Read Ebook: Rübezahl Neue Sammlung der schönsten Sagen und Märchen von dem Berggeiste im Riesengebirge by Koch Rosalie
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Ebook has 952 lines and 50215 words, and 20 pages
Um diese alten Leute nun k?mmerte sich niemand; sie hatten gar oft fr?her die helle Sonne, als ein St?ck schwarzes Brot im Hause, und die arme Else n?sste ihr Gespinnst oft mit Kummertr?nen, seit ihr guter Alter an der Gicht daniederlag und seine gel?hmten H?nde auch nicht mehr die Spindel halten konnten, womit er sonst seinem Weibe das Brot verdienen half. Da ward freilich die Not erst recht gross, denn Else musste den Kranken hegen und pflegen, und konnte nun nicht mehr jeden Tag, wie sonst, eine Str?hne des sch?nsten Garnes spinnen. Wenn jetzt der Garnh?ndler an der H?tte vorbei kam und an die kleinen Scheiben des Fensterchens pochte, -- da sch?ttelte Else oft nur traurig den Kopf, denn sie hatte ja kein Garn zu verkaufen, oder es war so wenig, dass die paar Groschen eben nur zu Salz und Brot ausreichten. So verging den armen Leuten die Zeit unter Leiden und Entbehrungen.
Da kam auf der Landstrasse ein h?bsches M?dchen daher, die trug ein kleines B?ndel Kleider unter dem Arme; sie schien sehr erm?det zu sein, und die unbeschuhten F?sse waren an manchen Stellen wundgerissen von Baumwurzeln und Gestr?pp. Als sie nun in die N?he der H?tte kam, stand sie mit einem: >>Gr?ss euch Gott!<< still, und fragte mit fremdklingender Aussprache: >>K?nnt ihr mir wohl sagen, ob hier ein Mann mit Namen Bieder wohnt?<<
>>Das bin ich selbst,<< antwortete der Alte, und in dem n?mlichen Augenblicke lag das fremde M?dchen an seinem Halse und schluchzte: >>Die Mutter gr?sst euch nochmals, lieber Ohm; am Osterfeste ward sie begraben!<< -- >>Tot?<< fragte Bieder erschrocken, und faltete die H?nde. >>Du lieber Gott im Himmel! -- Und du, mein M?dchen, bist wohl Theresens Kind? So sei uns denn herzlich willkommen!<<
Else trat nun auch herbei, gab dem M?dchen die Hand, strich ihr dann liebkosend die vollen Z?pfe aus dem braunen Gesicht und klopfte sie auf die Wange. Da fasste sie der Base Hand und bat mit ihrer sanften Stimme: >>Ach, sei du nun mein M?tterlein, Base Else! siehe, ich bin ja ohne Schutz und Schirm wie ein V?glein des Waldes.<<
>>F?r dich auch wird der Vater sorgen,<< sprach da die gute Else, umarmte das verlassene und verwaiste M?dchen und f?hrte es hinein in die H?tte, dass es sich ausruhe und an ein wenig Brot und K?se st?rke. Am Abend machte die gute Alte f?r Susy ein Lager von Heu und Baumbl?ttern zurecht, und so ?rmlich dies war, schlief das M?dchen doch so s?ss, als l?ge es auf dem weichsten Flaum.
Da h?rte Else pl?tzlich den Gesang einer M?nnerstimme im stillen Walde, und alsbald kam ein Kr?utersammler mit seiner Blechkapsel auf dem R?cken daher. Er schien Else nicht zu bemerken und sang laut und verst?ndlich f?r jene:
>>Wider alle Wunden Gibt's ein kr?ftig Kraut, Der hat Heilung funden, Der dies Kr?utlein braut. In des Glaubens Garten Ist es nur zu schaun, Lernt das Kr?utlein warten, Es heisst: Gottvertraun!<< --
Else horchte hoch auf, das Herz pochte ihr fast laut, und ein Glaube, stark wie Felsengrund, kam hinein. Sie sch?mte sich ihres Kleinmutes, trocknete ihre Tr?nen und erwiderte freundlich den Gruss des Reisenden, der indes n?her gekommen war.
>>Habt ihr etwas von meiner Ware n?tig?<< fragte er Else und zeigte auf den Kr?uterkasten; doch diese sch?ttelte wehm?tig den Kopf, indem sie antwortete:
>>Ach, lieber Freund, das Kr?utlein, dessen ich bedarf, habt ihr doch wohl nicht in eurem Kasten, denn f?r den Tod ist kein Kraut gewachsen; und mein armer Mann wird die Gicht nicht eher los, biss sie ihm Erde und Rasen aufgelegt haben.<<
Da l?chelte der Fremde seltsam und wiederholte singend: >>Wider alle Wunden gibt's ein kr?ftig Kraut usw.<<
Else war ganz wunderbar zumute; sie fragte den Kr?utersammler nun wirklich, ob er ein Mittel gegen das b?se ?bel ihres Mannes habe und versprach, ihm gern das Zwanzigkreuzerst?ck daf?r zu geben, was sie seit ihrem Konfirmationstage am Halse trug. Der Fremde ging nun mit ihr in das H?uschen, wo Susy schon r?stig aufger?umt, das Bett des Kranken aufgemacht und die Fenster ge?ffnet, um dem Staube freie Bahn zu geben, den sie jetzt mit flinker Hand ausfegte. Der Kr?utersammler sah ihr wohlgef?llig zu. >>Ist das Eure Tochter?<< fragte er Else, die ihm einen Sessel brachte, den sie zuvor sauber mit der Sch?rze abgewischt hatte.
>>Nein, lieber Herr!<< antwortete diese, >>es ist meiner Schw?gerin Kind aus B?hmen, eine Waise, und erst seit gestern bei uns!<<
Mittlerweile hatten Susy und der Ohm den Eintretenden verwundert angeschaut; Susy nahm ihm dienstfertig die schwere Blechkapsel vom R?cken und war so flink und gewandt, das es eine Freude war, ihr zuzusehen. Der Fremde nahm nun aus seiner B?chse ein B?schel gr?nen, starkriechenden Krautes, hiess Else dies kochen und die lahmen Glieder des Kranken damit waschen, -- wollte aber keine Belohnung daf?r annehmen und nur ein St?ndchen in der H?tte ausruhen. Susy war nun wieder rasch bei der Hand, die Kr?uter zu kochen und den Umschlag zu bereiten, und fragte, als sie damit fertig war, was sie nun schaffen solle?
>>Kannst du spinnen, mein Kind?<< fragte die Base; aber darauf sch?ttelte das M?dchen den Kopf. >>Nun, so will ich es dich lehren,<< sagte Else, und aufmerksam trat jene hinzu.
Aber der Fremde sprach: >>Ich will das M?dchen eine leichtere Art zu spinnen lehren, als ihr da mit der Spille habt; sie soll bald schneller als ihr, gutes M?tterchen, die volle Weise an die Wand h?ngen k?nnen.<< Ungl?ubig l?chelte Else, doch schon nach wenig Stunden kam der Kr?utersammler mit einem Spinnr?dchen zur?ck, dessen Gebrauch den armen K?hlerleuten noch ganz unbekannt war, zeigte der aufmerksamen Susy, wie man den feinen Faden um die eiserne Spille rollen m?sse und machte ihr dann mit der kleinen schnurrenden Maschine ein Geschenk. Er sagte ihr noch, dass er ihr einen andern Garnh?ndler zuschicken wolle, der das Garn besser bezahle, und entzog sich dann rasch dem Danke der Familie, die ihren unbekannten Wohlt?ter im dichten Walde verschwinden sah.
Susy spann vom Morgen bis zum Abend, sang ein b?hmisches Liedchen dazu und drehte das R?dchen so flink, dass Else und der Ohm ihr mit Verwunderung zuschauten. Das Garn flog nur so auf die Spule, und niemals riss der Faden der fleissigen Spinnerin. So ging es einige Zeit; der Kr?utersammler kam nicht wieder, und auch der fremde Garnh?ndler, der nun jeden Sonnabend kam, um das Gespinst zu kaufen, kannte ihn nicht, obgleich er sagte, der Kr?utersammler habe ihn hierher gewiesen. Mit dem Kranken wurde es von Tage zu Tage besser, bald konnte er die gel?hmten Glieder wieder bewegen und erlangte endlich, durch die wunderbaren Heilmittel des fremden Kr?utersammlers, seine v?llige Gesundheit wieder.
Nun schnitzte und k?nstelte er so lange, bis er f?r Else ein ?hnliches R?dchen zusammengesetzt hatte, die nun mit ihrem Lieblinge um die Wette spann und jetzt schon jede Woche einige Groschen zur?cklegen konnte; so mehrte sich ihr Verdienst. Vater Bieder besch?ftigte sich damit, Spinnr?dchen zu bauen, da ihm das erste so gut gelungen war, und er konnte gar nicht genug davon fertig machen, so sehr fragte man danach und bezahlte diese neue Erfindung so gut, dass schon eine Art Wohlstand in die arme kleine H?tte einkehrte, durch den Fleiss und die Sparsamkeit ihrer Bewohner.
Jetzt gab es Mutter Else auch nicht mehr l?nger zu, dass ihr liebes Pfleget?chterchen auf dem Heu schlafe, und sie ging mit der ersparten Barschaft nach der Stadt auf den Jahrmarkt, um ihr heimlich ein Federbett zu kaufen. Aber die kleine Summe reichte dazu nicht aus, und betr?bt stand die gute Alte, als ihr pl?tzlich im dichtesten Menschengedr?nge der Kr?utersammler begegnete. Sie hielt ihn sogleich fest bei der Hand, erz?hlte ihm, dass ihr Mann gesund geworden sei, und dankte ihm tausendfach f?r seine Hilfe; eben wollte sie ihm sagen, wie fleissig ihre liebe Susy sei -- da war er spurlos vor ihren Blicken entschwunden, und sie hielt statt seiner Hand eine kleine lederne B?rse fest, die genau jene Summe enthielt, die ihr zum Ankaufe des Bettes noch gefehlt hatte.
Wer k?nnte das Staunen, aber auch die Freude der guten Else beschreiben! Sie kaufte nun fr?hlich ein, und ein junger Landmann, den sein Weg an Elses H?tte vor?berf?hrte, nahm diese samt dem Federbett mit auf seinen Wagen nach Hause. Susy sass eben am offenen Fenster, drehte ihr flinkes R?dchen und sang eins ihrer vaterl?ndischen Liedchen, als der junge Bauer vor dem H?uschen hielt und verwundert dem hellen Gesange der emsigen Spinnerin zuh?rte. Aber kaum bemerkte das M?dchen die Ankunft der Base, als sie fr?hlich herausgesprungen kam und sogleich Hand anlegte, das Bett in das Haus zu tragen.
Peter bot freiwillig seine Hilfe dazu an und konnte sein Auge von der flinken, bl?henden Dirne kaum mehr abwenden. Seine Pferde mussten lange vor der kleinen H?tte stehen; denn die dankbare Else n?tigte ihn in die Stube hinein, und auf seine Bitte musste Susy das Lied noch einmal singen, in dem sie durch die Ankunft der Base gest?rt worden war. Als der junge Bauer endlich z?gernd Abschied nahm, dachte er, wie gl?cklich er sein w?rde, wenn einmal solch eine fleissige, muntere Dirne sein Weib w?rde. Vater und Mutter waren ihm gestorben, und sein sch?nes Bauerngut kam ihm jetzt recht einsam und ?de vor. -- Kurz, nach wenig Wochen ging er in seinem Sonntagsstaat zu dem alten Bieder und warb um Susy. Er war ein guter, ordentlicher Bursche, den das M?dchen wohl leiden mochte, darum erhielt er ihre freudige Zustimmung unter der Bedingung, dass sie ihre liebe Pflegeeltern mit in die neue Heimat bringen d?rfe, um sie nun erst recht zu pflegen und ihre Liebe dankbar vergelten zu k?nnen.
Darin willigte Peter mit Freuden, und die Hochzeit ward auf das Osterfest festgesetzt. An demselben Tage, wo die arme Susy vor einem Jahre verwaist und trostlos aus ihrer Heimat gegangen war, sollte sie in das neue, sch?ne Besitztum einziehen, darin ihrer ein sorgenfreies Leben wartete.
Wer da die ?berraschte Braut gesehen h?tte, wie sie, weinend vor Freude, bald der Base, bald dem Alten um den Hals fiel und wie ein Kind jubelte, der h?tte die Armut um ihr sch?nes Vorrecht beneidet, aus dem kleinsten Gl?cke eine F?lle der Freude zu ziehen. -- Susy schnitt und n?hte nun fleissig; der Garnh?ndler aber kam nicht mehr wieder. Man gedachte seiner wie des Kr?utersammlers mit heissem Danke.
So war der Hochzeitstag herangekommen, der ganz still begangen ward; doch als Susy an der Hand ihres Br?utigams aus der Kirche kam, in anspruchsloser Sch?nheit, die bl?hende Myrte im kunstvoll geflochtenen Haar, -- als alle Zuschauer Peters Gl?ck priesen, der eine so sittige, gutherzige und fleissige Hausfrau heim f?hre, -- da stand pl?tzlich der Kr?utersammler vor dem Brautpare und reichte Susy einen frischen, bl?henden Strauss, indem er sprach:
Der Musterreiter.
R?bezahl sass eines Tages oben auf dem Grubenstein, der R?bezahls Kanzel genannt wird, und sah hinunter auf die Welt, und dachte dies und jenes. Da kamen drei Reisende ?ber die Sturmhaube auf die Schneegruben zu, und R?bezahl merkte bald aus ihrem Gespr?ch, dass es Kaufleute waren, so eine Art von Hausierern, die man heutzutage Musterreiter nennt.
>>Worin reiset ihr denn?<< fragte der eine; >>in Fischtran,<< erwiderte der andere; >>und ich,<< fuhr der erste fort, >>reise in Wagenschmiere.<< >>Ein sch?ner Artikel,<< versetzte der andere; >>und ihr, mein Herr?<< wandte er sich an den dritten. >>In Limburger K?se,<< war die Antwort. >>Ein beliebter Artikel, -- verdr?ngt den Schweizerk?se, -- in Holl?ndischem wird wenig mehr gemacht,<< riefen beide wie aus einem Munde.
R?bezahl horchte hoch auf und verstand von alledem kein Wort; dass jemand in Fischtran und Wagenschmiere, ja selbst in Limburger K?se reisen k?nne, war ihm v?llig unverst?ndlich und unglaublich. Indessen dachte er, du willst doch weiter h?ren. Aber was h?rte er? -- Die Reisenden, welche sich jetzt auch auf dem Felsen niedergesetzt hatten, achteten nicht auf den schlicht aussehenden Mann, liessen ihre Schnapps?cke mit Wein und kaltem Wildbrett hinauftragen und waren fr?hlich und guter Dinge. Je mehr sie tranken, desto offenherziger wurden sie gegen einander, und R?bezahl erfuhr nun ganz, wes Geistes Kind sie w?ren. Dass sie wie die Hausierer bei den Leuten herumliefen und ihre Waren anb?ten, ihre verschiedenen Manieren, mit denen sie ihre Kunden behandelten, alles dies erfuhr er aus ihrem eigenen Munde, und er staunte ?ber die Dreistigkeit der Burschen. Einer von ihnen meinte, je unversch?mter man sei, desto mehr setze man durch, und je feiner gebildet die Leute w?ren, desto mehr m?sse man sie best?rmen, weil sie dann in der Regel das Mittel ergreifen, lieber etwas zu kaufen, um sie los zu werden.
Wie sind nur die Leute so blind, dachte R?bezahl, dass sie sich von der grosstuerischen Rolle verblenden lassen, die solche Burschen spielen. Denn wenn sich diese Musterreiter so ?ppig und verschwenderisch benehmen, so liegt es ja auf der Hand, dass die K?ufer zuvor t?chtig gerupft werden m?ssen, ehe so viel unn?tiger Aufwand bestritten wird. -- R?bezahl mochte endlich ihre prahlerischen Reden nicht l?nger anh?ren und verliess den Felsen.
Nun gingen auch endlich die Reisenden weiter, bergab nach dem Elbfall zu; aber das sch?ne Wetter ?nderte sich pl?tzlich, ein dichter Nebel umzog den ganzen Kamm, und die drei Musterreiter gingen in lauter Wolken, was sie sehr in ?ble Laune versetzte, denn dem einen verdarb die Feuchtigkeit den zierlichen Lockenbau, dem andern wurden die Vaterm?rder und Manschetten weich, der dritte machte seine Stiefel von feinem Glanzleder auf dem schl?pfrigen Wege schmutzig. Aber ihr Unmut stieg gewaltig, als der F?hrer nun gar die Richtung verlor und sie zwischen Sumpf und Fichten, Steinbl?cken und Heidekraut, kreuz und quer herumf?hrte. Endlich kam die ?bel gelaunte Gesellschaft an einen Fluss, den man wegen des dichten Nebels nicht ?bersehen konnte; ein Mann von abenteuerlichem Ansehen vertrat ihnen hier den Weg, sch?pfte mit einem Glase aus dem Flusse, bot ihnen dasselbe dar und sagte: >>Ihr m?sst Bescheid tun, ihr Herren.<<
Der eine setzte das Glas an den Mund, roch und sagte: >>Das ist ja Fischtran.<< -- >>Nun ja,<< versetzte der Mann, >>und eben darum m?sst ihr Bescheid tun, sonst kommt ihr nicht von der Stelle.<<
>>Das ist euer Artikel,<< sagte der Reisende und reichte das Glas dem Gef?hrten. Der aber mochte nicht, sch?ttelte sich und sagte, er sei kein Gr?nl?nder und auch kein Schuhleder, so etwas trinke er nicht.
>>Nun,<< erwiderte der fremde Mann mit schrecklicher Stimme, >>ihr reiset ja in Fischtran, und wenn ihr nicht trinkt, so kommt ihr nicht lebendig hier weg, es ist euer letztes.<< -- >>Kollege, trinkt!<< schrie der dritte in Verzweiflung, und die Angst presste ihm Tr?nen in die Augen.
Der arme Reisende dr?ckte die Augen fest zu, sch?ttelte sich ein parmal, dann schluckte er herzhaft -- und leer war das Glas. Jetzt hob sich der Nebel ein wenig, und da auch der fremde Mann zur Seite trat und zwischen dem Gestein verschwand, sahen die Reisenden dicht vor sich einen Steg, der sie sicher ?ber den Bach brachte. Schon glaubten die Musterreiter, nun ausser aller weitern Gefahr zu sein, denn sie h?rten das Rauschen des Elbfalls ganz in der N?he; aber mit einem Male senkte sich der Berg zwischen Felsen hinunter in eine grausige Tiefe, und jenseits starrten wieder senkrechte W?nde von Felsen empor. Sie kamen nun unten an einen Fluss, der ganz langsam seine schwarzen Wogen heranw?lzte, und dabei hing eine Tafel mit der Inschrift: >>Durch!<<
Der eine Reisende stieg zuerst hinunter, tastete, roch und sagte: >>Das ist ja Wagenschmiere, sind wir denn bezaubert und verhext?<<
>>Ei nun, das ist ja euer Artikel, und ihr m?sst zuerst hindurch, oder wir werfen euch in die schwarze Suppe und gehen ?ber euern R?cken, wie ?ber eine Br?cke.<<
Das wollte allerdings dem Reisenden nicht in den Kopf, aber hier galt Gewalt vor Recht, und da er sah, wie hier nicht anders los zu kommen sei, schritt er in Verzweiflung hinein in den abscheulichen Strom, -- die andern folgten ihm langsam nach. Endlich standen sie alle wieder am jenseitigen Ufer und befanden sich nun in der N?he desselben sonderbaren Mannes, der ihnen den Trunk aus dem Fischtranflusse gereicht hatte. Er stand an den Felsen gelehnt und lachte auf das boshafteste, indem er sagte: >>Nun seid ihr saubern Gesellen doch auch einmal angeschmiert und m?gt jetzt eures Weges ziehen; vielleicht vergesst ihr die erhaltene Lehre nicht zu geschwind und h?tet euch, andere in eurer Weise anzuschmieren.<<
Damit ging der fremde Mann in den Wald hinein. Der Weg, auf dem die Reisenden sich jetzt befanden, war nun wieder breiter und ebener, und der F?hrer sagte, nun sei er auf bekanntem Pfade. Wirklich sahen sie auch bald, da sich jetzt der Nebel hob, die H?tten von Schreiberhau auf sonnigen Matten vor sich liegen. Dorthin hatten sie ihre Wagen bestellt, und bald sassen sie, besonders der dritte, ihrer Meinung nach, allem Ungemach entronnen, in den weichen Kissen und fuhren getrost nach Warmbrunn hinab. Im Gasthofe zur preussischen Krone stiegen sie ab, wo eben eine grosse Gesellschaft unter dem Leinwanddache sass und Kaffee trank. Die Musterreiter zupften geschwind Halstuch und Manschetten zurecht, fuhren durch die in Unordnung gekommenen Haare und gaben sich das m?glichst zierlichste Ansehen, w?hrend sie durch die Damenreihe gingen.
Diese wendeten sich jedoch mit allen Zeichen des Ekels von den Reisenden ab und nahmen ihre Taschent?cher oder ihre Flacons vor die Nase. >>Ei der Tausend, wie siehst du denn aus?<< fragten die beiden Reisenden den dritten, als sie in das Gastzimmer traten, >>und, o pfui -- wie duftest du?<<
Wie erschrak der Angeredete, als er, schleunigst seinen Rock, ausziehend, bemerkte, dass dieser sehr unsauber aussah, denn statt auf Wagenkissen hatte er in seinem Artikel -- in Limburger K?se gesessen! --
Das war ein arger Spass, den R?bezahl mit den drei Musterreitern angezettelt hatte, m?chte er nur auf eine gute Weile geholfen haben. Wenn der Berggeist jetzt noch spukte, so f?nd' er alle H?nde voll zu tun; es reisen gar wunderliche Leute ins Hochgebirge.
Mecker-Friede
In Schmiedeberg lebte einmal ein Bursch, der hiess Mecker-Friede, war ein w?ster Gesell und peinigte alle Leute, darum mochte ihn auch niemand in Dienst nehmen. Er ging also unter die Soldaten, und trieb es da eben auch nicht besser; es war gerade der dreissigj?hrige Krieg, und er konnte nun recht ungestraft seine schlimmen Neigungen verfolgen.
R?bezahl hatte oft arme Leute ?ber ihn jammern h?ren, denn wo es etwas zu pl?ndern und zu misshandeln gab, da war Mecker-Friede gewiss dabei, Aber er kam nicht ins Gebirge, wohl aber nach einer Schlacht als Invalide in das Spital nach Schmiedeberg. Es war nun des abgedankten Soldaten gr?sster Stolz, seine Tapferkeit zu r?hmen, und er sagte oft: >>Nun m?ssen sie mich doch noch im Grabe ehren und dreimal ?ber meinen Sarg schiessen.<<
Der also war jetzt gestorben, und es tat keinem leid; aber mit milit?rischen Ehren musste er doch begraben werden, und die Landsknechte kamen mit ihren Lanzen und Feuerr?hren, um ihn zu Grabe zu tragen, voran der Trommler mit dem ged?mpften Kalbfell. Im Hausflur des Hospitals aber standen zwei S?rge, denn es war auch zugleich eine alte Spittelfrau gestorben und sollte auch zur Ruhe gebracht werden. Wie die Soldaten alle bereit sind, zeigt der Spitalvater auf einen der S?rge und sagt: >>Der ist's!<<
Den nehmen nun die Landsknechte auf ihre Schultern, der Trommler wirbelt t?chtig, und hinter dem Sarge gehen die Soldaten mit ihren Gewehren. Auf dem Kirchhofe h?lt der Pfarrer eine Standrede: wie der Selige nun von seinem irdischen Posten abgel?st und nun ohne sein Verdienst und W?rdigkeit in den Himmel gekommen sei. Dann schiessen die Krieger dreimal ?ber das Grab, und der Trommler schl?gt dazu auf das Kalbfell, dass eine G?nsehaut alle and?chtigen Zuschauer ?berl?uft; darauf geht jeder nach Hause.
Der Pfarrer begibt sich nun nach dem Spital, um die alte Anne Rosine zu holen. Da haben sich schon viele Gevatterinnen und Kaffeeschwestern versammelt und folgen dem Sarge mit grossem Wehklagen. Nach der Einsegnung wird dieser nach damaliger Sitte noch einmal ge?ffnet, damit die guten Frauen ihre liebe Freundin zum letzten Male sehen k?nnen; aber pl?tzlich wird ein Schrei des Entsetzens geh?rt, und die ganze Grabbegleitung l?uft wie toll und rasend vom Kirchhof herunter, denn im Sarge liegt niemand anders, als der alte Mecker-Friede, der Kriegsknecht, starr und steif im ledernen Koller, mit der Pickelhaube und dem Schwert an der Seite.
So hatten die Tr?ger den unrechten Sarg erwischt und ?ber der alten Anne Rosine feierlich geschossen und getrommelt. -- Die Versammlung aber meinte, das sei nicht mit rechten Dingen zugegangen, R?bezahl habe dem Mecker-Friede noch im Tode etwas angetan, damit sich die kriegslustige Jugend daran spiegle und auch als Soldat die Menschlichkeit nicht vergesse. Das glaubte man auch bald allgemein, gewiss aber wusste es keiner.
Denn Freund R?bezahl, sollt ihr wissen, ist geartet wie ein Kraftgenie, launisch, ungest?m, sonderbar, bengelhaft, roh, unbescheiden, stolz, eitel, wankelm?tig, heute der w?rmste Freund, morgen fremd und kalt; nach der Stimmung, wie ihn Humor und innerer Drang jeden Augenblick empfinden l?sst.
Die Anleihe.
Ein Bauer war mit seinem Weibe und sechs Kindern so verarmt und durch mancherlei Ungl?cksf?lle herunter gekommen, dass er oft nicht wusste, wo er Brot f?r die Seinigen hernehmen sollte.
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