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Read Ebook: Massenstreik Partei und Gewerkschaften by Luxemburg Rosa

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Ebook has 52 lines and 23995 words, and 2 pages

et wurden verhaftet und nach der Heimat abgeschoben, und der Generalstreik wurde unterdr?ckt.

Bereits hier sehen wir alle Grundz?ge der sp?teren Massenstreiks. Der n?chste Anlass der Bewegung war ein ganz zuf?lliger, ja untergeordneter, ihr Ausbruch ein elementarer; aber in dem Zustandekommen der Bewegung zeigten sich die Fr?chte der mehrj?hrigen Agitation der Sozialdemokratie, und im Laufe des Generalstreiks standen die sozialdemokratischen Agitatoren an der Spitze der Bewegung, leiteten und benutzten sie zur regen revolution?ren Agitation. Ferner: Der Streik war ?usserlich ein blosser ?konomischer Lohnkampf, allein die Stellung der Regierung sowie die Agitation der Sozialdemokratie haben ihn zu einer politischen Erscheinung ersten Ranges gemacht. Und endlich: Der Streik wurde unterdr?ckt, die Arbeiter erlitten eine >>Niederlage<<. Aber bereits im Januar des folgenden Jahres, 1897, wiederholten die Petersburger Textilarbeiter nochmals den Generalstreik und errangen diesmal einen hervorragenden Erfolg: die gesetzliche Einf?hrung des elfeinhalbst?ndigen Arbeitstages in ganz Russland. Was jedoch ein viel wichtigeres Ergebnis war: seit jenem ersten Generalstreik des Jahres 1896, der ohne eine Spur von Organisation und von Streikkassen unternommen war, beginnt im eigentlichen Russland ein intensiver gewerkschaftlicher Kampf, der sich bald aus Petersburg auf das ?brige Land verbreitet und der sozialdemokratischen Agitation und Organisation ganz neue Aussichten er?ffnet, damit aber in der scheinbaren Kirchhofsruhe der folgenden Periode durch unsichtbare Maulwurfsarbeit die proletarische Revolution vorbereitet.

Der Ausbruch des kaukasischen Streiks im M?rz des Jahres 1902 war anscheinend ebenso zuf?llig und von rein ?konomischen, partiellen, wenn auch ganz anderen Momenten erzeugt, wie jener vom Jahre 1896. Er h?ngt mit der schweren Industrie- und Handelskrise zusammen, die in Russland die Vorg?ngerin des japanischen Krieges und mit ihm zusammen der m?chtigste Faktor der beginnenden revolution?ren G?hrung war. Die Krise erzeugte eine enorme Arbeitslosigkeit, die in der proletarischen Masse die Agitation n?hrte, deshalb unternahm es die Regierung, zur Beruhigung der Arbeiterklasse die >>?berfl?ssigen H?nde<< nach ihren entsprechenden Heimatsorten per Schub zu transportieren. Eine solche Massnahme eben, die za. 400 Petroleumarbeiter betreffen sollte, rief in Batum einen Massenprotest hervor, der zu Demonstrationen, Verhaftungen, einem Massacre und schliesslich zu einem politischen Prozess f?hrte, in dem pl?tzlich die rein ?konomische, partielle Angelegenheit zum politischen und revolution?ren Ereignis wurde. Der Widerhall des ganz >>resultatlos<< verlaufenen und niedergeschlagenen Streiks in Batum war eine Reihe revolution?rer Massendemonstrationen der Arbeiter in Nischni-Nowgorod, in Saratow, in anderen St?dten, also ein kr?ftiger Vorstoss f?r die allgemeine Welle der revolution?ren Bewegung.

Auch hier war der Anlass bekanntlich ein winziger. Zwei Arbeiter der Putilow-Werke wurden wegen ihrer Zugeh?rigkeit zum legalen Subatowschen Verein entlassen. Diese Massregelung rief am 16. Januar einen Solidarit?tsstreik s?mtlicher 12 000 Arbeiter dieser Werke hervor. Die Sozialdemokraten begannen aus Anlass des Streiks eine rege Agitation um die Erweiterung der Forderungen und setzten die Forderung des Achtstundentages, des Koalitionsrechts, der Rede- und Pressfreiheit usw. durch. Die G?rung der Putilowschen Arbeiter teilte sich rasch dem ?brigen Proletariat mit, und in wenigen Tagen standen 140 000 Arbeiter im Streik. Gemeinsame Beratungen und st?rmische Diskussionen f?hrten zur Ausarbeitung jener proletarischen Charte der b?rgerlichen Freiheiten mit dem Achtstundentag an der Spitze, womit am 22. Januar 200 000 Arbeiter, von dem Priester Gapon gef?hrt, vor das Zarenschloss zogen. Der Konflikt der zwei gemassregelten Putilow-Arbeiter hat sich binnen einer Woche in den Prolog der gewaltigsten Revolution der Neuzeit verwandelt.

Die zun?chst darauffolgenden Ereignisse sind bekannt: Das Petersburger Blutbad hat im Januar und Februar in s?mtlichen Industriezentren und St?dten Russlands, Polens, Litauens, der baltischen Provinzen, des Kaukasus, Sibiriens, vom Norden bis zum S?den, vom Westen bis zum Osten riesenhafte Massenstreiks und Generalstreiks hervorgerufen. Allein bei n?herem Zusehen treten jetzt die Massenstreiks in anderen Formen auf, als in der bisherigen Periode. Diesmal gingen ?berall die sozialdemokratischen Organisationen mit Aufrufen voran; ?berall war die revolution?re Solidarit?t mit dem Petersburger Proletariat ausdr?cklich als Grund und Zweck des Generalstreiks bezeichnet; ?berall gab es zugleich Demonstrationen, Reden, K?mpfe mit dem Milit?r. Doch auch hier war von einem vorgefassten Plan, einer organisierten Aktion keine Rede, denn die Aufrufe der Parteien vermochten kaum, mit den spontanen Erhebungen der Masse Schritt zu halten; die Leiter hatten kaum Zeit, die Losungen der vorausst?rmenden Proletariermenge zu formulieren. Ferner: Die fr?heren Massen- und Generalstreiks entstanden aus einzelnen zusammenfliessenden Lohnk?mpfen, die in der allgemeinen Stimmung der revolution?ren Situation und unter dem Eindruck der sozialdemokratischen Agitation rapid zu politischen Kundgebungen wurden; das ?konomische Moment und die gewerkschaftliche Zersplitterung waren der Ausgangspunkt, die zusammenfassende Klassenaktion und die politische Leitung das Schlussergebnis. Jetzt ist die Bewegung eine umgekehrte. Die Januar- und Februargeneralstreiks brachen im voraus als einheitliche revolution?re Aktion unter der Leitung der Sozialdemokratie aus; allein diese Aktion zerfiel bald in eine unendliche Reihe lokaler, partieller, ?konomischer Streiks in einzelnen Gegenden, St?dten, Branchen, Fabriken. Den ganzen Fr?hling des Jahres 1905 hindurch bis in den Hochsommer hinein g?hrte im gesamten Riesenreich ein unerm?dlicher ?konomischer Kampf fast des gesamten Proletariats gegen das Kapital, ein Kampf, der nach oben hin alle kleinb?rgerlichen und liberalen Berufe: Handelsangestellte, Bankbeamte, Techniker, Schauspieler, Kunstberufe, ergreift, nach unten hin bis ins Hausgesinde, in das Subalternbeamtentum der Polizei, ja bis in die Schicht des Lumpenproletariats hineindringt und gleichzeitig aus der Stadt aufs flache Land hinausstr?mt und sogar an die eisernen Tore der Milit?rkasernen pocht.

Es ist dies ein riesenhaftes buntes Bild einer allgemeinen Auseinandersetzung der Arbeit mit dem Kapital, das die ganze Mannigfaltigkeit der sozialen Gliederung und des politischen Bewusstseins jeder Schicht und jedes Winkels abspiegelt und die ganze lange Stufenleiter vom regelrechten gewerkschaftlichen Kampf einer erprobten grossindustriellen Elitetruppe des Proletariats bis zum formlosen Protestausbruch eines Haufens Landproletarier und zur ersten dunklen Regung einer aufgeregten Soldatengarnison durchl?uft, von der wohlerzogenen eleganten Revolte in Manschetten und Stehkragen im Kontor eines Bankhauses bis zum scheu-dreisten Murren einer klobigen Versammlung unzufriedener Polizisten in einer verr?ucherten, dunklen und schmutzigen Polizeiwachtstube.

Nach der Theorie der Liebhaber >>ordentlicher und wohldisziplinierter<< K?mpfe nach Plan und Schema, jener besonders, die es von weitem stets besser wissen wollen, wie es >>h?tte gemacht werden sollen<<, war der Zerfall der grossen politischen Generalstreikaktion des Januar 1905 in eine Unzahl ?konomischer K?mpfe wahrscheinlich >>ein grosser Fehler<<, der jene Aktion >>lahmgelegt<< und in ein >>Strohfeuer<< verwandelt hatte. Auch die Sozialdemokratie in Russland, die die Revolution zwar mitmacht, aber nicht >>macht<<, und ihre Gesetze erst aus ihrem Verlauf selbst lernen muss, war im ersten Augenblick durch das scheinbar resultatlose Zur?ckfluten der ersten Sturmflut des Generalstreiks f?r eine Weile etwas aus dem Konzept gebracht. Allein, die Geschichte, die jenen >>grossen Fehler<< gemacht hat, verrichtete damit, unbek?mmert um das R?sonieren ihrer unberufenen Schulmeister, eine ebenso unvermeidliche wie in ihren Folgen unberechenbare Riesenarbeit der Revolution.

In der Tat: was konnte der Generalstreik im Januar weiter erreichen? Nur v?llige Gedankenlosigkeit durfte eine Vernichtung des Absolutismus auf einen Schlag durch einen einzigen >>ausdauernden<< Generalstreik nach dem anarchistischen Schema erwarten. Der Absolutismus muss in Russland durch das Proletariat gest?rzt werden. Aber das Proletariat bedarf dazu eines hohen Grades der politischen Schulung, des Klassenbewusstseins und der Organisation. Alle diese Bedingungen vermag es sich nicht aus Brosch?ren und Flugbl?ttern, sondern bloss aus der lebendigen politischen Schule, aus dem Kampf und in dem Kampf, in dem fortschreitenden Verlauf der Revolution aneignen. Ferner kann der Absolutismus nicht in jedem beliebigen Moment, wozu bloss eine gen?gende >>Anstrengung<< und >>Ausdauer<< erforderlich, gest?rzt werden. Der Untergang des Absolutismus ist bloss ein ?usserer Ausdruck der inneren sozialen und Klassenentwicklung der russischen Gesellschaft. Bevor und damit der Absolutismus gest?rzt werden kann, muss das k?nftige b?rgerliche Russland in seinem Innern, in seiner modernen Klassenscheidung hergestellt, geformt werden. Dazu geh?rt die Auseinandergrenzung der verschiedenen sozialen Schichten und Interessen, die Bildung ausser der proletarischen, revolution?ren, auch nicht minder der liberalen, radikalen, kleinb?rgerlichen, konservativen und reaktion?ren Parteien, dazu geh?rt die Selbstbesinnung, Selbsterkenntnis und das Klassenbewusstsein nicht bloss der Volksschichten, sondern auch der b?rgerlichen Schichten. Aber auch diese verm?gen sich nicht anders als im Kampf, im Prozess der Revolution selbst, durch die lebendige Schule der Ereignisse, im Zusammenprall mit dem Proletariat, sowie gegeneinander, in unaufh?rlicher gegenseitiger Reibung bilden und zur Reife gedeihen. Diese Klassenspaltung und Klassenreife der b?rgerlichen Gesellschaft sowie ihre Aktion im Kampfe gegen den Absolutismus wird durch die eigenartige f?hrende Rolle des Proletariats und seine Klassenaktion einerseits unterbunden und erschwert, anderseits angepeitscht und beschleunigt. Die verschiedenen Unterstr?me des sozialen Prozesses der Revolution durchkreuzen einander, hemmen einander, steigern die inneren Widerspr?che der Revolution, im Resultat beschleunigen und potenzieren aber damit nur ihre gewaltigen Ausbr?che.

So erfordert das anscheinend so einfache und nackte rein mechanische Problem: der Sturz des Absolutismus einen ganzen langen sozialen Prozess, eine g?nzliche Unterw?hlung des gesellschaftlichen Bodens, das Unterste muss nach oben, das Oberste nach unten gekehrt, die scheinbare >>Ordnung<< in einen Chaos und aus dem scheinbaren >>anarchistischen<< Chaos eine neue Ordnung umgeschaffen werden. Und nun in diesem Prozess der sozialen Umschachtelung des alten Russland spielte nicht nur der Januar-Blitz des ersten Generalstreiks, sondern noch mehr das darauffolgende grosse Fr?hlings- und Sommergewitter der ?konomischen Streiks eine unersetzliche Rolle. Die erbitterte allgemeine Auseinandersetzung der Lohnarbeit mit dem Kapital hat im gleichen Masse zur Auseinandergrenzung der verschiedenen Volksschichten wie der b?rgerlichen Schichten, zum Klassenbewusstsein des revolution?ren Proletariats wie auch der liberalen und konservativen Bourgeoisie beigetragen. Und wie die st?dtischen Lohnk?mpfe zur Bildung der starken monarchischen Moskauer Industriellen-Partei beigetragen haben, so hat der rote Hahn der gewaltigen Landerhebung in Livland zur raschen Liquidation des ber?hmten adelig-agrarischen Semstwo-Liberalismus gef?hrt.

Hier nur wieder ein kleines Beispiel, das aber f?r das gesamte Reich typisch ist. Auf der zweiten Konferenz der Gewerkschaften Russlands, die Ende Februar 1906 in Petersburg stattgefunden hat, sagte der Vertreter der Petersburger Gewerkschaften in seinem Bericht ?ber die Entwicklung der Gewerkschaftsorganisationen der Zarenhauptstadt:

>>Der 22. Januar 1905, der den Gaponschen Verein weggesp?lt hat, bildete einen Wendepunkt. Die Arbeiter aus der Masse haben an der Hand der Ereignisse gelernt, die Bedeutung der Organisation zu sch?tzen und begriffen, dass nur sie selbst diese Organisationen schaffen k?nnen. -- In direkter Verbindung mit der Januarbewegung entsteht in Petersburg die erste Gewerkschaft: die der Buchdrucker. Die zur Ausarbeitung des Tarifs gew?hlte Kommission arbeitete die Statuten aus, und am 19. Juni begann die Gewerkschaft ihre Existenz. Ungef?hr um dieselbe Zeit wurde die Gewerkschaft der Kontoristen und der Buchhalter ins Leben gerufen. Neben diesen Organisationen, die fast offen existieren, entstanden vom Januar bis Oktober 1905 halbgesetzliche und ungesetzliche Gewerkschaften. Zu den ersteren geh?rt z. B. die der Apothekergeh?lfen und der Handelsangestellten. Unter den ungesetzlichen Gewerkschaften muss der Verein der Uhrmacher hervorgehoben werden, dessen erste geheime Sitzung am 24. April stattfand. Alle Versuche, eine allgemeine offene Versammlung einzuberufen, scheiterten an dem hartn?ckigen Widerstand der Polizei und der Unternehmer in der Person der Handwerkskammer. Dieser Misserfolg hat die Existenz der Gewerkschaft nicht verhindert. Sie hielt geheime Mitgliederversammlungen am 9. Juni und 14. August ab, abgesehen von den Sitzungen der Vorst?nde der Gewerkschaft. Die Schneider-und Schneiderinnengewerkschaft wurde im Fr?hling des Jahres 1905 in einer Versammlung im Walde gegr?ndet, wo 70 Schneider anwesend waren. Nachdem die Frage der Gr?ndung besprochen wurde, w?hlte man eine Kommission, die mit der Ausarbeitung des Statuts beauftragt wurde. Alle Versuche der Kommission, f?r die Gewerkschaft eine gesetzliche Existenz durchzusetzen, blieben erfolglos. Ihre T?tigkeit beschr?nkt sich auf die Agitation und Mitgliederwerbung in den einzelnen Werkst?tten. Ein ?hnliches Schicksal war der Schuhmachergewerkschaft beschieden. Im Juli wurde Nachts in einem Walde ausserhalb der Stadt eine geheime Versammlung einberufen. Mehr als 100 Schuhmacher kamen zusammen; es wurde ein Referat ?ber die Bedeutung der Gewerkschaften, ?ber ihre Geschichte in Westeuropa und ihre Aufgaben in Russland gehalten. Darauf ward beschlossen, eine Gewerkschaft zu gr?nden; 12 Mann wurden in eine Kommission gew?hlt, die das Statut ausarbeiten und eine allgemeine Schuhmacherversammlung einberufen sollte. Das Statut wurde ausgearbeitet, aber es gelang vorl?ufig weder es zu drucken, noch eine allgemeine Versammlung einzuberufen.<<

Inzwischen folgt aber im Oktober als Antwort auf das Bulyginsche Duma-Projekt der zweite gewaltigste allgemeine Massenstreik im gesamten Zarenreich, zu dem die Eisenbahner die Parole ausgeben. Diese zweite revolution?re Hauptaktion des Proletariats tr?gt schon einen wesentlich anderen Charakter, als die erste im Januar. Das Element des politischen Bewusstseins spielt schon eine viel gr?ssere Rolle. Freilich war auch hier der erste Anlass zum Ausbruch des Massenstreiks ein untergeordneter und scheinbar zuf?lliger: der Konflikt der Eisenbahner mit der Verwaltung wegen der Pensionskasse. Allein die darauf erfolgte allgemeine Erhebung des Industrieproletariats wird vom klaren politischen Gedanken getragen. Der Prolog des Januarstreiks war ein Bittgang zum Zaren um politische Freiheit, die Losung des Oktoberstreiks lautete: Fort mit der konstitutionellen Kom?die des Zarismus! Und Dank dem sofortigen Erfolg des Generalstreiks: dem Zarenmanifest vom 30. Oktober, fliesst die Bewegung nicht nach innen zur?ck, wie im Januar, um erst die Anf?nge des ?konomischen Klassenkampfes nachzuholen, sondern giesst sich nach aussen in eine eifrige Bet?tigung der frisch eroberten politischen Freiheit ?ber. Demonstrationen, Versammlungen, eine junge Presse, ?ffentliche Diskussionen und blutige Massacres als das Ende vom Liede, darauf neue Massenstreiks und Demonstration -- das ist das st?rmische Bild der November- und Dezembertage. Im November wird auf den Appell der Sozialdemokratie hin in Petersburg der erste demonstrative Massenstreik veranstaltet als Protestkundgebung gegen die Bluttaten und die Verh?ngung des Belagerungszustandes in Livland und Polen. Die G?rung nach dem kurzen Verfassungstraum und dem grausamen Erwachen f?hrt endlich im Dezember zum Ausbruch des dritten allgemeinen Massenstreiks im ganzen Zarenreich. Diesmal ist der Verlauf und der Ausgang wieder ein ganz anderer, wie in den beiden fr?heren F?llen. Die politische Aktion schl?gt nicht mehr in eine ?konomische um, wie im Januar, sie erringt aber auch nicht mehr einen raschen Sieg, wie im Oktober. Die Versuche der zarischen Kamarilla mit der wirklichen politischen Freiheit werden nicht mehr gemacht und die revolution?re Aktion st?sst somit zum ersten Male in ihrer ganzen Breite auf die starre Mauer der physischen Gewalt des Absolutismus. Durch die logische innere Entwicklung der fortschreitenden Ereignisse schl?gt der Massenstreik diesmal um in einen offenen Aufstand, einen bewaffneten Barrikaden- und Strassenkampf in Moskau. Die Moskauer Dezembertage schliessen als der H?hepunkt der aufsteigenden Linie der politischen Aktion und der Massenstreikbewegung das erste arbeitsreiche Jahr der Revolution ab.

Die Moskauer Ereignisse zeigen zugleich im kleinen Probebild die logische Entwicklung und die Zukunft der revolution?ren Bewegung im ganzen: ihren unvermeidlichen Abschluss in einem allgemeinen offenen Aufstand, der aber seinerseits wieder nicht anders zu stande kommen kann, als durch die Schule einer Reihe vorbereitender partieller Aufst?nde, die eben deshalb vorl?ufig mit partiellen ?usseren >>Niederlagen<< abschliessen und, jeder einzeln betrachtet, als >>verfr?ht<< erscheinen m?gen.

Das Jahr 1906 bringt die Duma-Wahlen und die Duma-Episode. Das Proletariat boykottiert aus kr?ftigem revolution?ren Instinkt und klarer Erkenntnis der Lage die ganze zarisch-konstitutionelle Far?e, und den Vordergrund der politischen B?hne nimmt f?r einige Monate wieder der Liberalismus ein. Die Situation des Jahres 1904 kehrt anscheinend wieder: eine Periode des Redens tritt an Stelle des Handelns, und das Proletariat tritt f?r eine Zeitlang in den Schatten, um sich desto fleissiger dem gewerkschaftlichen Kampf und dem Organisationswerk zu widmen. Die Massenstreiks verstummen, w?hrend knatternde Raketen der liberalen Rethorik Tag f?r Tag abgefeuert werden. Schliesslich rasselt der eiserne Vorhang pl?tzlich herunter, die Schauspieler werden auseinander gejagt, von den liberalen Raketen bleibt nur Rauch und Dunst ?brig. Ein Versuch des Zentralkomitees der russischen Sozialdemokratie, als Demonstration f?r die Duma und f?r die Wiederer?ffnung der Periode des liberalen Redens einen vierten Massenstreik in ganz Russland hervorzurufen, f?llt platt zu Boden. Die Rolle der politischen Massenstreiks allein ist ersch?pft, der ?bergang des Massenstreiks in einen allgemeinen Volksaufstand und Strassenkampf aber noch nicht herangereift. Die liberale Episode ist vorbei, die proletarische hat noch nicht wieder begonnen. Die B?hne bleibt vorl?ufig leer.

Wir haben im vorigen in wenigen knappen Z?gen die Geschichte der Massenstreiks in Russland zu skizzieren gesucht. Schon ein fl?chtiger Blick auf diese Geschichte zeigt uns ein Bild, das in keinem Strich demjenigen ?hnelt, welches man sich bei der Diskussion in Deutschland gew?hnlich vom Massenstreik macht. Statt des starren und hohlen Schemas einer auf Beschluss der h?chsten Instanzen mit Plan und Umsicht ausgef?hrten trocknen politischen >>Aktion<<, sehen wir ein St?ck lebendiges Leben aus Fleisch und Blut, das sich gar nicht aus dem grossen Rahmen der Revolution herausschneiden l?sst, das durch tausend Adern mit dem ganzen Drum und Dran der Revolution verbunden ist.

Daraus lassen sich f?r die Beurteilung des Massenstreikproblems einige allgemeine Gesichtspunkte ableiten.

Allein die Bewegung im ganzen geht nicht bloss nach der Richtung vom ?konomischen zum politischen Kampf, sondern auch umgekehrt. Jede von den grossen politischen Massenaktionen schl?gt, nachdem sie ihren politischen H?hepunkt erreicht hat, in einen ganzen Wust ?konomischer Streiks um. Und dies bezieht sich wieder nicht bloss auf jeden einzelnen von den grossen Massenstreiks, sondern auch auf die Revolution im ganzen. Mit der Verbreitung, Kl?rung und Potenzierung des politischen Kampfes tritt nicht bloss der ?konomische Kampf nicht zur?ck, sondern er verbreitet sich, organisiert sich und potenziert sich seinerseits in gleichem Schritt. Es besteht zwischen beiden eine v?llige Wechselwirkung.

Jeder neue Anlauf und neue Sieg des politischen Kampfes verwandelt sich in einen m?chtigen Anstoss f?r den wirtschaftlichen Kampf, indem er zugleich seine ?usseren M?glichkeiten erweitert und den inneren Antrieb der Arbeiter, ihre Lage zu bessern, ihre Kampflust erh?ht. Nach jeder sch?umenden Welle der politischen Aktion bleibt ein befruchtender Niederschlag zur?ck, aus dem sofort tausendf?ltige Halme des ?konomischen Kampfes emporschiessen. Und umgekehrt. Der unaufh?rliche ?konomische Kriegszustand der Arbeiter mit dem Kapital h?lt die Kampfenergie in allen politischen Pausen wach, er bildet sozusagen das st?ndige frische Reservoir der proletarischen Klassenkraft, aus dem der politische Kampf immer von neuem seine Macht hervorholt, und zugleich f?hrt das unerm?dliche ?konomische Bohren des Proletariats alle Augenblicke bald hier, bald dort zu einzelnen scharfen Konflikten, aus denen unversehens politische Konflikte auf grossem Massstab explodieren.

Wir haben oben den inneren Mechanismus der russischen Massenstreiks gesehen, der auf der unaufh?rlichen Wechselwirkung des politischen und des ?konomischen Kampfes beruht. Aber gerade diese Wechselwirkung ist bedingt durch die Revolutionsperiode. Nur in der Gewitterluft der revolution?ren Periode vermag sich n?mlich jeder partielle kleine Konflikt zwischen Arbeit und Kapital zu einer allgemeinen Explosion auszuwachsen. In Deutschland passieren j?hrlich und t?glich die heftigsten, brutalsten Zusammenst?sse zwischen Arbeitern und Unternehmern, ohne dass der Kampf die Schranken der betreffenden einzelnen Branche oder der einzelnen Stadt, ja Fabrik ?berspringt. Massregelungen organisierter Arbeiter wie in Petersburg, Arbeitslosigkeit wie in Baku, Lohnkonflikte wie in Odessa, K?mpfe um das Koalitionsrecht wie in Moskau sind in Deutschland auf der Tagesordnung. Kein einziger dieser F?lle schl?gt jedoch in eine gemeinsame Klassenaktion um. Und wenn sie sich selbst zu einzelnen Massenstreiks auswachsen, die zweifellos einen politischen Anstrich haben, so entz?nden sie auch dann noch kein allgemeines Gewitter. Der Generalstreik der holl?ndischen Eisenbahner, der trotz w?rmster Sympathien mitten in v?lliger Unbeweglichkeit des Proletariats im Lande verblutete, liefert einen frappanten Beweis daf?r.

Und umgekehrt, nur in der Revolutionsperiode, wo die sozialen Fundamente und die Mauern der Klassengesellschaft aufgelockert und in st?ndiger Verschiebung begriffen sind, vermag jede politische Klassenaktion des Proletariats in wenigen Stunden ganze, bis dahin unber?hrte Schichten der Arbeiterschaft aus der Unbeweglichkeit zu reissen, was sich sofort naturgem?ss in einem st?rmischen ?konomischen Kampf ?ussert. Der pl?tzlich durch den elektrischen Schlag einer politischen Aktion wachger?ttelte Arbeiter greift im n?chsten Augenblick vor allem zu dem n?chstliegenden: zur Abwehr gegen sein ?konomisches Sklavenverh?ltnis; die st?rmische Geste des politischen Kampfes l?sst ihn pl?tzlich mit ungeahnter Intensit?t die Schwere und den Druck seiner ?konomischen Ketten f?hlen. Und w?hrend z. B. der heftigste politische Kampf in Deutschland: der Wahlkampf oder der parlamentarische Kampf um den Zolltarif kaum einen vernehmbaren direkten Einfluss auf den Verlauf und die Intensit?t der gleichzeitig in Deutschland gef?hrten Lohnk?mpfe aus?bt, ?ussert sich jede politische Aktion des Proletariats in Russland sofort in der Erweiterung und Vertiefung der Fl?che des wirtschaftlichen Kampfes.

Anderseits aber sehen wir in Russland, dass dieselbe Revolution, die der Sozialdemokratie das Kommando ?ber den Massenstreik so sehr erschwert und ihr alle Augenblicke launig das Dirigentenst?ckchen aus der Hand schl?gt oder in die Hand dr?ckt, dass sie daf?r selbst gerade alle jene Schwierigkeiten der Massenstreiks l?st, die im theoretischen Schema der deutschen Diskussion als die Hauptsorgen der >>Leitung<< behandelt werden: die Frage der >>Verproviantierung<<, der >>Kostendeckung<< und der >>Opfer<<. Freilich, sie l?st sie durchaus nicht in dem Sinne, wie man es bei einer ruhigen, vertraulichen Konferenz zwischen den leitenden Oberinstanzen der Arbeiterbewegung mit dem Bleistift in der Hand regelt. Die >>Regelung<< all dieser Fragen besteht darin, dass die Revolution eben so enorme Volksmassen auf die B?hne bringt, dass jede Berechnung und Regelung der Kosten ihrer Bewegung, wie man die Kosten eines Zivilprozesses im voraus aufzeichnet, als ein ganz hoffnungsloses Unternehmen erscheint. Gewiss suchen auch die leitenden Organisationen in Russland die direkten Opfer des Kampfes nach Kr?ften zu unterst?tzen. So wurden z. B. die tapferen Opfer der Riesenaussperrung in Petersburg infolge der Achtstundenkampagne wochenlang unterst?tzt. Allein alle diese Massnahmen sind in der enormen Bilanz der Revolution ein Tropfen im Meere. Mit dem Augenblick, wo eine wirkliche ernste Massenstreikperiode beginnt, verwandeln sich alle >>Kostenberechnungen<< in das Vorhaben, den Ozean mit einem Wasserglas auszusch?pfen. Es ist n?mlich ein Ozean furchtbarer Entbehrungen und Leiden, durch den jede Revolution f?r die Proletariermasse erkauft wird. Und die L?sung, die eine revolution?re Periode dieser scheinbar un?berwindlichen Schwierigkeit gibt, besteht darin, dass sie zugleich eine so gewaltige Summe von Massenidealismus ausl?st, bei der die Masse gegen die sch?rfsten Leiden unempfindlich wird. Mit der Psychologie eines Gewerkschaftlers, der sich auf keine Arbeitsruhe bei der Maifeier einl?sst, bevor ihm eine genau bestimmte Unterst?tzung f?r den Fall seiner Massregelung im voraus zugesichert wird, l?sst sich weder Revolution noch Massenstreik machen. Aber im Sturm der revolution?ren Periode verwandelt sich eben der Proletarier aus einem Unterst?tzung heischenden vorsorglichen Familienvater in einen >>Revolutionsromantiker<<, f?r den sogar das h?chste Gut, n?mlich das Leben, geschweige das materielle Wohlsein, im Vergleich mit den Kampfidealen geringen Wert besitzt.

Es fragt sich nun, wie weit alte Lehren, die man aus den russischen Massenstreiks ziehen kann, auf Deutschland passen. Die sozialen und politischen Verh?ltnisse, die Geschichte und der Stand der Arbeiterbewegung sind in Deutschland und in Russland v?llig verschieden. Auf den ersten Blick m?gen auch die oben aufgezeichneten inneren Gesetze der russischen Massenstreiks lediglich als das Produkt spezifisch russischer Verh?ltnisse erscheinen, die f?r das deutsche Proletariat gar nicht in Betracht kommen. Zwischen dem politischen und ?konomischen Kampf in der russischen Revolution besteht der engste innere Zusammenhang; ihre Einheit kommt in der Periode der Massenstreiks zum Ausdruck. Aber ist das nicht eine einfache Folge des russischen Absolutismus? In einem Staate, wo jede Form und jede ?usserung der Arbeiterbewegung verboten, wo der einfachste Streik ein politisches Verbrechen ist, muss auch logischerweise jeder ?konomische Kampf zum politischen werden.

Ferner, wenn umgekehrt gleich der erste Ausbruch der politischen Revolution eine allgemeine Abrechnung der russischen Arbeiterschaft mit dem Unternehmertum nach sich gezogen hat, so ist das wiederum die einfache Folge des Umstandes, dass der russische Arbeiter bis dahin auf dem tiefsten Niveau der Lebenshaltung stand und ?berhaupt noch niemals einen regelm?ssigen ?konomischen Kampf um die Besserung seiner Lage gef?hrt hatte. Das Proletariat in Russland musste sich gewissermassen aus dem allergr?bsten erst herausarbeiten, was Wunder, dass es dazu mit jugendlichem Wagemut griff, sobald die Revolution den ersten frischen Hauch in die Stickluft des Absolutismus hineingebracht hatte. Und endlich erkl?rt sich der st?rmische revolution?re Verlauf der russischen Massenstreiks, sowie ihr vorwiegend spontaner, elementarer Charakter einerseits aus der politischen Zur?ckgebliebenheit Russlands, aus der Notwendigkeit, erst den orientalischen Despotismus zu st?rzen, anderseits aus dem Mangel an Organisation und Schulung des russischen Proletariats. In einem Lande, wo die Arbeiterklasse 80 Jahre Erfahrung im politischen Leben, eine drei Millionen starke sozialdemokratische Partei und eineinviertel Million gewerkschaftlich organisierte Kerntruppen hat, kann der politische Kampf, k?nnen die Massenstreiks unm?glich denselben st?rmischen und elementaren Charakter annehmen wie in einem halbbarbarischen Staate, der erst den Sprung aus dem Mittelalter in die neuzeitliche b?rgerliche Ordnung macht. Dies die landl?ufige Vorstellung bei denjenigen, die den Reifegrad der gesellschaftlichen Verh?ltnisse eines Landes aus dem Wortlaut seiner geschriebenen Gesetze ablesen wollen.

Untersuchen wir die Fragen nach der Reihe. Zun?chst ist es verkehrt, den Beginn des ?konomischen Kampfes in Russland erst von dem Ausbruch der Revolution zu datieren. Tats?chlich waren die Streiks, die Lohnk?mpfe im eigentlichen Russland seit Anfang der neunziger Jahre, in Russisch-Polen sogar seit Ende der achtziger Jahre, immer mehr auf der Tagesordnung und hatten sich zuletzt das faktische B?rgerrecht erworben. Freilich zogen sie h?ufig brutale polizeiliche Massregelungen nach sich, geh?rten aber trotzdem zu den allt?glichen Erscheinungen. Bestand doch z. B. in Warschau und Lodz bereits im Jahre 1891 je eine bedeutende allgemeine Streikkasse, und die Schw?rmerei f?r die Gewerkschaften hat in diesen Jahren in Polen f?r kurze Zeit sogar jene >>?konomischen<< Illusionen geschaffen, die in Petersburg und im ?brigen Russland einige Jahre sp?ter grassierten.

Desgleichen liegt viel ?bertreibung in der Vorstellung, als habe der Proletarier im Zarenreich vor der Revolution durchweg auf dem Lebensniveau eines Paupers gestanden. Gerade die jetzt im ?konomischen wie im politischen Kampfe t?tigste und eifrigste Schicht der grossindustriellen grossst?dtischen Arbeiter stand in bezug auf ihr materielles Lebensniveau kaum viel tiefer als die entsprechende Schicht des deutschen Proletariats, und in manchen Berufen kann man in Russland gleiche, ja hier und da selbst h?here L?hne finden als in Deutschland. Auch in Bezug auf die Arbeitszeit wird der Unterschied zwischen den grossindustriellen Betrieben hier und dort kaum ein bedeutender sein. Somit sind die Vorstellungen, die mit einem vermeintlichen materiellen und kulturellen Helotentum der russischen Arbeiterschaft rechnen, ziemlich aus der Luft gegriffen. Dieser Vorstellung m?sste bei einigem Nachdenken schon die Tatsache der Revolution selbst und der hervorragenden Rolle des Proletariats in ihr widersprechen. Mit Paupers werden keine Revolutionen von dieser politischen Reife und Gedankenklarheit gemacht, und der im Vordertreffen des Kampfes stehende Petersburger und Warschauer, Moskauer und Odessaer Industriearbeiter ist kulturell und geistig dem westeurop?ischen Typus viel n?her, als sich diejenigen denken, die als die einzige und unentbehrliche Kulturschule des Proletariats den b?rgerlichen Parlamentarismus und die regelrechte Gewerkschaftspraxis betrachten. Die moderne grosskapitalistische Entwicklung Russlands und die anderthalbjahrzehnte lange geistige Einwirkung der Sozialdemokratie, die den ?konomischen Kampf ermutigte und leitete, haben auch ohne die ?usseren Garantien der b?rgerlichen Rechtsordnung ein t?chtiges St?ck Kulturarbeit geleistet.

So verschiebt sich das Bild der angeblichen wirtschaftlichen ?berlegenheit des deutschen Proletariats ?ber das russische ganz bedeutend, wenn wir den Blick von der Tabelle der gewerkschaftlich organisierten Industrie- und Handwerksbranchen auf jene grossen Gruppen des Proletariats richten, die ganz ausserhalb des gewerkschaftlichen Kampfes stehen oder deren besondere wirtschaftliche Lage sich nicht in den engen Rahmen des allt?glichen gewerkschaftlichen Kleinkriegs hineinzw?ngen l?sst. Wir sehen dann ein gewaltiges Gebiet nach dem anderen, wo die Zuspitzung der Gegens?tze die ?usserste Grenze erreicht hat, wo Z?ndstoff in H?lle und F?lle aufgeh?uft ist, wo sehr viel >>russischer Absolutismus<< in nacktester Form steckt und wo wirtschaftlich die allerelementarsten Abrechnungen mit dem Kapital erst nachzuholen sind.

Alle diese alten Rechnungen w?rden dann bei einer allgemeinen politischen Massenaktion des Proletariats unvermeidlich dem herrschenden System pr?sentiert werden. Eine k?nstlich arrangierte einmalige Demonstration des st?dtischen Proletariats, eine blosse aus Disziplin und nach dem Taktstock eines Parteivorstandes ausgef?hrte Massenstreikaktion k?nnte freilich die breiteren Volksschichten k?hl und gleichg?ltig lassen. Allein eine wirkliche, aus revolution?rer Situation geborene, kr?ftige und r?cksichtslose Kampfaktion des Industrieproletariats m?sste sicher auf tiefer liegende Schichten zur?ckwirken und gerade alle diejenigen, die in normalen ruhigen Zeiten abseits des gewerkschaftlichen Tageskampfes stehen, in einen st?rmischen allgemeinen ?konomischen Kampf mitreissen.

Kommen wir aber auch auf die organisierten Vordertruppen des deutschen Industrieproletariats zur?ck und halten uns anderseits die heute von der russischen Arbeiterschaft verfochtenen Ziele des ?konomischen Kampfes vor die Augen, so finden wir durchaus nicht, dass es Bestrebungen sind, auf die die deutschen ?ltesten Gewerkschaften Grund h?tten, wie auf ausgetretene Kinderschuhe ?ber die Achsel zu schauen. So ist die wichtigste allgemeine Forderung der russischen Streiks seit dem 22. Januar 1905, der Achtstundentag, gewiss kein ?berwundener Standpunkt f?r das deutsche Proletariat, vielmehr in den allermeisten F?llen ein sch?nes fernes Ideal. Dasselbe trifft auf den Kampf mit dem >>Hausherrnstandpunkt<< zu, auf den Kampf um die Einf?hrung der Arbeiteraussch?sse in allen Fabriken, um die Abschaffung der Akkordarbeit, um die Abschaffung der Heimarbeit im Handwerk, um v?llige Durchf?hrung der Sonntagsruhe, um Anerkennung des Koalitionsrechts. Ja, bei n?herem Zusehen sind s?mtliche ?konomischen Kampfobjekte des russischen Proletariats in der jetzigen Revolution auch f?r das deutsche Proletariat h?chst aktuell und ber?hren lauter wunde Stellen des Arbeiterdaseins.

Daraus ergibt sich vor allem, dass der reine politische Massenstreik, mit dem man vorzugsweise operiert, auch f?r Deutschland ein blosses lebloses theoretisches Schema ist. Werden die Massenstreiks aus einer starken revolution?ren G?rung sich auf nat?rlichem Wege als ein entschlossener politischer Kampf der st?dtischen Arbeiterschaft ergeben, so werden sie ebenso nat?rlich, genau wie in Russland, in eine ganze Periode elementarer ?konomischer K?mpfe umschlagen. Die Bef?rchtungen also der Gewerkschaftsf?hrer, als k?nnte der Kampf um die ?konomischen Interessen in einer Periode st?rmischer politischer K?mpfe, in einer Periode der Massenstreiks, einfach auf die Seite geschoben und erdr?ckt werden, beruhen auf einer ganz in der Luft schwebenden schulm?ssigen Vorstellung von dem Gang der Dinge. Eine revolution?re Periode w?rde vielmehr auch in Deutschland den Charakter des gewerkschaftlichen Kampfes ?ndern und ihn dermassen potenzieren, dass der heutige Guerillakrieg der Gewerkschaften dagegen ein Kinderspiel sein wird. Und anderseits w?rde aus diesem elementaren ?konomischen Massenstreikgewitter auch der politische Kampf immer wieder neue Anst?sse und frische Kr?fte sch?pfen. Die Wechselwirkung zwischen ?konomischem und politischem Kampf, die die innere Triebfeder der heutigen Massenstreiks in Russland und zugleich sozusagen den regulierenden Mechanismus der revolution?ren Aktion des Proletariats bildet, w?rde sich ebenso naturgem?ss auch in Deutschland aus den Verh?ltnissen selbst ergeben.

Im Zusammenhang damit bekommt auch die Frage von der Organisation in ihrem Verh?ltnis zum Problem des Massenstreiks in Deutschland ein wesentlich anderes Gesicht.

Die Massenstreiks, die politischen Massenk?mpfe k?nnen also unm?glich in Deutschland von den Organisierten allein getragen und auf eine regelrechte >>Leitung<< aus einer Parteizentrale berechnet werden. In diesem Falle kommt es aber wieder -- ganz wie in Russland -- nicht sowohl auf >>Disziplin<<, >>Schulung<< und auf m?glichst sorgf?ltige Vorausbestimmung der Unterst?tzungs- und der Kostenfrage an, als vielmehr auf eine wirkliche revolution?re, entschlossene Klassenaktion, die im stande w?re, die breitesten Kreise der nichtorganisierten, aber ihrer Stimmung und ihrer Lage nach revolution?ren Proletariermassen zu gewinnen und mitzureissen.

Die ?bersch?tzung und die falsche Einsch?tzung der Rolle der Organisation im Klassenkampf des Proletariats wird gew?hnlich erg?nzt durch die Geringsch?tzung der unorganisierten Proletariermasse und ihrer politischen Reife. In einer revolution?ren Periode, im Sturme grosser, aufr?ttelnder Klassenk?mpfe zeigt sich erst die ganze erzieherische Wirkung der raschen kapitalistischen Entwicklung und der sozialdemokratischen Einfl?sse auf die breitesten Volksschichten, wovon in ruhigen Zeiten die Tabellen der Organisationen und selbst die Wahlstatistiken nur einen ganz schwachen Begriff geben.

Wir haben gesehen, dass der Massenstreik in Russland nicht ein k?nstliches Produkt einer absichtlichen Taktik der Sozialdemokratie, sondern eine nat?rliche geschichtliche Erscheinung auf dem Boden der jetzigen Revolution darstellt. Welche sind nun die Momente, die in Russland diese neue Erscheinungsform der Revolution hervorgebracht haben?

Die russische Revolution hat zur n?chsten Aufgabe die Beseitigung des Absolutismus und die Herstellung eines modernen b?rgerlich-parlamentarischen Rechtsstaates. Formell ist es genau dieselbe Aufgabe, die in Deutschland der M?rzrevolution, in Frankreich der grossen Revolution am Ausgang des 18. Jahrhunderts bevorstand. Allein die Verh?ltnisse, das geschichtliche Milieu, in dem diese formell analogen Revolutionen stattfanden, sind grundverschieden von den heutigen Russlands. Das Entscheidende ist der Umstand, dass zwischen jenen b?rgerlichen Revolutionen des Westens und der heutigen b?rgerlichen Revolution im Osten der ganze Cyklus der kapitalistischen Entwicklung abgelaufen ist. Und zwar hatte diese Entwicklung nicht bloss die westeurop?ischen L?nder, sondern auch das absolutistische Russland ergriffen. Die Grossindustrie mit allen ihren Konsequenzen, der modernen Klassenscheidung, den schroffen sozialen Kontrasten, dem modernen Grossstadtleben und dem modernen Proletariat, ist in Russland die herrschende, d. h. in der sozialen Entwicklung ausschlaggebende Produktionsform geworden. Daraus hat sich aber die merkw?rdige, widerspruchsvolle, geschichtliche Situation ergeben, dass die nach ihren formellen Aufgaben b?rgerliche Revolution in erster Reihe von einem modernen klassenbewussten Proletariat ausgef?hrt wird, und in einem internationalen Milieu, das im Zeichen des Verfalls der b?rgerlichen Demokratie steht. Nicht die Bourgeoisie ist jetzt das f?hrende revolution?re Element, wie in den fr?heren Revolutionen des Westens, w?hrend die proletarische Masse, aufgel?st im Kleinb?rgertum, der Bourgeoisie Heerbanndienste leistet, sondern umgekehrt, das klassenbewusste Proletariat ist das f?hrende und treibende Element, w?hrend die grossb?rgerlichen Schichten teils direkt kontrerevolution?r, teils schw?chlich-liberal, und nur das l?ndliche Kleinb?rgertum nebst der st?dtischen kleinb?rgerlichen Intelligenz entschieden oppositionell, ja revolution?r gesinnt sind. Das russische Proletariat aber, das dermassen zur f?hrenden Rolle in der b?rgerlichen Revolution bestimmt ist, tritt selbst frei von allen Illusionen der b?rgerlichen Demokratie, daf?r mit einem stark entwickelten Bewusstsein der eigenen spezifischen Klasseninteressen, bei einem scharf zugespitzten Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit, in den Kampf. Dieses widerspruchsvolle Verh?ltnis findet seinen Ausdruck in der Tatsache, dass in dieser formell b?rgerlichen Revolution der Gegensatz der b?rgerlichen Gesellschaft zum Absolutismus von dem Gegensatz des Proletariats zur b?rgerlichen Gesellschaft beherrscht wird, dass der Kampf des Proletariats sich mit gleicher Kraft gleichzeitig gegen den Absolutismus und gegen die kapitalistische Ausbeutung richtet, dass das Programm der revolution?ren K?mpfe mit gleichem Nachdruck auf die politische Freiheit und auf die Eroberung des Achtstundentages sowie einer menschenw?rdigen materiellen Existenz f?r das Proletariat gerichtet ist. Dieser zwiesp?ltige Charakter der russischen Revolution ?ussert sich in jener innigen Verbindung und Wechselwirkung des ?konomischen mit dem politischen Kampf, die wir an der Hand der Vorg?nge in Russland kennen gelernt haben, und die ihren entsprechenden Ausdruck eben im Massenstreik findet.

In den fr?heren b?rgerlichen Revolutionen, wo einerseits die politische Schulung und Anf?hrung der revolution?ren Masse von den b?rgerlichen Parteien besorgt wurde und wo es sich anderseits um den nackten Sturz der alten Regierung handelte, war die kurze Barrikadenschlacht die passende Form des revolution?ren Kampfes. Heute, wo die Arbeiterklasse sich selbst im Laufe des revolution?ren Kampfes aufkl?ren, selbst sammeln und selbst anf?hren muss, und wo die Revolution ihrerseits ebenso gegen die alte Staatsgewalt wie gegen die kapitalistische Ausbeutung gerichtet ist, erscheint der Massenstreik als das nat?rliche Mittel, die breitesten proletarischen Schichten in der Aktion selbst zu rekrutieren, zu revolutionieren und zu organisieren, ebenso wie es gleichzeitig ein Mittel ist, die alte Staatsgewalt zu unterminieren und zu st?rzen und die kapitalistische Ausbeutung einzud?mmen. Das st?dtische Industrieproletariat ist jetzt die Seele der Revolution in Russland. Um aber irgend eine direkte politische Aktion als Masse auszuf?hren, muss sich das Proletariat erst zur Masse wieder sammeln und zu diesem Behufe muss es vor allem aus Fabriken und Werkst?tten, aus Sch?chten und H?tten heraustreten, muss es die Pulverisierung und Zerbr?ckelung in den Einzelwerkst?tten ?berwinden, zu der es im t?glichen Joch des Kapitals verurteilt ist. Der Massenstreik ist somit die erste nat?rliche, impulsive Form jeder grossen revolution?ren Aktion des Proletariats, und je mehr die Industrie die vorherrschende Form der sozialen Wirtschaft, je hervorragender die Rolle des Proletariats in der Revolution und je entwickelter der Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital, um so m?chtiger und ausschlaggebender m?ssen die Massenstreiks werden. Die fr?here Hauptform der b?rgerlichen Revolutionen, die Barrikadenschlacht, die offene Begegnung mit der bewaffneten Macht des Staates, ist in der heutigen Revolution nur ein ?usserster Punkt, nur ein Moment in dem ganzen Prozess des proletarischen Massenkampfes.

Und damit ist in der neuen Form der Revolution auch jene Zivilisierung und Milderung der Klassenk?mpfe erreicht, die von den Opportunisten der deutschen Sozialdemokratie, von den Bernstein, David u. a. prophetisch vorausgesagt wurde. Die Genannten erblickten freilich die ersehnte Milderung und Zivilisierung des Klassenkampfes, im Geiste kleinb?rgerlich-demokratischer Illusionen, darin, dass der Klassenkampf ausschliesslich zu einem parlamentarischen Kampf beschr?nkt und die Strassenrevolution einfach abgeschafft wird. Die Geschichte hat die L?sung in einer etwas tieferen und feineren Weise gefunden: in dem Aufkommen des revolution?ren Massenstreiks, der freilich den nackten brutalen Strassenkampf durchaus nicht ersetzt und nicht ?berfl?ssig macht, ihn aber bloss zu einem Moment der langen politischen Kampfperiode reduziert und gleichzeitig mit der Revolutionsperiode ein enormes Kulturwerk im genauesten Sinne dieses Wortes verbindet: die materielle und geistige Hebung der gesamten Arbeiterklasse durch die >>Zivilisierung<< der barbarischen Formen der kapitalistischen Ausbeutung.

So erweist sich der Massenstreik also nicht als ein spezifisch russisches, aus dem Absolutismus entsprungenes Produkt, sondern als eine allgemeine Form des proletarischen Klassenkampfes, die sich aus dem gegenw?rtigen Stadium der kapitalistischen Entwicklung und der Klassenverh?ltnisse ergibt. Die drei b?rgerlichen Revolutionen: die grosse franz?sische, die deutsche M?rzrevolution und die jetzige russische bilden von diesem Standpunkt eine Kette der fortlaufenden Entwicklung, in der sich das Gl?ck und Ende des kapitalistischen Jahrhunderts spiegelt. In der grossen franz?sischen Revolution geben die noch ganz unentwickelten inneren Widerspr?che der b?rgerlichen Gesellschaft f?r eine lange Periode gewaltiger K?mpfe Raum, wo sich alle die erst in der Hitze der Revolution rasch aufkeimenden und reifenden Gegens?tze ungehindert und ungezwungen mit r?cksichtslosem Radikalismus austoben. Ein halbes Jahrhundert sp?ter wird die auf halbem Wege der kapitalistischen Entwicklung ausgebrochene Revolution des deutschen B?rgertums schon durch den Gegensatz der Interessen und das Gleichgewicht der Kr?fte zwischen Kapital und Arbeit in der Mitte unterbunden und durch einen b?rgerlich-feudalen Kompromiss erstickt, zu einer kurzen, kl?glichen, mitten im Worte verstummten Episode abgek?rzt. Noch ein halbes Jahrhundert, und die heutige russische Revolution steht auf einem Punkt des geschichtlichen Weges, der bereits ?ber den Berg, ?ber den H?hepunkt der kapitalistischen Gesellschaft hinweggeschritten ist, wo die b?rgerliche Revolution nicht mehr durch den Gegensatz zwischen Bourgeoisie und Proletariat erstickt werden kann, sondern umgekehrt zu einer neuen, langen Periode gewaltigster sozialer K?mpfe entfaltet wird, in denen die Begleichung der alten Rechnung mit dem Absolutismus als eine Kleinigkeit erscheint gegen die vielen neuen Rechnungen, die die Revolution selbst aufmacht. Die heutige Revolution realisiert somit in der besonderen Angelegenheit des absolutistischen Russland zugleich die allgemeinen Resultate der internationalen kapitalistischen Entwicklung und erscheint weniger ein letzter Nachl?ufer der alten b?rgerlichen, wie ein Vorl?ufer der neuen Serie der proletarischen Revolutionen des Westens. Das zur?ckgebliebenste Land weist, gerade weil es sich mit seiner b?rgerlichen Revolution so unverzeihlich versp?tet hat, Wege und Methoden des weiteren Klassenkampfes dem Proletariat Deutschlands und der vorgeschrittensten kapitalistischen L?nder.

Es w?re deshalb ein gar zu kl?gliches, grotesk winziges Resultat der russischen Revolution, wollte das deutsche Proletariat aus ihr bloss die Lehre ziehen, dass es -- wie die Gen. Frohme, Elm und andere wollen -- von der russischen Revolution die ?ussere Form des Kampfes, den Massenstreik entlehnt und zu einer Vorratskanone f?r den Fall der Kassierung des Reichstagswahlrechts, also zu einem passiven Mittel der parlamentarischen Defensive kastriert. Wenn man uns das Reichstagswahlrecht nimmt, dann wehren wir uns. Das ist ein ganz selbstverst?ndlicher Entschluss. Aber zu diesem Entschluss braucht man sich nicht in die heldenhafte Pose eines Danton zu werfen, wie es z. B. Genosse Elm in Jena getan; denn die Verteidigung des bereits besessenen bescheidenen Masses der parlamentarischen Rechte ist weniger eine himmelst?rmende Neuerung, zu der erst die furchtbaren Hekatomben der russischen Revolution als Ermunterung notwendig waren, als vielmehr die einfachste und erste Pflicht jeder Oppositionspartei. Allein die blosse Defensive darf niemals die Politik des Proletariats in einer Revolutionsperiode ersch?pfen. Und wenn es einerseits schwerlich mit Sicherheit vorausgesagt werden kann, ob die Vernichtung des allgemeinen Wahlrechts in Deutschland in einer Situation eintritt, die unbedingt eine sofortige Massenstreikaktion hervorrufen wird, so ist es anderseits ganz sicher, dass, sobald wir in Deutschland in die Periode st?rmischer Massenaktionen eingetreten sind, die Sozialdemokratie unm?glich auf die blosse parlamentarische Defensive ihre Taktik festlegen darf. Den Anlass und den Moment vorauszubestimmen, an dem die Massenstreiks in Deutschland ausbrechen sollen, liegt ausserhalb der Macht der Sozialdemokratie, weil es ausserhalb ihrer Macht liegt, geschichtliche Situationen durch Parteitagsbeschl?sse herbeizuf?hren. Was sie aber kann und muss, ist, die politischen Richtlinien dieser K?mpfe, wenn sie einmal eintreten, klarlegen und in einer entschlossenen, konsequenten Taktik formulieren. Man h?lt nicht die geschichtlichen Ereignisse im Zaum, indem man ihnen Vorschriften macht, sondern indem man sich im voraus ihre wahrscheinlichen berechenbaren Konsequenzen zum Bewusstsein bringt und die eigene Handlungsweise danach einrichtet.

Die zun?chst drohende politische Gefahr, auf die sich die deutsche Arbeiterbewegung seit einer Reihe von Jahren gefasst macht, ist ein Staatsstreich der Reaktion, der den breitesten Schichten der arbeitenden Volksmasse das wichtigste politische Recht, das Reichstagswahlrecht, wird entreissen wollen. Trotz der ungeheuren Tragweite dieses eventuellen Ereignisses ist es, wie gesagt, unm?glich, mit Bestimmtheit zu behaupten, dass auf den Staatsstreich alsdann sofort eine offene Volksbewegung in der Form von Massenstreiks ausbricht, weil uns heute alle jene unz?hligen Umst?nde und Momente unbekannt sind, die bei einer Massenbewegung die Situation mitbestimmen. Allein, wenn man die gegenw?rtige ?usserste Zuspitzung der Verh?ltnisse in Deutschland und anderseits die mannigfachen internationalen R?ckwirkungen der russischen Revolution und weiter des k?nftigen renovierten Russlands in Betracht zieht, so ist es klar, dass der Umsturz in der deutschen Politik, der aus einer Kassierung des Reichstagswahlrechts entstehen w?rde, nicht bei dem Kampf um dieses Wahlrecht allein Halt machen k?nnte. Dieser Staatsstreich w?rde vielmehr in k?rzerer oder l?ngerer Frist mit elementarer Macht eine grosse allgemeine politische Abrechnung der einmal emp?rten und aufger?ttelten Volksmassen mit der Reaktion nach sich ziehen -- eine Abrechnung f?r den Brotwucher, f?r die k?nstliche Fleischteuerung, f?r die Auspowerung durch den uferlosen Militarismus und Marinismus, f?r die Korruption der Kolonialpolitik, f?r die nationale Schmach des K?nigsberger Prozesses, f?r den Stillstand der Sozialreform, f?r die Entrechtung der Eisenbahner, der Postbeamten und der Landarbeiter, f?r die Bemogelung und Verh?hnung der Bergarbeiter, f?r das L?btauer Urteil und die ganze Klassenjustiz, f?r das brutale Aussperrungssystem -- kurz, f?r den gesamten zwanzigj?hrigen Druck der koalierten Herrschaft des ostelbischen Junkertums und des kartellierten Grosskapitals.

Liegt aber nicht ein krasser Widerspruch in den von uns aufgezeichneten Perspektiven? Einerseits heisst es, bei einer eventuellen k?nftigen Periode der politischen Massenaktion werden vor allem die zur?ckgebliebensten Schichten des deutschen Proletariats, die Landarbeiter, die Eisenbahner, die Postsklaven, erst ihr Koalitionsrecht erobern, die ?rgsten Ausw?chse der Ausbeutung erst beseitigt werden m?ssen, anderseits soll die politische Aufgabe dieser Periode schon die politische Machteroberung durch das Proletariat sein! Einerseits ?konomische, gewerkschaftliche K?mpfe um die n?chsten Interessen, um die materielle Hebung der Arbeiterklasse, anderseits schon das ?usserste Endziel der Sozialdemokratie! Gewiss, das sind krasse Widerspr?che, aber nicht Widerspr?che unseres Raisonnements, sondern Widerspr?che der kapitialistischen Entwicklung. Sie verl?uft nicht in einer h?bschen, geraden Linie, sondern im schroffen blitz?hnlichen Zickzack. Ebenso wie die verschiedenen kapitalistischen L?nder die verschiedensten Stadien der Entwicklung darstellen, ebenso innerhalb jedes Landes die verschiedenen Schichten derselben Arbeiterklasse. Die Geschichte wartet aber nicht geduldig, bis erst die zur?ckgebliebenen L?nder und Schichten die fortgeschrittensten eingeholt haben, damit sich das Ganze wie eine stramme Kolonne symmetrisch weiter bewegen kann. Sie bringt es bereits in den vordersten exponiertesten Punkten zu Explosionen, sobald die Verh?ltnisse hier daf?r reif sind, und im Sturme der revolution?ren Periode wird dann in wenigen Tagen und Monaten das Vers?umte nachgeholt, das Ungleiche ausgeglichen, der gesamte soziale Fortschritt mit einem Ruck in Sturmschritt versetzt.

Wie in der russischen Revolution sich die ganze Stufenleiter der Entwicklung und der Interessen der verschiedenen Arbeiterschichten in dem sozialdemokratischen Programm der Revolution und die unz?hligen partiellen K?mpfe in der gemeinsamen grossen Klassenaktion des Proletariats vereinigen, so wird es, wenn die Verh?ltnisse daf?r reif sind, auch in Deutschland der Fall sein. Und Aufgabe der Sozialdemokratie wird es alsdann sein, ihre Taktik nicht nach den zur?ckgebliebensten Phasen der Entwicklung, sondern nach den fortgeschrittensten zu richten.

Das wichtigste Erfordernis in der fr?her oder sp?ter kommenden Periode der grossen K?mpfe, die der deutschen Arbeiterklasse harren, ist, neben der vollen Entschlossenheit und Konsequenz der Taktik, die m?glichste Aktionsf?higkeit, also m?gliche Einheit des f?hrenden sozialdemokratischen Teils der proletarischen Masse. Indes bereits die ersten schwachen Versuche zur Vorbereitung einer gr?sseren Massenaktion haben sofort einen wichtigen ?belstand in dieser Hinsicht aufgedeckt: die v?llige Trennung und Verselbst?ndigung der beiden Organisationen der Arbeiterbewegung, der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften.

Es ist klar aus der n?heren Betrachtung der Massenstreiks in Russland sowie aus den Verh?ltnissen in Deutschland selbst, dass irgend eine gr?ssere Massenaktion, wenn sie sich nicht bloss auf eine einmalige Demonstration beschr?nken, sondern zu einer wirklichen Kampfaktion werden soll, unm?glich als ein sogenannter politischer Massenstreik gedacht werden kann. Die Gewerkschaften w?rden an einer solchen Aktion in Deutschland genau so beteiligt sein wie die Sozialdemokratie. Nicht aus dem Grunde, weil, wie die Gewerkschaftsf?hrer sich einbilden, die Sozialdemokratie angesichts ihrer viel geringeren Organisation auf die Mitwirkung der 1 1/4 Million Gewerkschaftler angewiesen w?re und ohne sie nichts zu stande bringen k?nnte, sondern aus einem viel tiefer liegenden Grunde: weil jede direkte Massenaktion oder Periode offener Klassenk?mpfe zugleich eine politische und ?konomische sein w?rde. Wird es in Deutschland aus irgend einem Anlass und in irgend einem Zeitpunkt zu grossen politischen K?mpfen, zu Massenstreiks kommen, so wird das zugleich eine ?ra gewaltiger gewerkschaftlicher K?mpfe in Deutschland er?ffnen, wobei die Ereignisse nicht im mindesten danach fragen werden, ob die Gewerkschaftsf?hrer zu der Bewegung ihre Zustimmung gegeben haben oder nicht. Stehen sie auf der Seite oder suchen sich gar der Bewegung zu widersetzen, so wird der Erfolg dieses Verhaltens nur der sein, dass die Gewerkschaftsf?hrer, genau wie die Parteif?hrer im analogen Falle, von der Welle der Ereignisse einfach auf die Seite geschoben und die ?konomischen wie die politischen K?mpfe der Masse ohne sie ausgek?mpft werden.

Wenn sich diese zwei Seiten des Klassenkampfes auch aus technischen Gr?nden in der parlamentarischen Periode voneinander trennen, so stellen sie doch nicht etwa zwei parallel verlaufende Aktionen, sondern bloss zwei Phasen, zwei Stufen des Emanzipationskampfes der Arbeiterklasse dar. Der gewerkschaftliche Kampf umfasst die Gegenwartsinteressen, der sozialdemokratische Kampf die Zukunftsinteressen der Arbeiterbewegung. Die Kommunisten, sagt das kommunistische Manifest, vertreten gegen?ber verschiedenen Gruppeninteressen der Proletarier die gemeinsamen Interessen des gesamten Proletariats und in den verschiedenen Entwicklungsstufen des Klassenkampfes das Interesse der Gesamtbewegung d. h. die Endziele der Befreiung des Proletariats. Die Gewerkschaften vertreten nun die Gruppeninteressen und eine Entwicklungsstufe der Arbeiterbewegung. Die Sozialdemokratie vertritt die Arbeiterklasse und ihre Befreiungsinteressen im ganzen. Das Verh?ltnis der Gewerkschaften zur Sozialdemokratie ist demnach das eines Teiles zum Ganzen, und wenn unter den Gewerkschaftsf?hrern die Theorie von der >>Gleichberechtigung<< der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie soviel Anklang findet, so beruht das auf einer gr?ndlichen Verkennung des Wesens selbst der Gewerkschaften und ihrer Rolle im allgemeinen Befreiungskampfe der Arbeiterklasse.

Die Theorie von der >>Gleichberechtigung<< der Gewerkschaften mit der Sozialdemokratie ist also kein blosses theoretisches Missverst?ndnis, keine blosse Verwechslung, sondern sie ist ein Ausdruck der bekannten Tendenz jenes opportunistischen Fl?gels der Sozialdemokratie, der den politischen Kampf der Arbeiterklasse auch tats?chlich auf den parlamentarischen Kampf reduzieren und die Sozialdemokratie aus einer revolution?ren proletarischen in eine kleinb?rgerliche Reformpartei umwandeln will. Wollte die Sozialdemokratie die Theorie von der >>Gleichberechtigung<< der Gewerkschaften akzeptieren, so w?rde sie damit in indirekter Weise und stillschweigend jene Verwandlung akzeptieren, die von den Vertretern der opportunistischen Richtung l?ngst angestrebt wird.

Indes ist in Deutschland eine solche Verschiebung des Verh?ltnisses innerhalb der Arbeiterbewegung unm?glicher als in irgend einem anderen Lande. Das theoretische Verh?ltnis, wonach Gewerkschaften bloss ein Teil der Sozialdemokratie sind, findet gerade in Deutschland seine klassische Illustration in den Tatsachen, in der lebendigen Praxis, und zwar ?ussert sich dies nach drei Richtungen hin. Erstens sind die deutschen Gewerkschaften direkt ein Produkt der Sozialdemokratie; sie ist es, die die Anf?nge der jetzigen Gewerkschaftsbewegung in Deutschland geschaffen hat, sie ist es, die sie grossgezogen, sie liefert bis auf heute ihre Leiter und die t?tigsten Tr?ger ihrer Organisation. Zweitens sind die deutschen Gewerkschaften ein Produkt der Sozialdemokratie auch in dem Sinne, dass die sozialdemokratische Lehre die Seele der gewerkschaftlichen Praxis bildet, die Gewerkschaften verdanken ihre ?berlegenheit ?ber alle b?rgerlichen und konfessionellen Gewerkschaften dem Gedanken des Klassenkampfes; ihre praktischen Erfolge, ihre Macht sind ein Resultat des Umstandes, dass ihre Praxis von der Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus erleuchtet und ?ber die Niederungen eines engherzigen Empirismus gehoben ist. Die St?rke der >>praktischen Politik<< der deutschen Gewerkschaften liegt in ihrer Einsicht in die tieferen sozialen und wirtschaftlichen Zusammenh?nge der kapitalistischen Ordnung; diese Einsicht verdanken sie aber niemand anderem, als der Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus, auf der sie in ihrer Praxis fussen. In diesem Sinne ist jenes Suchen nach der Emanzipierung der Gewerkschaften von der sozialdemokratischen Theorie nach einer anderen >>gewerkschaftlichen Theorie<< im Gegensatz zur Sozialdemokratie vom Standpunkte der Gewerkschaften selbst und ihrer Zukunft nichts anderes, als ein Selbstmordversuch. Die Losl?sung der gewerkschaftlichen Praxis von der Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus w?rde f?r die deutschen Gewerkschaften einen sofortigen Verlust der ganzen ?berlegenheit gegen?ber allen b?rgerlichen Gewerkschaftssorten, einen Sturz von ihrer bisherigen H?he auf das Niveau eines haltlosen Tastens und reinen platten Empirismus bedeuten.

Das starke Wachstum der Gewerkschaftsbewegung in Deutschland im Laufe der letzten 15 Jahre, besonders in der Periode der wirtschaftlichen Hochkonjunktur 1895-1900, hat von selbst eine grosse Verselbst?ndigung der Gewerkschaften, eine Spezialisierung ihrer Kampfmethoden und ihrer Leitung und endlich das Aufkommen eines regelrechten gewerkschaftlichen Beamtenstandes mit sich gebracht. All diese Erscheinungen sind ein vollkommen erkl?rliches und nat?rliches geschichtliches Produkt des f?nfzehnj?hrigen Wachstums der Gewerkschaften, ein Produkt der wirtschaftlichen Prosperit?t und der politischen Windstille in Deutschland. Sie sind, wenn auch von gewissen ?belst?nden unzertrennlich, doch zweifellos ein historisch notwendiges ?bel. Allein die Dialektik der Entwicklung bringt es eben mit sich, dass diese notwendigen F?rderungsmittel des gewerkschaftlichen Wachstums auf einer gewissen H?he der Organisation und bei einem gewissen Reifegrad der Verh?ltnisse in ihr Gegenteil, in Hemmnisse des weiteren Wachstums umschlagen.

Im engen Zusammenhang mit diesen theoretischen Tendenzen steht ein Umschwung im Verh?ltnis der F?hrer zur Masse. An Stelle der kollegialen Leitung durch lokale Kommissionen mit ihren zweifellosen Unzul?nglichkeiten tritt die gesch?ftsm?ssige Leitung des Gewerkschaftsbeamten. Die Initiative und die Urteilsf?higkeit werden damit sozusagen zu seiner Berufsspezialit?t, w?hrend der Masse haupts?chlich die mehr passive Tugend der Disziplin obliegt. Diese Schattenseiten des Beamtentums bergen sicherlich auch f?r die Partei bedeutende Gefahren in sich, die sich aus der j?ngsten Steuerung, aus der Anstellung der lokalen Parteisekret?re, seht leicht ergeben k?nnen, wenn die sozialdemokratische Masse nicht darauf bedacht sein wird, dass die genannten Sekret?re reine Vollziehungsorgane bleiben und nicht etwa als die berufenen Tr?ger der Initiative und der Leitung des lokalen Parteilebens betrachtet werden. Allein dem Bureaukratismus sind in der Sozialdemokratie durch die Natur der Sache, durch den Charakter des politischen Kampfes selbst engere Grenzen gezogen, als im Gewerkschaftsleben. Hier bringt gerade die technische Spezialisierung der Lohnk?mpfe, z. B. der Abschluss von komplizierten Tarifvertr?gen und dergleichen, mit sich, dass der Masse der Organisierten h?ufig der >>?berblick ?ber das gesamte Gewerbsleben<< abgesprochen und damit ihre Urteilsunf?higkeit begr?ndet wird. Eine Bl?te dieser Auffassung ist namentlich auch die Argumentation, mit der jede theoretische Kritik an den Aussichten und M?glichkeiten der Gewerkschaftspraxis verp?nt wird, weil sie angeblich eine Gefahr f?r die gewerkschaftsfromme Gesinnung der Masse darstelle. Es wird dabei von der Ansicht ausgegangen, dass die Arbeitermasse nur bei blindem, kindlichen Glauben an das Heil des Gewerkschaftskampfes f?r die Organisation gewonnen und erhalten werden k?nne. Im Gegensatz zur Sozialdemokratie, die gerade auf der Einsicht der Masse in die Widerspr?che der bestehenden Ordnung und in die ganze komplizierte Natur ihrer Entwicklung, auf dem kritischen Verhalten der Masse zu allen Momenten und Stadien des eigenen Klassenkampfes ihren Einfluss basiert, wird der Einfluss und die Macht der Gewerkschaften nach dieser verkehrten Theorie auf der Kritik- und Urteilslosigkeit der Masse gegr?ndet. >>Dem Volke muss der Glaube erhalten werden<< -- dies der Grundsatz, aus dem heraus manche Gewerkschaftsbeamten alle Kritik an den objektiven Unzul?nglichkeiten der Gewerkschaftsbewegung zu einem Attentat auf diese Bewegung selbst stempeln. Und endlich ein Resultat dieser Spezialisierung und dieses Bureaukratismus unter den Gewerkschaftsbeamten ist auch die starke Verselbst?ndigung und die >>Neutralit?t<< der Gewerkschaften gegen?ber der Sozialdemokratie. Die ?ussere Selbst?ndigkeit der gewerkschaftlichen Organisation hat sich mit ihrem Wachstum als eine nat?rliche Bedingung ergeben, als ein Verh?ltnis, das aus der technischen Arbeitsteilung zwischen der politischen und der gewerkschaftlichen Kampfform erw?chst. Die >>Neutralit?t<< der deutschen Gewerkschaften kam ihrerseits als ein Produkt der reaktion?ren Vereinsgesetzgebung, des preussisch-deutschen Polizeistaates auf. Mit der Zeit haben beide Verh?ltnisse ihre Natur ge?ndert. Aus dem polizeilich erzwungenen Zustand der politischen >>Neutralit?t<< der Gewerkschaften ist nachtr?glich eine Theorie ihrer freiwilligen Neutralit?t als einer angeblich in der Natur des Gewerkschaftskampfes selbst begr?ndeten Notwendigkeit zurechtgemacht worden. Und die technische Selbst?ndigkeit der Gewerkschaften, die auf praktischer Arbeitsteilung innerhalb des einheitlichen sozialdemokratischen Klassenkampfes beruhen sollte, ist in die Lostrennung der Gewerkschaften von der Sozialdemokratie, von ihren Ansichten und von ihrer F?hrung, in die sogenannte >>Gleichberechtigung<< mit der Sozialdemokratie umgewandelt.

So hat sich der eigenartige Zustand herausgebildet, dass dieselbe Gewerkschaftsbewegung, die mit der Sozialdemokratie unten, in der breiten proletarischen Masse, vollst?ndig eins ist, oben, in dem Verwaltungs?berbau, von der Sozialdemokratie schroff abspringt und sich ihr gegen?ber als eine unabh?ngige zweite Grossmacht aufrichtet. Die deutsche Arbeiterbewegung bekommt dadurch die eigent?mliche Form einer Doppelpyramide, deren Basis und K?rper aus einem Massiv besteht, deren beide Spitzen aber weit auseinanderstehen.

Es handelt sich dabei selbstverst?ndlich nicht etwa um die Aufl?sung des jetzigen gewerkschaftlichen Aufbaues in der Partei, sondern es handelt sich um die Herstellung jenes nat?rlichen Verh?ltnisses zwischen der Leitung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften, zwischen Parteitagen und Gewerkschaftskongressen, die dem tats?chlichen Verh?ltnis zwischen der Arbeiterbewegung im ganzen und ihrer gewerkschaftlichen Teilerscheinung entspricht. Ein solcher Umschwung wird, wie es nicht anders gehen kann, eine heftige Opposition eines Teils der Gewerkschaftsf?hrer hervorrufen. Allein es ist hohe Zeit, dass die sozialdemokratische Arbeitermasse lernt, ihre Urteilsf?higkeit und Aktionsf?higkeit zum Ausdruck zu bringen, und damit ihre Reife f?r jene Zeiten grosser K?mpfe und grosser Aufgaben darzutun, in denen sie, die Masse, der handelnde Chorus, die Leitungen nur die >>sprechenden Personen<<, d. h., die Dolmetscher des Massenwillens sein sollen.

Die Gewerkschaftsbewegung ist nicht das, was sich in den vollkommen erkl?rlichen, aber irrt?mlichen Illusionen einer Minderheit der Gewerkschaftsf?hrer spiegelt, sondern das, was im Bewusstsein der grossen Masse der f?r den Klassenkampf gewonnenen Proletarier lebt. In diesem Bewusstsein ist die Gewerkschaftsbewegung ein St?ck der Sozialdemokratie. >>Und was sie ist, das wage sie zu scheinen.<<

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