Read Ebook: Mémoires du maréchal Berthier ... Campagne d'Égypte première partie by Langlois Isidore Annotator Berthier Louis Alexandre Reynier Jean Louis Eben Zer
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Ebook has 1329 lines and 115508 words, and 27 pages
Illustrator: Hugo Engl
Buchschmuck von Hugo Engl
Stuttgart, A. Bonz & Comp. 1920
Der Klosterj?ger
von Ludwig Ganghofer
Copyright 1917 by Adolf Bonz & Comp., Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten; insbesondere das Recht der ?bersetzung in fremde Sprachen.
Druck von A. Bonz' Erben in Stuttgart.
Dem Angedenken meines heimgegangenen Kindes
Sie stieg hernieder auf die Erde, Wie von der Sonne f?llt ein Strahl ... Und schwand hinweg von dieser Erde, Wie er vergl?ht im dunklen Tal.
Der Blume gleich im Fr?hlingshage, An Leib und Seele sonder Fehl, War sie die Freude meiner Tage, Mein Sorgentrost und mein Juwel.
Kein W?lklein, das sich nicht zerteilte Vor ihrem sonnigen Gesicht, Und wo sie ging und wo sie weilte, Da war die W?rme, war das Licht.
Sie l?chelte: man musste lieben. Ein Blick: und sie gewann ein Herz ... Und ach, was ist von ihr geblieben? Ein kleines Grab, ein grosser Schmerz.
L. G.
Fr?hling im Bergwald! Er kennt die Blumen nicht, die der Lenz ?ber die Wiesen des Tales streut, kennt nicht die linden L?fte, die spielend durch bl?hende Hecken streichen, und nicht das liebliche Gezwitscher der heimgekehrten Schwalben, die unter gastlichem Dach ihre Nester bauen. Fr?hling im Bergwald! Das ist Brausen und Sausen, Toben und Donnern, Sturm und Tod. ?ber dem Bergwald liegt der Winter wie ein grauenhafter Riese, und der Fr?hling, der ihn scheuchen will, muss kommen als ein gewaltiger Held, muss t?ten und zerst?ren, bevor er bauen kann und neues Leben wecken aus eisigem Schlaf.
Hoch in den steilen Felsen krachen ohne Unterlass die st?rzenden Lawinen, ?ber die Halden f?hrt der st?rmende F?hn mit dumpfem Sausen, mit seinem heissen Atem schnaubt er ?ber den schwindenden Schnee, im Walde packt er die alten m?chtigen Fichten und r?ttelt sie, dass sie erbeben in ihrem Mark. Und was sie tragen an morschem Gezweig, das bricht er ab von ihnen und f?hrt es davon in jagendem Wirbel. Ein Rieseln und Gurgeln, immer und ?berall, auf jedem Hange bildet sich ein springender Bach, ?ber alle Felsen pl?tschern die Wasser, zu denen der Schnee zerschmolzen, alle Wurzeln umsp?len sie und sammeln sich zum tobenden Giessbach, der den Bergwald s?ubert von allem Unrat, jeden kranken, schwachen Baum zerschmettert und nur bestehen l?sst, was stark ist und gesund. Die Felskl?tze, die der Winterfrost von der Steinwand sprengte, kommen ins Wandern, wenn der Schnee zerrinnt; sie st?rzen und sausen nieder durch den Bergwald in dr?hnenden Spr?ngen, mit Krachen und Schmettern, und wo sie im Sturz die Erde treffen, da pfl?gen sie den Grund, damit der ?berwinterte Same, den der Lenzwind ausweht, im Boden die frische Narbe f?nde.
In diesem Rauschen und Brausen, inmitten dieses Fr?hlingskampfes gegen den Winter, wandert ein einsamer Mensch.
R?stigen Ganges, mit halblauter Stimme ein Lied singend, schreitet er ?ber den vom Schnee schon halb entbl?ssten Almenhang: eine schlanke, knochenfeste Gestalt; ein junges Antlitz mit blitzenden Augen und einem lachenden Mund, den der Flaum des blonden Bartes umkr?uselt. In eisenbeschlagenen Bundschuhen stecken die nackten F?sse; Str?mpfe aus ungegerbtem Rehfell, die Haare nach innen gewendet, umschliessen die Waden; aus der kurzen, verwitterten Lederhose ragen die nackten Knie hervor, die aus braunem Erz gegossen scheinen. Ein grobes Hemd und ein aus zottigem Loden geschnittenes Wams umh?llen den straffen K?rper. ?ber dem krausen Blondhaar tr?gt er die pelzverbr?mte Lederkappe mit der Adlerfeder, am G?rtel ein kurzes Weidmesser und den kleinen Bolzenk?cher, hinter dem R?cken die plumpe Armbrust mit fingerdicker Sehne, und in den H?nden f?hrt er das lange, >Griesbeil<: den mit scharfem Stachel und eisernem Haken versehenen Bergstock. Es ist Haymo, der Klosterj?ger, der dem Propste Heinrich von Berchtesgaden die Hirsche, Gemsen und Steinb?cke h?tet.
Vor Wochen schon, da der Schnee noch tief lag und im Marsche kaum zu ?berwinden war, hatte Haymo die J?gerh?tte bezogen, hoch ?ber dem gr?nen K?nigssee, in einem weiten Felstal, dem die roten Marmorw?nde, die es rings umschliessen, den Namen gaben: >In der R?t<.
Vom Morgen bis zum Abend, t?glich, machte Haymo seinen Hegergang; das war f?r ihn eine harte Zeit; er durfte keine Stunde rasten, musste die Augen offen halten den ganzen langen Tag. Der strenge Winter hat das Wild vertraut und zahm gemacht, und die Raubsch?tzen haben leichte Arbeit; in grossen Rudeln ziehen die Hirsche schon fr?h am Abend auf die offenen Almen und erst am sp?ten Morgen wieder zu Holz; die Gemsen stehen tief im Bergwald, und sogar die scheuen Steinb?cke trieb der Winter aus ihren unwegsamen Felsrevieren in die N?he der verlassenen Almh?tten. Da galt es, unerm?dlich Wache zu halten, denn gerade dieses seltene, edelste Wild war von den Raubsch?tzen am meisten bedroht.
Ein >Stainpokh< ist wie eine wandelnde Apotheke; die gerippten H?rner, die Hornschalen der L?ufe, das getrocknete Blut, das im Volksmund >Schweissbluh< genannt wurde, und besonders die >Herzkhreizl<, jene kleinen knochen?hnlichen Gebilde, die im Herzen des erlegten Tieres gefunden werden, alles an ihm ist wunderbare, heilsam wirkende Arznei, die von Herren und Bauern mit teurem Gelde bezahlt wird. Wohl standen schwere Strafen auf der Erlegung solch eines Wildes: Kerker und Peitsche, Verlust der rechten Hand, sogar der Tod -- doch der hohe Gewinn verlockte zum Raub, und so kam es, dass Haymo schon in der ersten Woche seiner Hegezeit den Abgang zweier Steinb?cke vermerken musste. Als unwiderlegbare Zeugen des geschehenen Raubes hatte er im Schnee die Schweissf?hrten der erlegten Tiere und die Fussspuren des R?ubers gefunden, die sich im tieferen, schneefreien Bergwald verloren. Als zu Ende der Woche ein Laufbube des Klosters dem J?ger frischen Mundvorrat gebracht hatte, schickte Haymo mit dem Buben diese schlimme Nachricht hinunter ins Tal, in banger Sorge, wie Propst Heinrich, der an seinem Weidgehege und besonders an dem edlen Steinwild eine ritterliche Freude hatte, diese Botschaft aufnehmen w?rde.
Und die ganze folgende Woche g?nnte Haymo sich keine Ruhe mehr, in der Nacht kaum einen kurzen Schlaf, und es war ihm nicht zu verdenken, dass ein zornflammendes Wort von seinen Lippen fuhr, so oft er in seinem ?den Bergrevier die F?hrte eines menschlichen Fusses sp?rte. Nur eine Gesundheit, so eisern wie die seine, konnte diese aufreibenden Strapazen ?berdauern. Wenn er nach tagelangem Marsche heimkehrte in seine Blockh?tte, lag ihm die bleierne M?digkeit in allen Gliedern; er brauchte sich nur auf sein Lager zu werfen, und es fiel ?ber seine jungen Augen ein traumloser, fester Schlaf, der ihn erquickte, obwohl er nur wenige Stunden w?hrte.
Haymo hatte sich, um in diesem schweren Schlummer das erste Grau des Morgens nicht zu verschlafen, einen Wecker erfunden. Er band sich mit einer Lederschnur einen schweren Stein an den Arm und legte, wenn er sich auf die Wolfsdecke streckte, dieses Steinst?ck so lose auf die Holzkante seines Lagers, dass es bei der leisesten Ersch?tterung zu Boden fiel. So oft dann Haymo im Schlummer sich bewegte, weckte ihn der fallende Stein. Lag in der H?tte, wenn er erwachte, noch die finstere Nacht, dann richtete Haymo den Wecker wieder und schlummerte weiter. Doch wenn er sah, dass draussen vor dem kleinen Fenster die Sterne zu erblassen begannen, sprang er auf, wusch sich am rinnenden Quell, dessen eiskaltes Wasser vor der H?tte gurgelte, nahm sein karges Fr?hmahl ein und wanderte hinaus in den vom F?hn durchsch?tterten Fr?hlingsmorgen.
Noch waren die N?chte kalt, und es w?hrte immer eine Weile, bis Haymo das Fr?steln aus seinen Gliedern brachte. Der rasche Gang auf beschwerlichem Wege machte sein Blut lebendig, frische R?te f?rbte wieder seine jungen Wangen, und seine Augen blitzten hell wie Wasser, in das die Sonne scheint.
Je wilder ihn die Fr?hlingsst?rme umrauschten, desto freier und wohler wurde ihm zu Mut. Und wenn sich der Morgen, an dem er das zu Holze ziehende Wild nicht st?ren und scheuchen durfte, zum vollen Tage wandelte, sang der J?ger, um der in seinem Innern treibenden Lebenskraft einen Ausweg zu schaffen, mit hallender Stimme ein Lied in den Fr?hlingsbraus und der steigenden Sonne entgegen, die mit ihrem funkelnden Gold die schneebedeckten Kuppen der Berge ?berschmolz. Doch wenn die Sorge, die ihn seit Tagen bedr?ckte, wieder sein Herz beschlich, wurde er schweigsam, stieg lautlos empor von H?he zu H?he und schickte die sp?henden Augen in die Runde.
Da hatte er nun wieder einen schweren Tag hinter sich. Auf dem Heimweg zur H?tte begann er die Erm?dung hart zu sp?ren; in diesem tobenden Sturm, in diesem Schnee und rinnenden Gew?sser war es kein Marsch zu nennen, den er gemacht, vielmehr ein Kampf um jeden Schritt. Wohl d?mmerte schon der Abend, aber solange noch ein Schimmer von Licht ?ber den Halden schwebte, durfte er nicht an die Heimkehr in seine H?tte denken. Auf hoher Bergrippe wollte er den Anbruch der Nacht erwarten.
Als er die H?he betrat, winkte ihm, scharf abgehoben vom rotgl?henden Abendhimmel, ein m?chtiges Kreuz entgegen; ein D?chlein war dar?ber gespannt, in den Querh?lzern staken die N?gel, aber das Bild des gekreuzigten Erl?sers fehlte; die frommen Almbauern hatten es im Herbste vom Kreuz genommen, damit es nicht leiden m?chte von der Unbill des Winters, von Schneedruck und Lawinen.
Haymo zog die Kappe und sprach ein Gebet. Dann liess er sich zu F?ssen des Kreuzes nieder, lehnte sich an den Stamm, verschlang die H?nde hinter dem Nacken und blickte still umher mit m?den Augen, die sich schon dem Schlummer entgegensehnten. In kurzen St?ssen, bald sich d?mpfend, bald wieder aufbrausend mit verst?rkter Macht, sauste der F?hn ?ber ihn weg.
Gegen die steilen Felsw?nde zog sich ein mehr als hundertj?hriger, von St?rmen und Lawinen stark gelichteter L?rchenwald empor, dem die N?he des Kreuzes seinen Namen gegeben; er hiess der >Kreuzwald<. An manchem Morgen war Haymo schon zu diesem Wald hinaufgestiegen, um den ersten Balzruf des Auerhahns zu erlauschen. Aber der stolze, einsiedlerische Vogel, dieser gefiederte Liebess?nger der Berge, mochte den Fr?hlingsmorgen noch zu frostig finden, um den Sang seiner heissen Liebe zu beginnen. Zur Linken der Kreuzh?he breitete sich das weite Felstal, an dessen jenseitiger Grenze, von einzeln stehenden Fichten ?berschattet, die Blockh?tte des J?gers stand und daneben das gr?ssere Balkenhaus, in welchem Herr Heinrich und der Klostervogt zu n?chtigen pflegten, wenn sie pirschen kamen. Und diesem Tal zu F?ssen dehnte sich der m?chtige Bergwald, der das vom Schnee schon v?llig entbl?sste Almenland umschloss und sich niedersenkte in die Tiefe, in welcher der See gebettet lag.
Haymo konnte den See nicht gewahren, auch nicht das weite Klosterland im Tal. Die tiefer liegenden Bergr?cken wehrten seinem Auge den Niederblick. Aber ringsumher in weiter Runde bot sich ihm ein Bild von wundervoller Sch?nheit. ?bergossen von der roten Glut der sinkenden Sonne, ragten die gewaltigen Schneeberge empor ?ber das dunkle Meer der W?lder: dem J?ger zur Linken die wilden Tauern, die beiden Riesenzacken des Wazmann und die Schrofen der Wazmann-Kinder, zur Rechten der stolze, unwegsame G?hl, und in der Ferne, von bl?ulichem Schattenduft umwoben, stiegen die scharfgezahnten Lattenw?nde und die plumpen Massen des Untersberges in den golddurchleuchteten Abendhimmel. Wenn auch der F?hn mit Brausen alle L?fte f?llte, so tr?bte doch kein W?lklein den fr?hlingsklaren Himmel; um die Zinnen der Berge flatterte keine Nebelflocke, und ohne Dunst und Schleier lag das tiefere Gel?nd.
Unter langen Atemz?gen hob sich Haymos Brust; bei dem stillen Schauen, mitten in Sturm und Wehen, befiel es ihn wie tr?umender Halbschlummer. Dann j?h erwachte er und fuhr betroffen auf, beinahe ber?hrt von abergl?ubischem Schreck.
Ein junges M?dchen stand vor ihm, mit grossen, staunenden Augen.
Er hatte den Hall ihres Schrittes nicht vernommen, hatte sie nicht emportauchen sehen ?ber den Rand der H?he. Sie stand vor ihm wie aus den L?ften getreten. In ihrem zarten Wuchs, mit dem blassen, fein geschnittenen Gesicht und mit den tiefen R?tselaugen, umflattert von den schwarzen Str?hnen des gel?sten Haars, und in dem d?nnen roten Rock, den der Sturmwind peitschte, war sie einer jener Elfen zu vergleichen, die in den Tiefen der Berge hausen und zuweilen an das Licht der Erde steigen, um ein Menschenkind zu begl?cken mit ihren Gaben.
Und sie trug auch ein K?rbchen in der kleinen Hand. Was es wohl bergen mochte? Funkelndes Geschmeide, Perlen, edle Steine?
Haymo f?hlte, wie ein leiser Schauer ihn durchrann. Nun aber musste er l?cheln. Denn des M?dchens plumpe Schuhe und die ?rmlichen Lappen des Gewandes hatten wenig Elfenhaftes. Haymo erhob sich. >>Dirn? Was willst du hier?<<
Sie schwieg und betrachtete ihn noch immer mit einem halb scheuen, halb traulichen Blick.
>>Dirn! Woher kommst du?<<
>>Von dort!<< sagte sie mit einer leisen, weichen Stimme und deutete nach der steilen Schneehalde, die sich hoch ?ber dem Wald gegen die starre Felswand emporzog.
>>Von dort?<< wiederholte Haymo und ?berflog mit ungl?ubigem Blick die zarte Gestalt des M?dchens. Dort oben war es ein m?hsames und gef?hrliches Gehen. Ein falscher Tritt auf dem von Tauwasser und F?hnwind glattgewaschenen Schnee, und es ging bergab in sausender Fahrt. Wohin? Das blutige Bild, das Haymo auf diese stumme Frage vor seinen Augen auftauchen sah, weckte ein bedr?ckendes Gef?hl in seiner Brust, und er sagte: >>Dirn! Das war ein b?ser Weg. Sei froh, dass du heil zur?ck bist.<<
Sie sch?ttelte den Kopf und lachte -- ein hell klingendes Kinderlachen.
>>Aber was hast du nur da droben gesucht?<<
>>Schneerosen,<< sagte sie und l?ftete den Deckel an ihrem K?rbchen, das zur H?lfte angef?llt war mit jenen zarten, weissen Bl?ten, die so sch?n und auch so kalt sind wie ein Wintermorgen. Dann wieder blickte das M?dchen l?chelnd zu dem J?ger auf. >>Es war eine rechte Plag! Seit dem Morgen bin ich auf den F?ssen und hab doch kaum so viele Blumen gefunden, dass sie reichen f?r ein kleines Kr?nzl. Wir sind schon sp?t im Jahr, die meisten St?ck haben schon verbl?ht.<<
>>F?r wen geh?ren die Rosen?<<
>>F?r das Grab unseres lieben Herrn. ?bermorgen ist Charfreitag.<<
Eine Weile schwiegen die beiden. Haymo blickte zu dem leeren Kreuz empor; dann wieder sah er in die Augen des M?dchens und fragte: >>Wer bist du?<<
>>Ich bin die Gittli! Und du?<<
>>Der Klosterj?ger.<<
>>Der neue?<<
>>Ja! Und wo bist du zu Hause, Dirn?<<
>>Drunten im Klosterdorf.<<
Haymo erschrak. >>Aber Dirn! Wie willst du den Heimweg finden? Heut noch? Das ist ein Weg, den du nit wanderst in f?nf Stunden. Und es wird eine finstere Nacht.<<
>>Ich weiss eine Sennh?tt, von hier eine halbe Stund, dort will ich n?chten.<<
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