Read Ebook: Singapore Malacca Java. Reiseskizzen von F. Jagor. by Jagor Fedor
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Ebook has 1227 lines and 114376 words, and 25 pages
Vom Hafen aus gesehen zeigt die Insel Singapore einen langgestreckten, stellenweis steilen K?stensaum, ?ber den sich einige sanfte H?gelwellen erheben. Von der Stadt ist nur ein Theil sichtbar, in der N?he derselben liegen viele einzelne H?usergruppen, weiterhin ist Alles mit dichtem Wald bedeckt, der einen zusammenh?ngenden einf?rmigen immergr?nen Teppich bildet, nur in der N?he des Strandes mit einigen Landh?usern geschm?ckt. Der Anblick ist lieblich, aber nicht besonders sch?n, da es an Kontrasten und hervorragenden Gegenst?nden fehlt. Die sch?ne grosse Kirche, die k?nftig die Hauptzierde der Stadt sein wird, ist noch im Bau begriffen. Die Insel liegt bekanntlich unmittelbar vor der s?dlichen Spitze der malayischen Halbinsel, des s?dlichsten Punktes von Asien, und ist nur durch eine Meerenge getrennt, die im Allgemeinen eine Meile, an einer Stelle aber nur 2000 Fuss breit ist. Fr?her ging der ganze Handel nach China durch diese schmale Gasse, jetzt fahren die Schiffe um die S?dseite der Insel unmittelbar an der Stadt Singapore vorbei. Die Insel besteht, wie das gegen?berliegende Festland selbst, aus Granit und ?lteren geschichteten Gesteinen, letztere nehmen den gr?ssten Theil des Fl?chenraumes ein, es ist noch nie ein Fossil darin gefunden worden; auch fehlen alle Anhaltspunkte, um ihr relatives Alter genauer bestimmen zu k?nnen. Uebrigens haben sie ganz den Habitus unserer ?ltesten Gesteine und geh?ren auch wohl den ?ltesten Gebilden an; es sind Sandsteine, Thone, Letten; an vielen Stellen tritt ein sehr eisenhaltiger Thoneisenstein auf, meist in Nestern, seltener in B?nken; bis jetzt wird er ausschliesslich zum Strassenbau benutzt, obgleich er sich wegen seiner geringen Festigkeit wenig dazu eignet. Der Granit, der einen viel kleineren Fl?chenraum einnimmt, tritt nie an die K?ste, er bildet den Centralkern der Insel; aus ihm besteht auch der h?chste Punkt derselben, Bukit-tima. Der Boden ist nicht fruchtbar, in den Niederungen h?ufig versumpft; die dem Meere n?her gelegenen S?mpfe sind brakisch, in ihnen wuchert die stammlose Nipa-Palme und ein Dickicht von Mangelb?umen , das an flachen Stellen weit in's Meer hinein reicht und die ganze Insel, ausser wo die Ufer steil sind, mit einem Sumpfg?rtel umgiebt. Aus den Wurzeln der Nipa-Palme wird in Borneo Salz gewonnen; die Bl?the liefert in den Philippinen und in Siam Zucker und Branntwein, wie viele andere Palmen, und nach demselben sp?ter zu beschreibenden Verfahren. In Singapore werden nur die Bl?tter zum Behuf der Dachdeckung zu ,,Atap" verarbeitet und die ganz jungen, noch gelben unentfalteten zur Herstellung von Cigaretten, indem man Tabak darin einrollt. Die Ataps sind eine wesentliche Vervollkommnung ihres Prototyps, des l?ngs des Blattstiels gespaltenen Palmenwedels. Man erh?lt sie, indem man die Seitenbl?tter im Drittel ihrer L?nge, von der Basis an gerechnet, umknickt, sie auf einen mehrere Fuss langen Stock dachziegelf?rmig aneinander reiht und durch einen Rotang-Splitt in dieser Lage befestigt. Die einzelnen Ataps werden beim Dachdecken wie Dachschiefer ?bereinander gelegt. Ein solches Dach ist sehr leicht, v?llig regendicht, nur muss es h?ufiger ausgebessert werden, als ein Ziegeldach.
Die Mangels?mpfe werden durch die merkw?rdige Ordnung der Rhizophoraceen gebildet, die in tropischen Meeren alle flachen K?sten ums?umen. Es sind fast die einzigen B?ume, die im Meere wachsen und auf Kosten desselben das Land vergr?ssern, indem sie immer weiter darin vordringen und mit dem dichten Faserwerk ihrer Wurzeln das durch die atmosph?rischen Wasser in das Meer geschwemmte Erdreich zur?ckhalten, so dass man oft nicht weiss, ob man schon am Lande oder noch im Meere ist. Bei keiner Pflanze tritt die Fortpflanzungsf?higkeit so schlagend vor die Augen, als bei dieser, wo die Fr?chte, noch an den Zweigen der Mutterpflanze h?ngend, sich schon in junge B?ume verwandeln mit langer spindelf?rmiger Wurzel. Beim Abfallen bleiben sie senkrecht im Sumpf stecken und wachsen sogleich weiter, oben Bl?tter, unten Wurzeln entwickelnd, w?hrend die an den niedrigeren Zweigen h?ngenden, ohne sich abzul?sen, den Sumpf erreichen und darin fortwachsen. So sendet der Wald immer einen G?rtel junger Pflanzen vor sich her, indem er weiter in's Meer r?ckt. Sind die B?umchen etwas gr?sser geworden, so entspringen am Umfange des Stammes Luftwurzeln, die in einem Bogen den Sumpf erreichen. Diese Wurzeln senden seitlich wieder Wurzeln aus, und schliesslich steht der Stamm, der 30 bis 40 Fuss hoch wird, auf einem domartigen Geflecht von Luftwurzeln, das bei Ebbe entbl?sst, bei Fluth gew?hnlich bis an den Stamm bedeckt ist, dann hat man einen Wald im Meer. Auch von den Aesten senken sich Luftwurzeln herab, die, wenn sie den Boden erreichen, darin weiter wachsen als St?tzen der Aeste, aber zu selbstst?ndigen B?umen werden, wenn die Verbindung mit der Mutterpflanze aufgehoben wird. Das Holz wird haupts?chlich zur Feuerung benutzt, die Rinde zum Gerben , auch zum F?rben dient sie den Eingebornen. Die Rizophorenw?lder sind ein Lieblingsaufenthalt f?r Krokodile, Krabben, Einsiedlerkrebse und viele Gastropoden; auch Austern sitzen an den St?mmen; mit der Behendigkeit einer Eidechse kriecht und h?pft mittelst der Brustflossen ein sonderbarer Fisch auf dem Schlamme umher . Dergleichen S?mpfe sind ein sicherer Zufluchtsort f?r Seer?uber, und gew?hnlich wegen ihres dichten, f?r die Sonnenstrahlen undurchdringlichen Laubdaches eine Quelle b?ser Miasmen. In Singapore aber, wo sie nur einen schmalen G?rtel bilden, werden sie durch die best?ndig mit einander wechselnden Land- und Seebrisen hinreichend gel?ftet.
Wie gef?hrlich dergleichen Sumpfwaldungen zuweilen sind, zeigt folgende Notiz aus meinem Tagebuch: ,,14. Juni 1858. Als wir uns bei der dicht vor der NW.-K?ste von Borneo liegenden Insel Moarro befinden, kommt ein Boot auf uns zu und meldet, dass das vor uns vor Anker liegende Schiff, die englische Barke Anna Maclean, in Noth sei. Unser Kapit?n begiebt sich an Bord, bald darauf nehmen wir das Schiff in's Schlepptau und bugsiren es in den Hafen von Labuan. Das Schiff hatte, um Kohlen zu laden, auf Moarro, der M?ndung eines Flusses gegen?ber, angelegt, der viele Meilen weit durch die Sumpfw?lder fliesst, aus denen hier die K?ste von Borneo besteht. Der Nachts wehende Landwind hatte ihm die giftigen Miasmen wie aus der M?ndung eines Trichters zugef?hrt; in wenigen Tagen war die ganze Mannschaft theils erkrankt, theils gestorben. Der Kapit?n, der Steuermann, 3 Matrosen waren todt, nur ein Mann war noch dienstf?hig."
Unser Lootse, der uns gestern durch die Rhiow-Strasse gebracht, f?hrte uns heut durch das Gewirr der Gassen von Singapore nach dem Handelshaus, dem unser Schiff konsignirt war. Man hatte uns fr?hestens 14 Tage sp?ter erwartet, ich fand die liebensw?rdigste Aufnahme.
Zun?chst wollte ich eine Fahrt durch die Stadt machen, und nahm deshalb einen Palankin, so heissen die hiesigen Miethswagen; es sind l?nglich viereckige, vierr?drige Kasten, mit Vorder- und R?cksitz, ringsum von Jalousien umgeben und mit einem kleinen Pony bespannt, beispiellos billig und sehr zweckm?ssig, bis auf den Anstrich, der weiss statt schwarz sein sollte. Der Kutscher war ein Kling , fast schwarz, mit einem grossen Turban und einem Lendentuch, sonst unbekleidet, doch sah er nicht unanst?ndig aus, da die dunkle Farbe den Eindruck des Nackten fast aufhebt. Mitten auf der Stirn trug er einen Fleck von rothem Ocker, so gross wie eine Oblate. Alle Hindus haben dergleichen Abzeichen von verschiedener Form an der Stirn, und bezeichnen dadurch die religi?se Sekte, der sie angeh?ren.
Ich liess mir die Tour, die ich machen wollte, ins Malayische ?bersetzen, lernte die Worte nach dem Klang auswendig, und hatte die Genugthuung, sogleich vom Kutscher verstanden zu werden, was er durch einen Salam ausdr?ckte. Er ergriff das Pferd am Z?gel und lief in kurzem Trabe mit ihm davon. Einige Male setzte er sich w?hrend der Fahrt auf das vorn angebrachte Brett und versuchte, das Pferdchen von dort aus zu lenken. Dies gelingt aber selten auf die Dauer, da die meisten hiesigen Ponies zu eigenwillig sind, dann muss der arme Bursche wieder absteigen und nebenher laufen. So kamen wir bald vor die Stadt, die Landstrasse wurde immer einsamer. Ich liess halten und stellte den Kutscher zur Rede, er vertheidigte sich sehr fliessend, doch konnten wir gegenseitig kein Wort verstehen. Endlich kehrte er aber um und f?hrte den Wagen an die Stelle zur?ck, wo ich eingestiegen war. Hier brachte ein vor?bergehender Kling, der Englisch verstand, Alles in Ordnung. Es ergab sich, dass der Kutscher fast ebenso fremd war, als ich, kein Wort Malayisch verstand und nur auf meine Ortskenntniss gerechnet hatte. Ich habe dies so ausf?hrlich erz?hlt, weil ganz ?hnliche Auftritte t?glich vorkommen und sie so bezeichnend f?r die Art der Eingebornen sind, die auf die Frage, ob sie Dies oder Jenes wissen oder k?nnen, immer Ja antworten, wenn sie glauben, dass solche Kenntniss oder F?higkeit ihnen Vortheil bringen werde; sehen sie aber mehr M?he als Lohn voraus, so machen sie es nat?rlich umgekehrt.
Nachmittags begegnete mir eine grosse Kling-Prozession, der ich folgte. Den Zug er?ffnete eine Musikbande, dann kamen einige Paare, die lange Stecken trugen, mit denen sie gegenseitig Schein-Angriffe machten und parirten; sie besassen grosse Gewandtheit und Sicherheit. Ihnen folgte paarweis ein Zug von Hindus, deren nur um die H?ften verh?llter, sonst nackter K?rper mit gelbem Turmerikpulver eingerieben war. Die Meisten trugen Hals- und Armb?nder aus aufgef?delten kleinen weissen Bl?then. Einige dieser Leute hatten sich einen etwa fusslangen Spiess durch Lippen und Zunge, einen zweiten Spiess durch Backen und Zunge gestossen. Andere hatten sich auf jeder Seite des K?rpers in der Gegend der H?ften zwei zwei Zoll lange Einschnitte gemacht, und durch die so entstandenen Oesen lange Stricke gesteckt, die von davor- und dahintergehenden M?nnern best?ndig hin- und hergezogen wurden. Unmittelbar auf sie folgten die G?tter, deren Gunst durch diese Verst?mmelungen erlangt werden sollte, theils auf Schultern getragen, theils auf Ochsenkarren gezogen. Es waren sch?ne Gruppen darunter: vor den reich drapirten Nischen, in welchen sich die Bilder der Gottheiten, von Gold und Silber glitzernd, befanden, standen je zwei junge Hindu-M?dchen in sehr gl?nzender Kleidung von Gold- und Silberbrokat, die auffallend an die Festkleider der Mutter Gottes in katholischen Kirchen erinnerte. Sie trugen langgestielte Wedel von weissen Federn, die sie feierlich hin- und herbewegten. Sp?ter ?berzeugte ich mich, dass es keine wirklichen M?dchen waren, sondern Knaben, die ihre Rollen so t?uschend spielten. Auf einem freien Platz vor der Stadt machte der Zug Halt. Es waren viele Zuschauer anwesend, vorwiegend Klings, Chinesen, Malayen, fast kein Europ?er. Die Meisten kauerten, hockten, sassen auf dem Boden, nur die hintersten Reihen standen. Jeder hatte gewiss die ihm behaglichste Stellung eingenommen, die aber zum Theil der Art war, dass sie bei uns kaum ein Turner auf die Dauer ausgehalten h?tte. Diese Leute, die von Jugend auf nie einen Stuhl oder Tisch benutzen, weder enge Kleider, noch Schuhe tragen, wissen aus ihren unteren Gliedmassen viel mehr Nutzen zu ziehen, als wir. Die Beine m?ssen h?ufig als Arme aushelfen, wobei die F?sse die Stelle der H?nde vertreten; so heben sie Sachen vom Boden auf, ohne sich zu b?cken, halten das eine Ende eines Gegenstandes mit den F?ssen fest, w?hrend sie das andere Ende mit den H?nden bearbeiten. Besonders verstehen sie sich durch die grosse Gelenkigkeit ihrer Beine eine Auswahl bequemer Stellungen zu verschaffen und die Last des Oberk?rpers so geschickt zu balanciren, dass sie nicht erm?den k?nnen. Selbst wenn man ihnen einen Stuhl anbietet, ziehen sie die Beine in die H?he und richten sich auf dem Sitz ein, als ob sie am Boden s?ssen. Diese beneidenswerthe Fertigkeit ist aber leider nur in der ersten Jugend zu erlernen, in Kinderstuben, wo es keine St?hle giebt, und nur, wenn die Ausbildung der F?sse nicht durch Schuhe gehemmt wird.
Mitten auf dem Platz war ein grosses Feuer angez?ndet. Als es ausgebrannt war, lag die Gluth fast fusshoch und hatte gegen 20 Fuss Umfang. Die freiwilligen M?rtyrer wurden bis an den Rand gef?hrt, sprangen hinein, gingen langsam hindurch und taumelten in einen mit Wasser gef?llten Graben am jenseitigen Rande. Ihre Freunde liefen herbei, ermunterten, unterst?tzten sie und f?hrten sie nach einer kurzen Erholungspause einzeln in einen grossen Kreis, den die Zuschauer offen gelassen hatten. Hier wurden sie mit einer gewaltigen Peitsche gegeisselt, bis sie vor Schmerz hinst?rzten, worauf sie von ihren Freunden mit triumphirendem Gemurmel durch die Reihen getragen wurden. Es war ein ekelhaftes Schauspiel, das diese Leute von sch?nster kaukasischer Rasse hier vor den Malayen und Mongolen auff?hrten.
Ueber die Bedeutung des Festes konnte ich in Singapore nichts Zuverl?ssiges erfahren, sp?ter aber fand ich in den Blaub?chern der Pr?sidentschaft Madras, dass auch dort das Naruppuh-terunaul oder Feuerfest immer noch besteht, die Theilnahme sich jedoch, ebenso wie hier, auf die untersten Volksklassen beschr?nkt und ?berall im Abnehmen begriffen ist. Es ist keine von der Hindu-Religion vorgeschriebene Feierlichkeit. Nach einigen Berichten hat sie insofern eine religi?se Bedeutung, als sie mit der Verehrung der Gottheit Durmarasawney der Tamil, oder Veerbudrasawney der Telegu, in Beziehung steht, deren Zorn dadurch abgewendet werden soll; nach den meisten Berichten aber hat die Religion gar nichts damit zu schaffen, es ist nur ein alter Brauch, dem die niederen Klassen aus roher Schaulust zugethan sind, w?hrend die Gebildeteren fern bleiben. An manchen Orten sind es dieselben Individuen, die allj?hrlich die Feuerprobe bestehen und daf?r bezahlt werden, wie andere Gaukler. H?ufig aber sind es beschr?nkte Menschen aus den niedrigsten Kasten und Parias, die sich zur Erf?llung eines Gel?bdes die Peinigung auferlegen. Es sollen fast nie ?ble Folgen eintreten, namentlich keine Todesf?lle , und wahrscheinlich ist ein grosser Theil des Eindrucks der guten Auff?hrung zuzuschreiben. Die indische Regierung beschloss in Folge jener Berichte, das Fest nicht amtlich zu verbieten, da sie ihr Ziel sicherer zu erreichen glaubte, indem sie ihren Beamten empfahl, f?r das allm?hlige Aufh?ren unter der Hand nach Kr?ften zu wirken.
Drittes Kapitel.
Landhaus. -- Klima. -- Muskatnuss-Pflanzung. -- Europ?er. -- Fr?chte. -- Nahrungsmittel. -- Diener.
Der preussische Konsul, dem ich w?hrend meines Aufenthalts in Singapore sehr viel verdankte und der mir auch noch sp?ter, so weit der Einfluss seiner Empfehlungen reichte, mit der freundschaftlichsten, angelegentlichsten F?rsorge den Weg ebnete, hatte mir auf seinem Landhause eine Wohnung einrichten lassen, die ich wenige Tage nach meiner Ankunft bezog. Es war wohl die sch?nste Besitzung auf der Insel, jetzt dient sie dem Guvern?r zum Aufenthalt. Fast alle grossen Kaufleute haben ein Haus vor der Stadt, gew?hnlich auf dem Gipfel eines H?gels, wo die Seebrise alle R?ume durchweht und abk?hlt. Die hiesigen Landh?user sind die angenehmsten und zweckm?ssigsten, die ich in heissen L?ndern kennen gelernt habe, fast alle nach demselben Typus gebaut. Der leitende Gedanke dabei ist, die bewohnten R?ume allseitig von Luft umkreisen und durchdringen zu lassen und sie gegen die Sonnengluth zu sch?tzen. Das Haus ruht auf steinernen Pfeilern, gegen 15 Fuss hoch, der Raum zwischen den Pfeilern ist meist offen, nur wo es an Platz gebricht, werden einzelne R?ume zwischen den Pfeilern durch leichte Holzw?nde oder Gitter abgetheilt. Der obere Stock, die eigentliche Wohnung, ist rings von einer breiten Gallerie, Veranda, umgeben, die vom Dach weit genug ?berragt wird, um gegen den Regen gesch?tzt zu sein. An der ?usseren Seite der offenen Veranda sind dunkelgr?ne Rouleaux aus feingespaltenem Bambus angebracht, ein chinesisches Substitut f?r Jalousien; sie lassen die Luft durch, schliessen aber das blendende Licht aus. Durch rechtzeitiges Aufziehen und Herablassen derselben wird die Veranda und die von ihr umgebene Wohnung stets angenehm k?hl erhalten. Die Zimmer haben nur Jalousien statt Glasfenster und massiver Th?ren und ?ffnen sich alle nach der Veranda. So ist der ganze bewohnte Kern des Hauses ringsum von einer isolirenden Luftschicht umgeben. Von jedem Schlafzimmer f?hrt eine kleine Treppe in ein zur ebenen Erde befindliches Badezimmer. K?che, Stallung, Remise, sowie die Wohnungen der Dienerschaft befinden sich in kleinen Nebenh?usern, durch einen bedeckten Gang mit dem Haupthause verbunden, wodurch aller widerw?rtiger Geruch und L?rm ferngehalten wird. Im Speisesaal und in den Gesellschaftszimmern fehlt nie die Punka, ein grosser F?cher, bestehend aus einem mit Zeug bespannten Rahmen, der von der Decke herabh?ngt und durch ein Loch in der Wand mittelst einer Schnur von Aussen in Bewegung gesetzt wird. Rings um das Haus des Konsuls war ein Garten, der eine Auswahl der sch?nsten Pflanzen des Archipels und neben anderen ausl?ndischen Zierpflanzen auch europ?ische Rosen enthielt, denen man aber ansah, dass sie hier nicht heimisch sind. Der fr?here Besitzer, der auch als Botaniker bekannte Arzt Oxley, hatte durch eifriges Sammeln und Tauschen den sch?nen Garten geschaffen. Da stand die Amherstia nobilis, das einzige gr?ssere Exemplar auf der ganzen Insel, neben der Poinciana regia und dem Prachtstrauch Duranta Plumieri, umgeben von Ixoren in allen Farben und ebenso mannigfaltigen Hibiscusarten, darunter die Rose der Chinesen, von den Bedienten Schuhblume genannt, weil sie die lackirten Schuhe ihrer Herren damit putzen, Bauhinien, Passifloren und unter dem dichten, von sonderbar verschlungenen Luftwurzeln gest?tzten Schattendach eines Ficus die herrlichsten Orchideen und epiphytischen Farne. Fast Alles war in Bl?the, wie denn die meisten Pflanzen hier das ganze Jahr hindurch gleichzeitig Bl?the und Frucht tragen.
Da Singapore nur 1? 17' n?rdlich vom Aequator liegt, so herrscht dort ein ewiger Sommer. Der Unterschied zwischen dem l?ngsten und k?rzesten Tag betr?gt nur 7-1/2 Minuten; praktisch genommen sind also alle Tage des Jahres durchaus gleich lang. Der Temperaturunterschied zwischen dem Mittel des k?ltesten und des w?rmsten Monats betr?gt weniger als einen halben Grad, die mittlere Jahresw?rme 22-1/2? R. Die ?ussersten Thermometerst?nde sind 17? und 26? R. Die Morgen sind angenehm k?hl, aber die Sonne steigt schnell so hoch, dass alles mit blendendem Lichte und sengender Gluth ?bergossen sein w?rde, wenn nicht Wolken, h?ufige Regenschauer und regelm?ssig wechselnde Land- und Seebrisen Licht und Hitze milderten. Es regnet an 180 Tagen etwa 90 Zoll; im Winter etwas mehr als im Sommer, doch vergeht selten eine Woche ohne Regen; trockene und Regenzeit, die weiter nach den Wendekreisen hin fast ebenso deutlich, wenn auch nicht so schroff gesonderte Jahreszeiten bilden, wie unsere Sommer und Winter, fehlen hier in der unmittelbaren N?he des Aequators. Der erste Januar ist vom ersten Juli nicht zu unterscheiden. Bei einer so betr?chtlichen Regenmenge in so hoher Temperatur ist die Feuchtigkeit der Luft immer sehr gross. Es ist sehr schwer, Eisenger?the gegen Rost zu sch?tzen. Das Leder verschimmelt, Papier verstockt, der Phosphor l?uft von den Z?ndh?lzern ab.
Der Garten ging allm?lig in eine Muskatnuss-Pflanzung ?ber, die den Rest des ,,Oxley-H?gels" einnahm. Das ganze Grundst?ck, sowie die Fahrwege in demselben, sind von Hecken aus Zwergbambusen umschlossen, so gesundheitstrotzend und immergr?n, wie keine andere Hecke der Welt. Die Hauptstiele sind h?chstens fingerdick; die Seitensch?sse wie starker Draht und ebenso steif, starren nach allen Richtungen hin so gleichm?ssig dicht, dass die immer sorgf?ltig unter der Scheere gehaltenen Hecken wie riesige B?rsten aussehen. Wer die vielen sch?nen, anscheinend so gesunden Muskatb?umchen betrachtete, die mit Bevorzugung vor jeder anderen Kulturpflanze die H?user aller Europ?er umgaben, konnte nicht ahnen, dass diese mit so vieler M?he und grossen Kosten angesiedelten Fremdlinge bereits den Keim des Todes in sich trugen. Der Muskatnussbaum ist so oft und gut beschrieben worden, dass ich nur Einiges erw?hnen m?chte, was sich besonders auf seine Kultur in Singapore bezieht. Heimisch ist er nur auf den Molukken und den umliegenden Inseln. Sein Produkt, die Muskatnuss und die Macis, sind, seitdem die Europ?er zuerst in jene Meere kamen, Gegenst?nde des strengsten Monopols gewesen. Die Banda-Inseln, auf welche die Holl?nder der leichteren Kontrolle wegen den Anbau beschr?nkten, obwohl ihnen dies nie ganz gelang, lieferten Jahrhunderte hindurch allein dies Gew?rz. Nachdem die urspr?ngliche Bev?lkerung der Inseln, die sich dem Zwange nicht f?gen wollte, ausgerottet worden, wurde der Anbau durch Sklaven, jetzt durch Str?flinge, betrieben, unter der Leitung von Europ?ern, die zwar die Pflanzungen eigenth?mlich besitzen, das Produkt aber nur an die Regierung zu einem festgesetzten Preise verkaufen d?rfen . 1798, als die Engl?nder die Molukken inne hatten, ?bersiedelten sie die Pflanze nach Sumatra, von wo sie 1819 durch Raffles nach Singapore gebracht wurde. Ihr Anbau kam hier schnell in Mode, fast alle Landh?user wurden mit dergleichen Pflanzungen umgeben. Der Baum, der in seiner Heimath 70 Fuss hoch werden soll , bleibt hier strauchartig und ?bersteigt selten 20 Fuss. Sein Habitus h?lt die Mitte zwischen einem Lorbeer und einer Orange. Der einzelne Baum ist sehr sch?n, eine Pflanzung aber hat ein zu einf?rmiges Ansehen. Die Frucht gleicht einer Aprikose, doch l?uft das Ende, an welchem der Stiel sitzt, spitz zu, wie bei einer Birne. Ist die Frucht reif, so springt sie auf. Dann sieht man im Innern hinter einem intensiv karminrothen Netzwerk, der sogenannten Muskatbl?the oder Macis des Handels, die gl?nzend schwarze H?lle der Nuss. Die Nuss selbst ist schwer herauszusch?len. Erst durch sehr langes Trocknen ?ber schwach glimmendem Feuer schrumpft sie allm?lig so weit zusammen, dass die H?lle, welche die urspr?ngliche Gr?sse beh?lt, durch vorsichtiges Klopfen zersprengt und abgel?st werden kann. Die Muskatbl?the wird an der Sonne getrocknet und gepresst und erh?lt dadurch ihre gelbe Farbe. Es dauert 9 bis 10 Jahre, bevor die aus Samen gezogenen B?ume Fr?chte tragen. Ein grosser Uebelstand ist, dass die m?nnlichen und weiblichen Bl?then auf verschiedenen B?umen sitzen, so dass sp?ter ein Theil der unfruchtbaren m?nnlichen B?ume umgehauen und durch neue weibliche ersetzt werden muss. Gew?hnlich l?sst man auf 10 weibliche B?ume einen m?nnlichen stehen. W?hrend die Pflanze in Banda ohne alle Pflege wuchert, fordert sie hier unausgesetzt die gr?sste Sorgfalt. Der Uebelstand, dass sie erst nach so langen Jahren den vollen Ertrag giebt, tritt um so mehr hervor, wenn man ber?cksichtigt, dass der hier ?bliche Zinsfuss 12% betr?gt. Trotzdem erlangte der Anbau dieses Gew?rzes doch schnell eine grosse Ausdehnung. Einerseits ist sowohl der Boden als das Klima von Singapore f?r die Erzeugung der meisten andern Kolonial-Produkte nicht geeignet. Zucker, Kaffee, Baumwolle, Cacao, Arrow-root zu ziehen ist versucht worden, jedoch ohne rechten Erfolg. Andererseits konnten die Muskatg?rten bequem vom Besitzer ?bersehen werden, da sie keine grosse Ausdehnung haben und unmittelbar sein Haus umgeben. Auch der Umstand, dass die Pflanze in anderen tropischen L?ndern, wo man ihren Anbau versucht hatte, nicht hinreichend gedieh, um ihr Produkt zum Handelsartikel zu machen, war nicht ?bersehen worden; man hoffte dem indischen Archipel das Monopol zu bewahren. Die Erwartungen der Pflanzer sind aber g?nzlich zu Schanden geworden. Schon bei meiner letzten Anwesenheit, 1859, begannen viele B?ume zu kr?nkeln und trotz aller Bem?hungen der G?rtner abzusterben. In fast allen Stufen seiner Entwickelung wurde der Baum von verschiedenen Insekten angegriffen. Das Uebel verbreitete sich so schnell, dass jetzt, 1864, fast alle Pflanzungen sowohl in Pinang, als in Singapore v?llig zerst?rt sind. Der Verlust an Kapital wurde schon 1862 auf mehr als 500,000 Dollars angeschlagen. Durch das Aussterben der Muskatb?ume haben alle l?ndlichen Grundst?cke eine bedeutende Entwerthung und die Hypothekengl?ubiger entsprechende Verluste erlitten. Nach einer Privatmittheilung hatte beispielsweise ein reicher Chinese 4000 Dollars auf eine Pflanzung geliehen, die nach dem Absterben der B?ume nicht f?r 300 zu verkaufen war. W?re aber das Ungl?ck auch nicht eingetreten, so w?rden doch die hochgespannten Erwartungen der Pflanzer nicht in Erf?llung gegangen sein, da der Verbrauch und mithin auch der Preis aller Gew?rze, mit Ausnahme des Pfeffers, fortw?hrend abnimmt.
Von der Veranda des sch?nen Landhauses ?bersah man einen grossen Theil der Insel. Zun?chst um den Fuss des H?gels und im Thal zwischen den n?chsten Anh?hen liegen in h?bschen Gruppen die kleinen H?uschen der Eingebornen, unter Bambusb?schen und Obstb?umen, von Arecapalmen ?berragt, die auf langem, zierlich d?nnem Schaft eine Bl?tterkrone tragen, so leicht, wie ein Federbusch. Es ist die eleganteste aller ostasiatischen Palmen, Hooker vergleicht sie mit einem vom Himmel geschossenen Pfeil; die Eingebornen pflanzen sie aber nicht ihrer Sch?nheit wegen, sondern weil sie die Arecan?sse liefert, die sie mit dem Betelpfeffer kauen. Die besseren dieser H?user sind aus Brettern erbaut, viele aber nur aus Bambus, Matten, Palmenbl?ttern und allerlei Nothbehelf; sie stehen auf F?ssen von Palmenst?mmen, einige Fuss hoch ?ber der Erde. Der Fussboden besteht aus gespaltenen Bambusen oder Nibongpalmen , die neben einander liegen, ohne sich zu ber?hren, so dass Luftzug von unten durchdringt. Das Ganze ?berragt wie ein Sonnenschirm ein hohes Dach aus Palmenbl?ttern, das auf den Seitenw?nden nicht fest aufliegt, sondern dem Luftzug eine Oeffnung freil?sst. Solche H?uschen sind recht k?hl.
Nach S?den sieht man die Strasse, die zur Stadt f?hrt, aber bald hinter einem H?gel verschwindet, der auch den gr?ssten Theil der Stadt verbirgt; im Hintergrund erscheint das Meer mit seinem Inselg?rtel. Nach dem Innern zu erheben sich eine Menge kleiner H?gel; jeder der n?her gelegenen tr?gt auf dem Gipfel ein sch?nes ger?umiges Landhaus, neben welchem h?ufig einzelne B?ume emporragen, deren sp?rliche Bl?tterkrone in gar keinem Verh?ltniss zu dem enormen Stamm zu stehen scheint. Es sind die letzten Ueberreste des Urwaldes, der vor Kurzem noch Alles bedeckte, sie wurden ihrer Gr?sse wegen als Erinnerungss?ulen geschont, k?nnen sich aber nicht in die neuen Verh?ltnisse schicken; ihr Stamm, an die Feuchtigkeit und den Schatten des dichten Waldes gew?hnt, kann die freie Luft und Sonne nicht ertragen und vertrocknet schnell. Weiterhin werden die Landh?user immer seltener, dichter Wald ?berzieht gleichm?ssig die ganze Landschaft, deren Einf?rmigkeit nur durch sanfte H?gelwellen unterbrochen wird. Ziemlich in der Mitte der Insel hebt sich Bukit-tima deutlich ?ber die kleineren Anh?hen hervor, und in ?usserster Ferne erblickt man bei heiterem Wetter hinter immer zarter abget?nten H?gelreihen den Gunong-Pula?, der dem jenseitigen Festlande angeh?rt.
Zur v?lligen Behaglichkeit fehlte mir noch ein Diener; denn obgleich mein Gastfreund deren ?ber ein Dutzend hielt und den gr?ssten Theil des Tages nicht zu Haus war, konnte ich doch nur sehr schwer Dienstleistungen von seinen Leuten erlangen, da es die hiesigen Diener f?r eine ungerechte Zumuthung halten, einem Anderen, als ihrem Herrn beh?lflich zu sein. So ist es auch bei Tisch. Ist man eingeladen, so bringt man seinen Diener mit, weil man sonst Gefahr l?uft, nichts zu essen zu bekommen. Hinter dem Stuhl eines jeden Gastes steht dessen Bedienter, gew?hnlich ein Chinese mit langem Zopf, oder ein Kling mit grossem Turban. Jeder von diesen sorgt ausschliesslich f?r seinen Herrn und sucht ihm die besten St?cke zu verschaffen. Oft sieht man sie sich darum balgen, wobei sie aber immer ihr w?rdevolles Wesen bewahren, wie es sich in Gegenwart grosser Herren, f?r welche hier alle Europ?er gelten, ziemt. Einem Freunde ihres Herrn erweisen sie auch wohl mitunter eine kleine Gunst, verlangt aber ein Fremder etwas von ihnen, so stehen sie wie versteinert und in ihrem feierlich-respektvollen Gesicht malt sich die tiefste Entr?stung ?ber die ungeb?hrliche Zumuthung.
Alle Europ?er, die auf dem Lande wohnen, bringen die Gesch?ftsstunden von 9 bis 4 Uhr in der Stadt zu. W?hrend dieser Zeit steht ihr Haus gew?hnlich ganz leer, selbst die Bedienten sind dann meist nicht anwesend oder schlafen so fest, dass sie ebenso gut abwesend sein k?nnten. Das Haus steht offen, keine Th?r ist verschlossen, man kann frei durch alle R?ume gehen, die zum Theil mit werthvollen Gegenst?nden ausgestattet sind. Aber sonderbarer Weise wird nichts gestohlen. Obgleich unter den Eingebornen Diebst?hle, auch R?ubereien, h?ufig vorkommen, so war doch kein Fall bekannt, dass je das Haus eines Europ?ers beraubt worden w?re. Die Eingebornen haben eine gewisse Scheu, solches Grundst?ck zu betreten, die sich aus der Furcht vor den Hunden nicht gen?gend erkl?ren l?sst; denn Hunde giebt es nicht ?berall, auch w?rden sie entschlossenen Dieben kein Hinderniss sein. Es scheint daher fast, wenigstens schmeicheln sich die Europ?er damit, dass ein gewisser Nimbus das Haus besch?tze.
Die Europ?er, deren Zahl sehr gering ist und zum grossen Theil aus wohlhabenden Kaufleuten und hoch besoldeten Beamten besteht, geniessen in mancher Hinsicht eine bevorzugtere Stellung, als der hohe Adel in Europa. Sie sind durch Reichthum, Bildung, Intelligenz, Unternehmungsgeist und Ehrenhaftigkeit den anderen hier vertretenen Nationen sehr ?berlegen. Ausserdem bilden Farbe und ?ussere Haltung eine nat?rliche un?bersteigliche Schranke f?r alle ehrgeizigen Asiaten, deren einige ebenfalls grosse Reichth?mer ansammeln. Auch der Luxus, in dem sie leben, die Freigebigkeit, mit der sie bezahlen, sind Mittel, bei den Asiaten Achtung zu erlangen. Einer der angenehmsten Vorz?ge, die aus diesem Verh?ltniss entspringen, ist das unbegrenzte Vertrauen, das alle Europ?er geniessen. Keiner von ihnen tr?gt Geld bei sich, und kann dennoch in jedem Laden kaufen, was er will. Ich hatte einmal in Johore, auf dem asiatischen Kontinent, jenseits der kleinen Meerenge, eine Anzahl Jungen benutzt, um Thiere und Pflanzen zu sammeln. Da ich kein Geld hatte, erhielt jeder f?r das, was er ablieferte, ein St?ckchen Papier, auf das ich mit Bleistift die Anzahl Cents schrieb, die er daf?r empfangen sollte. Als ich Abends abfuhr, rechnete ich die einzelnen Zettel zusammen und gab dem ?ltesten Jungen einen Schein f?r die ganze Summe, zahlbar in Singapore. Keiner hatte das geringste Misstrauen, sie schienen alle so befriedigt, als h?tte ich sie baar bezahlt, obgleich wir einander v?llig fremd waren. Als ich Singapore verliess, fuhr mich mein Kutscher an den Platz der Einschiffung und setzte meinen letzten Koffer ins Boot. Ich schuldete ihm mehrere Monate Fuhrlohn, schrieb mit Bleistift einige ihm unverst?ndliche Worte auf einen Zettel, den er bei meinem Banquier abgeben sollte, er machte seinen Salam und w?nschte mir eine gl?ckliche Reise. Sogar die Hunde, die in dergleichen Dingen immer eine richtige Witterung haben, erkennen die bevorzugte Stellung an. Sobald ein ganz fremder Europ?er zum ersten Male das Grundst?ck eines andern betritt, kommen sie ihm bis an die Hecke entgegengelaufen und geleiten ihn freundlich bellend und wedelnd ins Haus. Wenn erst die europ?ische Bev?lkerung mehr zunimmt, Unbemittelte oder gar Industrieritter hierher kommen, wird dieser Zustand nat?rlich aufh?ren.
Die Lebensweise der reicheren Europ?er ist ?usserst angenehm und mit Ausnahme der zu kopi?sen Mahlzeiten sehr zweckm?ssig. Die Billigkeit der Landh?user, der Dienerschaft und der Pferde erlaubt ihnen mit verh?ltnissm?ssig geringen Kosten einen f?rstlichen Haushalt zu f?hren. Sie stehen gew?hnlich vor Tagesanbruch auf, nehmen ein Bad und machen einen grossen Spaziergang. Nach einem einfachen Fr?hst?ck, um 9, fahren sie zur Stadt, arbeiten bis um 4 in ihren meist sehr luftigen Kontoren und kehren nach Haus zur?ck. Bei der Ankunft bietet der erste Diener seinem Herrn ein Glas Sherry an und berichtet, ob etwas vorgefallen, dann folgt Bad, Ausfahrt in eleganter offener Equipage, gegen 7 Uhr Diner, nach Tisch wird gelesen, geplaudert, Billard gespielt. Man geht fr?h zu Bett, wenn keine G?ste da sind; sonst dauern die Gesellschaften gew?hnlich bis 11 Uhr. Mit Sonnenuntergang wird das ganze Haus verschwenderisch beleuchtet, wenn auch kein Besuch da ist.
Frauen sind auch in der europ?ischen Gesellschaft wenig zahlreich. Sie leben meist auf so kostspielige Weise, dass nur wenige M?nner reich genug sind, Frauen in dem zum herrschenden Ton gewordenen Luxus zu erhalten. Auch vertragen dieselben meistens das Klima weniger gut als M?nner; sie werden bald apathisch, kr?nkeln und sind gen?thigt, zur Wiedererlangung ihrer Gesundheit nach Europa zur?ckzukehren. Tritt dieser Fall nicht ein, so zwingt sie bald die Sorge f?r die Erziehung der heranwachsenden Kinder zur Heimreise, w?hrend der Mann, wenn er noch kein hinreichendes Verm?gen erworben, zur?ckbleibt.
Wie aber fast jedes Uebel auch seine gute Seite hat, so ist der Verkehr unter den M?nnern innerhalb derselben gesellschaftlichen oder eigentlich finanziellen Schichten, denn in solche ist die hiesige Gesellschaft streng gesondert, um so bequemer und herzlicher; w?hrend in fast allen kleinen Kolonien, wo es Frauen und gar arme Beamten- und reiche Kaufmannsfrauen giebt, das Leben durch die Eifers?chteleien der sonst so liebensw?rdigen Wesen sehr verbittert wird. Auch sind Frauen als H?terinnen des Anstandes und der Sitte in englischen Kolonien entbehrlicher, als in jeder andern. Der starre Schematismus der englischen Erziehung h?lt f?r das ganze Leben vor. W?hrend kontinentale Europ?er in fernen L?ndern gern jeden l?stigen Zwang so bald als m?glich ablegen, sich vernachl?ssigen, ,,ihre Kaste verlieren", bleiben die Engl?nder ?berall Engl?nder -- Insulaner -- Fremde. Daher ist auch ihr Einfluss auf die Sitten der Eingebornen ein sehr geringer. Eben so gering sind auch die Leistungen ihrer wohl besoldeten, fein gebildeten Mission?re im Vergleich zur Mehrzahl der katholischen, die, ungest?rt durch wissenschaftliche Bildung, gesellschaftliche Stellung, h?uslichen Wohlstand und Familienbande, in besonderen Seminaren mit milit?rischer Disziplin zum Bekehren erzogen, in ein viel n?heres und daher einflussreicheres Verh?ltniss zu ihren T?uflingen treten.
Die hiesigen englischen H?user sind meist nur Agenturen gr?sserer Firmen, deren Hauptsitz in England oder Kalkutta ist, und die noch an mehreren andern Pl?tzen in China und am Archipel ihre Kontore haben. Daher finden unter dem Personal h?ufige Versetzungen statt. Als ich nach 6 Monat langer Abwesenheit Singapore wiedersah, traf ich die H?lfte meiner Freunde nicht mehr an; sie waren nach allen Richtungen zerstoben und durch neue Ank?mmlinge ersetzt.
Unter den Europ?ern herrscht grosse Gastfreundschaft. Fast t?glich ist man eingeladen. Als ich mich zum ersten Male in einer solchen Gesellschaft befand, machten die geographischen Spezialkenntnisse der Anwesenden einen grossen Eindruck auf mich. Mein Nachbar rechts war 10 Jahre auf den Philippinen gewesen, der zur Linken hatte so eben einen grossen Theil Borneo's durchreist; der gegen?ber hatte fast alle gr?sseren Inseln des Archipels besucht, auch Neu-Guinea und die Nordk?ste Australiens. Ein anderer war zu Fuss durch Birma bis an die Grenze von China gegangen, durch L?nder, die ausser ihm noch kein Europ?er betreten hatte. Wie erweiterte sich aber erst der geographische Horizont, als die Damen die Kartoffelfrage behandelten! ,,Sind dies javanische oder chinesische Kartoffeln?" -- ,,Neuseel?ndische." -- ,,Ich ziehe die kalifornischen vor." -- Die eine bezog ihren Bedarf aus Holland, die andere aus Neuholland. -- Europ?ische Gem?se und Fr?chte gedeihen hier nicht. Von den hier gebauten Gem?sen sagen fast nur Bohnen und mehrere Gurkenarten unserem Geschmack zu. Dagegen liefern die hiesigen G?rten in grosser F?lle die besten Fr?chte der heissen Zone. Am h?ufigsten ist die Banane oder Pisang , in sehr vielen Variet?ten, bei weitem die verbreitetste und n?tzlichste aller tropischen Fr?chte. Ihr Geschmack h?lt die Mitte zwischen Birne und gekochter Kartoffel; sie dient als Obst und Gem?se, und wird selbst von Europ?ern reichlich gegessen, die sonst die meisten Fr?chte, sogar die k?stliche Ananas, aus Gesundheitsr?cksichten ?ngstlich vermeiden, was, so weit meine Erfahrung reicht, ein Vorurtheil ist. Keine Frucht ist leichter zu kultiviren; sobald die Fruchttraube abgenommen, wird der Stamm umgehauen, um f?r die aus der Wurzel aufgeschossenen j?ngeren Triebe Platz zu machen; so geht es fort und fort. -- Die Ananas, malayisch Nanas , von Singapore ?bertreffen an Wohlgeschmack alle in Java, Siam oder auf den Philippinen gebauten, und werden selbst von den in europ?ischen Treibh?usern gezogenen an Duft nicht ?bertroffen. An S?ssigkeit und Saftf?lle bleiben diese aber hinter der Singapore-Ananas zur?ck. Sie ist so billig, dass man sie in Verbindung mit feinem Sand benutzt, um das Verdeck der Schiffe zu scheuern. Man isst gew?hnlich nur die untere, s?ssere H?lfte und wirft die obere fort. -- Von Vielen wird der Mangustan f?r die K?nigin aller Fr?chte erkl?rt. Sein Vorkommen ist auf ein sehr kleines Gebiet beschr?nkt; weder in Ost- noch Westindien gelang es bisher, ihn zu ziehen. -- Nur in gewissen Jahreszeiten h?ufig sind die Mangos , die, wenn sie nicht sehr gut sind, wie Aprikosen mit Terpentin, oft aber auch wie Terpentin mit Aprikosen schmecken. Dies ist eine der wenigen tropischen Fr?chte, von denen es viele durch Kultur entstandene Variet?ten giebt.
Die gr?sste aller Baumfr?chte ist wohl die Nangka, Jackfruit , von denen eine einzige ?ber einen halben Centner schwer wird. Obgleich sie sehr angenehm w?rzig schmeckt, wird sie von Europ?ern fast nie gegessen. Sie ist eine nahe Verwandte der Frucht des Brodbaums , die hier nicht gesch?tzt und nur von den Eingebornen als Gem?se genossen wird. H?ufiger erscheint die Papaya auf der Tafel, die Frucht des Melonenbaumes , die weder die Gr?sse, noch den Geschmack einer sehr mittelm?ssigen Melone erreicht. In der inneren H?hlung liegen eine grosse Menge dunkelgr?ner Kerne; sie sehen aus wie Kapern, riechen wie Kresse und schmecken gar nicht. Der Saft der unreifen Frucht enth?lt aber Fibrin, das ausser bei Pilzen noch bei keiner Pflanze nachgewiesen wurde. Dieser Saft, ja die blosse Ausd?nstung der Bl?tter, mehr noch die Ber?hrung hat die h?chst auffallende Eigenschaft, die Muskelfaser zu zersetzen, das z?heste Fleisch zart zu machen.
Sehr sch?n modellirt und gef?rbt, wie aus Wachs gebildet, sind die Jambusen , deren einige wie Rosen duften. Sie erfrischen, ohne den Geschmack zu befriedigen, da ihr loses, schwammiges Zellengewebe nur schwach s?uerliches Wasser enth?lt.
Angenehmer schmecken die Anonen-Arten, die aber in Singapore noch nicht die verdiente Verbreitung gefunden haben.
Der Lei-tschi der Chinesen , der in Siam so gut fortkommt, scheint in Singapore nicht zu gedeihen; der Rambutan, eine ihm verwandte Nephelium-Art , ist h?ufig und kommt ihm im Geschmack sehr nahe. Die fleischige H?lle haftet aber durch unz?hlige F?serchen so fest am Kern, dass ihr Genuss unbequem ist.
Apfelsinen sind in zahlreichen Variet?ten vorhanden, in allen Gr?ssen, vom kleinen Kumqwat, nicht gr?sser als eine Walderdbeere, bis zur Pumpelmuse , die fast kopfgross wird. Letztere hat zwar einen grossen Verbreitungsbezirk, erlangt aber nur an gewissen eng begrenzten Lokalit?ten ihr volles Aroma. Am besten ger?th sie in Batavia und in Amoy. Sie ist lange nicht so saftreich, aber w?rziger, als alle andren Oranien. Der Name Pumpelmuse klingt sehr holl?ndisch, kommt aber wahrscheinlich vom Tamil-Wort Bambalmas. Die Engl?nder nennen sie gew?hnlich Shaddock nach einem Schiffskapit?n, der sie von Batavia nach Westindien ?bersiedelte. Dr. de Vry sagt in einem vor der British Assoc. in Birmingham gehaltenen Vortrage, dass die Pumpelmusen in Bandong in 2300' Meeresh?he ungeniessbare Fr?chte, nicht gr?sser, als gew?hnliche Apfelsinen, tragen, dass er aber von einem einzigen Baum in seinem Garten 200 ? Bl?then gepfl?ckt habe und dass er von 1000 ? Bl?then 1 ? Neroli bester Qualit?t erhielt .
Als Unkraut wuchert die Guajava , deren den Holzbirnen und Aepfeln ?hnlich aussehende Fr?chte die Stelle unserer Quitten vertreten, ohne ihrem Aroma gleichzukommen; sie werden fast nur eingemacht gegessen.
Eine der merkw?rdigsten Fr?chte von allen ist der Durian ; nach Crawfurd ist er auf dasselbe kleine Gebiet beschr?nkt, wie der Mangustan und w?chst auf hohen B?umen, h?ufiger im Walde, als kultivirt, hat ziemlich die Gr?sse und Gestalt der Ananas, aber die pyramidalen Warzen, die seine holzige Schale bedecken, sind hart und spitz. Bei der reifen Frucht springt die Schale an vier Stellen der L?nge nach bis zum Stiel auf und enth?llt eine weiche, weisslich gelbe, creme-artige Substanz, welche die Zwischenr?ume zwischen den nussgrossen Samenkernen ausf?llt. Sie schmeckt besser als der beste Creme, und riecht schlechter als Knoblauch. Dieser ungemein penetrante Geruch ist anf?nglich Jedem zuwider, der Wohlgeschmack aber so gross, dass der urspr?ngliche Widerwille sich bald in eine wahrhaft leidenschaftliche Zuneigung verwandelt. Man zahlt oft einen Dollar f?r das St?ck, w?hrend Ananas nur einen Cent kosten, so gross ist die Nachfrage ihrer Verehrer. -- Hoch bezahlt sind auch steinharte, fade Birnen und Aepfel, die der Norden von China liefert; sie sind fast ungeniessbar f?r neue Ank?mmlinge, aber l?nger Ans?ssige, denen sie das Obst der geliebten Heimath versinnlichen, dichten ihnen in frommer Erinnerung einen Wohlgeschmack an, den sie durchaus nicht besitzen.
Die Sehnsucht nach der Heimath ist ein stehender Zug bei allen Europ?ern, die in diesen fernen Landen leben. Eine h?bsche Sitte, die sich darauf gr?ndet, ist der Toast: ,,Auf die fernen Freunde", der zum Schluss des Mahls im besten Wein mit feierlicher Stille getrunken wird.
Viele hiesige Fr?chte, wenn auch in G?rten gewachsen, sind kaum als veredelt zu betrachten und unterscheiden sich wenig oder gar nicht von ihren Stammeltern im Walde. Aber auch diejenigen, die man nicht wild, sondern nur um die Wohnungen der Menschen antrifft, haben sich nur wenig von dem urspr?nglichen Typus entfernt, da fast keine Variet?ten vorhanden sind . Doch ist wohl nicht zu zweifeln, dass sich aus den vorhandenen Obstarten eine eben so grosse Menge hochedler Sorten erzielen liesse, als man in Europa aus fast ungeniessbaren urspr?nglichen Arten gezogen hat. F?r's Erste ist aber keine Aussicht auf dergleichen Versuche vorhanden. Die hiesigen Europ?er wenden ihre ganze Energie und Intelligenz dem Handel zu und kehren, sobald sie k?nnen, nach Europa zur?ck. Die wenigen, die hier bleiben, haben meist ihre Strebsamkeit verloren, sie nehmen immer mehr von der Gleichg?ltigkeit der Eingebornen an. Von ihnen sind Versuche, die so viel Zeit, Kenntniss und M?he verlangen, kaum zu erwarten.
Ausser Obst, etwas Gem?se und Gefl?gel, vielen Fischen und Krebsen liefert die Insel keine Nahrungsmittel. Es wird aber Alles in Menge eingef?hrt, ja oft sind manche Artikel hier billiger, als am Produktionsort. H?hnerfleisch und Reis isst man t?glich wenigstens zwei Mal. Hammelfleisch ist sehr theuer und gilt f?r einen grossen Leckerbissen. Die besten Hammel kommen aus Bengalen, darauf folgen die vom Peiho, weniger gesch?tzt sind die von Shanghai und Australien. Puter kommen aus Java und kosten 5 bis 6 Dollars das St?ck. In Singapore k?nnen sie nicht gezogen werden, auch die eingef?hrten sterben bald.
Von europ?ischen Speisen sind namentlich die national-englischen in Blechb?chsen immer vorhanden, sie sind meist aus englischer Fabrik, daher weder sehr wohlschmeckend, noch mannigfaltig. In anderen Kolonien l?sst man sich dergleichen Sachen lieber aus Frankreich kommen und steht sich besser dabei. Die gew?hnlichen Getr?nke sind englisches Bier, Bordeaux-, Rheinwein. Geeisten Champagner trinkt man so h?ufig, dass die chinesischen Bedienten das Wort ihrer Aussprache akkommodirt haben, indem sie aus Cham-paign sim-kin machen.
Von der Wichtigkeit der Erfindung, Nahrungsmittel in hermetisch-verschlossenen B?chsen aufzubewahren, bekommt man erst auf Seereisen und mehr noch in den Kolonien, besonders in den abgelegenen Stationen, eine richtige Vorstellung. Wenn aber die Zubereitung nicht sehr schmackhaft ist, so stellt sich nach fortgesetztem Gebrauch allm?lig ein solcher Ekel ein, dass selbst die Matrosen Salzfleisch vorziehen. Dies tritt namentlich bei englischen Pr?paraten bald ein, bei franz?sischen habe ich es nie empfunden. Hoffentlich ist der Zeitpunkt nicht mehr fern wo man wenigstens die f?r die Passagiere bestimmten Nahrungsmittel w?hrend der ganzen Reisedauer nur durch K?lte frisch erhalten wird. Wenn die Eismaschinen erst den n?thigen Grad von Vollkommenheit erreicht haben, d?rfte es wohl an der Zeit sein, sie mit einem System von R?hren zu verbinden, die, mit einer schwer erstarrenden Fl?ssigkeit gef?llt, einen angemessenen Raum hinreichend kalt erhalten, um alle darin niedergelegten Nahrungsmittel v?llig frisch zu bewahren. Man sollte glauben, dass die Kosten der Einrichtung und des Betriebes, besonders auf Dampfschiffen, wo ein kleiner Bruchtheil der vorhandenen Kraft zu diesem Zweck abgezweigt werden k?nnte, betr?chtlich geringer sein w?rden, als die des jetzt eingef?hrten Gebrauchs, lebende Thiere sammt Futter und W?rter mitzunehmen. Abgesehen aber vom Kostenpunkt w?rden die Annehmlichkeiten f?r die Reisenden sehr gross sein. Der Zahlmeister k?nnte auf jeder Station diejenigen Artikel in F?lle einkaufen, die gerade dort am vorz?glichsten sind; statt des Fleisches von Thieren, die durch die Seereise gelitten haben, k?nnte man den Reisenden mit wahrscheinlich geringeren Kosten stets das beste, gleich in geeigneten St?cken eingekaufte Fleisch vorsetzen. F?hrte man ein solches R?hrensystem durch die von den Passagieren bewohnten Schiffsr?ume, wie man H?user durch warmes Wasser heizt, so k?nnte die in niederen Breiten, besonders an Bord ?berf?llter Dampfschiffe, so unertr?gliche Hitze auf ein Minimum herabgedr?ckt werden. Namentlich aber f?r die Fahrt auf dem rothen Meere, die w?hrend einiger Monate so verrufen ist, dass die Gesellschaften w?hrend dieser Zeit gen?thigt sind, ihre Preise herabzusetzen, w?rde eine solche Einrichtung von grossem Werthe sein.
Nachdem ich in dem sch?nen Landhause einige Wochen zugebracht, die unter der Masse neuer Eindr?cke und Bekanntschaften sehr angenehm verflogen, entschloss ich mich, die wahrhaft f?rstliche Gastfreundschaft unseres Konsuls nicht l?nger in Anspruch zu nehmen, bezog eine kleine Wohnung in der Stadt und wollte anfangen, recht fleissig zu sammeln und zugleich Individuen der verschiedenen Rassen, welche die v?llige Freiheit des Verkehrs hier zusammenf?hrt, zu photographiren. In Europa hatte ich viel von der Vortrefflichkeit und Billigkeit der indischen Diener geh?rt und meine Anspr?che, sowie meine Ausr?stung danach zugeschnitten. Einen Diener wollte ich zum Sammeln und Pr?pariren von Thieren, einen zweiten auf Pflanzen, einen dritten auf photographische Handleistungen abrichten. Auch konnte ich, wenigstens im Anfang, Diener genug bekommen, sie fanden aber keinen Geschmack an meinen Liebhabereien und verliessen mich gew?hnlich wieder nach einigen Tagen. Durch Vermittelung eines gef?lligen Freundes wurde mir ein kleines, niedliches Bretterhaus, 100 Schritt vom Meer, das der Regierung geh?rte und zur Zeit unbenutzt stand, zur Verf?gung gestellt. Ich liess mich mit meinem Gep?ck darin nieder und verlebte hier einige sehr angenehme Monate. Die Liebensw?rdigkeit und Herzlichkeit, die ich ohne Ausnahme von allen Europ?ern erfuhr, wird mir immer eine der liebsten Erinnerungen bleiben. Einmal zeigte mir Jemand ein Glas voll Schlangen und Eidechsen in Spiritus, ohne sie mir anzubieten, und ich erinnere mich noch, dass ich von einem so unerwarteten Verfahren ganz betroffen war. Ich w?sste die Gef?lligkeiten, die mir ununterbrochen von allen Seiten erwiesen wurden, nicht schlagender anzudeuten, als durch dies Gest?ndniss. Der Tag verging unter den mannigfachsten Besch?ftigungen, die Abende brachte ich gew?hnlich auf dem Landhaus irgend eines Freundes zu. Freilich fehlte es auch nicht an allerlei kleinen Miseren, welche aber gegen die Freuden des damaligen Lebens sehr zur?cktraten. Eine dauernde Unbequemlichkeit war die Schwierigkeit, einen guten Diener zu finden. Als ich in meinem H?uschen die grossen Kisten ge?ffnet hatte und der Bediente den Inhalt erblickte, sch?ttelte er bedenklich den Turban und sprach halb englisch, halb malayisch: ,,Viel, viel Sachen, Herr, nehmt einen andern Diener, zu viel M?he!" und ging ab. Ich wagte nicht auszugehen, da das Haus nicht verschliessbar war. Bald kam ein Platzregen, der durch das schadhafte Dach drang und die ausgepackten Sachen durchn?sste. Nach einigen Tagen erbarmte sich meiner eine Dame und verschaffte mir ein wahres Muster von Bedienten, der Alles allein zu machen versprach. Auch stattete sie mich noch mit allerlei Gegenst?nden der Bequemlichkeit aus, um mir den Aufenthalt in meiner neuen Wohnung angenehm zu machen. Als ich sp?t Abends nach Hause kam, fand ich aber dasselbe offen, der Diener war nicht da, weil er, wie er mir am andern Tage sagte, noch keine Schlafmatte hatte. Um eine zu suchen, verbrachte er den gr?ssten Theil des zweiten Tages ohne Erfolg. Am dritten Tage kam er sp?t und brachte noch einen Landsmann mit, der ihm helfen sollte; dieser schien ein Literat zu sein, er las den ganzen Tag, deklamirte und schrieb; verlangte ich etwas von ihm, so seufzte er und sprach: ,,much, much trouble." Nachmittags fand ich ihn in meiner Geldtasche w?hlend und entliess ihn. Den andern behielt ich noch 6 Tage, davon war er 2 Tage krank, einmal musste er vor Gericht, ein andermal hatte er dringende Gesch?fte in Familienangelegenheiten. Nachdem ich in kurzer Zeit einige Malayen und mehrere Klings gehabt, bekam ich einen ber?hmten, kleinen Chinesen. Leider verstand er nicht malayisch und ich nicht chinesisch. Er verstand ?berhaupt nichts, da er noch nicht gedient hatte, besass aber grossen Eifer. Meine Schuhe putzte er nicht nur von aussen, sondern auch von innen, und als ich ihm auftrug, meinen schwarzen Frack zu reinigen, um darin bei einem amtlichen Diner des Guvern?rs zu erscheinen, wusch er ihn mit Seife und Wasser. Dadurch wurde der kleine Bursche so ber?hmt. Seine angenehmste Eigenschaft aber war, dass er immer lief, wenn ich ,,lakas" rief. Dies hatte f?r mich einen solchen Reiz, nachdem ich mich so lange mit den faulen, m?rrischen Klings beholfen hatte, dass ich den armen Jungen fast nur in diesem schnellen Tempo benutzte. Aber nach 6 Wochen war er's m?de. Als auch er mich verlassen hatte, blieb ich l?ngere Zeit ohne alle Bedienung. Mein Haus war eigentlich nur dem Scheine nach verschlossen, obgleich ich oft den ganzen Tag und einen Theil der Nacht abwesend war. Auf meinem Balkon hingen mehrere Thermometer ganz frei, mir ist aber nie etwas gestohlen worden. Und doch stand das Haus auf einem Grundst?ck, das nur zum Theil durch eine Hecke eingefasst war und an einer wenig frequenten, Abends nicht beleuchteten Strasse lag. Den Grund weiss ich mir nicht zu erkl?ren.
Wenn aber auch ein hiesiger Diener den Anforderungen, die man in Europa an einen solchen stellt, nicht entspricht, so kann man sich doch sehr gute Bedienung verschaffen, wenn man f?r verschiedene Dienstleistungen im Hause verschiedene Diener annimmt, was bei ihren bescheidenen Anspr?chen nicht sehr theuer ist. Auch verlangt die Gerechtigkeit, zu erw?hnen, dass ich schliesslich einen vorz?glichen Diener bekam, treu, anstellig, fleissig, bescheiden; zu meinem grossen Bedauern zog er sich sp?ter in den W?ldern von Malacca ein Junglefieber zu, wodurch ich gezwungen wurde, ihn in Singapore unter der Pflege eines Arztes zur?ckzulassen.
Viertes Kapitel.
Ueberblick der Stadt. -- Strassenleben. -- Reis. -- Chinesen. -- Malayen. -- Malayische Sprache.
Die Stadt bildet ein Kreis-Segment, dessen Sehne, der Strand, von NO. nach SW. streicht, w?hrend der nach NW. gerichtete Bogen im N. von einem Kanal, in seinem weiteren Verlauf durch eine Reihe von Anh?hen begrenzt wird. Gegen 20 dieser, im Durchschnitt 100 Fuss hohen H?gel treten unmittelbar an den Rand der Stadt und schon beginnen die H?user, sich an den Abh?ngen in die H?he zu ziehen. Jeder Gipfel gew?hrt einige h?bsche Bilder, die alle aus denselben, aber immer anders gruppirten Elementen bestehen. Die sch?nste Rundsicht hat man vom Government-hill, jetzt Fort Canning, das mitten in der Stadt liegt. Hart an seinem Fuss fliesst der kleine Fluss, der die Stadt in zwei Theile sondert. Die n?rdliche, r?umlich gr?ssere Abtheilung enth?lt die meisten ?ffentlichen Geb?ude, viele Wohnh?user reicher Kaufleute und Beamten, die noch unvollendete Kirche und die Esplanade, einen sch?nen grossen Rasenplatz dicht am Meere, auf welchem jeden Abend ein kleiner Korso und Cricket, das nationale Ballspiel der Engl?nder, mehrere Male in der Woche auch Milit?rmusik stattfindet. Auf der S?dseite ist das Gesch?ftsleben konzentrirt. Diese vertritt die ,,City", jene das ,,Westend"; letzteres liegt aber ?stlich. Dicht an seiner M?ndung hat der Fluss nach S?den zu ein quadratisches St?ck Land von etwa 1000 Fuss L?nge und Breite angeschwemmt; Raffles, der Gr?nder der Stadt, hat die Tr?mmer eines H?gels, der fr?her an der M?ndung stand, darauf gesch?ttet. Es h?ngt nur auf einer Seite mit dem Lande zusammen, zwei andre Seiten werden vom Meere, die vierte vom Fluss gebildet. In diesem Viereck befinden sich alle gr?sseren Gesch?ftsh?user und Speicher der Europ?er sowohl, als der Asiaten. Auf den dem Meere zugekehrten Seiten ragen Landungsd?mme ins Wasser, an welchen die G?ter f?r die verschiedenen Firmen unmittelbar in die daran stossenden Speicher gebracht werden. In der Mitte des Vierecks liegt der Commercial square, der Centralpunkt des Verkehrs f?r die Europ?er, und vertritt fast die Stelle einer B?rse. Noch lebhafter aber ist das Gewimmel auf und an dem kleinen Flusse: an seinen beiden Ufern liegt eine fast ununterbrochene Reihe von Leichtern und andern kleinen Booten, welche Waaren aus- und einladen, die von st?mmigen chinesischen Kulis oder durch Ochsenkarren weiter geschafft werden. In der Mitte bewegen sich vom fr?hesten Morgen bis sp?t Abends dichte Z?ge ein- und ausfahrender Lastboote aller Gr?ssen.
Die Rhede ist umschlossen von dichtbewaldeten Inseln, ?ber die sich die Kronen zahlreicher Palmen erheben. Gew?hnlich ist das Meer so ruhig, wie ein Binnensee und bedeckt mit Schiffen aller L?nder, zwischen denen unz?hlige kleine Boote hin- und herfahren. Eine ganze Kette solcher kleinen Eilande und Felsen liegt im S?den der Hauptinsel und setzt in SO-Richtung den Umriss der K?ste wie in einer punktirten Linie fort. Die s?dlichste derselben, St. John, musste fr?her von allen gr?sseren Fahrzeugen umschifft werden, bis man unmittelbar an der S?dk?ste von Singapore selbst eine Durchfahrt entdeckte, tief genug f?r die gr?ssten Schiffe. Sie wird im S?den von der Insel Blakang-mati begrenzt, welche fleissige Bugis in ein Ananasfeld verwandelt haben, und bildet den sogenannten neuen Hafen, New harbour, in dem jetzt die gr?ssten Dampfschiffe anlegen und ihre Kohlendepots haben. Es sind daselbst Docks und Landungsbr?cken errichtet, so dass die Schiffe unmittelbar am Lande anlegen und l?schen k?nnen, w?hrend in Singapore Alles durch Leichter gelandet werden muss. New harbour hat aber so wenig Raum, dass er kaum f?r die Bed?rfnisse der Dampfschifffahrt ausreicht.
Das bunte Treiben in den Strassen entspricht dem, was die Schiffe auf der Rhede vermuthen liessen. Die Stadt ist der Sammelplatz aller V?lker des fernen Ostens. Weitaus ?berwiegend an Zahl und Bedeutung sind die Chinesen. Dann folgen der Menge nach die V?lker malayischer Rasse, Bewohner des Archipels: Bugis, Javanen, Sundanesen, echte Malayen und endlich die Klings, wie hier allgemein s?mmtliche Bewohner Vorder-Indiens ohne Unterschied genannt werden, obgleich das Wort, eine Korruption von Telinga, urspr?nglich nur die Eingebornen der Ostk?ste der vorderindischen Halbinsel bezeichnet. Diese drei V?lkerschaften bilden die Hauptmasse; mehr vereinzelt erscheinen zwischen ihnen Araber, Perser, Parsis, Armenier, Siamesen, Birmanen, Anamiten, Tagalen und Juden in alttestamentarischer Tracht.
In allen Hauptstrassen der Stadt sind die H?user im Erdgeschoss mit fortlaufenden Bogeng?ngen versehen, unter welchen man zwar Schutz gegen die Sonne findet, aber nicht gegen die Zudringlichkeit der kleinen Handelsleute, die hier als Geldwechsler, ?ffentliche Schreiber und Kr?mer ihr Wesen treiben. Bei letzteren findet man oft das sonderbarste Gemisch von Waaren, namentlich bei den Klings: neben europ?ischen Eisen- und Kurzwaaren sieht man die verschiedensten Produkte des Archipels, indische Medikamente, H?lsenfr?chte und mitten unter den Nahrungsmitteln grosse St?cke Arsenik in offenen Schalen, das namentlich nach Madras zum Einbalsamiren der Leichen, auch nach anderen H?fen zum Pr?pariren der H?ute geht. Eine andere in die Augen fallende Waare, die man aber nur an den Th?ren der Grossh?ndler trifft, sind Kanonen von jedem Kaliber, f?r die immer ein guter Markt ist, da sich hier sowohl die Seer?uber zum Angriff, als die friedlichen Kauffahrer zur Vertheidigung ausr?sten.
Besonders auffallend im hiesigen Strassenleben ist die fast g?nzliche Abwesenheit der Frauen. Chinesen und Klings, die mit der Absicht kommen, nachdem sie ein kleines Verm?gen erworben, in ihr Vaterland zur?ckzukehren, bringen keine Frauen mit, und ein grosser Theil der Bev?lkerung ist fluktuirend, kommt mit dem einen Monsun und kehrt mit dem andern in die Heimath zur?ck, die Familie bleibt daheim. Von den wenigen Frauen, die hier ans?ssig sind, werden die meisten, der Sitte des Orients gem?ss, im Hause gehalten. Nach den statistischen Berichten ist das Verh?ltniss der Frauen zu den M?nnern ohnehin nur wie 1: 8, aber auf der Strasse fehlen erstere fast ganz. Nie geht eine Frau neben ihrem Mann, oder gar von ihm gef?hrt, es k?nnte die W?rde des Mannes beeintr?chtigen, ihn l?cherlich machen. Die malayischen Familien gehen gew?hnlich Einer hinter dem Andern, zuerst die Kinder, dann die Mutter, dann der Vater und die Erwachsenen. Auch M?nner gehen immer nur hinter einander, der Vornehmste voran, die andern folgen genau nach ihrem Range. Sie haben diese Gewohnheit wohl in der Heimath angenommen, wo nur schmale Pfade durch den Wald f?hren, und befolgen sie hier auch auf den breitesten Strassen. Derselbe Gebrauch ist unter den Indiern in Amerika allgemein: daher der englische Ausdruck: Indian file. Manche k?nnen es auch nicht unterlassen, wenn sie an Hecken vorbeigehen, einige Zweige einzuknicken, wie sie es im Walde gew?hnt sind, zu thun, um den R?ckweg zu finden.
Den buntesten, interessantesten Anblick gew?hrt die Stadt wohl Abends zwischen 8 und 10 Uhr. Die Strassen, in welchen die Gesch?ftsh?user der europ?ischen Kaufleute liegen, sind dann ?de und finster, aber in den anderen Stadttheilen, besonders im Viertel der Chinesen, herrscht die gr?sste Lebendigkeit. Hier sind alle L?den offen und mit grossen, bunten Papierlaternen, die zugleich als Firmaschilder dienen, beleuchtet, alle Werkst?tten in voller Th?tigkeit. L?ngs der H?user haben sich ganze Reihen kleiner Gesch?ftsleute, Hausirer, besonders aber viele Gark?che mit ihren tragbaren Gestellen eingefunden, welche an dem einen Ende eines Bambus die K?che, am andern s?mmtliches Geschirr tragen. Dazwischen wogt eine dichte Menschenmenge, die hier ihre Abendmahlzeit kauft und meist gleich an Ort und Stelle verzehrt.
Die Chinesen bedienen sich zum Essen der bekannten kleinen St?bchen; alle andern hiesigen Asiaten essen mit den Fingern, zuweilen auf sehr unappetitliche Weise. Noch unappetitlicher ist die Art, wie die G?ste ihrem Wirth nach beendigter Mahlzeit ausdr?cken, dass sie v?llig satt sind. Die Mehrzahl der hiesigen Bev?lkerung lebt fast nur von Reis. Viele geniessen kaum etwas anderes. Fleisch und sonstige Zuspeisen werden von den Aermeren nur in so geringer Menge dazu genossen, als bei uns Pickles oder andre Reizmittel. Darauf sind auch die Gark?che eingerichtet; f?r ein paar Pfennige kann sich dort Jeder die kleinsten Portionen seiner Lieblingsgerichte kaufen, die zuweilen auf r?mischen Wagen, nicht gr?sser als eine Goldwage, abgewogen werden. Es sieht drollig aus, wenn eine Anzahl chinesischer Kulis ihre Mahlzeit einnehmen. Sie hocken um einen Eimer voll Reis, um welchen im Kreise herum eine Anzahl pikanter Zuspeisen in kleinen Tassen stehen. Jeder f?llt sich eine ger?umige Schale mit dem Nationalgericht, fasst seine beiden Essst?bchen, die so dick wie Bleistifte und anderthalb mal so lang sind, indem er sie mit Daumen und Mittelfinger gegen den Zeigefinger presst, und schaufelt sich mit den beiden Enden, den Athem dabei einziehend, eine grosse Anzahl Reisk?rner zu, die einzeln, aber in enggeschlossener Reihe, in den weit ge?ffneten Mund fliegen, um auf einmal verschlungen zu werden; ab und zu holt er sich mit seinen St?bchen, indem er sie wie eine Zange gebraucht, ein St?ck Fleisch oder Fisch aus einer der Tassen, beisst ein wenig davon ab, legt den Rest in seine Schale und schaufelt von neuem weiter. Es ist auffallend, wie die hiesige chinesische Bev?lkerung gesund und kr?ftig bleiben kann bei einer Kost, die fast nur aus St?rkemehl besteht und an Stickstoffgehalt selbst von der Kartoffel ?bertroffen wird, wenn man von dieser den 3/4 des Gewichts betragenden Wassergehalt ausser Rechnung l?sst; die chinesischen Lasttr?ger, wenigstens die im Dienst der Europ?er, essen allerdings nicht unbedeutende Mengen Schweinefleisch.
Die Chinesen sind als sehr geschickte K?che bekannt; auch haben sie ein gr?sseres Feld, als die unsrigen, da sie viele Dinge verwenden, die dem Europ?er als unrein gelten. Die von Max M?ller nach Farrar erz?hlte Geschichte, welche ihm Veranlassung giebt, eine der Annahmen ?ber den Ursprung der Sprache als die Bau-Bautheorie im Gegensatz zur Puh-Puhtheorie zu kennzeichnen, ist noch heute in China unter den Europ?ern gang und g?be. Ein Engl?nder n?mlich, dem man eine Sch?ssel vorgesetzt hatte, die ihm verd?chtig schien und der wissen wollte, ob es Ente sei, fragte: Quack-Quack? und erhielt die klare, offene Antwort: Bau-Bau! Einige ihrer Leckerbissen sind f?r uns geradezu Ekel erregend, z. B. faule oder angebr?tete Eier, deren Schale etwas ge?ffnet wird, damit der K?ufer sehe, dass er nicht etwa get?uscht werden und statt des begehrten ein frisches Ei erhalten solle. Diese Liebhaberei scheint aber doch nicht allgemein zu sein. Sie haben auch ein Verfahren, Eier sehr lange frisch zu erhalten. Hier ist das Rezept: 2 Maas Asche, 1 Maas Salz mit Wasser zu einem Brei gemischt, mit dem die aufzubewahrenden frischen Eier bedeckt werden.
Das chinesische Element tritt namentlich in einigen Theilen der Stadt so sehr in den Vordergrund, dass man sich in China w?hnen k?nnte. Alle Handwerke, besonders solche, die Geschick und Ausdauer verlangen, werden fast nur von Chinesen betrieben. Sie m?gen wohl das fleissigste Volk auf Erden sein, vom fr?hen Morgen bis sp?t in die Nacht sieht man sie arbeiten. Mit Ausnahme des Neujahrsfestes giebt es f?r sie keinen Feiertag. Neben dem grossen Fleiss bilden auch Sparsamkeit und Gen?gsamkeit sehr hervorragende Z?ge in ihrem Charakter. Ihr Handwerkszeug, ihre Kleidung und ihre Nahrung sind von der einfachsten Art, auch sind sie in fast allen ihren Gen?ssen sehr m?ssig; ihre Tabakspfeife hat kaum die Gr?sse eines Fingerhuts, von einer Cigarre rauchen sie gew?hnlich nur einige Z?ge hinter einander und heben den Rest auf. Sie trinken fast nur d?nnen Thee, der sehr billig ist, immer ohne Milch und Zucker aus ganz kleinen T?sschen. Die reichsten Chinesen gehen kaum besser gekleidet, als die armen; eine kurze, weite Hose, eine baumwollene Jacke, und bei den Wohlhabenden Schuhe ohne Str?mpfe, bilden nebst Zopf und F?cher den ganzen Anzug.
Ein grosser Theil des Handels und der Schifffahrt ist in ihren H?nden, nur an dem direkten Handel nach Europa und Amerika bleiben sie bis jetzt unbetheiligt. Alles aber, was an Produkten des Archipels nach Europa kommt, geht erst durch Vermittelung der Chinesen an die europ?ischen Export?re ?ber, ebenso wie die meisten europ?ischen Waaren erst durch ihre H?nde zu den Eingebornen gelangen. Noch ehe ein einheimisches Schiff Anker geworfen hat, ist schon ein Chinese an Bord, der mit dem Patron Bekanntschaft macht, ihn w?hrend der ganzen Dauer seines Aufenthalts nicht aus den Augen verliert, ihm Geld vorschiesst, seine Schw?chen erlauscht und ausbeutet und schliesslich Eigenth?mer der Ladung wird. Ich versuchte einige Male Muscheln oder Kuriosit?ten an Bord neu angekommener Prauen zu kaufen, es gelang aber nie, da Alles immer schon von Chinesen belegt war. Wollte ich aber von diesen einen Gegenstand erwerben, so boten sie ihn entweder umsonst als Probe und fragten, wie viel Pikul sie mir davon liefern sollten, oder verlangten einen enormen Preis daf?r, in der Meinung, dass der Gegenstand f?r mich einen ganz besonderen Werth haben m?sste.
Die Handwerke werden alle, wie schon erw?hnt, in offenen L?den oder auf der Gasse selbst betrieben, so dass man im Schlendern durch die Strassen bequem zusehen kann. Am auffallendsten ist dabei der geringe Raum, der dem Chinesen gen?gt, und die einfachen Werkzeuge, deren er sich bedient. Unglaubliche Sparsamkeit an Zeit, Raum und Stoff, wie sie sich nur unter einer so ?berdichten Bev?lkerung, wie China sie besitzt, ausbilden konnte, tritt Einem auf immer neue Weise vor Augen. In einem schmalen Laden werden h?ufig zwei verschiedene Handwerke betrieben, auf der einen Seite arbeitet ein Schneider mit einem Dutzend Gesellen, auf der andern ein Schuster, jeder Einzelne nimmt kaum mehr Raum ein, als der Stuhl, auf dem er hockt. Einzelne Handwerke weichen in ihren Manipulationen von den unsrigen ab: die Zinngiesser giessen ihre Zinn- und Blei-Legirungen auf dickes Bambuspapier, worauf es sich gleichm?ssig flach ausbreitet, und benutzen die so erhaltenen d?nnen Kuchen statt der gewalzten Tafeln, die man bei uns anwendet. Noch viel d?nnere Tafeln erhalten sie nach Lockhart, indem der hockende Arbeiter mit geschickter Handbewegung je einen L?ffel voll geschmolzenen Metalls zwischen zwei auf dem Boden liegende mit dergleichen Papier bezogene Steine schleudert, wobei er den obersten Stein auf einen Augenblick mit den Fersen l?ftet und gleich wieder fallen l?sst. Ein kleiner tragbarer Thonofen bringt zugleich die Legirung in Fluss und erhitzt die L?thkolben. Die Drehbank besteht aus einem rohen Gestell, in welchem horizontal eine um ihre Axe drehbare Walze liegt. Um diese ist eine Schnur geschlungen, deren Enden an zwei unten angebrachten Tretbrettern befestigt sind, durch welche die Walze, wie bei uns das Rad eines Scheerenschleifers, in Bewegung gesetzt wird. Ein Schwungrad ist nicht vorhanden. An dem, dem Arbeiter zugekehrten Ende der Walze, das mit Harz ?berzogen ist, wird der zu drehende Gegenstand, nachdem er vorher erw?rmt worden, festgeklebt.
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