es mehr als genug; f?r sie alle war das Christentum der Rettungsanker, der sie ?ber ihr eigenes Elend hinaushob, der Hoffnungsstrahl, der in ihre Nacht leuchtete. Es war nicht jene vage Hoffnung der sp?teren Christen, die von der ewigen Seligkeit die Entsch?digung f?r ihre irdischen Schmerzen erwarteten, sondern der sichere Glaube an das nahe Ende der Welt, an die Wiederkehr Christi und an die Aufrichtung des tausendj?hrigen Reiches. Unter all den Armen und Elenden, die ihm zustr?mten, kamen auch jene gequ?ltesten aller Menschen in Scharen, die Frauen. Ihnen brachte das Christentum neben dem Trost und der Hoffnung, die es allen Unterdr?ckten brachte, noch etwas ganz Besonderes: Die Gleichwertung des Weibes mit dem Manne als moralisches Wesen, als "Kind Gottes".
Sowohl die orthodoxen Anh?nger des Christentums als seine fanatischen Ver?chter sind, soweit sie f?r die Frauenemanzipation eintreten, anderer Ansicht. Die einen behaupten, indem sie das Wort des Apostels Paulus: "Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Weib;" aus dem Zusammenhang herausreissen, dass das Christentum sich darin f?r die volle Gleichberechtigung der Frauen ausspricht; die anderen st?tzen sich auf jenen Satz desselben Apostels: "Das Weib schweige in der Gemeine," wenn sie erkl?ren, das Christentum habe das weibliche Geschlecht nicht nur nicht befreit, sondern nur noch vollst?ndiger geknechtet.
Das urspr?ngliche Christentum aber ist von beiden Meinungen gleich weit entfernt. Eine Frauenemanzipation im modernen Sinn ist ihm ebenso fremd, wie eine Emanzipation der Sklaven ihm fremd war. Dagegen hatten Leid, Not und Unterdr?ckung die m?nnlichen und weiblichen Lasttiere der Gesellschaft so aneinander gekettet, dass die neue Religion beiden denselben Trost, dieselbe Hoffnung, dieselben Vorschriften geben musste. Wenn der Apostel Paulus sagt: "hier ist kein Mann noch Weib", so f?gt er gleich hinzu: "ihr seid allzumal einer in Christo Jesu" und schickt voraus: "ihr seid alle Gottes Kinder durch den Glauben an Christo Jesu". Nur vor Gott also, nicht vor dem Staat, sind Herren und Sklaven, M?nner und Frauen gleich. Aber auch die Verachtung des Weibes ist keine urspr?ngliche Lehre des Christentums. Wenn als eine nat?rliche Reaktion gegen die furchtbaren geschlechtlichen Ausschweifungen jener Zeit die Enthaltung von allem Geschlechtsverkehr als besonders heilig und eines Christen w?rdig gepriesen wurde, so wurde die keusche Jungfrau stets dem keuschen J?ngling gleich gestellt. Nicht der Mann wurde vor der Ber?hrung des Weibes, als des b?sen Prinzips, gewarnt, sondern beiden wurde der ledige Stand als der gottgef?lligere anempfohlen.
Wie wir wissen, galt bei den Alten der Ehebruch des Weibes f?r ein todesw?rdiges Verbrechen, w?hrend der ehebrecherische Mann zumeist straflos ausging. Christus stellte das s?ndige Weib dem s?ndigen Manne gleich, indem er sagte: "wer unter euch ohne S?nde ist, der werfe den ersten Stein auf sie", und er verdammte die Reuevolle nicht. Er forderte von beiden die eheliche Treue, seine J?nger verlangten vom Mann, dass er sein Weib liebe, wie sie ihn, und die Ausgiessung des heiligen Geistes erfolgte ausdr?cklich ?ber "S?hne und T?chter". In dieser moralischen Gleichstellung der Frau mit dem Mann liegt die Bedeutung des Christentums f?r das weibliche Geschlecht. Weiter aber reicht sie nicht. Alle Einzelvorschriften, soweit sie sich auf das Weib beziehen, erheben sich nicht ?ber die bekannten religi?sen und weltlichen Gesetze der morgen- und abendl?ndischen V?lker. Das Weib muss dem Manne gehorchen, ihm unterthan, schweigsam und h?uslich sein, es darf weder lernen noch lehren und soll selig werden durch Kinderzeugen. Das alles bedeutet keinen Fortschritt in Bezug auf die Auffassung von der Stellung des weiblichen Geschlechts, aber es bedeutet ebensowenig eine versch?rfte Knechtung.
Erst als das Christentum aus einer Religion der Armen und Verfolgten zur Staatsreligion wurde, erfuhr es seitens seiner Haupttr?ger eine den neuen Verh?ltnissen entsprechende Umwandlung. Die Kirchenv?ter und die Gesetzgeber des kanonischen Rechts nutzten Ausspr?che Christi und der Apostel insoweit aus, als sie der Ausbreitung der Macht der Kirche f?rderlich sein konnten, und liessen andere ausser acht, die diesem Zweck nicht dienstbar zu machen waren. W?hrend Paulus seine Predigt von der gr?sseren Heiligkeit des ehelosen Lebens nicht nur an beide Geschlechter richtet, sondern sie ausdr?cklich damit einleitet, dass er sagt, er teile nur seine eigene Meinung, nicht ein Gebot des Herrn mit, klammerten sich asketische Eiferer an S?tze wie: "Es ist dem Menschen gut, dass er kein Weib ber?hre", und "Adam ward nicht verf?hret; das Weib aber ward verf?hret und hat die Uebertretung eingef?hret" und verdammten die Ehe als ein Laster, das Weib als diejenige, die dem Teufel Eingang verschaffte. Das kanonische Recht erhob die Auslegungen der apostolischen Lehren durch die Kirchenv?ter zum Gesetz, indem es unter anderem verf?gte: "die Frau ist nicht nach dem Bilde Gottes geschaffen. Adam ist durch Eva verf?hrt worden und nicht Eva durch Adam. Es ist daher recht, dass der Mann der Herr der Frau sei, die ihn zur S?nde reizte, auf dass er nicht wieder falle. Das Gesetz befiehlt, dass die Frau dem Manne unterworfen und beinahe seine Dienerin sei."
Am deutlichsten jedoch kam die niedrige Auffassung, welche die r?mische Kirche vom Weibe hatte, dort zum Ausdruck, wo sie dem Rechtsbewusstsein der Germanen gegen?bertritt, und zwar ist eine einzige Thatsache ausreichend, um den Gegensatz beider zu kennzeichnen: die Germanen verlangten f?r ein verletztes Weib ein h?heres Wehrgeld als f?r einen verletzten Mann, weil sie in jedem Weibe die Mutter ehrten, und die Schwache und Wehrlose zu verwunden f?r besonders schmachvoll galt; vom M?rder einer Frau forderten sie ein zweimal h?heres Wehrgeld, als vom M?rder eines Mannes. Nach dem ersten Gesetzbuch dagegen, das durch die r?mische Kirche einem germanischen Volke gegeben wurde--dem Fuero juzgo der Wisigoten--und das in Bezug auf die Ansichten des Klerus von den Rechten der Frau typisch ist, galt des Weibes Leben nur halb so viel als das des Mannes, denn ihrem M?rder wurde nur die halbe Busse auferlegt.
In einer Beziehung nur machte die r?mische Kirche den heidnischen Germanen und ihrer Verehrung des m?tterlichen Prinzips in der Natur eine Konzession, um sie dadurch leichter unter Kreuz und Krummstab zwingen zu k?nnen: sie erhob die Mutter mit dem Kind auf den Thron des Himmels. Dem urspr?nglichen Christentum hatte der Kultus der Frau fern gelegen; die Mutter Jesu verschwindet in den Evangelien fast vollst?ndig, Christus selbst weist sie hart zur?ck, als sie wagt, ihm einmal einen m?tterlichen Rat zu geben. Ihre Gestalt, wie sie der Katholizismus heute kennt, und die Verehrung, die ihr gezollt wird, sind nichts anderes als eine Reminiszenz an den heidnischen G?tterdienst. Die Kirche verstand es, die heidnischen Feste durch christliche, die G?tter durch Heilige zu ersetzen und den Germanen das Christentum durch die "Mutter Gottes" vertraut zu machen. Dass der Madonnenkultus ein dem Baum der Kirche k?nstlich aufgepfropftes Reis war, geht schon daraus hervor, dass trotz der Verehrung der himmlischen Jungfrau die Missachtung des weiblichen Geschlechts sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt steigerte.
Die "Kreuzigung des Fleisches" wurde gleichbedeutend mit der Flucht vor dem Weibe. Auf dem Konzil zu M?con entschied sich die Majorit?t daf?r, dem Klerus zu befehlen, die Frauen zu fliehen. Das Konzil zu Metz versch?rfte diesen Befehl, indem es den Priestern sogar den Umgang mit Mutter und Schwester verbot. W?hrend sich in der ersten Zeit des Christentums nur die M?nche dem Gebot der Keuschheit unterworfen hatten, wurde es nun f?r den gesamten Klerus obligatorisch. Die Folgen des C?libats einer grossen Zahl von M?nnern--meist der geistig hervorragendsten ihrer Zeit--waren von weittragender Bedeutung. Wohl hat sich die Kirche in ihnen eine Armee hingebender K?mpfer geschaffen, die durch keinerlei Familieninteressen von ihren Pflichten ihr gegen?ber abgelenkt wurden, aber wenn sie glaubte durch die Verherrlichung der Keuschheit, durch die erzwungene Abt?tung der geschlechtlichen Triebe im Dienste einer h?heren Sittlichkeit zu handeln, so hatte sie nur mit abstrakten Theorieen, nicht aber mit der lebendigen Natur gerechnet. Sie erreichte nicht nur das Gegenteil von dem, was sie bezweckte, denn neben dem ausserehelichen Geschlechtsverkehr und der raschen Zunahme der Prostitution wuchsen besonders in den Kl?stern die widernat?rlichen Laster empor, sie f?gte dem ganzen sittlichen Leben des Volkes einen Schaden zu, an dem es noch heute krankt, und durch den das weibliche Geschlecht am schwersten getroffen wird. Sie degradierte die nat?rlichsten Beziehungen der Geschlechter zu einander und suchte sie als etwas, dessen sich der Mensch sch?men m?sse, zu verh?llen; die Ehe war f?r sie in erster Linie eine "Vereinigung der Seelen", selbst die Geschlechtsliebe in der Ehe galt f?r s?ndhaft oder besten Falls f?r einen Tribut, den der Mensch seiner sittlichen Schwachheit, seiner Gottentfremdung bringen m?sse. Die ?ussere Heiligung der Ehe durch ihre Erhebung zum Sakrament und die Erkl?rung ihrer Unaufl?slichkeit hat die innere Zerst?rung, der die tiefste Beziehung der Menschen zu einander durch die Kirche ausgesetzt wurde, nicht aufzuhalten vermocht. Heuchelei, Pr?derie, Unterdr?ckung der besten Gef?hle durch eine falsche Moralit?t sind die Folgen davon und ein grosser Teil der psychologischen und sittlichen Seite der Frauenfrage ist auf die durch die r?mische Kirche dem Volksbewusstsein eingeimpfte Meinung von Liebe und Ehe zur?ckzuf?hren.
Aber auch nach anderer Richtung hin wurde die Entstehung der Frauenfrage durch die Kirche beeinflusst: der wachsenden Zahl der ehelosen Geistlichen und M?nche stand eine gleiche Zahl alleinstehender Frauen gegen?ber. Die Gr?ndung der Nonnenkl?ster war eine notwendige Folge davon. In Massen str?mten die Frauen in ihre sch?tzenden Mauern. Es blieb ihnen nur die Wahl zwischen dem Kloster und dem Frauenhaus und wenn auch viele nur Nahrung und Obdach suchten, so wurde doch auch die Zahl derer immer gr?sser, die sich vor den Unbilden des rauhen Lebens draussen in der Welt nach einer St?tte friedlicher Arbeit und geistiger Vertiefung sehnten. In den Kl?stern wurde den Frauen eine im Vergleich zur allgemeinen Bildung ihres Geschlechts hohe Gelehrsamkeit zu teil. Sie lernten die klassischen Sprachen und gewisse Zweige der Wissenschaften und manche weise Klosterfrau wurde die Beraterin von P?psten und K?nigen. Eine solche war Hildegard von Bockelheim, die Aebtissin des Klosters Rupprechtshausen, die im 11. Jahrhundert neben Heiligengeschichten eine Reihe physikalischer und zoologischer Werke schrieb. Auf derselben Stufe der Bildung stand die vielbewunderte "nordische Seherin" Brigitta von Schweden und Hrotswith, die lateinische Dichterin der Ottonenzeit. Viele gelehrte Nonnen besch?ftigten sich mit dem Abschreiben alter Werke, dem Malen von Initialen und Miniaturen, w?hrend andere als Lehrerinnen in den M?dchenschulen ihrer Kl?ster, als Krankenpflegerinnen, Stickerinnen, Weberinnen und W?scherinnen th?tig waren. So l?sten die Kl?ster zum Teil die mittelalterliche Frauenfrage, indem sie nicht nur der grossen Menge alleinstehender Frauen eine Zuflucht gew?hrten, sondern sie auch geistig auf eine h?here Stufe erhoben und ihnen selbst?ndige Berufe er?ffneten. Freilich darf nicht vergessen werden, dass ihre Bedeutung f?r die Hebung des weiblichen Geschlechts nur ein paar Jahrhunderte lang geltend blieb, denn schon mit dem 11. und 12. Jahrhundert begann ihr sittlicher Verfall. Die bedenklichen, sich immer h?ufiger wiederholenden Gr?ndungen von Doppelkl?stern,--M?nchs- und Nonnenkl?ster dicht nebeneinander,--gaben mit den Anlass dazu. Die Natur liess ihrer nicht spotten; sie siegte ?ber einen asketischen Fanatismus, der die unfruchtbaren "Gottesbr?ute" heilig sprach und die M?tter vor ihnen erniedrigte. Aus Orten der Gelehrsamkeit und des Fleisses wurden die Kl?ster Orte des geistigen Stumpfsinns und der Tr?gheit, aus St?tten frommer Andacht und reiner Sitte, St?tten l?sterner Freuden und wilder Unzucht. Die Reformation fegte sie fort, und es ist nicht zu verwundern, dass die Reformatoren in ihrem blinden Eifer vergassen, den Weizen von der Spreu zu sondern. Sie schadeten dadurch dem weiblichen Geschlecht um so mehr, als es in den St?rmen des dreissigj?hrigen Krieges und dem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang Zufluchtsst?tten dringend n?tig hatte und in ihrer Ermangelung der Prostitution mehr denn je in die Arme getrieben wurde.
Auch die Ansicht, die die Reformatoren vom Weibe hatten, war nicht geeignet, es aus seiner gedr?ckten physischen und moralischen Lage zu befreien. In schroffem Gegensatz zu der katholischen Predigt von der Kreuzigung des Fleisches und der Verherrlichung des C?libats hielten sie das eheliche Leben f?r das eines Christen allein w?rdige, aber nicht als eine "Vereinigung der Seelen", sondern ausdr?cklich als ein "weltlich Gesch?ft", eine Vereinigung von Mann und Weib zur Befriedigung nat?rlicher Bed?rfnisse. Luther ging soweit, zu erkl?ren, dass der Mann das Recht habe mit der Magd sich einzulassen, oder sein Weib zu verstossen, wenn es ihm nicht zu Willen sei und er gestattete sogar dem Landgrafen Philipp von Hessen, eine zweite Ehe neben der ersten zu schliessen, weil er eine Doppelehe f?r sittlicher hielt, als eine M?tressenwirtschaft und von der Unterdr?ckung sinnlicher Leidenschaft nichts wissen wollte. Nach ihm war die Frau ausschliesslich f?r den Mann geschaffen; um Haushaltung und Kinderwartung allein hatte sie sich zu k?mmern, eine Ansicht, die sich in der orthodoxen protestantischen Kirche bis in die Neuzeit hinein erhalten hat. Dem, ?brigens sagenhaften Streit der katholischen Priester zu M?con, ob die Frau eine Seele habe, k?nnen die einundf?nfzig Thesen der Wittenberger Protestanten, welche beweisen sollten, dass die Weiber keine Menschen seien, w?rdig zur Seite gestellt werden.
Das Christentum, dem die Frauen so begeistert wie einem Befreier entgegenkamen, f?r das sie glaubensmutig den M?rtyrertod starben, hat ihre Hoffnungen nicht erf?llt. Mehr noch als aus den direkten Beziehungen der Kirche zu den Frauen, tritt diese Thatsache aus der allgemeinen Lage des weiblichen Geschlechts in rechtlicher, wirtschaftlicher und sittlicher Beziehung w?hrend der geschichtlichen Entwicklung der fr?heren Jahrhunderte hervor.
Das germanische Recht, dem das Gef?hl der Hochachtung f?r die Frau und Mutter zu Grunde lag, machte mehr und mehr jenem Rechte Platz, das dem heidnischen und dem christlichen Rom zusammen seinen Ursprung verdankte, und daher f?r das weibliche Geschlecht nur nachteilig sein konnte. Wie es im allgemeinen sein Grundzug war, die Heiligkeit und Unverletzlichkeit des Privateigentums scharf zu betonen, so trat diese Tendenz besonders in Bezug auf die Frau hervor, die als des Mannes unumschr?nktes Eigentum angesehen wurde. Der Vater konnte seine Tochter verm?hlen, mit wem er wollte; der Vormund hatte volles Verf?gungsrecht ?ber sein M?ndel. Der Mann konnte sein Weib verschenken, ja bis ins 13. Jahrhundert herein war es ihm im Notfall sogar gestattet, es zu verkaufen. Seine Witwe konnte er einem anderen vermachen, wie jedes St?ck seines Verm?gens; und charakteristisch f?r die Rechtsanschauung der Zeit war es, dass nur die Frau die Ehe brechen konnte, denn sie beging dadurch ein Verbrechen an des Mannes Eigentum; dagegen war er unbeschr?nkt in der Freiheit, neben der Ehe im Konkubinat zu leben, niemand nahm Aergernis daran. Aber auch ihrem Kinde gegen?ber befand sich die Frau, sofern es m?nnlichen Geschlechts war, in untergeordneter Stellung. Nur w?hrend der ersten Kindheit hatte die Mutter rechtliche Gewalt ?ber den Sohn. Mit dem siebenten Jahre schon war er ihr entwachsen und konnte sich z.B. in Friesland, falls sein Vater nicht mehr am Leben war, selbst f?r m?ndig erkl?ren und der Vormund der eigenen Mutter werden.
Wie in der Familie, so war die Frau nat?rlich auch sonst ?berall rechtlos. Sie konnte keinerlei Gesch?fte selbst?ndig abschliessen; es war genau vorgeschrieben, f?r welche Summe die Hausfrau, ohne die Einwilligung des Hausherrn einzuholen, Eink?ufe machen durfte. Nach p?pstlichem Recht konnte sie nicht als Zeugin auftreten, da ihr Zeugnis stets f?r unzuverl?ssig galt. Wo das Landesrecht es ihr gestattete, wie z.B. im Kanton Bern, hatte nur die Aussage zweier Frauen die Beweiskraft der eines Mannes.
Hinter all diesen Vorschriften standen die h?chsten Autorit?ten: Staat und Kirche. Gehorsam, Bescheidenheit, Unterw?rfigkeit, Selbstlosigkeit--das waren die Tugenden, die den Frauen von fr?h an gepriesen wurden und die sie mit allen Unfreien gemeinsam hatten. Die Gleichwertigkeit aller Menschen,--der Herren und Knechte, der M?nner und Weiber,--war ein Begriff, der mit dem primitiven Christentum wieder verschwunden war.
Es giebt nur wenige Thatsachen, die gegen die Behauptung, dass das Fortschreiten der Menschheit zu h?herer Kultur von sittlichen Ideen und moralischen Reformen in erster Linie abh?ngig sei, so schwer ins Gewicht fallen, als die Entwicklung ethischer Religionen, wie z.B. die des Christentums. Solange sie sich auf einen kleinen Kreis Gl?ubiger beschr?nkten, blieben sie auf ihrer sittlichen H?he, je mehr sie sich jedoch ausbreiteten, desto mehr mussten sie sich den ?usseren Verh?ltnissen anbequemen, desto mehr sahen sie sich, wenn sie nicht ganz untergehen wollten, gezwungen, ihnen ein Ideal nach dem anderen zu opfern. So hatten auch die Grundforderungen des Urchristentums der wirtschaftlichen Entwicklung, die zu Beginn des Mittelalters einen Stand unfreier, gehorsamer, dem?tiger Arbeiter kategorisch forderte, weichen m?ssen.
Jeder Hof, jede Burg waren mit ihren Feldern und W?ldern ein wirtschaftliches Zentrum f?r sich, in dem aller Bedarf der Einwohner von ihnen selbst geschaffen werden musste. Der Herr des Landes war zugleich ihr Herr, dem sie leibeigen waren, dem ihre Arbeitskraft, dem ihr Leben selbst geh?rte. "Er ist mein eigen, ich mag ihn sieden oder braten", lautet ein altes Sprichwort, das der Freie dem Unfreien gegen?ber gebrauchte. Drastisch schilderte der englische Rechtsspiegel des 13. Jahrhunderts die Lage der H?rigen, indem er sagt: "Diese k?nnen nichts erwerben, es sei denn f?r ihre Herren; sie wissen am Abend nicht, welche Dienste ihrer am Morgen warten; sie k?nnen von ihren Herren geschlagen, gestossen, gefangen werden ... Sie haben keinen Willen ohne ihre Herren, und wenn sie im Eigentum ihrer Herren wohnen, so geschieht dies aus Gnade, ohne Sicherheit, von einem Tage zum anderen." Die H?rigkeit war an Stelle der Sklaverei getreten und wies ihr gegen?ber kaum nennenswerte rechtliche und sittliche Fortschritte auf, sodass ein hoher Grad von Selbstbetrug dazu geh?rt, wenn die christliche Kirche behauptet, sie habe die Sklaverei abgeschafft, und sei thats?chlich, ihrem Ursprung getreu, ein Hort der Armen und Unterdr?ckten geworden. Ihre Organe, die Priester und Aebte, ?bten dieselben Herrenrechte aus, wie die F?rsten und weltlichen Machthaber. Das Los der H?rigen der Kl?ster war kein besseres, als das derer, die im Dienste der Ritter standen. Da sie nicht, wie die Sklaven, gekauft werden konnten, und es f?r ihre Herren bei der Ausdehnung von Landbau und Industrie wichtig war, eine gen?gende Zahl Arbeiter zu besitzen, galt es, sie zu z?chten, wie das vierf?ssige Eigentum. Die Kl?ster, deren Macht auf ihrem Reichtum beruhte, hatten strenge Vorschriften in Bezug auf die Heirat unter ihren H?rigen. Kl?ster desselben Ordens pflegten sie untereinander auszutauschen, um eine gleichm?ssige Verteilung der Geschlechter herbeizuf?hren und, durch Vermeidung der Ehen unter Verwandten, einen kr?ftigen Nachwuchs zu erzielen. Jeder Herr hatte das Recht, die Heirat einer h?rigen Frau mit dem H?rigen eines anderen Herrn zu verbieten, oder sie nur dann zu gestatten, wenn statt der ihm verloren gehenden Arbeitskraft eine andere geliefert wurde. Mit der Zeit entwickelte sich daraus eine bestimmte Abgabe, die eine Art Loskaufgeld darstellte. Unter den Karolingern konnte der Herr die h?rige Frau, falls ihm nichts gezahlt und kein Ersatz f?r sie gestellt worden war, gewaltsam ihrem Gatten entreissen, was meist dann geschah, wenn sie mehrere Kinder geboren hatte, die er zur H?lfte mit der Mutter in seine Dienstbarkeit zwingen durfte. Die Heiligkeit und Unaufl?slichkeit der Ehe wurde nur insoweit anerkannt, als die Heiligkeit des Eigentums dadurch keinerlei Schaden litt.
Die Arbeitskraft der Frau wurde besonders hoch gesch?tzt, denn die schwersten und notwendigsten Arbeiten lasteten auf ihr. Die geistlichen und weltlichen Herren hatten auf ihren Burgen, H?fen und Kl?stern ausgedehnte Werkst?tten, in denen oft bis zu 300 h?rige Frauen mit Spinnen und Weben, N?hen und Sticken besch?ftigt wurden. Den Stoff gaben nicht nur die Schafschuren und Flachsernten der Herreng?ter,--Arbeiten, die wieder von Frauen verrichtet wurden,--sondern auch die Abgaben und Lieferungen der Unfreien und Zinsleute. Wie die moderne Arbeiterin zur Fabrik, so ging die H?rige zum Frauengemach. Ihre Arbeitszeit dauerte von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, erst im sp?teren Mittelalter wurde das Arbeiten bei k?nstlicher Beleuchtung ?blich. Lohn bekam sie nicht, dagegen eine meist unzureichende Bek?stigung, und, wo diese fortfiel, vier Pfennig t?glich zu ihrem Unterhalt. Eine Meisterin, die zuweilen die Herrin selbst war, stand den Arbeiten vor; Zeichnerinnen fertigten die Vorlagen f?r die Stickereien an, die ?berall, auf M?nner-und Frauenkleidern, W?sche, Wand- und M?belbez?gen angebracht wurden und oft sehr kunstvoll waren. Geschickte Stickerinnen wurden ebenso hoch gesch?tzt wie die Wirkerinnen seidener B?nder zum Besatz der Gew?nder oder zum Schmuck des Zaumzeugs. Da nicht nur f?r den Hausgebrauch gearbeitet wurde, sondern stets ein Vorrat von Kleidern und W?sche zum Geschenk an die G?ste oder zur Ausstattung des grossen Gefolges bei Turnieren und Festlichkeiten vorhanden sein musste, so war die Arbeit eine ununterbrochene und der Arbeitskr?fte gab es nie zu wenig. Auch die Herrinnen und ihre T?chter hatten vollauf zu thun. Wie Weib und Weben schon in einer gewissen sprachlichen Verwandtschaft steht, so galt das Spinnen und Weben ausdr?cklich f?r eine der h?chsten Tugenden der Frauen. "Sie war fromm und spann", heisst es h?ufig auf alten Grabsteinen oder in Geschlechtsurkunden. "Die M?nner sollen streiten, die Frauen sollen spinnen", mahnte der christliche Volksredner Berthold von Regensburg. Auch ist diese Frauenth?tigkeit trotz ihrer unbeschr?nkten Ausnutzung gewiss nicht die schlimmste gewesen. Weit h?rter war die Landarbeit, die die h?rigen Frauen zu verrichten hatten und zwar nicht nur f?r den Gebieter, sondern auch f?r den eigenen Hausstand, im Dienste des Gatten. Es ist mehr als eine Anekdote, wenn Lord Mahon in seiner Geschichte Englands erz?hlt, dass ein Landmann, der einen Ochsen verloren hatte, wohl heiratete, um auf solche Art den wohlfeilsten Ersatz zu haben.
Auch der Hausdienst der h?rigen Frauen in den H?fen und Burgen war, infolge der primitiven Hilfsmittel, ausserordentlich schwer. Da sie Tag und Nacht auf dem Posten und ihren Gebietern zur Verf?gung stehen mussten, so wohnten die f?r diesen Dienst bestimmten M?gde im Burgfrieden selbst. Sie waren, oft bis hundert an Zahl, in dem neben der Werkst?tte befindlichen Frauenhaus untergebracht, wo sie aber nur schliefen, da jede Stunde des Tages ihre Kr?fte in Anspruch nahm. Vor der Erfindung der Wasserm?hlen musste das Korn von den M?gden mit der Hand gemahlen, der M?hlstein mit dem Leib gedreht werden. Mit m?chtigen Holzscheiten wurden die riesigen Kamine geheizt, aus dem Brunnen im Hof, oder aus der Quelle im Thal wurden die Wassereimer heraufgeschleppt. Neben der Reinigung von Stuben und K?chen, wurde auch der Stall und der Garten allein von Frauen besorgt. Die Bedienung der Herrin, die Wartung der Kinder, das Kochen und Auftragen der Speisen und Getr?nke geh?rte selbstverst?ndlich zu ihrem Dienst. Aber auch die Bedienung der M?nner geh?rte dazu. Die M?gde halfen dem Herrn wie jedem Gast beim An- und Auskleiden, sie bereiteten ihm nicht nur das Bad, sie reichten ihm auch die Linnent?cher und trockneten ihm die Glieder. W?nschte er es, so mussten sie ihm ohne Widerrede im Schlafgemach Gesellschaft leisten--eine Sitte, die im sp?teren Mittelalter so ausartete, dass es eine Forderung der Gastfreundschaft war, eine Magd dem Gaste w?hrend seines Aufenthalts zur freien Verf?gung zu stellen. So wurde die Einrichtung der Frauenh?user fr?hzeitig ein Herd der Prostitution, ein Harem der Ritter und F?rsten, und das ber?chtigte jus primae noctis, dessen Vorhandensein so vielfach angezweifelt wird, war ?berall in Kraft, wenn es auch vielleicht als geschriebenes Recht gar nicht bestanden hat.
Arbeits- oder Lustsklavin--das war das Los der armen und unfreien Frauen. Mit der durch Fehden, B?rgerzwiste und unaufh?rliche Kriege wachsenden Verelendung des Volkes, mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang wuchs die Sittenlosigkeit ins Ungemessene. Das jahrelange familienlose Abenteurerleben der Kreuzfahrer, die den Luxus und die Laster des Orients mit nach Hause brachten, trug auch nicht wenig dazu bei. Den europ?ischen S?ldnerheeren folgten Scharen von Dirnen, deren Zahl sich in jeder Ortschaft vermehrte, wo die m?nnliche Bev?lkerung von den z?gellosen Horden niedergemacht, die weibliche gesch?ndet, und--soweit sie jung war--mitgeschleppt wurde. In kostbaren Gew?ndern, hoch zu Ross, oder in Wagen und S?nften, zogen die Konkubinen der geistlichen und weltlichen Herren mit zu den Reichstagen, den Konzilen und ins Feld. So folgten dem Heere des Herzogs von Alba nach den Niederlanden 400 Dirnen zu Pferde und 800 zu Fusse nach. An den H?fen von Frankreich und England waren vornehme Herren als Marsch?lle ?ber die Dirnen gesetzt. Im Felde f?hrten besondere Amtm?nner, die Weibel genannt wurden, die Dirnen, wodurch dieser weibliche Tross eine legale Existenzberechtigung erhielt. Wohl mochten die Mehrzahl "fahrender Fr?ulein" durch bittere Not und harte Gewalt hineingetrieben worden sein; viele unter ihnen aber, das ist zweifellos, zogen den Landsknechten nach, weil sie in heisser Liebe und selbstloser Aufopferung alles Elend und alle Gefahren mit dem Geliebten teilen wollten. So unfl?tig und roh die Soldatenlieder jener Zeit uns auch in die Ohren klingen m?gen, wir werden uns dem gef?hlswarmen Ton echter Hingebung nicht verschliessen k?nnen, der den Grundakkord bildet, sobald der S?nger von seinem tapferen Liebchen erz?hlt. Um so h?her ist diese Tapferkeit einzusch?tzen, als alles fahrende Volk, die Frauen insbesondere, vogelfrei, ehr- und rechtlos war. Sie konnten gefangen, beleidigt und get?tet werden--f?r sie gab es keine Gerechtigkeit.
Auf die Ehe und das Familienleben wirkten die langen Abwesenheiten der Hausherrn aus mehr als einem Grunde zerst?rend: Nur zu h?ufig suchten die verlassenen Frauen, wenn sie nicht ein einsames, freudloses Leben f?hren wollten, bei jungen Pagen oder schmachtenden Minnes?ngern Trost, und die M?nner lernten vielfach jene Art Liebe kennen, die von steifer Konvenienz und falscher Pr?derei nichts weiss, die ganz Hingebung und Aufopferung ist, und sie erfuhren, dass das Weib nicht nur zwischen den wohlbeh?teten friedlichen vier Pf?hlen des eigenen Heims eine sorgsame Hausfrau sein kann, sondern dass sie als froher, bed?rfnisloser Zeltgenoss, als guter Kamerad Seiten ihres Wesens enth?llt, die er sonst kennen zu lernen keine Gelegenheit hatte, und deren Wert unsch?tzbar ist. W?hrend die Kirche durch ihre ?bersinnliche Auffassung von der Ehe erstickenden Mehltau auf die Blumen echter Liebe streute, wirkte die Ausbreitung der mittelalterlichen freien Liebe wie gl?hender Sonnenbrand auf eine nur an Schatten gew?hnte Pflanze. Der Ursprung dieser tiefernsten und viel zu gering geachteten psychologischen und sittlichen Seite der Frauenfrage reicht bis hierher zur?ck. Dass die f?r unheilig erkl?rte, aus der Ehe herausgetriebene Liebesleidenschaft immer roher und z?gelloser und statt der Kern der Lebensfreude, der Sporn zu allem Sch?nen und Grossen, der Ausgang furchtbarer Laster und Verirrungen wurde, ist bei den wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Zust?nden des Mittelalters nicht zu verwundern.
Mit dem Aufbl?hen der St?dte, dem verh?ltnism?ssigen Wohlstand und ruhigen, gesicherten Leben ihrer B?rger schienen im Schutze ihrer Mauern die sittlichen Zust?nde reinere zu werden. Aber die tiefgreifende Umwandlung der Arbeit und ihrer Bedingungen, die an Stelle der h?rigen Arbeiterin nach und nach den freien Handwerker treten, die Arbeiten der Hausfrau und ihrer M?gde durch die verschiedenartigsten Gewerbe ?bernehmen liess, machte die Arbeitskraft zahlloser Frauen ?berfl?ssig, sie selbst brot- und obdachlos, und f?hrte sie dem Laster in die Arme. Die ehrsamen B?rger, vor deren Augen die Prostitution sich mehr und mehr breit machte, wussten diesem Uebelstand nicht anders zu begegnen, als indem sie sogenannte T?chterh?user oder Jungfrauenh?fe, die Nachfolger der antiken Lupanare und Vorl?ufer der modernen Bordelle errichteten. Sie verbargen dadurch nicht nur den ?rgerniserregenden Anblick der Dirnen, sie schufen sich auch einen geordneten, gesetzlich sanktionierten Zugang zu ihnen, und halfen mit ihrer Schande den Stadts?ckel f?llen. Der Magistrat verpachtete n?mlich die H?user an Wirte und Wirtinnen, die sich eidlich verpflichten mussten, "der Stadt treu und hold zu sein und Frauen zu werben". Vornehme G?ste wurden vom Magistrat selbst in die offenen H?user gef?hrt, oder von den sch?nsten, festlich geschm?ckten oder ganz entkleideten Dirnen empfangen. Jetzt erst wurde die Prostitution zum Gewerbe, das auch ?usserlich durch genau vorgeschriebene Kleidung kenntlich gemacht wurde, jetzt erst haftete auf der Stirn der Dirne, die als "fahrendes Fr?ulein" doch noch die Freiheit gehabt hatte, sich durch reine Liebe ?ber sich selbst zu erheben, das unausl?schliche Brandmal der Schande.
Sich auf ehrliche Weise durch das Leben zu schlagen, wurde dem weiblichen Teil der st?dtischen Bev?lkerung zun?chst ausserordentlich erschwert, denn das z?nftige Handwerk monopolisierte die Arbeit und schloss die Frauen aus seinen Verbindungen ?berall aus. Trotzdem ergab es sich von selbst, dass der Handwerker Frau und T?chter, deren Arbeitskraft nicht mehr, wie fr?her, vom Haushalt allein in Anspruch genommen wurde, zur Hilfe bei der Arbeit heranzog und schliesslich auch die M?gde daran teilnehmen liess. Das Augsburger Stadtrecht des Jahres 1276 spricht schon von Sohn oder Tochter, die das Handwerk lernen; das Zunftbuch der Mainzer Schneider von 1362 gestattet dem Handwerker ausdr?cklich, Frau, Kinder und Magd zum N?hen zu verwenden, auch im N?rnberger Stadtrecht ist von "Knaben oder M?gdelein" als Erlerner eines Handwerks oder einer Kunst die Rede, und eine Londoner Proklamation des 14. Jahrhunderts ?ber die Aufnahme der Lehrlinge wendet sich an beide Geschlechter. Die Mitarbeit der Frauen wurde aber keineswegs als Erziehung zur gleichberechtigten selbst?ndigen Aus?bung des Handwerks betrachtet, denn zun?chst blieben ihnen trotz dieser Bestimmungen die Z?nfte noch verschlossen. Da aber die Zahl derjenigen schnell zunahm, die sich ihre Lehrzeit bei dem Vater oder dem Meister zu Nutze machten, das Handwerk selbst?ndig betrieben und durch Unterbieten der ?blichen Preise eine gef?hrliche Konkurrenz zu werden drohten, entschlossen sich die Handwerker auch den Frauen gegen?ber den Zunftzwang auszu?ben. So zwang der Rat von Soest im Jahre 1317 die N?herinnen, der Zunft beizutreten. Wenige Jahre sp?ter verf?gte der Strassburger Rat infolge der Klagen der Wollenweber ?ber die ausserhalb der Zunft arbeitenden Frauen, dass die Weberinnen ihr beitreten m?ssten, und auch die in grosser Zahl f?r sich arbeitenden Schleier- und Leinenweberinnen hatten, der Zahl ihrer St?hle entsprechend, einen Beitrag an die Zunft zu entrichten.
Trotzdem die Notwendigkeit der Beteiligung der Frauen am z?nftigen Handwerk somit anerkannt wurde, waren doch nur in den seltensten F?llen die Bestimmungen f?r beide Geschlechter die gleichen. Der Eintritt der Frauen in die Handwerke, die an die K?rperkr?fte grosse Anforderungen stellten, war schon von vornherein ausgeschlossen, weil niemand ein Meister in seinem Handwerk werden konnte, der es nicht in allen seinen Teilen selbst mit der Hand zu arbeiten vermochte. Aber auch in den Z?nften, die zahlreiche weibliche Mitglieder hatten, wurden die Frauen nur selten, z.B. hie und da in der Schneiderei, zur selbst?ndigen Meisterschaft zugelassen; sie konnten sie meist nur durch Erbschaft erwerben, sofern sie das Handwerk ihres Mannes bei dessen Lebzeiten schon betrieben hatten. So heisst es, in Anerkennung der Notwendigkeit der Erhaltung verwaister Kinder durch die Witwe, in der Schneiderordnung von Frankfurt a.M. aus dem Jahre 1585: Witwen sollen all das Recht haben, das ihre M?nner hatten, damit sie sich mit ihren Kindern ern?hren k?nnen. Diese Bestimmung erfuhr jedoch meist eine grosse Einschr?nkung dadurch, dass die auf solche Weise zur Meisterschaft gelangten Frauen die Lehrlinge ihres Mannes zwar behalten, aber keine neuen annehmen durften, sodass sie nach wenigen Jahren schon aus Mangel an Hilfskr?ften das Handwerk wieder aufzugeben gezwungen waren. Nur ausnahmsweise entschlossen sich einige Z?nfte, angesichts der bedr?ngten wirtschaftlichen Lage vieler Handwerkerwitwen, dazu, ihnen das Recht zuzugestehen, ein neues Handwerk zu erlernen, um es, nach Erwerbung der Meisterschaft, ihren Kindern zu vermachen--eine Bestimmung, die schon deshalb keine folgenschwere sein konnte, weil eine arme, kinderreiche Witwe gar nicht die M?glichkeit besass, eine lange Lehrzeit durchzumachen. Der einzige Ausweg, der ihr blieb, war fast immer der, einen Gesellen zu heiraten, wozu sich die Gelegenheit um so leichter bot, als er dadurch sofort Meister wurde. Der weitere Vorteil solcher Heirat war der, dass, wenn beide Eheleute desselben Handwerks Meister waren, sie eine doppelte Zahl von Lehrlingen halten durften. Dieselbe Bestimmung galt, wenn ein Gesell eine Meisterstochter heiratete, ja sie versch?rfte sich oft noch in der Weise, dass die Gewinnung der Meisterschaft davon abhing. Die Z?nfte suchten dadurch dem Eindringen einer unerw?nschten Menge von Konkurrenten vorzubeugen, wie sie aus demselben Grunde die Zahl der Lehrlinge beschr?nkten, die Lehrjahre verl?ngerten, oder zu dem letzten Gewaltmittel, der Schliessung des Handwerks, schritten. Ideelle Bedenken kamen ihnen inmitten des materiellen Kampfes nicht in den Sinn. Dass sie den Egoismus f?rderten, der Habgier Th?r und Thor ?ffneten, den sittlichen Wert der Ehe untergruben, indem sie sie zum blossen Gesch?ft degradierten, und die Frau lediglich ein Mittel zum Zweck wurde, m?gen auch heute die Schw?rmer f?r die gute alte Zeit des romantischen Mittelalters nicht einsehen. Wo trotzdem ein freiwilliger Liebesbund zwischen Mitgliedern verschiedener Z?nfte vorkam, pflegte die Frau das Handwerk, das sie als M?dchen gelernt hatte, weiter zu treiben; daraus ergiebt sich, dass schon vor vier-, f?nfhundert Jahren die Not die Frauen zwang, mitzuverdienen und f?r die Masse des Volkes das Ideal der auf den Erwerb nicht angewiesenen Hausfrau und Mutter unerreicht blieb.
Die meisten Frauen waren in der Textilindustrie und in den Weberz?nften zu finden. In Schlesien ?bertraf schon im 14. Jahrhundert die Zahl der Garnzieherinnen die der Garnzieher; in Bremen, K?ln, Dortmund, Danzig, Speier, Ulm und M?nchen waren die Woll-, Schleier- und Leinenweberinnen zu Hause. In den Baseler Steuerregistern von 1453 werden z?nftige Teppichwirkerinnen angef?hrt; aber auch als K?rschner, B?cker, Wappensticker, G?rtler, Tuchscherer, Riemenschneider, Lohgerber, Goldspinner und Goldschl?ger waren Frauen th?tig. Besonders in Frankreich, f?r das durch die von Etienne Boileau im Jahre 1254 gesammelten Handwerksstatuten eine genaue Uebersicht der Arbeitsgebiete des weiblichen Geschlechts erm?glicht ist, waren die Frauen in den verschiedenartigsten Zweigen des Handwerks besch?ftigt. Bei den Kristallschleifern, den Seidenspinnern, den Leinenhosenmachern, und den Nadelmachern fanden sich weibliche Lehrlinge und Gesellen in grosser Zahl. In einigen Gewerben, wie bei den Webern und Fransenmachern, konnten Frauen Meisterinnen werden und Lehrlinge anlernen, und w?hrend im Anfang des Eintritts der Frauen in die Handwerke nur die Meistert?chter und allenfalls die im Hause dienenden M?gde als Lehrdirnen zugelassen wurden, traten nach und nach immer mehr fremde Frauen in die Lehre. Auch in den Bestimmungen der Wollen- und Leinenweber in M?nchen und Speier wird der fremden Lehrm?dchen besonders Erw?hnung gethan. Sie rekrutierten sich aus jener zunehmenden Menge armer M?dchen, die aus dem durch die fortw?hrenden inneren Fehden verw?steten Lande in die St?dte getrieben wurden, wo sie hofften, lohnendere Besch?ftigung und gr?ssere pers?nliche Sicherheit zu finden. Infolge des grossen Angebots weiblicher Arbeitskr?fte sanken die Gesellenl?hne und diejenigen Handwerker, die Frauen besch?ftigten, hatten im Wettbewerb vor den anderen einen Vorsprung. Daher machte der Hass der Gesellen gegen die weiblichen Kollegen sich sehr fr?h schon geltend, ohne dass sich dem immer zahlreicheren Eintritt weiblicher Arbeiter ins Handwerk Einhalt gebieten liess. Kriege und Seuchen rafften die M?nner hinweg; durch das Z?libat der katholischen Geistlichkeit wurden viele Frauen selbst zum Z?libat und selbst?ndigen Erwerb ihres Lebensunterhalts gezwungen. Auch die Bestimmung der meisten Z?nfte, dass der Gesell nicht heiraten, keinen "eigenen Rauch" haben durfte, und im Hause des Meisters leben musste, wo seine Arbeitskraft mehr ausgebeutet, sein Lohn durch Lieferung schlechter Lebensmittel mehr verk?rzt werden konnte, vermehrte die Zahl alleinstehender M?dchen. Die Maurer-, Zimmerer- und Tuchmachergesellen, die heiraten durften, weil die Aussicht, Meister zu werden, wegen des grossen bei diesen Handwerken n?tigen Kapitals nur gering war, mussten meist auch auf die selbst?ndige Erwerbsarbeit ihrer Frauen rechnen, weil sie als sogenannte St?ckwerker nur ein sehr geringes Einkommen hatten. Sie, wie die Gesellen anderer Handwerke, die trotz des Verbotes heirateten, und, aus der Zunft ausgeschlossen, in kleinen Orten als "St?rer" sich niederliessen, durch schlechte Arbeit und niedrige Preise gegen die Meister der Zunft konkurrierten, bildeten das rasch zunehmende Proletariat des Handwerks, das den Frauen auch nur Hunger und ?berm?ssige Arbeit zu bieten hatte. Es einzuschr?nken, um die sch?digende Konkurrenz los zu werden, war das eifrige Bestreben der Z?nfte, die daher auch das Heiratsverbot noch besonders versch?rften, indem sie, wie aus der N?rnberger Beutlergesellenordnung von 1530 hervorgeht, erkl?rten, dass kein Gesell in seinem Handwerk gef?rdert oder unterst?tzt werden d?rfte, der ein Weib hat.
Alle diese Umst?nde zusammengenommen f?hrten dazu, dass nicht nur die Zahl der Frauen an und f?r sich die der M?nner bei weitem ?bertraf, sondern dass auch die Zahl der alleinstehenden, auf selbst?ndigen Erwerb angewiesenen Frauen eine stets wachsende war. Zwar fehlt es an einer umfassenden Statistik dar?ber, die Berechnungen aber, die einzelne St?dte anstellten, lassen auf die allgemeinen Bev?lkerungsverh?ltnisse ann?hernd richtige Schl?sse zu. Eine Z?hlung der Bev?lkerung Frankfurts a.M. im Jahre 1385 ergab auf tausend m?nnliche elfhundert weibliche Personen; eine zu N?rnberg im Jahre 1449 auf tausend erwachsene M?nner zw?lfhundert und sieben Frauen; eine zu Basel im Jahre 1454 auf tausend M?nner ?ber vierzehn Jahren zw?lfhundert und sechsundvierzig Frauen. Die daraus entstehende Frauenfrage musste sich auch dem Gedankenlosen aufdr?ngen, um so mehr als ein erschreckendes Anwachsen der Prostitution die n?chste Folge war. Durch die Einrichtung von Z?nften, die bis auf ein oder zwei Zunftmeister das m?nnliche Geschlecht ausschlossen, suchten sich die Frauen selbst zu helfen. Die franz?sischen Seidenspinnerinnen und -Weberinnen, die Putzmacherinnen, Stickerinnen und Geldtaschenarbeiterinnen des 13. und 14. Jahrhunderts waren in solchen Z?nften vereinigt, an deren Spitze eine Zunftmeisterin--preudefames--zu stehen pflegte. In K?ln bestanden schon im 13. Jahrhundert verschiedene grosse weibliche Genossenschaften, wie die der Spinnerinnen, N?herinnen und Stickerinnen, und die Garnmacherinnen und Goldspinnerinnen bildeten geschlossene weibliche Handwerke, die Lehrlinge und Gesellen ausbildeten. Aber dadurch waren die vielen alleinstehenden Frauen noch nicht untergebracht. Die Menge der Aermsten blieben vom Handwerk mit seiner langen Lehrzeit und seiner beschr?nkten Zahl von Gesellen ausgeschlossen. Um sie unterzubringen, reichten die Kl?ster nicht aus, die auch h?ufig die Einzahlung eines kleinen Kapitals beim Eintritt der Novize forderten und die Pforten zum Leben r?cksichtslos hinter ihr verriegelten. Die Zuflucht armer Frauen wurden daher von der Mitte des 13. Jahrhunderts an die ?berall entstehenden Beginenanstalten. Es waren dies Vereine, die der Wohlth?tigkeit der B?rger oder der st?dtischen Initiative ihre Entstehung verdankten. Sie nahmen in dazu bestimmten H?usern oder Strassen M?dchen und Frauen auf, die zwar kein Ordensgel?bde abzulegen gen?tigt wurden, aber doch strengen Satzungen unterworfen waren, gleiche Kleidung trugen, das Haus nur bei Tage verlassen durften, und ihren Lebensunterhalt selbst erwerben mussten. Es gab kaum eine gr?ssere Stadt, die nicht mehrere Beginenkonvente hatte; K?ln allein besass deren im 15. Jahrhundert ?ber hundert mit je acht bis zehn Bewohnerinnen, in Basel gab es zur selben Zeit etwa 1500, in Paris 2000 Beginen, ein Frankfurt a.M. geh?rten im 14. Jahrhundert 6% der erwachsenen weiblichen Bev?lkerung den Beginenvereinen an.
Das Angebot an billiger weiblicher Arbeitskraft war daher ausserordentlich gross. Die Beginen spannen, webten, n?hten und wuschen, sie kamen in die H?user der B?rger zur Aushilfe im Haushalt, sie besch?ftigten sich mit jeder Art weiblicher Handarbeit und konnten, weil sie umsonst wohnten, niemanden als sich selbst zu versorgen hatten und ihre Bed?rfnisse sehr bescheidene waren, mit dem geringsten Lohn zufrieden sein. Auch ausserhalb der Z?nfte, der Kl?ster und der Vereine wagten es alleinstehende Frauen einen Broterwerb zu suchen. In gr?sseren St?dten gab es zuweilen weltliche Lohnschreiberinnen, die es zu einigem Ansehen brachten, wie z.B. die Augsburger B?rgerin Klara H?tzler, die infolge ihrer Gewandtheit sehr gesucht wurde. H?ufiger werden weibliche Aerzte erw?hnt; in Frankfurt a.M. wird ihre Zahl am Ende des 14. Jahrhunderts auf 15 angegeben und aus einem Edikt der franz?sischen Regierung vom Jahre 1311, wonach Aerzte und Aerztinnen sich einer Pr?fung unterziehen mussten, geht hervor, dass man auch dort an diesem weiblichen Beruf keinen Anstoss nahm. Jedenfalls war die Zahl der Frauen, die sich ihm widmeten, zu gering, um den Konkurrenzneid ihrer m?nnlichen Kollegen zu erregen und sie w?re neben der Masse der armen Handarbeiterinnen nicht zu erw?hnen, wenn nicht daraus zu ersehen w?re, wie fr?h die Frauen sich schon gezwungen sahen, auch in die h?heren Berufe einzudringen.
Die ersten, die den Kampf gegen die be?ngstigende Zunahme der Frauenarbeit aufnahmen und energisch durchf?hrten, waren die Z?nfte. Nachdem sie zuerst die Konkurrenz der nicht organisierten Arbeiterinnen dadurch zu unterdr?cken gesucht hatten, dass sie ihren Eintritt in die Z?nfte erzwangen, wuchs ihnen jetzt die Konkurrenz innerhalb der Z?nfte und die der ausschliesslich weiblichen Z?nfte ?ber den Kopf; sie ver?nderten daher ihre Taktik, indem sie die Frauen aus den Z?nften wieder hinauszutreiben versuchten. Charakteristischerweise verh?llten sie ihren Konkurrenzneid zun?chst mit einem sentimentalen M?ntelchen: die Teppichweber sagten, ihre Arbeit sei f?r Frauen zu schwer, und schlossen sie schon im 13. Jahrhundert aus ihren Z?nften aus; die Tuchwalker und die K?lner Tuchscherer und Hutmacher thaten desgleichen, indem sie feierlich erkl?rten, dass ihr Handwerk dem "Manne zugeh?rt". Bald bem?hte man sich nicht mehr mit solchen Erkl?rungen, denn der Kampf gegen die Frauenarbeit sprang auf Gebiete ?ber, auf denen von keiner zu schweren oder nur dem Manne zukommenden Arbeit die Rede sein konnte, sondern die vielmehr von alters her haupts?chlich den Frauen offen standen: der Textil- und Bekleidungsindustrie. Im 16. Jahrhundert beschwerten sich vor allem die Schneider in verschiedenen Mittelpunkten des Handwerks ?ber die Zunahme ihrer Arbeitsgenossinnen, und sie setzten es nicht nur durch, dass den Frauen verboten wurde, andere als weibliche Kleidungsst?cke anzufertigen, sondern auch dass die Zahl der weiblichen Gehilfen und Lehrlinge auf je einen bei einem Meister beschr?nkt wurde. Noch weiter gingen die W?rttemberger Weber, indem sie die Anstellung weiblicher Lehrlinge, selbst der Meisterst?chter ?berhaupt untersagten, und die F?rber, die alle Frauen aus der Zunft ausschlossen.
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