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Read Ebook: Wartalun: Der Niedergang eines Geschlechts by Bonsels Waldemar

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Ebook has 1293 lines and 58359 words, and 26 pages

Im Einschlafen durchdachte sie ruhiger noch einmal die letzten Wochen, die sie mit ihm durchlebt hatte, auf alle seine Aussagen hin, forschte eifrig nach dem Sinn seiner traurigen Worte, die sie damals kaum beachtet hatte, und pr?fte jedes daraufhin, wie weit es eine Verheissung f?r ihre Zukunft enthalten k?nnte. Sie sah seinen weissen Bart dicht vor sich, f?hlte seine Greisenh?nde auf ihrem Scheitel: >>Du arme Reiche<<, sagte er. Und als sie schwieg: >>Wie hat meine Liebe zu dir mich reich gemacht. Sag, was hast du denn von mir empfangen k?nnen?<<

Hiess das nicht, dass er bereit sei, noch viel zu geben?

Nun befahl sie Martin, ihr das Pferd zu satteln, das war schon im Traum. Sie sass in ihrem Kleid aus hellem Tuch auf einem schwarzen Pferd, umritt das Schloss, lockte die Hunde und st?rmte ?ber die Felder, die ihr geh?rten. In Wendalen erwarteten die Tagel?hner sie in ihrem Sonntagsstaat, verneigten sich, und die Kinder streuten Blumen. So hatte sie es einst gesehen, als sie den Grafen an seinem letzten Namenstag hinausbegleitet hatte. Nun lag er im Sarg, aber er schaute sie an und l?chelte zu all ihrem Tun. Damals, auf dem Heimweg, hatte er lange in ihr Gesicht geschaut, das stolz, heiss erhoben vom Gl?ck des Tags und ?berm?tig beseligt gel?chelt hatte. --

Als es Morgen wurde, h?rte es auf zu regnen. Der junge Tag erhob in k?hlem Wehen sein lichtes, blaues Leben, in dem alles in tiefer Stille auf die aufgehende Sonne wartete. Die Haustiere und die V?gel im Garten waren noch nicht erwacht, als Afra sich erhob und in einer ganz neuen, zitternden Seligkeit an ihrem jungen Dasein langsam begann, sich an den weit offenen Fenstern anzukleiden, die den Bl?tenduft der Linde und alle Hoffnung der erneuten Erde zu ihr einliessen. Dies war die liebste Stunde ihres Tags, in der niemand ihren erwachten Sinnen etwas streitig machte, in der ihr alles zu eigen war, was sie sah, erdachte oder ersehnte. Sie schaute vorgebeugt hinaus in den verschwiegenen Hof, auf dem noch nichts sich regte, nur vor den Starenk?sten am Lindenstamm sassen schon die Alten, zum ersten Ausflug ger?stet, und sie meinte die feinen Stimmchen der Jungen zu h?ren, deren zarte Laute sich in das kaum vernehmbare Fl?stern der Bl?tter mischten. Die Tore des Hofes waren noch geschlossen. Die breiten Laubg?nge des Efeus sahen wie dunkle Verkleidungen am Mauerwerk aus, wie schwere, gr?ne, zerfetzte Teppiche, die das Alter des dicken Gem?uers verh?llten. Er war beinahe ein wenig eng, dieser Hof, aber seine hohe Eingeschlossenheit und seine Schatten von den W?nden des Hauses gegen Westen verliehen ihm eine traumhafte Versunkenheit, die durch die Farben der Zeit und durch die Zinnen der Mauern in dieser Stille in das Bereich alter M?rchen ger?ckt wurde.

Afras blondes Haar war so schwer und weich wie alte Seide. In der Ahnengalerie des Herrenhauses, dicht unter der get?felten Decke hing das Bildnis einer jungen Frau, deren Haare den ihren glichen. Auch sie hatten diesen seltsamen ged?mpften Glanz von Kupfer und Asche, der sich, ins Licht getaucht, in ein beinahe farbloses Gold verwandeln konnte und der aus Stirn und Schl?fen hervorbrach, fast ohne dass man erkannte, wo der Wuchs der Haare begann. Aber den hochherzig versunkenen Blick der l?ngst Verstorbenen hasste Afra, wie auch ihren kleinen lieblichen Mund, dessen Trotz ihr t?richt erschien, weil er nichts verbarg. Ihr eigener Mund war breit und fast ein wenig zu gross, und da niemand ihr noch gesagt hatte, welch bet?render Zauber voll Lebenss?ssigkeit und Daseinswonnen sich in seiner ruhenden Sch?nheit offenbarte, achtete sie ihn beinahe gering, diesen grossen Mund.

Die Sperlinge wurden im Efeu wach, als Afra ?ber den Hof ging, ihr Schritt hallte von den Steinw?nden wider. Sie klopfte an Martins Kammerfenster neben dem Pferdestall, sein G?hnen erweckte ihr Mitleid. Er solle nur ?ffnen, das Weitere w?rde sie schon selbst besorgen; aber er kam doch hervor, um ihr zu helfen, das Pferd zu satteln, und murmelte schlaftrunken allerhand von seinen Aussichten, sich noch einmal niederlegen zu k?nnen. Afra verschm?hte es, ihn nach der neuen Herrschaft zu fragen.

>>Wohin reitest du denn?<< fragte er. Er glaubte ihr diese Teilnahme schuldig zu sein.

>>Heb den Baum am Tor<<, sagte sie.

Sie zog den Sattelgurt fester. >>Du schl?fst ja noch<<, tadelte sie nachl?ssig. Martin fand ihre Bemerkung zutreffend und am Platze. Sie wollte noch, dass er die Wolfshunde freimachen sollte, Aja und Fenn, deren Ketten sie h?rte.

Dann sah er ihr nach, und ?ber dem Anblick, wie sie die Landstrasse entlang steil und fest zu Pferde, vom Bellen der Hunde wie von ergebenem Beifall geleitet, dahinritt, vergass er seine M?digkeit. Eine seltsame heisse Erwartung hielt ihn gefangen. Wartalun geh?rt Afra, war das Resultat seines einf?ltigen Gr?belns. Dr?ben in den angebauten Wirtschaftsgeb?uden hinter den Birken der Landstrasse sah er die ersten Tagel?hner, eine Pumpe klang, ein Hahnenruf. Ihm schien ein ereignisreicher Tag zu beginnen, und er war zu wichtig, um ihn zu verschlafen, man musste nachdenken, um sich ?ber alles klar zu werden.

Die Morgensonnenstrahlen fielen, immer noch k?hl und ohne Kraft, ?ber die D?cher der Kornschuppen von Wendalen, als Afra dort anlangte. Sie hatte sich auf den schmalen Pfaden durchs Moorgel?nde Zeit gelassen, hatte in der Heide das Pferd eine Weile durch die kaum erbl?hten Str?ucher gef?hrt und tief in Gedanken zugesehen, wie ihr suchender Fuss Schritt f?r Schritt die silbernen Perlen des Taus am Boden zum Fallen brachte. Je l?nger der Tag wurde, um so eindringlicher wachten alle Gedanken mit ihm auf, und ihr war, als zerst?rten sie ihr ganz langsam ihre Kraft. Denn Afra war sich ihrer Kr?fte noch nicht bewusst, wenn sie sie nicht in ihrer Wirkung erprobte; erst die Gelegenheit, sich bew?hren zu m?ssen, fand sie stark.

Das sch?ne Pferd hielt den kleinen Kopf gesenkt wie seine Herrin, die immer um einen Schritt voraus war und die Z?gel nachh?ngen liess. So schritten sie gegen den grossen Horizont des ebenen Landes ?ber den roten Teppich der Heide dahin. Die W?lfe eilten ruhelos, die schwarzen Schnauzen am Boden, in weitem Bogen voraus, scheuchten Wildenten aus den Moort?mpeln auf und einmal, in einem kleinen Birkenw?ldchen, schon nahe am Vorwerk, ein junges Reh. Aber auf Afras leisen Pfiff wandten sie, wie von unsichtbaren F?usten zur?ckgerissen, die K?pfe und kehrten um. Sie hingen in seltsamer Treue an Afra, niemand nahm sich ihrer mit mehr Zeit und Geduld an, niemand schlug sie grausamer.

Erst als sie in den Hof einritt und die Knechte sie gr?ssten, besann sie sich darauf, was sie als Grund f?r ihr Kommen angeben sollte. Man w?rde sie nach der neuen Gutsherrschaft fragen, vielleicht war der Verwalter schon unterwegs nach Wartalun. --

Sie sass wieder zu Pferde, als er kam, und in einer uneingestandenen Furcht vor einem Verrat der ?ngste ihrer Seele begr?sste sie ihn hochm?tig und ohne den Kopf zu senken. Harmlos fragte er dies und das, aber sie wusste, worauf er wartete. Seine Einladung, im Zimmer ein Fr?hst?ck einzunehmen, lehnte sie ab. Die T?cke und Unterw?rfigkeit dieses arbeitsamen und wohlgeschickten Mannes, die sie bislang mit kaum am?sierter Herablassung festgestellt hatte, erschien ihr heute hassenswert. Anfangs erk?hlte er sichtlich unter ihrem ver?nderten Wesen, dann begann er langsam ihre Zur?ckhaltung mit grosser H?flichkeit zu beantworten, die schnell zur Ergebenheit wurde, je mehr das M?dchen sie gelassen einstrich. Oh, er w?rde vermuten, dass die W?rfel gefallen seien und dass, was die einen hofften, die anderen f?rchteten, Wahrheit geworden sei, dass sie nach dem Willen des Verstorbenen Herrin von Wartalun geworden war.

Die heimliche Freude, die ihre unbeabsichtigte T?uschung ihr eintrug, wurde rasch zu unbez?hmbarer Sucht, diese Rolle zu spielen. Mit k?hlem und geheimnisvollem L?cheln sah sie auf den Neugierigen herab, der ihr zu gefallen und zu dienen trachtete. Doch pl?tzlich verachtete sie sich in dieser Lage, aber ohne ihre Haltung zu ?ndern, nickte sie k?hl und hastig, nahm umst?ndlich das Pferd herum und pfiff den Hunden.

>>Bis morgen!<< rief sie, so ernst, dass es beinahe traurig wirkte. Draussen empfing die frohe Sonne sie, wogende Felder und bald wieder die Melancholie und Verlassenheit ihrer Heide. Es erf?llte sie mit bitterer Genugtuung, dass sie jemanden zur?ckliess, dem ihre Hoffnung Gewissheit geworden war, als h?tte sie ihrem z?gernden Schicksal Gewalt angetan.

>>Du bist der erste, der das Schloss verl?sst, wenn es mein ist<<, rief sie laut. Dann war ihr, als m?sste sie weinen, und ihre aufsteigende Qual beantwortete sie mit einem harten Lachen, das seltsam b?se aus diesen weichen, unerwachten Lippen drang und in herbem Widerspruch zur Anmut ihrer freien Haltung stand.

Im Moorgrund waren Arbeiter am Werke. Hohe Torfmauern spiegelten sich schwarz in den stillen Gr?ben, alles versprach einen heissen Tag. Den Gruss eines Landmannes, den sie kannte, erwiderte sie mit einem kecken Scherz. Der Alte blieb stehen, sch?tzte die Augen und sein breites, wohlgef?lliges L?cheln mit der schweren braunen Hand und sah ihr nach. Nah am Kreuzweg, als schon Moor und Heide zur?ckblieben und die T?rme des Schlosses aus den Eichen schauten, traf sie einen Fremden, der sie gr?sste, sehr h?flich und auf eine Art z?gernd, als habe er eine Frage zu stellen. Sie sah zur?ck und hielt das Pferd an. Beide schwiegen eine Weile, die W?lfe sahen abwartend zu ihr empor. Sie rief sie barsch an, mehr um den Gehorsam der Hunde zu zeigen, als weil eine Bef?rchtung nahelag. Sie sah in das Gesicht des jungen Mannes, der hinzutrat. Ein schmales und sehr blasses Angesicht hob sich zu ihr empor, unsicher im Wesen und Blick durch eine goldene Brille, deren Gl?ser blinkten. Er war schwarz gekleidet, trug ein seltsam mitgenommenes H?tchen aus Filz und erschien ihr zart von Figur, beinahe ein wenig gebrechlich. Seine schmale Hand, mit der er befangen sein Kinn hielt, fiel ihr auf; solche H?nde w?nschte sie sich ...

>>Verzeihen Sie mir, mein gn?diges Fr?ulein<<, sagte er z?gernd, aber nicht unsicher, >>wie lange w?rde ich von hier aus brauchen, um bis Wandelen zu gelangen?<<

>>Wollen Sie denn zu Fuss gehen? ?brigens heisst das Vorwerk Wendalen.<<

>>Wendalen, gewiss ... ich irrte.<<

Sie stemmte die Rechte leicht in die schlanke H?fte, schaute ?ber Land, als erw?ge sie ernstlich die Antwort, um sie treffend geben zu k?nnen. Ihre Art der Herablassung war voll Anmut, von einer holden Sicherheit ?berlegenen Geistes und frohen Herrentums. Er vergass, was er wissen wollte, und sah sie bewundernd an.

>>Ich habe von dort bis hier fast eine Stunde mit dem Pferde gebraucht, aber Sie sehen, es ist nass. Sie w?rden zwei Stunden brauchen an einem Tage wie heute. Und der Weg ... kennen Sie den Weg denn?<<

>>Nein<<, sagte er, >>ich bin hier fremd, auch muss ich bei solcher Entfernung meinen Plan aufgeben, ich habe nicht gewusst, wie weit es ist, es h?tte mich sehr interessiert, da ich diese Fr?hmorgenstunde nicht besser zuzubringen wusste. Im Schlosse schliefen sie noch alle.<<

Afra l?chelte. Er sah ihr L?cheln mit Best?rzung. Es wirkte auf ihn wie Sonnenschein im Fr?hling und wie der traurige Gedanke an einen fr?hen Tod.

>>Es ist nicht ganz richtig, dass alle schliefen. Aber jetzt? Kehren Sie denn jetzt um?<<

>>Ja<<, sagte er, hilflos und so befangen, dass eine heisse Freude am Triumph ihrer ?berlegenheit ihr Blut klopfen liess; sie sprang vom Pferde, und in der ?berwindenden Unbefangenheit, die ihr Wesen auszeichnete, sagte sie:

>>So gehen wir miteinander. Es tut Joni gut, ein wenig ledig dahinzutraben.<< Mit der Gerte wies sie auf das Pferd und sagte: >>Das ist Joni.<<

>>Sie stellen mir Ihr Pferd vor, mein gn?diges Fr?ulein, gewiss, um mich daran zu erinnern, dass ich Ihre grosse Liebensw?rdigkeit angenommen habe, ohne Ihnen meinen Namen zu nennen. Verzeihen Sie mir.<<

Und er nannte undeutlich und rasch einen Namen, den sie kaum zu verstehen f?r n?tig hielt, und verbeugte sich dabei, nicht ganz in der ?blichen Richtung und auf eine Art, die ihm im Schreiten misslang.

>>Und darf ich auch Sie bitten<<, fuhr er fort, >>mir die Ehre zu erweisen, zu sagen, wer Sie sind?<<

Afra sah hin?ber zu den T?rmen von Wartalun, wartete, bis er ihren Blick sah, und meinte:

>>Tut es etwas zur Sache?<<

Er glaubte ihr die Gelegenheit nehmen zu m?ssen, dar?ber nachzudenken, dass dies wenig h?flich sei, und sagte rasch:

>>Oh, gewiss nicht, gewiss nicht. Meine Bitte war sicherlich recht t?richt. Der Vorzug Ihrer freundlichen Begleitung sollte mir genug sein, und er ist es, sicherlich, mein gn?diges Fr?ulein.<<

Sie strich ohne Bedenken sein Entgegenkommen ein wie ihr Recht, obgleich sie ihn beneidete.

>>Wie kommen Sie nur so fr?h hierher?<< fragte sie, und was an ihrer Frage h?tte Neugierde sein k?nnen, wirkte im Tonfall ihrer Stimme einzig wie eine kindliche Bitte.

>>Ich habe dort im Schloss geschlafen<<, sagte er, >>und eigentlich schlecht; ich bin ohne meinen Willen und beinahe zuf?llig gekommen; es ergeht mir oft so, dass mir eine fremde Umgebung anfangs keine Ruhe schenkt.<<

>>So, im Schloss?<< meinte Afra und legte in ihr L?cheln eine neckische Bewunderung. >>Das klingt ja fast, als wollten Sie mir sagen, dass Sie den Schlossherrn von Wartalun pers?nlich kennten.<<

Und ohne zu beachten, dass die Z?gel in ihrer Hand bebten, dass ihr Schritt wankte und ihr Angesicht sich langsam in j?her Erstarrung mit t?dlicher Bl?sse ?berzog, fuhr er fort:

>>Es sind unerwartete Umst?nde, die mich herf?hren, und seltsame Verh?ltnisse, die ich vorfinde. Ich finde mich schwer in ihnen zurecht. Der verstorbene Graf von Wartalun, den Sie zweifellos gekannt haben, mein gn?diges Fr?ulein, war nur sehr fern mit mir verwandt, und die Erbschaft seiner G?ter hatte niemand von uns erwartet. Die Familien waren zu Zeiten meines Vaters entzweit, wir h?rten nie mehr voneinander, da kein Zwischenglied h?tte vermitteln k?nnen, auch trug die grosse ?ussere Entfernung zur Entfremdung bei. Die letzte Nachricht, die zu uns drang, waren vereinzelte unsichere Annahmen ?ber eine sp?t noch geplante Verheiratung des alten Herrn.<<

Sie achtete, auch als er nun weitersprach, kaum auf seine Worte. Als sie mit grosser M?he ihre Fassung zur?ckerrungen hatte und ihre Gedanken ordnen konnte, empfand sie zun?chst nur eins, dass die Art, wie er von sich als vom k?nftigen Schlossherrn gesprochen hatte, nicht v?llige Gewissheit dar?ber kundgab, ob er es in der Tat sei. So waren die W?rfel noch nicht gefallen. Das hielt ihr Mut und Sinne in zitternder Spannung wach und liess sie vergessen, dass sie eben noch eine arge Niederlage erlitten hatte, von der er noch nichts wusste. Mochte er, wenn er nun erfuhr, wer sie war, denken was er wollte. Sie f?hlte, dass keiner der Gedanken, die er sich dar?ber machen w?rde, sich jemals in Zorn oder Verachtung gegen sie kehren k?nnte. Seine angstvolle, vorsichtige und h?fliche Art weckte Vertrauen und zugleich Neid und Geringsch?tzung in ihr. Es kam in ihrem Herzen etwas hinzu, das beinahe wie Hilfsbereitschaft war und sie tief beruhigte. Sie wusste pl?tzlich, dass das Bild, das sie vom neuen Herrn im Sinne getragen hatte, dem des Verstorbenen geglichen hatte, sie sah mit einem raschen L?cheln ?ber die Gestalt ihres Begleiters. Das herrische Angesicht des Toten, sein schwerer, breitschultriger K?rper erschienen ihr, und sie glaubte seine dunkle Stimme zu h?ren und den unnahbaren und grollenden Eigensinn darin, oder die herbeilassende G?te seiner Z?ge, wenn er wohlgesinnt und froh Abrechnung hielt ?ber Pflichttreue und Verdienst seiner Untergebenen. Und nun sollte dieser zierliche schwarze Herr in den verlassenen Sattel steigen, diese schm?chtige Hand sollte am Z?gel ruhen, den die Faust des Toten gehalten hatte? Afra reckte sich auf in den Sonnenschein und l?chelte.

Ihre j?he Bewegung liess ihn innehalten.

>>Verzeihung, vielleicht langweilt Sie dies alles<<, sagte er leise. >>Mich besch?ftigt es, bitte verstehen Sie, und man ist sicherlich allgemein geneigt, vor einer so selbstverst?ndlichen Liebensw?rdigkeit, wie die Ihre es ist, ohne Bedenken ?ber das zu sprechen, was einen bewegt.<<

Afra wurde rot vor Freude und schwieg. In ihrem Gl?ck ?ber die v?llig ungewohnte Art der Anerkennung, die ihr zuteil wurde, vergass sie, dass eine Antwort notwendig sei. Er legte ihr Schweigen wie eine selbstbewusste Best?tigung seiner Bef?rchtung aus.

Aber nun besann sie sich und machte es gut. Ihr lag am Triumph, den der Augenblick zuliess, und sie vermied es unbewusst, ihre Worte anders zu setzen, als es ihr in diesen kurzen Augenblicken einer fremden Rolle n?tzlich erschien.

>>Mir liegt alles am Herzen, was die Schicksale Wartaluns betrifft<<, sagte sie eifrig und vorsichtig. >>Ich habe den Grafen gekannt und geliebt und einen Teil seiner Sorgen und Angelegenheiten geteilt. Ihre Offenheit ist eine Freude f?r mich.<<

Sie gl?hte vor Stolz dar?ber, dass diese Worte, von denen sie f?hlte, dass sie ihr wohlgelungen waren, ihn bewegten. Einen Augenblick z?gerte er mit der Antwort, es schien, als wollte er aufs neue nach ihrem Namen fragen. Irgend etwas machte ihn unsicher. Gewiss war es jene eigen un?berwindliche Sicherheit der jungen Dame an seiner Seite, eine Sicherheit, die sich so wunderbar mit dem Zauber einer kindlichen Freude daran verband. Ihm schien, als verberge sie ihm etwas, dann wieder, als machte sie sich heimlich ein wenig ?ber ihn lustig.

Er dankte ihr warm. Als er in ihre Augen sah, erschrak er. Gott, dachte er, gibt es so viel Kraft, so viel Jugend, so viel Allmacht des Fr?hlings in einem Menschengesicht? Das Leuchten ihres Haars verzauberte seine Gedanken in Tr?ume, so gewaltt?tig, dass er selbstvergessen und fast ergebungsvoll diesen Wandel in seinem Empfinden wie ein heisses Emporschweben in eine ganz neue Welt hinnahm.

>>Sie, die Sie augenscheinlich aus diesem Lande und aus dieser Gegend sind, gn?diges Fr?ulein<<, sagte er stockend, und dann schwieg er pl?tzlich, weil er sah, dass ihn diese Worte zu etwas f?hrten, das er nicht hatte sagen wollen.

>>Wartalun ist wundersch?n<<, sagte Afra, und erst daran, dass er nach diesen Worten unbefangen zu sprechen begann, wusste sie, dass sie ihm damit aus seiner Verwirrung geholfen hatte. Und w?hrend er erz?hlte, musste sie wieder und wieder denken: Nun erst wird das Leben sch?n. Ich habe wie ein Kind gespielt und geschlafen. Ihr war, als liebte sie diesen Mann neben sich, weil er der erste war, der ihr Gelegenheit gab, neue Kr?fte ihres Wesens in heissem Daseinsgl?ck zu versp?ren und zu erproben.

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