bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Der Widerspenstigen Zähmung by Ettlinger Karl

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page

Ebook has 655 lines and 20078 words, and 14 pages

t is Gewohnheit!<< sagte er sich. >>Unn ich wer' mich schonn aach am K?ttche sei Grobheite geweehne! Ich habb mich ja aach an des Gekrisch von dene Katze geweehnt! Unn wer waass: vielleicht is es beim K?ttche gradso wie bei de Katze, unn se kreischt bloss #aus Lieb# so? -- Gewohnheit is alles, unn ich bin iwwerzeigt: wann der Mensch mit Zahnweh uff die Welt k?m', dh?t 'r se gar net spiern, sonnern er k?m' sich krank vor, wann er emal #kaa# Zahnweh h?tt'!<<

Einige Tage sp?ter erlebte Adolf Borges eine neue eheliche ?berraschung.

Als er abends aus dem Gesch?ft heimkam, empfing ihn Katharina mit der kurzen, aber vielsagenden Frage: >>No??<<

>>Was is, lieb K?ttche?<< fragte Adolf.

>>Wannsde noch emal >>Lieb K?ttche<< sagst, haag ich Derr 'n Kochl?ffel uff die Schnut!<< gab Katharina diese Z?rtlichkeit zur?ck. >>Des dumm Gebabbel mecht mich ganz nerv?s! N?chsdens kimmstde noch mit Glacehandschuh unn Frack in die Kich! Des misse ja schee iwwerspannte Weiwer gewese sei', mit dene Du Dich frieher erumgedriwwe hast!<<

>>Awwer K?ttche, ich schw?r Derrsch: Du bist des erscht weiblich Wese, des wo --

>>Halt's Maul! Heut is doch Gehaltsdag gewese? Wo is 's Geld?<<

>>Awwer K?ttche, --<<

>>Gebb's Geld eraus! Maanstde vielleicht, ich kann von der #Luft# wertschafte? Mach kaa lange Umschd?nd, des kann ich net verdrage!<<

Adolf sah ein, dass sie nicht von der Luft wirtschaften k?nne. Widerspruchslos zog er seine Geldb?rse hervor und z?hlte den Inhalt auf den Tisch.

>>Is des alles?<<

>>Ja! Mehr haww ich net!<<

>>For so en sch?wige Gehalt dh?t ich dene was peife! S' is zum Haar-Ausroppe! Prinze unn Korferschte h?tt' ich heierate k?nne! -- Da sin fimf Mark, des muss lange! Merk Derrsch!<<

So ?hnlich muss es den Kaufleuten im 16. Jahrhundert zu Mute gewesen sein, wenn Herr G?tz von Berlichingen oder ein anderer Raubritter sie auf der Landstrasse auspl?nderte.

Aber lange hielt die Bitterkeit bei Adolf Borges nicht an. Er war ja eine der harmlosen Seelen, die sogar zu einem Raubritter gesagt h?tten: >>Von Ihr'm Standpunkt hawwe Se recht! Entschuldige Se nor, dass ich net mehr bei merr habb! K?nnte Se merr vielleicht sage, Herr Raubridder, wie ich am schnellste widder haamkomm?<<

>>Des K?ttche hat vielleicht ganz recht<<, dachte er. >>Sparsamkeit is e Dugend. Vielleicht is des Geld bei ihr besser uffgehowwe wie bei mir. Es is ja aach als Mann mei Plicht unn Schuldigkeit, dass ich se ern?hr. Dadafor soll ich aach ihr Herr sei'!<<

Aber unbehaglich war es doch, nicht mehr frei ?ber seine Einnahmen verf?gen zu k?nnen und ?ber jeden Pfennig Rechenschaft ablegen zu m?ssen. F?nf Mark, -- das reichte ja kaum, das Fl?schchen Bier zum Fr?hst?ck und zur Vesper zu bezahlen. F?nf Mark, damit konnte er doch unm?glich seine kleinen Ausgaben bestreiten. Wie w?rde das werden, wenn er einmal eine neue M?tze brauchte oder einen neuen Hosentr?ger? Sollte er dann Katharina um Geld bitten? Um das Geld, das er selbst verdient hatte?

Er nahm sich vor, nur einen Teil der Trinkgelder, die er hie und da bekam, an Katharina abzuliefern und den Rest f?r sich zu behalten. Die ganzen Betr?ge seinem kleinen Geheimfond einzuverleiben, h?tte ihm sein Gewissen nie erlaubt. Wie eine Unterschlagung w?re ihm das erschienen.

Und dann hatte er ja auf der Sparkasse noch etwas ?ber viertausend Mark stehen. Katharina wusste wohl darum, aber es wurde nie davon gesprochen, so wenig, wie je von einer Mitgift die Rede gewesen war.

Und doch kam im dritten Jahre seiner Schmerzensehe die Rede auf diese Ersparnisse: der alte Bindegerst war es, der sich pl?tzlich lebhaft f?r das Sparkassenguthaben Adolfs interessierte.

Ihm bekam die Ehe seines Schwiegersohnes ausgezeichnet. Einen besseren Blitzableiter f?r die h?uslichen Gewitter hatte er sich gar nicht w?nschen k?nnen. Mit einer gewissen inneren Befriedigung sah er mit an, wie sich alle die Donnerwetter und Hagelschl?ge, denen bisher er selbst preisgegeben gewesen war, auf Adolfs Haupt entluden, w?hrend er im Trockenen sass. Er machte sich sogar das Vergn?gen, heimlich ein bisschen zu hetzen, indem er einerseits Katharinas Anspr?che aufstachelte, andrerseits seinem Schwiegersohn soufflierte: >>Lass Derr nix gefalle! Mach en Stormaagriff! Soll ich merr e Trombet' kaafe unn zor Attack blose? Mensch, du blamierst unser ganz Geschlecht!<<

Da Katharina nicht viel Zeit und Lust fand, sich um den Alten zu k?mmern, wurde er geradezu ?berm?tig. Eines Tages heftete er an die Treppent?re seiner Werkstatt ein Plakat: >>Weibern ist der Eintritt strengstens verboten!<<

Und am?sierte sich k?niglich, als Katharina diesen, auf sie gem?nzten Zettel w?tend in tausend Fetzen riss.

Aber wenn er der Knechtschaft seiner Tochter entronnen war, so war er daf?r um so schimpflicher unter eine andere Tyrannei geraten: unter die Knute seiner stillen Geliebten. Er trank nicht mehr, er soff.

Er feierte an seiner Drechslerbank und oben im Dachst?bchen stille Gelage, trank dem Mann im Monde und den Katzen zu und hielt mit sich selbst Volksversammlungen ab, in denen er das Thema: >>Das Leben ist eine Gemeinheit!<< von allen Seiten beleuchtete.

?berkam ihn der Weltschmerz, so sang er mit den Katzen Duette, die erst ein Ende nahmen, wenn zwei F?uste an die T?re donnerten und die bissigste Katze des Hauses schrie: >>Willstde Dei Maul halte, ahl Volleul! Sch?mstde Dich net vor der Nachbarschaft?<<

Dann versicherte Bindegerst, die Nachbarschaft k?nne ihn sonst etwas. Aber er stellte seinen Meistersang ein.

>>Ich glaab, Du riechst nach Schnaps?<< sagte einmal Adolf seinem Schwiegervater.

>>Hastde gedenkt, ich wer' nach Veilcher rieche?<< erwiderte Bindegerst. >>Wann Derr mei Duft net basst, h?ttstde halt in e Bodanisierb?chs heierate solle, statt in unser Familje! Steck Dei Nos net in mein Privatgeruch, des bitt ich merr aus!<<

Und Adolf hatte, wie immer, geschwiegen.

Bindegersts H?nde waren jetzt ?fters #unter# als #?ber# der Drechslerbank. Und die Affenk?pfe seiner Spazierst?cke nahmen immer seltsamere Formen an. Die Glasaugen sassen jetzt mitunter an Stellen, an denen ein Naturforscher weit eher die Ohren vermutet h?tte, und sein letztes Meisterwerk besass sogar wie weiland Polyphem nur ein einziges Auge mitten auf der Stirn.

F?r solche Missgeburten von Spazierst?cken fanden sich begreiflicherweise wenig K?ufer, und dies war der Grund, weshalb sich Bindegerst pl?tzlich f?r Adolfs Sparkassenbuch zu interessieren begann.

Und als Katharina einen Augenblick hinausgegangen war, um eine neue Sch?ssel Kartoffeln zu holen, fl?sterte er geschwind: >>Adolf, komm nachher emal enuff in die Dachstubb, ich habb mit Derr zu redde!<<

W?hren Katharina das Geschirr absp?lte, schlich Adolf hinauf.

>>Was is dann, Vadder?<<

>>Hock dich emal uffs Bett! Da sitzstde weich unn f?llst net so leicht um!<<

Es wurde Adolf unbehaglich. Was konnte sein Schwiegervater von ihm wollen? Bindegerst machte ein so feierliches Gesicht. Sicherlich hatte er keine erfreuliche Mitteilung in Bereitschaft.

>>Wannstde Dich vielleicht erst emal st?rke willst?<< frug der Alte und hielt ihm die Schnapsflasche hin.

>>Ich sauf kaan Schnaps, Vadder!<<

>>Weilsde net waasst, was gut is! Schnaps is gut for die Cholera, secht e ahl Sprichwort. Ich will net draa schuld sei', wann e neu Epidemie ausbricht!<<

Er hob die Flasche und labte sich. Wischte sich den Mund und zog aus der rechten Hosentasche ein zerknittertes Papier.

>>Hockstde gut? -- Dann les emal!<<

Adolf entfaltete den Wisch, strich ihn glatt und las.

Es war eine gerichtliche Vorladung. Gast & Co. gegen Konrad Bindegerst wegen Forderung.

>>E Gemeinheit!<< erwiderte Bindegerst Adolfs fragenden Blick. >>Des ganz menschlich Lewe is e Gemeinheit! Wege lumbige dreidausendfimfhunnert Mark verklagt aan die Lumbegesellschaft! Da gibbts Barone, die hawwe e Milljon Schulde unn kaa Mensch verklagt se! Awwer der Middelstand, der muss ja immer draa glaawe! Uff uns solide Berjersleut, da reit' ja der Staat erum wie e dressierter Aff uff'me Kamel!<<

Und er hielt eine lange Entr?stungsrede ?ber die unerh?rten Zust?nde, die nach seiner Ansicht in Mitteleuropa, und zwar #nur# in Mitteleuropa herrschten.

>>Ja, Vadder, bistde dann des viele Geld #schuldig#?<<

>>#Nadierlich# bin ich's schuldig! Maanstde, die verklage mich aus Jux? Merr hawwe doch kaa Fastnacht! Freilich bin ich's ihne schuldig, dere Saubagasch! For Holzlieferunge!<<

>>Dann musstde's aach zahle!<< entschied Adolf.

Bindegerst beguckte ihn sp?ttisch. >>Merr k?nnt glaawe, Du h?ttst studiert! Du reddst wie e Amtsrichter! Awwer zahl emal, wannsde kaa Geld hast! Kann ich hexe? Hokuspokus, da is e Milljard? Kann ich merr Goldsticker aus der Nos ziehe, odder Dausendmarkschei aus 'me ahle Zylinner? -- Ich habb 'n Dalles, den k?nnt merr for Geld gucke lasse! Pleite bin ich! Unn da verklagt mich die Saubande uff so en Haufe Geld! Kaum zwaa Jahr bin ich'r des bissi Geld schuldig, kaum siwwe Mal hawwe se mich gemahnt, unn gleich wern se so ricksichtslos!<<

Adolf dachte nach. Das war ja eine sch?ne ?berraschung. Er hatte seinen Schwiegervater nie reich gesch?tzt, er hatte nie auf eine Erbschaft spekuliert, aber er hatte es als Selbstverst?ndlichkeit betrachtet, dass die Drechslerei gut ging und ihren Mann ern?hrte. Nie hatte er wahrgenommen, dass seinen Schwiegervater Schulden bedr?ckten, -- und nun pl?tzlich diese Er?ffnung.

Add to tbrJar First Page Next Page

 

Back to top