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Read Ebook: Singapore Malacca Java. Reiseskizzen von F. Jagor. by Jagor Fedor

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Ebook has 1227 lines and 114376 words, and 25 pages

SINGAPORE MALACCA JAVA.

~REISESKIZZEN

~ VON

F. JAGOR.

MIT VIERUNDZWANZIG FEDERZEICHNUNGEN.

BERLIN 1866.

VERLAG VON JULIUS SPRINGER.

MONBIJOU-PLATZ 3

Das Recht der Uebersetzung ist vorbehalten.

VORWORT.

Die Bilder sind nach Originalzeichnungen und Photographien des Verfassers ausgef?hrt, zum Theil von ihm befreundeten bedeutenden K?nstlern, die ihm mit der liebensw?rdigsten, uneigenn?tzigsten Bereitwilligkeit entgegengekommen sind; die Bilder zu S. 35, 36, 50, 54, 101 nach Photographien, die zu 129, 138, 215, 218, 226 nach Camera-lucida-Aufnahmen, so dass sie fast die Genauigkeit von Photographien haben. Die Schiffe zu S. 7 und 50 sind Dumont d'Urville's Atlas entnommen, die V?gel S. 198 und die Fledermaus 216 nach ausgestopften Exemplaren gezeichnet.

In der Unterschrift zur Zeichnung S. 210 lese man Bandjar-negara statt Wonosobo.

Inhalt.

Singapore.

~Erstes Kapitel.~ Seereise. -- Flaggensprache. -- Feuer an Bord. -- Gef?rbte See. -- Ankunft in Singapore 3.

~Zweites Kapitel.~ Rhede von Singapore. -- Junken. -- Prauen. -- Nipa-Palme. -- Rhizophoren. -- Palankinfahrt. -- Hindufest 9.

~Drittes Kapitel.~ Landhaus. -- Klima. -- Muskatnuss-Pflanzung. -- Europ?er. -- Fr?chte. -- Nahrungsmittel. -- Diener 17.

~Viertes Kapitel.~ Ueberblick der Stadt. -- Strassenleben. -- Reis. -- Chinesen. -- Malayen. -- Malayische Sprache 33.

~F?nftes Kapitel.~ Fischen mit Toba. -- Tiger. -- Termiten. -- Pfeffer. -- Gambir. -- Sago 54.

~Sechstes Kapitel.~ Opium 70.

~Siebentes Kapitel.~ Gr?ndung und schnelles Aufbl?hen Singapores. -- Rhiow. -- Seer?uberei. -- Malayische Kronik. -- Uebersicht der Verkehrsverh?ltnisse, sonst und jetzt. -- Ausbreitung der Chinesen. -- Dampfschiffe 81.

Malacca.

Anblick von Malacca. -- Portugiesen. -- Chinesen. -- Melaleuca. -- Mission unter den Mintras und Jakuns. -- Guttapercha. -- Neuer Pungulu in Allor-gadja. -- R?ckkehr zu den Mintras. -- Ehep?rchen. -- Blasrohr. -- Pfeilgift. -- Fahrt nach Lingi. -- Der Dato von Lingi. -- Zust?nde in den kleinen Malayenstaaten. -- Zinn. -- Leben im Walde. -- Zweckm?ssige Kleidung. -- Insektenpulver. -- Chinesischer Leichenzug. -- Geschichte von Malacca. -- Tapioka. -- Djaggeri 99.

Java.

~Erstes Kapitel.~ Batavia. -- Buitenzorg. -- Botanischer Garten. -- Gunong Salak. -- Reisbau. -- Kultursystem. -- Warongs. -- Erdn?sse. -- Megamendong-Pass. -- Telaga warna. -- Pasanggrahans und Gasth?user. -- Preanger Regentschaften. -- Bandong. -- Junghuhn 127.

~Zweites Kapitel.~ Reise nach Trogon. -- Strassen. -- Waringib?ume. -- Bogenschiessen. -- Religion der Javanen. -- Vulkan Guntur. -- Erdtransport durch Wasser. -- Solfataren. -- Theebau. -- Vulkan Papandayan. -- Telaga bodas. -- Kaffeebau. -- Schattenspiel. -- Hirschjagd. -- Malayische K?che. -- T?nzerinnen in Sumedang. -- Gamelang-Musik 142.

~Drittes Kapitel.~ Reise nach dem Malabar. -- Cinchonenpflanzungen daselbst. -- Cinchonenbau in Java und Vorderindien. -- Tischchen deck' dich. -- Bambus. -- G?rtnerei. -- Pangerango 167.

~Viertes Kapitel.~ Vulkan Tankubang-prau. -- Kostbare Waffen. -- Tiger. -- Kawali. -- Schirme. -- Fest in Pandjalu. -- Ausbruch des Gelungung. -- B?ffelkarren. -- Teakholz. -- Kindersee. -- Universalmittel. -- Pfahldorf. -- Zimmet. Loro-Kidul. -- Essbare Vogelnester und abergl?ubische Gebr?uche beim Einsammeln derselben. -- Kampf zwischen Tiger und B?ffel. -- Tigerstechen. -- Reise nach dem Slamat. -- Rhinozerosse 182.

~F?nftes Kapitel.~ Hochebene von D?eng. Vulkane. Solfataren. Tempel. -- Vogelscheuchen. -- Tempel Perot. -- Affengemeinde. -- Bad. - Fliegende Hunde. -- Borobudor. Pavon. Mundut. -- Sultan von Jokjokarta und seine Familie. -- Salzgewinnung. -- Karang-tritis. -- Get?uschter Gastfreund. -- Landp?chter. -- Indigofabriken. -- Begr?bnissplatz Imogiri. -- Tempel bei Kalasan und Prambanan. -- Surakarta. -- Der Kaiser und sein Hofstaat. -- Betelkauen. -- Pangerans. -- Tanz. -- Der alte Bl?cher. -- Batek. -- Berg Lawu. Raden Rio. -- Neujahrsfest in Surakarta 209.

~Sechstes Kapitel.~ Festung Ambarawa. -- Samarang. Schule. Waisenhaus. -- Surabaya. Maschinenfabrik. -- Tempel um Malang. -- Ardjuno. Legende. -- Semeru. -- Lamongan. Gewitter. -- R?ckkehr nach Batavia 234.

Singapore.

Erstes Kapitel.

Seereise. -- Flaggensprache. -- Feuer an Bord. -- Gef?rbte See. -- Ankunft in Singapore.

Im Juni 1857 verliess ich Hamburg und landete nach 105 Tagen in Singapore. F?r unser Schiff, das selbst bei dem besten Winde selten mehr als sechs Seemeilen in der Stunde machte, war es eine sehr schnelle Reise, die ohne die besondere Gunst des Wetters und den rastlosen Eifer des Kapit?ns nicht m?glich gewesen w?re. Klipperschiffe fahren oft mit mehr als doppelter Geschwindigkeit und dennoch pflegen sie den Weg kaum in k?rzerer Zeit zur?ckzulegen, da sie bei Windstillen, deren f?nf Zonen zu passiren sind, leicht wieder einb?ssen, was sie bei gutem Winde gewonnen haben. So kam es auf hoher See mehrere Male vor, dass bessere Segler uns ?berholten, und dennoch fand sich bei Vergleichung unserer Daten, dass sie Europa vor uns verlassen hatten, also l?nger unterwegs waren, als wir.

Ausgenommen zwei kleine w?ste Felsen, Martin Vas und Trinidad, die in 20-1/2? s?dlicher Breite vor der K?ste von Brasilien liegen, sahen wir auf der ganzen Reise kein Land; zwar h?tten wir den 12,172 Fuss hohen Pik von Teneriffa erblicken m?ssen, da wir nur 30 Seemeilen davon vor?berfuhren, der Nebel verh?llte ihn aber.

Als wir Ende Juli bei Tagesanbruch mit dem leisesten Luftzug an jenen Felsen vor?bertrieben, waren vom Mast aus dreizehn Schiffe in Sicht, deren Wege sich hier kreuzten. Mit H?lfe der Marryat'schen Flaggensignale entstand bald eine lebhafte Unterhaltung; jeder fragt und versteht die Antwort in seiner eigenen Sprache, unbek?mmert um das Idiom seines Korrespondenten, man tauscht die Namen aus, erkundigt sich, woher, wohin, und schliesst nach einigen Spezialfragen gew?hnlich mit einem freundlichen Gruss. Ein sch?nes Schiff, nach seiner Reisedauer gefragt, erwiderte aber barsch: das geht Niemand etwas an; wahrscheinlich war es lange unterwegs und ?rgerte sich dar?ber.

Maury hat so anschaulich geschildert, wie das scheinbar pfadlose Meer in Wirklichkeit von grossen Handelsstrassen durchschnitten wird, auf welchen sich alle Schiffe bewegen, wie die Karawanen in der W?ste, und hier befanden wir uns offenbar an einem Kreuzpunkt: Schiffe, die um das Kap Horn, andere, die um das Kap der guten Hoffnung gekommen waren, und solche, die von Europa kamen und nach den ?stlichen oder westlichen Gestaden des stillen Meeres wollten, begegneten sich hier. Bei gutem Winde eilen die Schiffe schnell an einander vor?ber; eine so zahlreiche Versammlung ist nur bei Windstillen auf solchen Hauptstrassen m?glich.

Wir befanden uns zwischen der s?dlichen Grenze des SO.-Passats und der n?rdlichen des westlichen Gegenstromes. Am Nachmittag begannen wir allm?lig den Einfluss des letzteren zu f?hlen und schon am folgenden Tage empfanden wir seine volle Wirksamkeit. Diese westlichen Winde sind viel kr?ftiger und konstanter, als der SO.-Passat, sie brachten uns schnell um's Kap; wir fuhren aber 5? s?dlich daran vorbei, sowohl um die Agulhas-Str?mung zu vermeiden, die, aus dem indischen Ozean kommend, sich dicht um's Kap herum dr?ngt und dann im s?datlantischen Ozean f?cherf?rmig ausbreitet , als auch, um den Weg abzuk?rzen, indem wir nicht einem Parallel-, sondern einem gr?ssten Kreise folgten. Auf der Mercators Projection scheint unser Kurs ein Umweg zu sein, auf dem Globus ergiebt sich der Vortheil sogleich.

So lange wir uns in diesen Breiten befanden, waren, da der August unserm Februar entspricht, Sturmv?gel, Sturzwellen, Schnee und kaltes Wetter unsere best?ndigen Begleiter, freilich hatten wir auch immer frische Brisen, die sich zuweilen bis zum Sturm steigerten. Das Schiff war aber schon seit Wochen darauf vorbereitet; alles, was nicht fortgestaut werden konnte, war festgemacht, alle nicht ganz zuverl?ssigen Segel und Taue durch neue ersetzt und, da gegen die T?chtigkeit des Schiffes wie des Kapit?ns kein Zweifel bestand, so war es ein grosses Vergn?gen, pfeilschnell durch die hohen Wellen getrieben zu werden.

Als wir uns schon wieder in w?rmeren Breiten im indischen Ozean befanden, brach Nachts Feuer aus. Es schlief Alles, ausgenommen der Steuermann und vielleicht die wachthabenden Matrosen, die sich auf dem Vorderdeck aufhielten. Durch einen Zufall wurde die Gefahr bemerkt, als schon der ganze Salon mit dichtem Rauch erf?llt war. Die Wand einer Kaj?te brannte in hellen Flammen, und wenig fehlte, so w?re der daneben liegende Raum, in welchem Theer, Firniss und andere Brennstoffe aufbewahrt wurden, von der Flamme ergriffen worden und jede Rettung unm?glich gewesen. Wir hatten 1000 Centner Pulver an Bord, die der Rheder bis zum Tage vor der Abfahrt klug verschwiegen hatte. Das Feuer wurde schnell gel?scht. Wie so h?ufig bei wirklich grosser Gefahr, verlor Niemand den Kopf; eine gewisse Aufregung war nur an dem Schiffsjungen zu bemerken, der als Urheber des Brandes eine Tracht Pr?gel erhielt.

Am 20. September mussten wir nach der Schiffsrechnung ganz nahe bei der Sunda-Strasse sein. 52 Tage waren vergangen, seitdem wir jene Felsen gesehen, deren astronomisch bestimmte Lage uns zum letzten male Gelegenheit gegeben hatte, den Gang unseres Chronometers zu pr?fen. Es war ein sehr tr?ber Tag, alle Augen suchten den Horizont ab, um zuerst Land zu entdecken. Endlich schien an einer Stelle der Nebel etwas dichter zu werden; es war keine Wolke, die Form zeichnete sich immer bestimmter, mehr und mehr Einzelheiten traten hervor, wie bei dem Entwickeln einer Photographie, und bald lag Javahoofd deutlich vor uns in der Gegend, wo es liegen sollte. Das Tageslicht reichte noch aus, um uns den Felsen, die Brandung und die ?ppige Vegetation der S?dostspitze Java's deutlich erkennen zu lassen; da es aber nicht rathsam schien, uns Nachts in die enge Sunda-Strasse zu wagen, so wurde beigedreht, um den Tag abzuwarten. Javahoofd bildet den ?stlichen Pfeiler des einen Hauptthores zur indischen Inselwelt. Es ist im Besitz der Holl?nder. Als das zweite Hauptthor muss man die Strasse von Malacca betrachten, durch welche der ganze Handel zwischen China und Indien geht. Es ist durch die Niederlassungen von Pulo-Pinang, Malacca und Singapore in den H?nden der Engl?nder; das s?dliche Ufer, die K?ste von Sumatra, geh?rt zwar den Holl?ndern, doch ist es f?r die Schifffahrt nicht geeignet, so dass die Engl?nder in ungest?rtem Besitze dieser Strasse sind.

Von hier an war die Fahrt h?chst angenehm; wie ein grosses bewegliches Panorama zogen lange K?stenstriche von Java, Sumatra, Banca und viele kleine Inseln, bis an den Meeresspiegel dicht bewaldet, an uns vor?ber. Gleich an der Eingangspforte ragte der Vulkan Krokotan aus dem Meere hervor, stark rauchend, w?hrend der dahinter liegende Vulkan Pulo-Besi nur seinen Umriss durch den Nebelschleier erkennen liess. An Anjer, wo die Sundanesen den Schiffen gew?hnlich das erste Willkommen in der Tropenwelt darbringen, kamen wir leider Nachts vor?ber, so dass wir von den k?stlichen Fr?chten und anderen Erfrischungen nichts erhielten. Das Meer wurde immer belebter, in ganzen Geschwadern erschienen die sonderbarsten kleinen Schiffe, zwischen deren hohen Mattensegeln fast nackte Eingeborne wie Katzen herumkletterten. Die letzten Sturmv?gel hatten uns in 26? s?dl. Br. verlassen, jetzt schwebten Tropikv?gel hoch ?ber uns hin, mehrere kleine bunte S?nger kamen an Bord, um auszuruhen, und die Matrosen litten nicht, dass die Schiffsjungen das Gastrecht gegen sie verletzten. Auch einen Schmetterling trug uns der Wind zu und einige gl?nzende K?fer.

In diesem von Inseln eingeschlossenen Meere regte sich nur ein sanfter Luftzug, wir brauchten eine Woche bis Singapore, obgleich die Entfernung von Javahead wenig ?ber 500 Seemeilen betr?gt. Doch war dies immerhin noch kein ung?nstiges Verh?ltniss. Ein Klipper, der einige Monate nach uns in Singapore eintraf, hatte die Reise von Australien bis zu jenem Kap in ungew?hnlich kurzer Zeit zur?ckgelegt, und brauchte von dort sechs Wochen, um den Hafen zu erreichen. Die Segelschiffe sind hier so h?ufigen Windstillen ausgesetzt, dass man die wahrscheinliche Reisedauer nach Europa gehender Schiffe gew?hnlich erst von dem Tage an rechnet, wo sie die Sunda-Strasse passirt haben. In Anjer werden alle aus- und einfahrenden Schiffe verzeichnet und in besonderen Listen bekannt gemacht; die Betheiligten suchen mit Ungeduld den Namen ihres Schiffes darin, weil erst ausserhalb der Sunda-Strasse auf best?ndige Winde zu rechnen ist.

Am 21. September war das Meer mit einer Substanz bedeckt, die vom Schiff aus t?uschend wie S?gesp?hne aussah ; sie war nicht gleichm?ssig ?ber die Oberfl?che vertheilt, sondern in parallele Streifen geordnet, die 1 bis 10 Fuss breit waren und in sehr verschiedenen Zwischenr?umen einander folgten. Zuweilen fuhren wir stundenlang durch B?nder, die nur wenige Fuss von einander getrennt waren, dann kamen Zwischenr?ume von 10 bis 20 Minuten vor, die bei unserer langsamen Fahrt Entfernungen von 1/2 bis 1-1/2 Seemeilen entsprachen. Selbst vom Mast aus gesehen, reichten die Streifen bis an den Horizont. Fast drei Tage lang fuhren wir durch diese Substanz, am Nachmittag des dritten Tages wurde das Meer bewegter, die Streifen vermischten sich, die ganze Oberfl?che nahm eine gleichm?ssige schmutzige F?rbung an, am n?chsten Morgen war die Erscheinung verschwunden. Unter dem Mikroskop erschienen die einzelnen Partikelchen als zierlich verflochtene F?den; jeder Faden bestand aus einer Reihe von Zellen, deren Scheidew?nde in der Mitte des Fadens flach, nach beiden Enden hin gew?lbter wurden und an den Enden selbst halbkugelf?rmig waren; jede dieser Zellen war noch durch eine gerade Querwand getheilt, l?ngs der Mittellinie lagen Chlorophyllk?gelchen. Bei dem Filtriren des Wassers, in welchem die Substanz schwebte, r?thete sich das Filtrum, wie von Jod, die F?rbung verschwand bald wieder. Es ist die von Professor Ehrenberg im rothen Meer entdeckte, sp?ter von vielen Reisenden beobachtete Pflanze Trichodesmium erythraeum. Wo sie vorkommt, findet sie sich immer in ungeheurer Menge beisammen. Vielleicht entstehen diese Pflanzen in gesch?tzten Buchten, die durch Treibholz oder ?hnliche Hindernisse zeitweise geschlossene Becken bilden, und wuchern darin so lange fort, bis durch einen Zufall der sch?tzende Damm zerbrochen wird. Dann w?rde der ?ussere Rand der Einwirkung der Wellen blossgelegt werden, die bei so ruhiger See vielleicht gerade die rechte Kraft bes?ssen, um je einen schmalen Streifen vom Rande zu l?sen und fortzuschwemmen. Da dies nur bei Ebbe stattfinden k?nnte, indem die Fluth die Substanz zur?ckdr?ngen w?rde, so entsprechen vielleicht die grossen Zwischenr?ume, die wir zuweilen unter den Streifen wahrnahmen, den Fluthzeiten.

Am Sonntag, nachdem wir zuerst das Land erblickt, kam ein leichter Sampan auf uns zu und brachte einen malayischen Lootsen an Bord, der uns durch die Rhiow-Strasse f?hrte; es war ein ruhiger, intelligenter Mensch, doch verstand er, mit Ausnahme der Schiffs-Ausdr?cke, fast kein Wort englisch. Mit Sonnenuntergang liessen wir auf der Rhede von Singapore den Anker fallen. Nat?rlich gingen wir noch an's Land, obgleich es schon Nacht war, es war entz?ckend wieder festen Boden unter den F?ssen zu haben, den w?rzigen Duft der B?ume einzuathmen, unter Palmen zu wandeln. Einen eigenth?mlichen Reiz, mit einem Anklang von Bangigkeit, hatte es auch, die Eingeborenen vor?bergleiten zu sehen, die in der Dunkelheit so wild aussahen. Alles war so fremdartig, nicht ~eine~ europ?ische Kleidung war zu sehen, bevor wir das Gasthaus erreichten, wo wir den Abend mit Champagner, Chesterk?se und englischen Zeitungen beschlossen.

Zweites Kapitel.

Rhede von Singapore. -- Junken. -- Prauen. -- Nipa-Palme. -- Rhizophoren. -- Palankinfahrt. -- Hindufest.

Als wir am andern Morgen an Bord erwachten, war das Schiff von einem Kranz von Booten umgeben, die Gesch?fte mit uns machen wollten. Am willkommensten war uns eine grosse Mannichfaltigkeit tropischer Fr?chte, von denen ich nur Ananas, Cocos und Bananen kannte. Es kamen Schneider, Schuhmacher, W?scher, Klempner, H?ndler mit Getr?nken, Fleisch, Gefl?gel, Glaswaaren, Steingut, Kuriosit?ten; ein wahrer schwimmender Markt, als h?tte die Stadt eine Probe geschickt von Allem, was sie zu leisten vermag, und unser Steuermann, der nach einer Fahrt von mehr als 100 Tagen noch nicht Lust hatte, an's Land zu gehen, konnte sich hier wenigstens einen allgemeinen Ueberblick verschaffen. Die meisten Leute sprachen ein paar Worte englisch, alle waren von einem ungeheuren Schachergeist besessen, am eifrigsten, lautesten und zudringlichsten gebahrten sich die Chinesen, wie sie auch die zahlreichsten waren.

Um uns auf der Rhede lag eine grosse Anzahl stattlicher europ?ischer und amerikanischer Schiffe, und hinter ihnen eine solche Musterkarte der allersonderbarsten Fahrzeuge und Flaggen, wie sie vielleicht kein anderer Hafen der Welt aufzuweisen haben m?chte. Doch waren keine chinesischen Junken darunter, diese fangen erst im December an, ihre Heimath zu verlassen, wenn der NO.-Monsun in Kraft ist, und kommen fr?hestens gegen Neujahr hier an. Sind sie einmal hier, so richten sie sich ganz h?uslich ein, da sie vor dem Monat Juni, wenn der SW.-Monsun best?ndig ist, selten zur?ckkehren. Obgleich ihre Zahl mit jedem Jahre abnimmt und von europ?ischen Schiffen ersetzt wird, sah ich doch einige Monate sp?ter ihrer viele hier liegen. Die Gestalt der Junken ist aus chinesischen Bildern allgemein bekannt. Interessant ist aber das Treiben an Bord und rings umher. Das Schiff wird gleich nach Ankunft abgetakelt und in ein schwimmendes Waaren-Magazin verwandelt, oder vielmehr in einen Bazar; denn die Ladung ist nicht einem Superkargo anvertraut, sondern jeder handeltreibende Passagier hat sein Geld in denjenigen Waaren angelegt, die ihm den meisten Gewinn versprechen, und feilscht mit seinen Kunden auf eigene Hand. Lange rothe Papierstreifen, mit grossen Buchstaben bemalt, vertreten die Handelsschilder, Proben der verk?uflichen Waaren werden an den Seiten der Junke ausgeh?ngt. Durch eben so viele K?ufer und Verk?ufer wird auch die R?ckfracht beschafft, und da die nie m?ssigen Chinesen, wenn sie sonst nichts zu thun haben, die b?sen Geister durch Gong-Musik und Knall-Feuerwerk vertreiben, so herrscht immer um die Junken ein w?ster L?rm. Jetzt wimmelte der Hafen von ,,Prauen" aller Art, die sich aber nun bald in Bewegung setzen, um nach den ?stlich gelegenen Inseln und K?sten zur?ckzukehren. Diese Fahrzeuge sind nur klein, aber sehr malerisch, manche reich mit Schnitzwerk verziert, bunt bemalt und vergoldet. Die Mattensegel und groben Stricke aus Rotang oder Palmenfasern, die h?lzernen Anker und die Bewaffnung vermehren das eigenth?mliche Ansehen. Die Kabel und Taue dieser Prauen bestehen zuweilen aus d?nngespaltenem, zusammengedrehtem Stuhlrohr, h?ufiger aus der schwarzen Faser, die bei der Gomutipalme den Ursprung der Blattstiele am Stamm bekleidet , oder aus Coir, der Faser, welche den Kern der Cocosnuss umgiebt, derselben, die jetzt so viel zu Fussdecken verarbeitet wird. Beide letztere sind zwar weniger stark, als Hanfstricke, aber leichter und elastischer. Vor Erfindung der Ankerketten hatten viele Schiffe in den indischen Gew?ssern dergleichen Kabel, und hielten vor Anker St?rme aus, bei denen st?rkere, aber weniger elastische Hanfkabel zerrissen. Zu Passagierbooten benutzt man die weitber?hmten Sampans, leichte, bequeme, schnelle K?hne mit einem Sonnendach f?r den Passagier. Sie sollen nicht europ?ischen Booten nachgebildet sein, sondern diesen zum Theil als Muster gedient haben. Obgleich die Mannschaft aus vier Ruderern und einem Steuermann besteht, sind sie sehr billig. Eine Fahrt in solchem Boot, namentlich in der Gegend, wo die Schiffe der Eingeborenen am dichtesten liegen, geh?rt zu den angenehmsten Ausfl?gen und liefert eine Unzahl interessanter Genrebilder. Noch billiger, sicherer, freilich auch viel langsamer, f?hrt man auf dem Schuhboot der Chinesen; es ist fast so breit als lang, und wenn ein schneller Raubfisch das Modell zum Sampan geliefert hat, so ist das Schuhboot wohl der Schildkr?te nachgebildet. Vorn hat es einen Schnabel, wie andere Boote auch, an seinem abgestutzten Hintertheil aber zwei kurze Schw?nze, vorn ist nat?rlich auch auf jeder Seite ein grosses, in die Tiefe schauendes Auge angebracht, sie fehlen keinem chinesischen Fahrzeuge . Gegen das Land hin nimmt das Gewimmel der kleinen Boote und Leichter immer mehr zu, und an der M?ndung des kurzen Flusses ist ein Gedr?nge und Gesumme, wie am Eingang eines Bienenkorbes.

Wie bedeutend der Schiffsverkehr in Singapore, und wie sehr die deutsche Rhederei daran betheiligt ist, zeigt folgender Auszug aus der Singapore Free Press vom 6. Mai 1865: ,,Abgesehen von inl?ndischen Schiffen, liegen jetzt 154 gr?ssere Schiffe mit Raaen im Hafen, wovon 3 britische und 2 Kolonial-Kriegsdampfer, 2 englische, 2 amerikanische Handelsdampfer, 2 holl?ndische Postdampfer, 78 englische Kauffahrer, 19 hamburger, 9 bremer, 8 franz?sische, 5 d?nische, 5 preussische, 4 amerikanische, 4 holl?ndische, 3 oldenburger, 2 hannoveraner, 2 schwedische, 2 siamesische, 1 norwegisches, 1 belgisches. Von den Kauffahrern verhalten sich die unter deutscher Flagge zu den englischen wie 1 zu 2 und zu denen aller ?brigen Nationen wie 2 zu 1 . Vor acht Jahren lagen um dieselbe Zeit nur 60 Kauffahrer im Hafen; das Verh?ltniss der deutschen zu den englischen Schiffen war damals wie 1 zu 11, und das der deutschen zu denen aller ?brigen Nationen, wie 1 zu 8. So weit haben es Freihandel und deutscher Unternehmungsgeist gebracht. Wir w?rden uns durchaus nicht wundern, wenn in wenigen Jahren das Verh?ltniss noch mehr zu ihren Gunsten w?re."

Vom Hafen aus gesehen zeigt die Insel Singapore einen langgestreckten, stellenweis steilen K?stensaum, ?ber den sich einige sanfte H?gelwellen erheben. Von der Stadt ist nur ein Theil sichtbar, in der N?he derselben liegen viele einzelne H?usergruppen, weiterhin ist Alles mit dichtem Wald bedeckt, der einen zusammenh?ngenden einf?rmigen immergr?nen Teppich bildet, nur in der N?he des Strandes mit einigen Landh?usern geschm?ckt. Der Anblick ist lieblich, aber nicht besonders sch?n, da es an Kontrasten und hervorragenden Gegenst?nden fehlt. Die sch?ne grosse Kirche, die k?nftig die Hauptzierde der Stadt sein wird, ist noch im Bau begriffen. Die Insel liegt bekanntlich unmittelbar vor der s?dlichen Spitze der malayischen Halbinsel, des s?dlichsten Punktes von Asien, und ist nur durch eine Meerenge getrennt, die im Allgemeinen eine Meile, an einer Stelle aber nur 2000 Fuss breit ist. Fr?her ging der ganze Handel nach China durch diese schmale Gasse, jetzt fahren die Schiffe um die S?dseite der Insel unmittelbar an der Stadt Singapore vorbei. Die Insel besteht, wie das gegen?berliegende Festland selbst, aus Granit und ?lteren geschichteten Gesteinen, letztere nehmen den gr?ssten Theil des Fl?chenraumes ein, es ist noch nie ein Fossil darin gefunden worden; auch fehlen alle Anhaltspunkte, um ihr relatives Alter genauer bestimmen zu k?nnen. Uebrigens haben sie ganz den Habitus unserer ?ltesten Gesteine und geh?ren auch wohl den ?ltesten Gebilden an; es sind Sandsteine, Thone, Letten; an vielen Stellen tritt ein sehr eisenhaltiger Thoneisenstein auf, meist in Nestern, seltener in B?nken; bis jetzt wird er ausschliesslich zum Strassenbau benutzt, obgleich er sich wegen seiner geringen Festigkeit wenig dazu eignet. Der Granit, der einen viel kleineren Fl?chenraum einnimmt, tritt nie an die K?ste, er bildet den Centralkern der Insel; aus ihm besteht auch der h?chste Punkt derselben, Bukit-tima. Der Boden ist nicht fruchtbar, in den Niederungen h?ufig versumpft; die dem Meere n?her gelegenen S?mpfe sind brakisch, in ihnen wuchert die stammlose Nipa-Palme und ein Dickicht von Mangelb?umen , das an flachen Stellen weit in's Meer hinein reicht und die ganze Insel, ausser wo die Ufer steil sind, mit einem Sumpfg?rtel umgiebt. Aus den Wurzeln der Nipa-Palme wird in Borneo Salz gewonnen; die Bl?the liefert in den Philippinen und in Siam Zucker und Branntwein, wie viele andere Palmen, und nach demselben sp?ter zu beschreibenden Verfahren. In Singapore werden nur die Bl?tter zum Behuf der Dachdeckung zu ,,Atap" verarbeitet und die ganz jungen, noch gelben unentfalteten zur Herstellung von Cigaretten, indem man Tabak darin einrollt. Die Ataps sind eine wesentliche Vervollkommnung ihres Prototyps, des l?ngs des Blattstiels gespaltenen Palmenwedels. Man erh?lt sie, indem man die Seitenbl?tter im Drittel ihrer L?nge, von der Basis an gerechnet, umknickt, sie auf einen mehrere Fuss langen Stock dachziegelf?rmig aneinander reiht und durch einen Rotang-Splitt in dieser Lage befestigt. Die einzelnen Ataps werden beim Dachdecken wie Dachschiefer ?bereinander gelegt. Ein solches Dach ist sehr leicht, v?llig regendicht, nur muss es h?ufiger ausgebessert werden, als ein Ziegeldach.

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