Read Ebook: The Cathedrals and Churches of the Rhine by Mansfield M F Milburg Francisco McManus Blanche Illustrator
Font size:
Background color:
Text color:
Add to tbrJar First Page Next Page
Ebook has 119 lines and 12047 words, and 3 pages
Anmerkung zur Transkription
~RUND UM S?D-AMERIKA
Reisebriefe
von
DR. OSKAR v. RIESEMANN
Mit 43 Abbildungen auf 16 Tafeln
Dietrich Reimer Berlin 1914
ALLE RECHTE VORBEHALTEN
DAS BILD AUF DEM UMSCHLAG STELLT >>FELSBL?CKE AM TITICACA-SEE<< DAR
SR. DURCHLAUCHT
F?RST PETER LIEVEN
DEM TREUEN REISEGEF?HRTEN IN HERZLICHER FREUNDSCHAFT UND DANKBARKEIT F?R MANCHE ANREGUNG ZUGEEIGNET
VORWORT.
Die vorliegenden Briefe erschienen w?hrend meiner Reise vom Dezember 1912 bis zum Juli 1913 in der >>Moskauer Deutschen Zeitung<<. Auf wissenschaftliche Gr?ndlichkeit, oder Vollst?ndigkeit in irgend einer Beziehung k?nnen sie nicht die geringsten Anspr?che erheben. Trotzdem habe ich mich entschlossen, sie gesammelt der ?ffentlichkeit zu ?bergeben.
Die Reiseliteratur ?ber S?d-Amerika ist sehr arm. Bevor ich meine Reise antrat, habe ich die besten Buchhandlungen in Petersburg, Berlin und London abgesucht, ohne irgend etwas Brauchbares zu finden. Infolgedessen hoffe ich, dass selbst diese oberfl?chlichen Schilderungen Reisenden, deren Ziel S?d-Amerika ist, n?tzlich sein k?nnen. Sie enthalten die frischen Eindr?cke eines Reisenden, dessen Amerika-Fahrt keinen anderen Zweck verfolgte, als den: Land und Leute ausserhalb Europas ein wenig kennen zu lernen.
Irgend ein System oder irgend eine Tendenz sucht man in diesen Bl?ttern vergeblich. Ich bin ein Freund von planlosen Reisen und hatte das Gl?ck einen gleichgesinnten Reisekameraden zu finden. W?hrend der Reise wurde das n?chste Ziel immer erst beim Verlassen des vorhergehenden bestimmt. Von Zeit- und Raumr?cksichten waren wir unabh?ngig. Infolgedessen haben wir sicherlich vieles Sch?ne und Naheliegende nicht gesehen, daf?r aber manche vielleicht nicht weniger lohnende Gegenden aufgesucht, an denen B?deker-Reisende h?chst wahrscheinlich achtlos vor?bergefahren w?ren. Man betrachte das B?chlein mit Nachsicht. Es ist von keinem Reise->>professional<< geschrieben.
Den Bilderschmuck h?tte ich gerne reicher und interessanter gestaltet, doch bin ich im Photographieren -- Dilettant. Einige der besten Aufnahmen haben mir unsere Reisegef?hrten in Bolivien, Herr Werner Schmidt-Valparaiso und Herr Bergassessor Wenker liebensw?rdiger Weise zur Verf?gung gestellt. Ich sage ihnen daf?r auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank.
Moskau, Dezember 1913.
Dr. O. v. RIESEMANN.
INHALTS-VERZEICHNIS
Vorwort 7
TAFEL-VERZEICHNIS
Kordilleren-Landschaft 40
Nebenan ein Maultier-Skelett 40
>>Hotel<< in Juncal 40
Blick auf den Aconcagua 40
Araucanischer Friedhof 56
Interieur einer >>Ruca<< 56
Araucanerin zu Pferde 56
Strassentypen in Oruro 80
Lamas in ?ngsten vor dem >>Kodak<< 80
Fl?tenblasender Indianer 88
Das >>Grand Hotel<< Tola Pampa 96
Indianer in Poncho vor einem Bananen-Haine 104
Absch?len der >>China-Rinde<< 112
Unser >>Wohnhaus<< in Guanay 120
Stromaufw?rts! 120
Fr?hst?ckspause 128
Indianisches Denkmal 128
Der Balzero >>Sonnenschein<< 128
Indianerin beim Maismahlen 128
DER STEAMER >>ARLANZA<<. -- VIGO. -- LISSABON.
Am 3. Januar hiess es, zum ersten Male Abschied von Europa nehmen. In Southampton, das den ?berseeischen Weltverkehr Londons vermittelt, erwartete uns der Steamer >>Arlanza<<, der neueste und sch?nste Riesendampfer der Royal Mail Steam Packet Company, k?rzer R.M.S.P. Diesem schwimmenden Koloss, der, wie sich auf den ersten Blick feststellen liess, alle Vorz?ge eines luxuri?sen Weltstadt-Hotels in sich vereinigte, galt es, seine sterbliche H?lle bis Rio de Janeiro anzuvertrauen. Man tut es gerne, denn der Dampfer mit seinen sieben Etagen ?ber dem Wasserspiegel, den zahlreichen, h?chst komfortabel ausgestatteten Gesellschaftsr?umen, dem pomp?sen Speisesaale, Turnhallen und Promenadendecks macht einen sehr vertrauenerweckenden Eindruck. Die pr?chtig eingerichtete Kabine, die uns aufnahm, verhiess mit ihrem ger?umigen Badezimmer und einem mechanischen Wunderwerk von Douche-Vorrichtungen, sogar f?r die ?quatorialzone ein ertr?gliches Leben. Mit einigen Handgriffen kann man so ungef?hr den halben Ozean zu sich heraufpumpen, wenn es zu heiss wird. Immerhin eine erfrischende Aussicht.
Die erste Sorge, wenn man einen Dampfer zu einer 21t?gigen Seereise betritt, gilt nat?rlich -- der Seekrankheit. In diesem Fall war die Frage ganz besonders brennend, galt es doch den ber?chtigten Golf von Biscaya zu durchqueren. Dieser Golf von Biscaya verursachte mir schon vor Beginn der Reise ein Gef?hl, das mit Seekrankheit nahe verwandt ist. Jedermann, der von meiner Reise h?rte, f?hlte sich verpflichtet, die Augenbrauen bedenklich hochzuziehen und mit vielsagendem Kopfsch?tteln prophetisch auszurufen: >>Nun, nun, aber der Golf von Biscaya!<< Das taten alle, von den besten Freunden bis zum Hotelkellner in London und Gep?cktr?ger in Southampton. Kein Wunder, dass einem dieses Schreckgespenst >>Golf von Biscaya<< zum Halse herauswuchs, noch bevor er in Sicht war. Zum ?berfluss hatten in der Woche vor meiner Abreise drei englische Schiffe im Golf von Biscaya umkehren m?ssen, und ein italienisches war mit Mann und Maus untergegangen.
So erwartete ich ihn denn mit Todesverachtung -- den omin?sen Golf von Biscaya, zumal das Schiff im Ausgange des Kanals bedenklich zu >>stampfen<< anfing. Aber die Meerg?tter hatten Erbarmen mit mir, wahrscheinlich fanden sie mit Recht, dass ich schon vorher genug Qualen dank dem Golf von Biscaya ausgestanden hatte. Oder war es das neuerfundene >>Delphinin<<, das mich vor der Seekrankheit bewahrte. In dem Falle empfehle ich es allen Seereisenden aufs w?rmste.
Daf?r habe ich vom Golf von Biscaya einen wundervollen Natureindruck davongetragen. Merkw?rdig beengt erscheint der Horizont, denn die m?chtigen Wogen, die von allen Seiten heranrollen, versperren ?berall hin die Aussicht. Ein herrliches Farbenspiel entwickelt sich bei Sonnenschein in diesen durchsichtigen gl?sernen Bergen, die bald gr?n, bald grau, bald bl?ulich-weiss schimmern, w?hrend sie bei Sonnenuntergang wie ein Gemisch von Blut und Gold erscheinen. Eine unheimliche Kraft wohnt in den Wogen des Atlantischen Ozeans. Drohend nahen sie in geschlossenen Reihen, und wenn sich ihnen ein Hindernis in Gestalt eines Dampfers in den Weg stellt, so zerschellen sie emp?rt daran und senden ihren weissen Gischt hinauf bis aufs f?nfte und sechste Deck. Ein Schiff von fast 16000 Tons, gleich der >>Arlanza<<, ist ein willenloses Spielzeug ihrer dr?ngenden Gewalt und vermag scheinbar nur mit M?he seinen Weg durch die ihm entgegensch?umenden Fluten fortzusetzen.
Der erste Haltepunkt nach gl?cklicher Durchquerung des Golfes von Biscaya war der spanische Kriegshafen Vigo. Die ersten Laute, die mir in der malerischen, von sanft gewellten Gebirgsz?gen eingeschlossenen Bucht entgegenschlugen, waren folgende: >>dawai russki moneta!<< Und zwar entstieg dieser Anruf dem nimmer ruhenden Mundwerk einer spanischen Obsth?ndlerin, die ihr ganzes Warenlager in ein Segelboot verstaut hatte und an unseren Dampfer anlegte. Er galt, wie sich nachher herausstellte, einer Schar russischer Emigranten, die vom Hinterdeck der >>Arlanza<< waschechte 15- und 20-Kopekenst?cke in K?rben hinabliessen und dagegen als ?quivalent eine geringere oder gr?ssere Anzahl von Birnen, Orangen, Feigen und anderen Fr?chten erhielten. Ihr verzweifelter Ruf nach >>Gurken<< verhallte allerdings ungeh?rt. Diese russischen Emigranten -- Sektierer aus Transkaukasien -- sind ein ?beraus sympathischer und ernster Menschenschlag. Sie ziehen nach Montevideo in Brasilien, um dort >>das Reich Gottes<< aufzurichten, da sie auf das Jenseits keine Hoffnung setzen. Vielleicht werde ich noch einmal Gelegenheit haben, die tiefsinnigen moralischen und ethischen Grunds?tze dieser bemerkenswerten Menschen n?her zu beleuchten. In Brasilien und in Argentinien gibt es eine grosse Zahl russischer Sektierer-Kolonien. Die >>Duchoborzy<< haben es dort bekanntlich zu grossem Ansehen und betr?chtlichem Wohlstande gebracht.
Die >>Arlanza<< hielt in Vigo nur zwei Stunden. Wir, d. h. mein Reisekamerad und ich, waren die einzigen Passagiere, die in einem Dampfkutter an Land gingen, da ich einige wichtige Korrespondenzen aufzugeben hatte. Es war ein Sonntag, 3 Uhr nachmittags, und am Hafenkai, der zugleich der fashionable Boulevard des kleinen St?dtchens ist, entwickelte sich ein ?usserst bewegtes, buntes Leben und Treiben. Sch?ne Spanierinnen -- ?brigens alle stark geschminkt, egal ob sie 40 oder 16 Jahre alt sind -- in malerischen schwarzen >>mantillas<< und schwatzhafte Gecken, in m?glichst leuchtende Farben gekleidet, flanierten den breiten Hafenkai auf und ab. Als F?hrer diente uns ein durchtriebener kleiner spanischer Bursche, der unter >>Sehensw?rdigkeiten<< der Stadt die merkw?rdigsten und ?berraschendsten Dinge verstand. ?brigens konnte auch er einige Worte russisch. Das verdankt man der >>Kulturtr?gerarbeit<< der russischen Kriegsschiffe, die st?ndig in Vigo stationieren.
Lissabon ist eine wundervolle Stadt. Alexander v. Humboldt nennt sie bekanntlich die >>K?nigin aller Seest?dte<<. Und nach meinen bisherigen Erfahrungen bin ich unbedingt geneigt, ihm Recht zu geben. In einer L?nge von mehr als 10 Kilometer zieht sich das im Januar-Sonnenschein blendend weiss schimmernde H?usermeer um die Bucht. Die Stadt ist terrassenm?ssig angelegt -- auf sieben H?geln. Jede Stadt, die etwas auf sich h?lt, ruht auf sieben H?geln, auch Rom und Moskau.
Da uns nur wenige Stunden zur Verf?gung standen, konnten von den Sehensw?rdigkeiten der Stadt nur wenige und auch die nur fl?chtig in Augenschein genommen werden. Eine Autofahrt in die Kreuz und in die Quer liess uns wenigstens von den Strassenbildern Lissabons einen ziemlich vollst?ndigen Eindruck mitnehmen. Es gibt unbeschreiblich reizvolle und pittoreske Partien in der Stadt, Geb?ude von sonderbarer, halb maurischer, halb romanischer Bauart, die uns als der >>stilo Manuele<< vorgestellt wurde, bezaubernde Palmenhaine wechseln mit breiten, pomp?sen Aven?en und Pl?tzen ab, oft ?ffnet sich in einer unscheinbaren Querstrasse ein herrlicher Ausblick auf das leuchtende Meer mit seinen bunten Segeln und dem regen Dampferverkehr. Zwischen dem steinalten verwitterten Gem?uer in engen, steilen Strassen nimmt sich das blendende Blau des Meeres und des Himmels nat?rlich besonders reizvoll aus.
Einen unausl?schlichen Eindruck macht das nicht weit von der Stadt gelegene, von malerischen Palmengruppen ums?umte Kloster Belem . Es ist ein im echtesten Manuel-Stil erbauter riesiger Geb?ude-Komplex aus weissem, marmor?hnlichem Gestein, das zu feinstem Spitzenfiligran verarbeitet ist. Der Klosterhof mit seinen Kreuzg?ngen ist eines der vollendetsten architektonischen Gebilde, das mir je zu Gesicht gekommen ist. Die Eingeborenen freilich lachen ?ber die >>Zuckerbretzeln<< des >>stilo Manuele<<. Jetzt dient das Kloster 800 Waisenknaben zum Aufenthaltsort. Sie hatten gerade Freistunde und vollf?hrten einen H?llenspektakel im stillen Klosterhofe, der eigentlich ganz anderen Zwecken, der inneren Sammlung und Ruhe, dienen sollte. Als besondere Sehensw?rdigkeit -- echt portugiesisch, dieses Volk hat f?r Unappetitlichkeiten eine besondere Vorliebe -- wurde ein Knabe gezeigt, dem die Sch?deldecke fehlte und der mit seiner Blechkapsel, die diese ersetzte, devot gr?sste. Der Bursche war h?chst vergn?gt und unb?ndig stolz auf seinen blechernen Sch?del, den Gegenstand der Achtung und des Neides seiner 799 Mitsch?ler. In einem Raum des Klosters befindet sich das wundervoll gearbeitete Grabdenkmal des portugiesischen Historikers Alessandro Herculeo. Kein K?nig hat in Lissabon solch ein Grabmonument. Es gibt also doch ein Volk, das seine Denker ehrt.
Add to tbrJar First Page Next Page