Read Ebook: Der Widerspenstigen Zähmung by Ettlinger Karl
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Ebook has 655 lines and 20078 words, and 14 pages
Adolf dachte nach. Das war ja eine sch?ne ?berraschung. Er hatte seinen Schwiegervater nie reich gesch?tzt, er hatte nie auf eine Erbschaft spekuliert, aber er hatte es als Selbstverst?ndlichkeit betrachtet, dass die Drechslerei gut ging und ihren Mann ern?hrte. Nie hatte er wahrgenommen, dass seinen Schwiegervater Schulden bedr?ckten, -- und nun pl?tzlich diese Er?ffnung.
>>Ja, wie is dann des nor meeglich?<< stotterte er.
>>Bei Gott is kaa Ding unmeeglich!<< gab Bindegerst mit W?rde zur?ck. >>Schuldemache is e ganz aafach Sach: du braachst bloss nix zu bez?hle! Des annner kimmt dann ganz von selwer!<<
Es entstand eine Pause.
Der Alte beobachtete seinen Schwiegersohn mit verschmitzten, lauernden Augen. >>Wart nor,<< dachte er, >>wart nor, ich krieh Dich schonn draa!<<
>>Waass es des K?ttche?<< frug Adolf nach einer Weile.
>>Kaan Dunst! Dh?t se sonst so ruhig des Gescherr sp?le? En Schlagaafall dh?t se kriehe, -- des haasst: #sie# krieht de Aafall, unn #mir# kriehe die Schl?g! Nix waass se, unn se #derf# aach nix wisse!<<
>>Naa, se derf nix wisse!<< echote Adolf. Er hatte es sich zur Pflicht gemacht, alle Unannehmlichkeiten, alle Aufregungen von K?thchen fernzuhalten.
Bindegerst schmunzelte. Das Gespr?ch nahm ganz die Wendung, die er ihm zu geben beabsichtigt hatte.
Oh, er war ein Schlaufuchs, und Adolf ein gutm?tiger Narr!
Er nahm ein bek?mmertes Gesicht an und klagte: >>Awwer se werd's halt #doch# erfahrn! Wann erscht der Gerichtsvollzieher kimmt unn f?ngt aa, unser M?wel als Briefmarke-Album zu benitze, dann merkt se's!<<
Er seufzte und beobachtete listig die Wirkung seiner Worte.
>>Wann se nor net krank werd von dem Schrecke!<< f?gte er hinzu.
>>Se #derf# nix erfahrn!<< sagte Adolf geknickt. >>Unner kaane Umst?nd derf se ebbes erfahrn!<<
>>Ja, des sag ich ja aach! Awwer wie soll ich's verhinnern, Herr Rechtsgelehrter? -- Guck, Adolf, ich steh ja gar net so schlecht, -- mei Gesch?ft is unner Brieder immer noch en Batze wert, -- no, unn mei H?usi hat aach noch sein Wert, wann merr die Hipotheke abzieht, -- ich br?ucht halt nor en Mensch, der merr uff die Sicherheit hie so momendan vierdausend Mark bumbe dh?t!<<
Er machte wieder eine Effektpause.
Ganz dicht stand er nun vor seinem Schwiegersohn und sah ihm scharf in die Augen, w?hrend er sagte: >>Dh?tst #Du# merr kaan wisse, der wo merr so vierdausend Emmcher leihe k?nnt?<<
Adolf erhob sich vom Bett und begann im Zimmer auf und ab zu wandeln.
Viertausend Mark, dachte er. So viel hatte er gerade auf der Sparkasse... Und schliesslich war es doch sein Schwiegervater... Den konnte er doch nicht in der Patsche sitzen lassen... Und das Entsetzen, das er Katharina ersparte... Wenn der Gerichtsvollzieher ins Haus k?me!... Und eine Sicherheit bot ja das Gesch?ft schliesslich auch...
Er dachte in diesem Augenblick nicht daran, wie m?hsam er seine Ersparnisse gemacht hatte, wieviel Jahre seines armen Lebens er daf?r gefrohnt hatte, wie er sich jedes Vergn?gen versagt hatte, um nur p?nktlich den programm?ssigen kleinen Betrag am Sparkassenschalter abliefern zu k?nnen.
Er dachte nicht daran, dass er auch jetzt noch sich nicht die kleinste Extraausgabe leistete, w?hrend Bindegerst in schnapsfr?hlichem Faulenzertum dahind?ste.
Er sah nur, dass er hier helfen konnte, und je mehr er dar?ber nachdachte, desto klarer erschien es ihm eine ganz einfache Pflicht, dem Alten seine Ersparnisse anzubieten.
Bindegerst liess ihm Zeit. Er sagte sich, dass er jetzt die Gedankeng?nge Adolfs nicht st?ren durfte.
>>Da laaft er hie unn her,<< kicherte er in sich hinein, >>unn bildt sich ei', er dh?t sich de Fall iwwerlege! Dabei laaft er nor in dem K?fig erum, den ich 'm mit meim Gebabbel gebaut habb! Unn was'r sich in seim dumme Kopp zusammereimt, des is all grad so, als ob #ich#'s em in die Fedder diktiert h?tt! Adolf, was bistde e Olwel!<<
Ach ja, Adolf #war# ein Olwel. Denn alle guten Menschen sind Olwel. Ein gutes Herz ist eine klare, reine Quelle, -- aber aus einer Quelle trinken nicht nur die fr?hlichen Wanderer, nicht nur die lieben Singv?glein, sondern auch die raubl?sternen Marder s?ttigen sich darin, und jedes vorbeitrampelnde Schwein steckt seinen R?ssel hinein. Es ist nicht wahr, dass man durch Schaden klug wird. Durch Schaden wird man h?chstens #schlecht#. Und es gibt so gutm?tige >>Olwels<<, dass sie durch Schaden immer dummer statt kl?ger werden, weil sie nie auf Dank gerechnet haben, sondern in dem Bewusstsein, etwas Gutes zu tun, eine Belohnung empfinden, die kein Schaden mindern kann.
Und so ein Olwel war auch Adolf Borges.
>>Ich waass aan', der wo Derr des Geld bumbe kann!<< sagte er und freute sich seines Entschlusses. >>Adolf Borges haasst er, unn morje gehn merr zusamme uff die Sparkass!<<
>>Awwer naa!<< sagte Bindegerst. >>Des kann ich doch net verlange! Des kann ich gar net aanemme!<<
>>Warum dann net?<< sagte Adolf und war beinahe beleidigt. >>Es bleibt doch in der Familje! Erbt halt emal der Vadder vom Sohn, statt umgekehrt!<<
>>Awwer des musstde merr wenigstens zugewwe: ich habb Dich net drum #gebete#<<, sagte Bindegerst.
>>#Nadierlich# hastde mich net drum gebete!<< l?chelte Adolf herzlich. >>Ich dhu's aus merr selwer! Unn ich dhu's gern!<<
Und der alte Bindegerst dachte: >>Der is noch viel d?mmer, wie ich geglaabt habb! Schad, dass er net #achtdausend# hat!<<
Er streckte ihm die Hand hin: >>Adolf, des vergess ich Derr net! Adolf, wannsde emal en Mensch braachst, der for Dich dorchs Feuer geht, dann braachstde merr nor zu telefoniere!<<
Und Adolf war ganz ger?hrt.
>>Jedz muss ich awwer widder erunner bei's K?ttche!<<
>>Unn gell, Dei Fraa braacht nix davoo zu wisse!<<
>>Naa, se erfeehrt nix! -- Wann se mich awwer freegt, was merr so lang da owwe gebabbelt hawwe?<<
>>Dann sagstde eifach ... dann sagstde halt ... ach was, es werd Derr schonn e Ausredd eifalle! Du bist ja verheierat'!<<
Adolf bedurfte keiner Ausrede. Als er herunterkam, lag Katharina schon schlafend im Bett. Sie sah in ihrer knochigen D?rre, mit dem unfrisierten Haar, mit dem schnarchend halbge?ffneten Mund und den gelbbraunen Z?hnen abstossend h?sslich aus. Aber Adolf betrachtete sie mit ger?hrter Z?rtlichkeit.
>>Wie e Engelche leiht se da!<< murmelte er. >>So friedlich! Vielleicht fliegt se jedz grad im Draum im Himmel erum odder se b?ckt for die Heilige Quetschekuche! Se is doch e gudes Weib. Heut hat se mich nor zwaamal en Saukerl genennt. Se bessert sich schonn. Langsam, awwer sicher.<<
Und er zog sich behutsam aus, um sie nicht zu wecken, und schlief in dem Bewusstsein einer guten Tat zufrieden ein.
Das Engelchen Katharina aber entwickelte sich immer offenkundiger zum Fafner. Sie h?tte auf jedem Drachenwettbewerb den ersten Preis ergattert.
Ich mag es meiner Schreibmaschine gar nicht zumuten, all die Schikanen, die Katharina ersann, aufzuzeichnen. Es gen?gt zu sagen: gegen sie war Edison als Erfinder ein Waisenknabe.
An einem Samstag Mittag wandte sich Heinrich Baldrian, der Buchhalter, an Adolf mit der Frage: >>Adolf, wollen Se morgen ins Theater?<<
>>Wieso, Herr Baldrian?<<
>>Weil ich zwei Billette hab. Aber es is mir was dazwischen gekommen. Vielleicht gehn Sie mit Ihrer Frau hin?<<
>>Ei, mit Vergniege! Ich dank Ihne aach schee, Herr Baldrian!<<
>>Bitte, bitte!<<
-- Auf dem Nachhauseweg malte sich Adolf aus, wie K?thchen sich freuen werde.
>>Vielleicht geht se mit'm Vadder 'rei?<< dachte er. >>Ich dh?t's zwar gern selwer gucke, awwer dem ahle Bindegerst mecht's sicher noch viel mehr Spass wie mir! -- Dheader, -- Gott, wie lang bin ich in kaam Dheader mehr gewese! Ich kann doch'm K?ttche werklich gar nix biete! Annern Madamme, die hocke jed' Woch e baar Mal im Dheader unn kenne die S?nger unn Schauspieler schonn von weitem an der Nos. Ja, 's is doch was Scheenes um die Bildung! -- Ich freu mich uff'm K?ttche sei Gesicht!<<
Aber diese Freude war verfr?ht.
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