Read Ebook: Kurze Aufsätze by Kolb Annette
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Ebook has 195 lines and 11205 words, and 4 pages
KURZE AUFS?TZE VON ANNETTE KOLB.
M?NCHEN 1899. ZU BEZIEHEN DURCH ULRICH PUTZE, BRIENNERSTRASSE 8.
Bruckmann'sche Buch- und Kunstdruckerei, M?nchen.
INHALT.
Musikalisches:
DER ZUFALL?
Was giebt es unvermeidlicheres, berechneteres und dabei nat?rlicheres wie den Zufall?
Was ist abgefeimter und grausamer oder g?tiger? Wir k?nnen ihn weder anklagen, noch ihm danken. -- Nie k?nnen wir ihn ?berf?hren, ihm die Maske entreissen und sagen: >>Dies hast du gewollt und ?ber mich gebracht.<< -- Denn die nat?rlichste Verkettung der Dinge hat es herbeigef?hrt.
Was sollen wir mit diesem raffinierten Zufall anfangen, der unsere Schritte lenkt und doch nur als ein leerer Schleier in unsern H?nden bleibt? -- Am besten ist es wohl, ihm zu vertrauen; allein man lernt dies nur nach Jahren, und nach gepr?ften Jahren. Erst treibt es uns, ihn gewaltsam herbeizuf?hren, unsern Willen dem seinen gegen?berzustellen, und dann erst wird der Zufall so recht feindselig und allm?chtig!
Was h?ngt er nicht alles an eine Begegnung? Ob wir eine Minute fr?her oder sp?ter in diese Gasse bogen, mag ?ber eine unbeschreibliche Reihe von Ungl?ckstagen entscheiden -- sie von uns abwenden oder ?ber uns bringen.
Als ich in Paris anfing, mit dem Gedanken umzugehen, ich w?re am liebsten wieder zu Hause, erhielten wir eines Tages aus Marseille einen sorgf?ltig verpackten Schl?ssel und einen Brief. Es war ein Angebot, die Wohnung einer Dame zu beziehen, w?hrenddem diese im S?den weilte und ihr sch?ner Fl?gel wurde ganz besonders ger?hmt, aber wir machten von all dem keinen Gebrauch, denn es kam so vieles dazwischen.
Da plagte mich eines Morgens ein unverkennbares Heimweh. Wir wohnten in einer jener engen Strassen, die den Himmel versperren und die Menschen zusammendr?ngen wie auf einem Schiff. Draussen war es regnerisch und schw?l, und ich sehnte mich fort; da f?hlte ich zuf?llig unter meinen Fingern den Schl?ssel jener Wohnung, und um mich gewaltsam aus der Stimmung zu reissen, in der ich mich befand, machte ich mich zur Stelle auf den Weg nach diesem Hause. --
Als ich aber dort die ziemlich hochgelegene Wohnung betrat, lag sie in so rabenschwarzer Nacht, dass ich alsbald wieder hinunterging, um mir bei dem Concierge ein Licht zu verschaffen.
Dieser hatte indes seine Loge verlassen, und ohne auf ihn zu warten, z?ndete ich mir eine Kerze an und eilte wieder hinauf. --
Ich fuhr zur?ck -- wahrscheinlich zu rasch -- die Kerze verlosch! --
Was dies f?r mich bedeutete, war mir sofort klar. Denn ich hatte im unverantwortlichen und unbegreiflichen Leichtsinn die Z?ndh?lzer unten gelassen. --
Nie aber w?rde ich in dieser Finsternis die Hausth?re finden, und wenn ich sie f?nde, niemals unterscheiden -- den Weg zur?ck wusste ich nicht. Es waren so viele Zimmer gewesen und kein Gang. Alles ineinand geschachtelt, wie es in franz?sischen Wohnungen oft ist. Ich tastete nach dem Schl?ssel, aber der Schrecken hatte mir alle Erinnerung benommen. Ich fand ihn nicht mehr.
Mit den H?nden fuhr ich der Wand entlang bis zum Fenster, allein die L?den mussten einen eigenen Verschluss haben und schnitten mir in die Finger, ohne zu r?cken. Behutsam ging ich vorw?rts, vielleicht drang doch in irgend eine Kammer ein Schimmer von Licht und war von dort aus ein Zeichen m?glich, aber ?berall war Finsternis und Staubgeruch als l?ge ich tief unter der Erde.
Der Concierge w?rde den Leuchter kaum vermissen, den ich unter vielen andern aus seiner Loge fortnahm, keinesfalls aber auf mich geraten und die Meinen hatten keine Ahnung wohin ich gegangen war, denn als ich von Hause fortging war ich allein gewesen. -- So war zwar meine Rettung lange noch m?glich, noch gr?sser aber die Gefahr, dass ich hier verschlossen und vergessen bliebe.
Meine Wanderungen nach der Hausth?re begannen von neuem. Griffe ich sie, so wollte ich dort stehen und rufen. Allein ich fand sie nicht!
Es liess sich keine Th?re von der andern erkennen, kein Zimmer, keine Kammer. Einige waren versperrt. Wie in einer Falle irrte ich blind umher und wurde immer unf?higer, mich zu orientieren; denn von den R?umlichkeiten hatte ich die Verh?ltnisse nicht entnommen, und der Ausgangspunkt war mir l?ngs verloren.
So musste ich mich meinem Schicksal ergeben. Die Zeit verging, und wie rings um mich, so war es jetzt auch in meinem Herzen Nacht. Aber statt der Verzweiflung kamen mir da pl?tzlich Gedanken: Was f?r einen Sinn h?tte denn ein solcher Abschluss? Welche Deutung konnte ich meinem Tode abgewinnen?
In meinem Leben konnte ich nichts entdecken, aber dies Leben selbst erschien mir da merkw?rdigerweise wie ein arger Schuldbrief, und ich werde wohl nie mehr so tief und ruhig zu denken verm?gen, wie in jenem so hoch ?ber der Erde gelegenem Grab!
Wie sp?t es geworden sein mochte ahnte ich nicht. Immer wieder begannen meine finsteren Wanderungen, mein Tasten nach Th?ren und mein Rufen. Meine eigne Stimme versetzte mich in solche Angst, dass es wie wahnsinnig in meinen Schl?fen pochte. Den Hunger sah ich schon als meinen Gef?hrten, und heiss und blutig drang mir's nun ins Gehirn. -- Und wie bet?ubt stiess ich zuletzt gegen eine scharfe Kante und empfand etwas Kaltes unter meinen H?nden.
Daraus schloss ich, dass ich mich wieder in einem Zimmer befand, denn dies f?hlte sich wie ein marmorner Tisch. Ich fasste ihn mit der andern Hand: da durchzuckte mich j?h eine wilde, triumphierende Lebensfreude. Was da meine suchenden Finger ergriffen hatten, war -- eine Z?ndholzschachtel!
Zitternd fachte ich eines an und starrte jetzt auf ein gespenstiges Wesen, das mit hohlen Augen unvergesslich auf mich blickte.
Allein bevor die Angst noch ihre Klammern auf mich legen konnte, gewahrte ich den hohen Spiegel, vor dem ich stand, woran die schmale Marmorplatte angebracht war, an die ich stiess. Lange Kerzen stacken da in Kandelabern, und mechanisch z?ndete ich sie an; von meinem eignen Bilde keinen Blick verwendend, denn wie von einem Drama war ich hier gefesselt.
Das Entsetzen auf meiner Stirne, die trostlose Ergebenheit meiner Z?ge, die Todesahnung war auf meinem Gesichte geblieben. Obwohl ich mich gerettet wusste, immer starrte ich noch wie eine Verlorene.
Was hinter diesen weitge?ffneten Augen vorgegangen war, wusste ich so wohl, der schon wie eingefallene Mund, warum er so bitter geschlossen war, das herabgezogene Kinn, der zur?ckgehaltene Grimm. -- Und dabei war mir's als erschaute ich das Selbsterlebte nun zum erstenmale.
So blieb ich vor dem Spiegel gebannt, bis meine Augen sich verkleinerten und die Farbe, als sei nichts geschehen, sich allm?hlich wieder einstellte. --
Der Raum, in dem ich mich befand, war ein kleines Durchgangszimmer, und die Begebenheit so einfach und nat?rlich!
Es hatte hier jemand eine Schachtel Streichh?lzer vergessen. Weiter nichts!
Es war eben jener blinde und hundert?ugige Zufall, jener unberechenbare Stern, der ?ber unser Leben waltet und es erh?lt oder vernichtet.
Den Schl?ssel, die Th?r und den Weg ins Freie hatte ich nun bald gefunden; wieder hinab in das rege Paris.
Die Boulevards schimmerten im Abendrot, und die Knospen der B?ume waren nach dem Regen hold geschwellt.
DER FROSCH.
Ein Frosch sass im nassen Grase, befriedigt und wohl aufgebl?het, denn er hatte eben gespeist, und da ihm das Verschmauste wohl bekam, so f?hlte er sich nicht ungeneigt zu philosophieren, zwinkerte behaglich mit seinen feuchten Augen und dachte:
>>Was ist doch die Welt so seri?se! -- und machen sie alle so fatale Mienen, statt das Leben frisch zu nehmen wie es ist! Ich bin zufrieden, und mir geht es gut; auch nehme ich die Dinge wie sie kommen!<<
Und obwohl er schon zu viel gegessen hatte, schnappte er noch im ?bermute nach einer Fliege, die des Weges flog, und verzog dann sein breites Maul zu einem superiorem L?cheln: Es war doch wirklich alles zu dumm!
So hockte er froh an des Teiches Rand, blickte in die laue Luft und hiess die Weltordnung gut. Libellen hingen und schwirrten, dicke Waldschnecken schleppten sich fort, ein V?glein jammerte und eine hagere Katze schlich umher. Alles beobachtete und genoss der Frosch als heitrer Skeptiker und Bon-vivant und plumpste dann wieder in den Teich.
Von Tag zu Tag aber gedieh er, zum Verderben zahlloser M?ckchen, die enthusiastisch in der Sonne schillerten. -- Kein Wunder, wenn sich der Frosch da >>hatte<< und seine Lebensanschauung sich zu einem immer insolenterem System abrundete!
Und unumw?lkt floss sein Dasein dahin, denn jeder ist selbst seines Gl?ckes Schmied.
ADAM UND EVA.
Die Nacht senkte sich vor der Vertriebnen Augen, und nach harter Tagesm?he ruhten sie.
Trauer umfloss der Gefallenen Antlitz, und ob des Menschengeschlechtes drang eiserne Schwermut auf sie ein. Keine Thr?ne hatte noch das Weib; es barg und vertiefte sich das Weh der Erde in ihrem Schosse zur Melancholie, und wortescheu verblieb der Mann, als er sich hingewiesen sah an die harte, unbekannte Scholle, an die unerbittliche Sonne und dem s?ssen Mond; aber der Welt Zukunft und Not starrte in seinem Geist.
Dies Paar, ach! war der Atlas!
Das Echo seiner Qual durchdrang den hellen Sinn der Griechen, und eine Weltkugel w?lzten sie dem GOTTE auf die Schulter, allein ein Menschenpaar ist es gewesen, das einst die Last des Werdens kostete und trug.
LE REVENANT.
Une nuit je crus errer eu r?ve dans des si?cles pass?s, et je vis des hommes et des femmes dans leur vie journali?re. Je vis des enfants joner, un laquais endormi sur un si?ge, puis des fruits dans une coupe ?trange et soudain sur un balcon tremp? de pluie une jeune dame envelopp?e dans une grande robe rose et une mante noire.
Mon esprit alors fut pris d'un vertige! -- et sentant mon r?ve, je voulus m'en soustraire en le secouant; mais lui aussi-t?t, se faisant plus confus, devint si pesant, que le coeur oppress?, je le subis. --
Alors je me vis appuy? contre une fen?tre ? ogives ? la nuit tombante dans une salle. Brusquement tout au fond une porte s'entr'ouvrit, et un chien s'?lan?a, de ces beaux chiens de chasse! il s'arr?ta inquiet, les yeux flambants; puis d'un mouvement jeune et violent, fou de vie et de joie, il se retourna, se jeta vers la porte, et frappant le parquet bruyamment de sa queue, il attendit, guetta plut?t, pour s'?lancer sur un homme qui entrait. --
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