Read Ebook: La novela de un novelista by Palacio Vald S Armando
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Ebook has 1545 lines and 98141 words, and 31 pages
Robinson in Australien.
Ein Lehr- und Lesebuch f?r gute Kinder.
von Amalia Schoppe, geborne Weise.
An meine jungen Leser und Leserinnen.
Der Geber alles Guten sei mit Euch Allen, meine geliebten Kinder.
#Amalia#.
Der neue Robinson.
Erstes Kapitel.
Viele von Euch, meine geliebten Kinder, werden schon einmal von der grossen Handelsstadt Hamburg geh?rt haben. Sie liegt an einem herrlichen Flusse, der Elbe, die hier schon eine Meile breit und ihrem Einflusse in die nur zw?lf Meilen von Hamburg entfernte Nordsee nahe ist.
In dieser grossen Welt- und Handelsstadt giebt es viele pr?chtige Pal?ste, dagegen aber auch eine Menge enger Gassen und kleiner H?user; ja, ein Theil der Bev?lkerung wohnt sogar unter der Erde in sogenannten Kellern, tr?ben, feuchten Wohnungen, in die das goldene Tageslicht nur sp?rlich f?llt, wesshalb auch die Bewohner derselben in der Regel bleich und kr?nklich aussehen. Denn eben die Sonne, welche den duftigen Kelch der Rose f?rbt, f?rbt auch die Wangen der Menschen.
Die H?lfe Anderer anzusprechen, davor w?rde sich Frau Robinson gesch?mt und weit lieber den bittersten Hunger, als das dem?thigende Gef?hl ertragen haben, von der Gnade anderer Menschen abh?ngig zu sein. Denn sie hatte einst bessere Tage gesehen und geh?rte durch ihre Geburt einer Nation an, die sich in der Regel durch einen edlen Stolz auszeichnet: Der englischen n?mlich.
Der Ruf von strenger Redlichkeit, den sich Capitain Elliot erworben hatte, kam auch seinem Schwiegersohne Robinson zu Gute; denn kaum hatte Elliot, in Folge einer langwierigen Krankheit, seine Augen geschlossen, so trugen die Rheder der Fortuna seinem Schwiegersohn die F?hrung des herrlichen Schiffes an. Mit Recht schloss man, dass der ein Biedermann sein m?sse, dem Capitain Elliot seinen besten Schatz, die einzige geliebte Tochter, zum Eigenthume gegeben hatte.
So stand also Capitain Robinson nach dem Tode seines Schwiegervaters als Befehlshaber und F?hrer auf dem Verdeck der Fortuna und zwar unter noch g?nstigeren Aussichten, als der wackere Elliot: die Rheder hatten ihm einen Antheil an dem Gewinne zugesagt und wenn die Gesch?fte nur einigermassen gingen, so konnte der junge Capitain in einigen Jahren ein wohlhabender Mann sein.
Dass er das werden w?rde, dazu hatte es den besten Anschein. Er brachte zu einer sehr gelegenen Zeit eine Ladung Gew?rze von den molukkischen Inseln bei Asien und der Gewinn war f?r die Rheder so bedeutend, dass eine Summe von 10,000 Mark, etwa 4000 Thaler preussisch f?r den th?tigen und umsichtigen Robinson abfiel. Dieses Verm?gen vermehrte sich noch im Laufe einiger Jahre und man durfte glauben, dass unser Capitain binnen Kurzem ein reicher Mann sein w?rde.
Wenn ihm diese Aussicht eine erfreuliche war, so war dies mehr um seine liebe Frau und sein einziges S?hnchen William, als weil er den Reichthum an und f?r sich sch?tzte. Diesen beiden Geliebten eine angenehme, sorgenlose Existenz verschaffen zu k?nnen, der Gedanke war es, der seine Seele mit Freude erf?llte und ihn ohne Murren den gr?ssesten Gefahren trotzen liess.
So hatte Robinson schon f?nf bis sechs Reisen mit der Fortuna gemacht und auf jeder derselben bedeutende Vortheile f?r die Rheder und sich selbst erzielt, als der Vorsteher des Hauses, ein eben so braver als geschickter und vorsichtiger Kaufmann, starb. Zwei S?hne, die zum Kaufmannsstande erzogen worden waren, erbten sein Verm?gen und seine weltber?hmte Handlung. Allein des Vaters Geist ruhte nicht auf ihnen: sie wollten noch reicher werden, als sie ohnehin schon waren, liessen sich auf grosse Speculationen ein und, da diese missgl?ckten, sahen sie sich nach Verlauf einiger Jahre um all ihr Erbgut gebracht. Ihnen blieb fast nichts mehr ?brig, als die Fortuna, das seither vom Capitain Robinson gef?hrte Schiff.
Aber auch dieses Besitzthum war im Grunde nur noch ein eingebildetes; denn die Fortuna war durch die Reihe von Jahren, die sie See gehalten hatte, so morsch und schadhaft geworden, dass Capitain Robinson erkl?rte: es hiesse das Leben seiner Matrosen und sein eigenes auf's Spiel setzen, wenn er noch eine Reise damit machte, und aus diesem Grunde verweigerte er es geradehin.
Man kann sich vorstellen, wie ungelegen eine solche Erkl?rung den beiden jungen Rhedern kam, besonders in diesem Augenblick, wo sie fast ihre letzte Hoffnung auf die Fortuna gesetzt hatten. Sie liessen auch nicht mit Bitten und Vorstellungen nach, bis sie Robinson dahin vermocht hatten, noch eine Reise mit der Fortuna zu machen, nachdem diese nothd?rftig ausgebessert worden war.
Es war ein sehr tr?ber Abend, als der Capitain Abschied von seiner lieben Anna und seinem S?hnchen William nahm, um sich an den Bord der Fortuna zu begeben. Zum ersten Male in seinem Leben empfand er eine Anwandlung von Furcht; zum ersten Male, seitdem er in das Mannesalter getreten, dr?ngte sich ihm eine Thr?ne zwischen die Wimpern, als er seine Frau und sein Kind umarmte, indem er Abschied von ihnen nahm. Auch sie konnten sich diesmal nicht von ihm losreissen; auch sie hingen laut schluchzend an seinem Halse und bedeckten ihn mit ihren Thr?nen und K?ssen: allen dreien war, als g?lte es einen Abschied auf immer.
Aber es musste doch geschieden sein und fr?h am andern Morgen, mit Anbruch des Tages, segelte die Fortuna die Elbe hinab. Ein frischer Ostwind schwellte ihre weissen Segel und da sich die Ebbe mit dem g?nstigen Winde vereinte, erreichte die Fortuna schon nach wenigen Stunden die Nordsee bei Cuxhafen. An diesem Orte nahm Capitain Robinson, wie es gebr?uchlich ist, Lootsen an Bord, die ihn durch die gef?hrlichen Stellen bis in die offene See f?hren mussten, wo er selbst sein Schiff zu lenken verstand.
Das thaten auch die Lootsen der Fortuna. Beim Scheiden h?ndigte Capitain Robinson denselben noch einen Brief an seine liebe Frau mit dem Befehl ein, ihn in Cuxhafen auf die Post zu geben, und er kam der Madame Robinson auch richtig zu H?nden. Ach! er sollte das letzte Lebenszeichen sein, das die arme Frau von ihrem geliebten Manne erhielt!
Zwar war die Fortuna noch in dem Hafen von Vera Cruz eingelaufen und hatte daselbst eine Ladung an Bord genommen, mit der Robinson nach Hamburg zur?ckkehren wollte; allein seit dem Augenblick, wo man die Fortuna von diesem Hafen aus dem Gesichte verlor, wurde nichts weiter von ihr gesehen noch geh?rt. Aller Wahrscheinlichkeit nach war also das Schiff gesunken, indem es, alt und morsch wie es war, zu viel Wasser gesch?pft hatte.
So vergingen sechs Monate, ohne dass Frau Robinson etwas von ihrem lieben Manne, die Rheder etwas von der Fortuna h?rten und jetzt fing man an, sich erst leisen, dann immer heftigeren Besorgnissen hinzugeben. Endlich waren neun Monate, dann ein rundes Jahr verstrichen und die Fortuna war noch immer nicht in den Hafen eingelaufen. Da konnte die arme Frau nicht l?nger an ihrem Ungl?ck zweifeln: ihr geliebter Mann war auf der See geblieben und sie sollte ihn nie wieder sehen!
Ihr Schmerz war grenzenlos und sie brachte Tag und Nacht fast nur mit Weinen zu. Ihr einziger Trost war der kleine William, der ganz das Ebenbild seines guten Vaters und ein sch?ner, freundlicher Knabe war. Wenn er die Mutter weinen sah, umschlang er ihren Hals mit seinen beiden Aermchen und bat: >>Gute Mutter, weine doch nicht! Ich will auch ganz artig sein und Dir und dem lieben Vater keinen Kummer machen!<< Wenn er aber das sagte, dann weinte die Mutter noch heftiger und er endlich mit ihr.
Einen solchen Bancerott machten nun die jungen Kaufleute und da der Kapitain Robinson ihnen all sein erworbenes Geld anvertraut hatte, ging es mit verloren. Frau Robinson erhielt von dem Vielen, das man ihr schuldete, nur eine sehr geringe Summe ausbezahlt und von dieser war schon nach einem Jahre kein Heller mehr ?brig, da die Arme durch den erlittenen grossen Kummer in eine schwere Krankheit verfallen war, die ihre letzten H?lfsmittel aufzehrte.
Endlich durch die H?lfe der Aerzte von dieser Krankheit wieder genesen, sah sich die arme Frau aller H?lfsmittel f?r ihre eigene und ihres Kindes Existenz beraubt. Sie musste also darauf denken, durch Arbeit ihren Unterhalt zu verdienen und so suchte sie eine ihren Kr?ften und F?higkeiten angemessene Besch?ftigung. Man kam ihren W?nschen freundlich entgegen und gab ihr feine W?sche zum N?hen. Sie verrichtete diese Arbeit eine Zeitlang mit grossem Fleisse und der ihr eigenth?mlichen P?nktlichkeit; allein zu ihrem nicht geringen Erschrecken entdeckte sie, dass ihre Augen nicht mehr recht dienen wollten und sie sie theils durch das viele Weinen, theils durch die feine die Sehkraft allzusehr anstrengende Arbeit g?nzlich verdorben hatte. Sie befragte jetzt einen Arzt und dieser erkl?rte ihr, dass, wenn sie nicht g?nzlich erblinden wolle, sie die feine Arbeit ganz aufgeben und eine andere Lebensweise ergreifen m?sse.
>>Wovon soll ich aber?<< rief die arme Frau bei dieser Erkl?rung im h?chsten Grade erschrocken aus, >>mich und mein armes Kind in Zukunft ern?hren? Sie werden wissen, lieber Herr Doktor,<< f?gte sie mit einem schweren Seufzer hinzu, >>dass ich meinen geliebten Mann und zu gleicher Zeit auch das von ihm erworbene Verm?gen verloren habe, folglich durch Arbeiten Brod f?r mein Kind und mich erwerben muss.<<
>>Wohl weiss ich das, liebe Madame Robinson,<< erwiederte ihr der Arzt, der ein vortrefflicher Mann und ein wahrer Menschenfreund war; >>aber ich muss trotz dem bei meinem Ausspruche beharren und Sie dringend ermahnen, f?r die Folge ihres Lebens allen feinen, die Augen anstrengenden Arbeiten zu entsagen.<<
>>So w?rde mir nichts weiter ?brig bleiben, als mein Kind an die Hand zu nehmen und von Haus zu Haus betteln zu gehen,<< sagte sie, indem ein Strom von Thr?nen ihr ?ber die bleichen Wangen schoss, >>und das Herr Doktor, verm?chte ich nicht. Lieber sterben, als betteln!<<
>>Kommen Sie morgen um dieselbe Stunde wieder zu mir,<< sagte der Arzt nach einem kurzen Nachdenken. >>Ich will die Sache mit meiner Frau ?berlegen; sie ist wohlmeinend und verst?ndig; ich hoffe, sie wird uns irgend einen Ausweg zeigen k?nnen, und was an mir liegt, so k?nnen Sie auf mich rechnen; so weit es meine Kr?fte erlauben, will ich Ihnen beistehen. Ich bin leider noch ein junger Arzt und besitze kein eigenes Verm?gen; auch ist meine Praxis noch klein, sonst w?rde ich gewiss mehr thun, als ich jetzt werde thun k?nnen. Sorgen Sie indess weder f?r die Bezahlung meiner ?rztlichen Bem?hungen, noch f?r die Medicin und wenden Sie die Ihnen von mir verschriebenen Medicamente sorgf?ltig an.<<
Er reichte ihr bei diesen Worten zum Abschiede die Hand und die arme, grambeladene Frau kehrte in ihre bescheidene Wohnung zur?ck. Am andern Morgen war sie wieder bei ihrem zur H?lfe willigen Freunde. Dieser schien sie schon erwartet zu haben und f?hrte sie zu seiner Frau, die sie zu sich auf den Sopha lud und sie auf das Liebevollste und Zuvorkommendste empfing. Gute und gef?hlvolle Menschen sind stets am h?flichsten gegen Ungl?ckliche; niedere Seelen dagegen kriechen vor Reichthum, Ansehen und Macht. Wenn ich Personen hart und unh?flich mit Leidenden, in ihrem Verm?gen Heruntergekommenen umgehen sehe, dann habe ich gleich keine gute Meinung weder von ihrem Herzen, noch von ihrem Verstande.
Die gute Frau Robinson glaubte die Stimme eines Engels zu h?ren, als sie diese Worte vernahm. Es fehlte nicht viel, so w?re sie der trefflichen Frau zu F?ssen gefallen, um ihr zu danken, wie es ihr Herz ihr gebot; sie hatte kaum Worte, nur Thr?nen.
>>Nicht wahr,<< fragte ihre Wohlth?terin ger?hrt, >>nicht wahr, Sie gehen auf meinen Vorschlag ein und mein Mann macht noch heute die Sache mit dem Hauswirthe richtig, damit uns kein Anderer zuvorkomme?<<
>>O, wenn Sie die G?te haben wollten!<< stammelte Frau Robinson, indem sie die H?nde der Trefflichen ergriff. Sie wollte mehr sagen, vermochte es aber vor R?hrung nicht.
>>Die Sache ist so gut wie abgemacht,<< entgegnete ihr diese, >>und jetzt, ich bitte Sie, beruhigen Sie sich, regen Sie sich nicht zu sehr auf,<< f?gte sie liebevoll hinzu; >>mein Mann behauptet, dass Sie solche Gem?thsbewegungen nicht gut ertragen k?nnen, und namentlich Ihren Augen dadurch schaden w?rden.<<
Frau Robinson ging jetzt und schon nach acht Tagen bezog sie mit ihrem lieben William die neue Wohnung und trat ihr neues Gesch?ft an.
Zweites Kapitel.
Drei Jahre hindurch verlebte Frau Robinson, wenn auch nicht in Gl?ck und Freude -- denn noch immer konnte sie sich nicht ?ber den Verlust ihres Mannes tr?sten -- doch in Friede und ohne allzuschwere Sorge in dem ihr von dem wackern Arzte gemietheten Hause. Das Gesch?ft war leicht und nicht eben unangenehm und William, der jetzt zw?lf Jahre alt geworden war, ging ihr in seinen Musestunden so wacker dabei zur Hand, als w?re er noch einmal so alt gewesen. Er war ein ?beraus sinniger und verst?ndiger Knabe, der auf Alles Acht gab und schnell diesen und jenen ihm gezeigten Handgriff begriff. In der Schule, die er fast unausgesetzt besuchte -- so wollte es seine verst?ndige Mutter -- liebten ihn die Lehrer und seine Mitsch?ler, weil er gegen erstere stets ehrerbietig, gegen die letzteren h?lfreich und freundlich war. Man konnte ihn freilich nicht eben einen grossen Kopf nennen, und ein Licht der Gelehrsamkeit w?rde wohl schwerlich, selbst bei dem besten Unterrichte, aus ihm geworden sein; allein er war fleissig, sinnig und ein h?chst verst?ndiger Knabe, der zu mechanischen Arbeiten eine grosse Neigung hatte; auch wollte er, wie er sagte, entweder ein Tischler oder Drechsler werden und die Mutter hatte nichts dagegen, dass er ein Handwerk ergriffe.
Die edle Familie, welche sich der Frau Robinson in der Zeit ihrer Noth so menschenfreundlich angenommen, hatte indess seit l?nger denn einem Jahre Hamburg verlassen, indem der junge Arzt einem ehrenvollen Rufe nach Russland folgte, wo er bei der Armee als Stabsarzt angestellt wurde. Er hatte n?mlich das Gl?ck gehabt, einem reisenden, sehr reichen und vornehmen Russen, einem Prinzen, durch seine grosse Geschicklichkeit und Sorgfalt das Leben zu retten. Als dieser heimgekehrt war, empfahl er dem Kaiser seinen Erretter so dringend, dass man den geschickten Mann unter den gl?nzendsten Bedingungen nach Russland berief, wo er in der Folge eben so reich als angesehen wurde.
Durch diesen Zufall hatte Frau Robinson ihre grossm?thigen Besch?tzer verloren, und so gl?cklich es f?r diese war, so ungl?cklich war er f?r die arme Frau. Kurz nach der Abreise der Beiden fiel es einem Speculanten ein, die kleinen H?user, wovon Frau Robinson das eine bewohnte, zu kaufen, sie bis auf den Grund niederreissen und an deren Stelle grosse, prachtvolle H?user erbauen zu lassen, und da er dem Besitzer der kleinen Wohnungen eine ansehnliche Summe bot, war man des Handels bald einig. Frau Robinson musste also ihre bisherige Wohnung, in der es ihr so wohl ergangen war, verlassen und sich nach einer andern umsehen. Da sie in der Gegend als eine redliche und zuverl?ssige Frau bekannt war und f?rchten musste, ihre Kundschaft zu verlieren, wenn sie in einen andern Theil der sehr grossen Stadt z?ge, sah sie sich in der N?he ihrer bisherigen Wohnung nach einer andern um. Allein die H?user waren zum Theil so gross und die Miethe so theuer, dass ihr endlich nichts weiter ?brig blieb, als einen eben frei werdenden Keller zu miethen.
Dies war ein enger, trauriger und d?sterer Aufenthalt; nur auf wenige Augenblicke fiel ein Sonnenstrahl in das kleine, dumpfe St?bchen und die noch kleinere Schlafst?tte entbehrte sogar g?nzlich des lieben Tageslichts. Indess musste man sich doch noch gl?cklich sch?tzen, diese Wohnung um einen m?ssigen Preis erstanden zu haben und Williams Umsicht und Liebe wusste sie zu versch?nern.
An Sparsamkeit von Jugend auf gew?hnt, hatte er alle seine Schulhefte aufgehoben und beklebte mit dem dadurch gewonnenen Papier die nur mit Kalk beworfenen W?nde. Als er damit fertig und alles geh?rig getrocknet war, verschaffte er sich Farbe und einen Malerpinsel und strich die Papierw?nde so eben und gut mit einer hellen Farbe an, dass das Ganze wirklich ein recht freundliches Ansehen gewann. Dann zog er auch vor dem kleinen Fenster des St?bchens eine Menge Blumen, die er sich zu verschaffen gewusst hatte. Da er bei Allen beliebt war, gab ihm bald dieser, bald jener seiner Mitsch?ler ein h?bsches Pfl?nzchen oder auch nur einen Absenker und er verstand es so zu hegen und zu pflegen, dass es in kurzer Zeit freudig emporwuchs und Stengel, Bl?then und Blumen trieb. So oft er eine Stunde Zeit hatte, besch?ftigte er sich mit seinen Blumen, trug sie ins Freie hinaus, begoss und putzte sie und hatte seine herzinnige Freude daran, wenn die Blicke seiner lieben Mutter mit Wohlgefallen darauf ruhten.
An diesem Orte verlebte man so noch ein Jahr und es schien, als ob das Schicksal m?de geworden sei, die arme Frau Robinson zu verfolgen. Die alten Kunden blieben ihr getreu und der kleine Handel ging ganz so gut, wie vorher. Da, als man sich dessen nicht versah, miethete einer der ersten Fruchth?ndler der Stadt, ein Mann, der bereits durch diesen Handel reich geworden war, eins der neu erbauten H?user und etablirte sich in demselben, indem er einen Geh?lfen hineinsetzte. Alle nur erdenklichen Fr?chte und die Leckereien aller Zonen und Welttheile wurden hinter Spiegelfenstern zur Schau ausgestellt; in krystallenen Gef?ssen schwammen Forellen und Goldfische; hier gl?hten Orangen, Citronen und Apfelsinen; dort dufteten Ananasse, Melonen und Granat?pfel; von den k?stlichsten Trauben waren Guirlanden gebildet, K?se standen da in Ananasform; Kastanien, Rosienen, Mandeln u. s. w. bildeten den Hintergrund; kurz, Alles was nur Auge und Gaumen reizen konnte, war da und in der gr?ssesten F?lle.
Wie armselig nahm sich dagegen der Keller der Frau Robinson aus! Auch sah Keiner mehr auf denselben nieder, sondern die Blicke aller Vor?bergehenden wendeten sich auf das grossartige Etablissement in dem sch?nen Hause; Alles str?mte dahin, w?hrend der Keller fast g?nzlich ver?dete.
Dies war ein furchtbarer Schlag f?r die Vielgepr?fte und h?tte sie nicht Gott im Herzen gehabt, nicht ihm vertraut, so w?rde sie diesem neuen Ungl?cke vielleicht erlegen sein. Sie aber wandte Herz und Auge zum Himmel empor und sagte: >>Herr, in Deine H?nde lege ich mein Geschick: Du wirst wissen, wozu mir diese neue Pr?fung n?tz ist und Dein Kind nicht allzusehr pr?fen. Dein heiliger Wille geschehe im Himmel, wie auf Erden. Amen!<<
Trotz dieses frommen, unersch?tterlichen Vertrauens zu ihrem himmlischen Vater trat ihr aber doch eine Thr?ne in das Auge, wenn sie an die Zukunft ihres lieben Williams dachte. Denn die Zeit war nahe, wo er zu einem Meister in die Lehre gethan werden musste und dazu war vor allen Dingen Geld erforderlich. Woher aber dieses nehmen, da der Erwerb so schmal geworden, dass man an manchen Tagen sich kaum an trockenem Brode satt essen konnte? Wenn man den Keller h?tte verlassen und in einem andern Theile der Stadt eine andere Wohnung miethen k?nnen, so w?re vielleicht noch alles gut gegangen; allein das konnte man nicht, da man, in der Furcht, vielleicht von dem Hauswirthe in der Miethe aufgetrieben zu werden, den Keller auf Contract, das heisst, auf mehrere Jahre gemiethet hatte. Man musste also bleiben, wo man war und seinem v?lligen Ruin entgegensehen.
So standen die Sachen, als der Fruchth?ndler, welcher das grosse Haus gemiethet hatte, zur nicht geringen Verwunderung der Frau Robinson an einem Morgen zu ihr eintrat und sie fragte; ob sie geneigt sei, seinem Gesch?fte vorzustehen? wof?r er ihr eine billige Verg?tung geben, auch die Miethe f?r den Keller auf sich nehmen wolle.
Zu dieser Anfrage wurde er durch den Umstand veranlasst, dass er entdeckt hatte, wie der von ihm eingesetzte Geh?lfe ihn um bedeutende Summen betrogen. Er musste ihn also aus dem Dienste jagen und sich nach einer redlichen, auch mit dem Gesch?fte vertrauten Person umsehen. Man schlug ihm dazu Frau Robinson vor, deren Charakter man ihm sehr r?hmte, und da sie ?berdiess diese Art von Handel kannte, stand er nicht an, auf sie zu reflectiren.
Vergebens betheuerte ihm Frau Robinson, dass er dergleichen von ihrem William nicht zu bef?rchten habe: er blieb bei seiner Meinung und seinen Ansichten und verliess sie mit den Worten:
>>Ueberlegen Sie meinen Vorschlag: ich lasse Ihnen bis Morgen Mittag Zeit. Gehen Sie dann nicht auf denselben ein, so muss ich mich nach einer andern H?lfe umsehen.<<
>>Mutter,<< nahm William das Wort, >>liebe Mutter, Du solltest den Vorschlag des Herrn Berger nur annehmen, und Dir keine unn?thige Sorge um mich machen.<<
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