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Read Ebook: Der Junker von Denow; Ein Geheimnis; Ein Besuch; Auf dem Altenteil: Erzählungen by Raabe Wilhelm

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Ebook has 526 lines and 31603 words, and 11 pages

Anmerkungen zur Transkription

Zeichensetzung und Rechtschreibung wurden weitgehend ?bernommen, ausser bei offensichtlichen Fehlern.

Wilhelm Raabe

B?cherei

Erste Reihe:

Kleinere Erz?hlungen

Zweiter Band

Berlin-Grunewald

Verlagsanstalt f?r Litteratur und Kunst/Hermann Klemm

Wilhelm Raabe

Der Junker von Denow

Ein Geheimnis

Ein Besuch

Auf dem Altenteil

Erz?hlungen

Dritte Auflage 11.-16. Tausend

Berlin-Grunewald

Verlagsanstalt f?r Litteratur und Kunst/Hermann Klemm

Gedruckt bei G. Kreysing in Leipzig Einbandzeichnung entworfen von Bernhard Lorenz Den Einband fertigte H. Fikentscher in Leipzig

Wer am Abend des sechsten Septembers alten Stils, am Donnerstag vor Mari? Geburt im Jahre unsers Herrn Eintausendf?nfhundertneunundneunzig, nach Sonnenuntergang einen Blick aus der Vogelschau ?ber die Rheinebene von Rees bis Emmerich und weit nach Ost und West ins Land hinein h?tte werfen k?nnen, der w?rde eines erschrecklichen Schauspiels teilhaftig geworden sein.

Schwarze regendrohende Wolken verhingen das Himmelsgew?lbe, und es w?rde eine dunkle Nacht gewesen sein, wenn nicht der Mensch diesmal daf?r gesorgt h?tte, dass es auf der weiten Fl?che nicht ganz finster wurde. Auf den W?llen von Rees leitete, an der Spitze seiner Hispanier, Burgunder und Wallonen, Don Ramiro de Gusman die Verteidigung der Stadt und Festung gegen das Reichsheer, welches schl?frig und matt genug der Belagerung oblag, daf?r aber auf andere Weise desto mehr L?rm machte, wie es einer Armee des heiligen r?mischen Reichs deutscher Nation zukam. Ein fahles, blitzartiges Leuchten lag hier ?ber der Gegend, denn wenn auch das schwere Gesch?tz seit Mittag schwieg, so knatterte doch das Musketenfeuer, schw?cher oder st?rker, rund um die Stadt fort und fort, und manch ein Wachtfeuer flackerte auf beiden Ufern des Flusses, welcher manche Leiche in seinen nachtschwarzen Fluten mit sich hinab f?hrte in das leichenvolle Holland, wo der finstere Admiral von Aragonien, Don Francisco de Mendoza, und der Sohn der sch?nen Welserin, der bigotte Kardinal Andreas von ?sterreich, die Zeiten Albas erneuerten. --

Lange genug hatte an diesem Abend Don Ramiro, hinter seiner Brustwehr an eine zerschossene Lafette gelehnt, hin?bergeschaut nach den Laufgr?ben und Angriffswerken der tollgewordenen Belagerer; jetzt stieg er langsam herab von seinem Lugaus, und begleitet von zwei Fackeltr?gern und mehreren seiner Unterbefehlshaber schritt er durch die Gassen von Rees, dessen zitternde Bewohner jedes Fenster hatten erhellen m?ssen, und dessen Strassen dumpf dr?hnten unter den Schritten der gegen die ?stlichen Ausfallspforten heranmarschierenden Besatzung.

>>Francisco Orticio!<< sagte der spanische Kommandant, und im n?chsten Augenblick stand der Geforderte vor ihm.

>>Alles bereit?<< fragte Don Ramiro wieder.

Der ger?stete F?hrer senkte stumm den Degen und wies mit der Linken auf die Haufen der Krieger, welche jetzt alle an den ihnen bestimmten Pl?tzen dicht gedr?ngt, regungslos standen. Des Spaniers Auge flog mit d?sterer Befriedigung ?ber all diese im Glanz der Fackeln blitzenden Harnische, Sturmhauben, Piken und Schwerter -- er nickte. >>Sie w?rden sich da draussen untereinander selbst fressen, gleich den hungrigen W?lfen,<< sagte er, >>aber wir wollen zur Ehre Gottes und der heiligen Jungfrau<< -- hier l?ftete er den Hut, und alle Umstehenden taten das Gleiche -- >>unsern Teil an dem Verdienst haben, die Ketzer zu vertilgen! Erinnert Euch, Orticio, mit dem Schlage Elf beginnt das Feuer wiederum -- mit dem Schlage Elf hinaus auf sie! Spanien und die Jungfrau! die Losung.<<

>>An eure Pl?tze, ihr Herren!<< erschallte das Kommandowort Francisco Orticios -- ein dumpfes Gerassel und Geklirr der sich aneinander reibenden Harnische -- Don Ramiro de Gusman schritt langsam pr?fend die Reihen entlang; dann stieg er schweigend wieder zu dem Walle empor, nach einem letzten Wink und Gruss f?r Orticio, welcher sein Wehrgeh?ng fester zog.

>>Noch eine halbe Stund'! Spanien und die Jungfrau, Spanien und die Jungfrau!<< ging es dumpf durch die Reihen der harrenden Krieger. -- --

Unsere Geschichte beginnt!

>>So hole der Teufel die meineidigen Schufte und meuterischen Hunde!<< schrie der Hauptmann Burghard Hieronymus Russwurmb in Verzweiflung, im Lager der dreizehn F?hnlein gewappneter Knechte, Reisiger und Fusss?ldner, welche Herr Heinrich Julius, postulierter Bischof zu Halberstadt, Herzog zu Braunschweig und L?neburg als Obrister des nieders?chsischen Kreises zufolge des Koblenzschen Reichsabschieds f?r diesen Krieg geworben und aus aller deutschen Herren L?ndern zusammengebracht hatte. >>Ist denn die Welt ganz umgekehrt? Es ist zum Rasendwerden!... So schlage zum letzten Mal die Trommel, Hans Niekirche -- o heiliges Wort Gottes, das ist das J?ngste Gericht!<<

Hans Niekirche aus Braunschweig, der Trommelschl?ger, ein blutjunger Wicht, welcher einem Schneider seiner Geburtsstadt aus der Lehre gelaufen war, hatte, hierhin gestossen, dahin gezerrt, sich fast zwischen die langen Beine seines Hauptmanns gerettet und fing nun mit zitternden H?nden von neuem an, das Kalbfell zu bearbeiten; w?hrend der Hauptmann hin und her lief, mit beiden H?nden das Haupthaar durchw?hlend. Er hatte wohl das Recht, zornig zu sein, der Wackere! Dicht hinter sich hatte er ein gepl?ndertes Bauernhaus, dessen Fenster und T?ren eingeschlagen waren, und auf dessen Schwelle ein junges Weib mit zerrissenen Kleidern, in der im letzten Krampf zusammengekniffenen Hand ein B?schel roter Haare, leblos ausgestreckt lag. An sein linkes Bein hing sich jetzt auch noch ein arm Kindlein in seiner Todesangst, zu seiner Rechten schlug Niekirch seine Wirbel, und rings um ihn her schrie und stampfte, fluchte und drohete sein meuterisch F?hnlein und rasaunte durcheinander, wie ein aufgest?rt Rattennest.

>>O ihr Schelme, ihr Hunde, das soll euch heimgezahlt werden!<< br?llte der Hauptmann. >>Warte, Hans Diroff von Kahla, warte, Koburger, Christoph Stern von Saalfeld, an den Galgen und aufs Rad kommt ihr; oder die Gerechtigkeit ist krepiert auf Erden. Warte, du Schmalz von Gera, dein Fett soll all werden, wie eine Kerze im Feuer! O Tag des Zorns, o Hunde! Hunde!<<

>>Gebt Raum, Hauptmann!<< schrie ein riesenhafter Kerl, genannt Valentin Weisser von Roseneck, dem F?hrer den B?chsenkolben vor die Brust setzend. >>Ihr seid die Verr?ter, die Schelme, Ihr und Eure saubern Gesellen und Euer Graf von Hohenlohe, der Holl?nder! Wollt Ihr uns nicht etwa ?ber das Wasser, ?ber den Rhein, von des Reiches Boden f?hren? He, sprecht!<<

>>Nicht ?ber den Rhein! nicht ?ber den Rhein! nicht vor Bommel! nicht vor Bommel!<< schrie es von allen Seiten, und weit ?ber das Feld durch alle Tausende w?lzte sich dasselbe Wort. Der Hauptmann schlug den Kolben von seiner Brust zur Seite.

>>Du wirst geh?ngt, wie ein Spatz, Rosenecker,<< schrie er.

>>Ihr sollt es wenigstens nit erschauen!<< br?llte der Sch?tz wieder, die brennende Lunte ?ber dem Haupte schwingend. Er nahm sich nicht die M?he, sie aufzuschrauben, das Feuerrohr lag auf der Gabel -- im n?chsten Augenblick w?re der Hauptmann ein Kind des Todes gewesen, wenn nicht pl?tzlich zwischen dem Bedrohten und dem Drohenden ein Reiter im vollen Galopp angehalten und dem w?tenden Musketierer den B?chsenlauf in die H?he geschlagen h?tte, dass der Schuss in die Luft ging.

>>Der Junker! der Junker!<< schrie es auf allen Seiten. >>Der Junker zur?ck! sprecht, sprecht, was ist's? was sagt der Graf? Haben sie uns verkauft an die holl?ndischen Juden, ihnen ihre Festung Bommel zu entsetzen?... Der Junker, der Junker! Nicht nach Bommel, nicht vor Bommel! nicht ?ber den Rhein! nicht ?ber den Rhein! In die Spiesse der von Hollach!<<

>>Ja, schreit nur, bis ihr berstet!<< zischte blau vor Grimm der Hauptmann durch die zusammengebissenen Z?hne und ballte die H?nde, dass die N?gel tief ins Fleisch drangen. >>Schreit nur -- es ist noch nicht im Topf, darin es gekocht wird -- Christoph von Denow, sprecht zu den Meutmachern! sagt den r?udigen Hunden Eure Botschaft!<<

Der junge Reiter richtete sich hoch auf im Sattel, und alle die wilden Gesichter im Fackelschein ringsumher wandten sich ihm zu.

>>Der wohlgeborene und edle Graf Philipp von Hohenlohe, unser gn?diger Feldhauptmann --<<

>>Nichts von dem Grafen von Hollach, dem Verr?ter, dem Judas!<< schrien einige. >>Stille! Ruhe! H?rt ihn!<< riefen die andern und gewannen die Oberhand, dass der Reiter fortfahren konnte.

>>Der Graf l?sst den F?hnlein des braunschweigischen Regiments zu Ross und zu Fuss vermelden, dass ihr Begehren und Gebaren unehrlich und treulos sei, deutscher Nation zu Schimpf und Schande und grossem Schaden gereiche --<<

Ein allgemeines Wut- und Spottgebr?ll unterbrach den Redner, der erst nach langem Harren weiter rufen konnte.

>>Es sagt der Graf von Hohenlohe, dass er befehle, Generalmarsch zu schlagen vor jeglichem Quartier und auszur?cken in die Linien gen Rees, auf weitern Befehl! Da kommt unser gn?digster Obrister, der Herr von Rethen.<<

Neues Geschrei empfing den ebenfalls im vollen Rosseslauf erscheinenden F?hrer, welcher den schriftlichen Befehl des Grafen mit sich f?hrte; aber ebenfalls vergeblich durch Bitten, Drohungen, Erinnerungen an den Artikelbrief das Volk zur Ruhe zu bringen versuchte. Atemlos, zornesbleich hielt er zuletzt in dem kleinen Kreise der Hauptleute und Offiziere und der wenigen treugebliebenen S?ldner. Der Junker aber befand sich, willenlos fortgerissen, inmitten des wildesten Get?mmels der aufr?hrerischen Knechte, die von Mord und Blut sprachen, und bereits ihre Spiesse senkten, ihre Feuergewehre richteten auf das H?uflein der Getreuen, welche einen Ring schlossen um die F?hrer und die geretteten Feldzeichen, und sich r?steten, ihr Leben so teuer als m?glich zu verkaufen.

>>Hab' ich dich auf den Fuss getreten, Anneke?<< fragte ganz kleinm?tig der wilde Valentin Weisser, der eben das Feuergewehr gegen den Hauptmann hatte losgehen lassen. >>Nimm dich in acht, dass sie dich nicht erdr?cken, Engel-Anneke -- stelle dich hinter mich, du wirst gleich dein blaues Wunder sehen.<<

>>Nehmet Ihr Euch in acht, Rosenecker,<< lachte das wildherzige Kind, >>Ihr spielt ein hoch Spiel diese Nacht!<<

Der Riese warf einen trotzigen, lachenden Blick ?ber die hin und her wogenden Massen. --

>>Hoho, sind wir nicht unsrer genug, zu gewinnen? Nicht vor Bommel! Ju -- ho! ho! nicht vor Bommel! nicht ?bern Rhein! Fort mit den Hauptleuten, fort mit dem Grafen von Hollach!<<

In diesem Augenblick riefen wieder Hunderte von Stimmen nach dem Junker -- dem Christoph von Denow. Da zuckte ein seltsamer Glanz ?ber das Gesicht des M?dchens. Es stellte sich zuerst auf die Zehen, dann kletterte es mit katzengleicher Behendigkeit und Schnelligkeit auf einen Schutthaufen, wo sich bereits mehrere Soldatenweiber mit ihren Kindern und Habseligkeiten zusammengedr?ngt hatten und alle zugleich in den L?rm hineinkreischten.

>>Mein Mann! mein Mann! Jesus, sie w?rgen sich alle! Gottes Sohn -- Franz! Franz!<<

>>Was macht der Junker? wo ist der Junker?<< rief Anneke Mey, eine Hand, welche ihr entgegengestreckt wurde, ergreifend.

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