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Read Ebook: Die Falkner vom Falkenhof. Zweiter Band. by Adlersfeld Ballestrem Eufemia Von

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Ebook has 1482 lines and 65877 words, and 30 pages

>>H?ren Sie, Fr?ulein Dolores,<< sagte er unsicher, >>das war alles ganz gut und sch?n mit mir, als ich unter meines Freundes und Brotherrn stets wachsamen Augen dem Falkenhof als Verwalter vorstand. Aber ob ich zum Generalbevollm?chtigten tauge, weiss niemand und Sie am allerletzten. K?nnen Sie keinen Besseren finden?<<

Der Abend brachte dann die G?ste aus Monrepos und Arnsdorf, und Dolores empfing sie an der Seite des Russschen Ehepaares, das sich dem kleinen Kreise vollkommen anpasste, wenn ihm ja auch durch jahrelange Einsamkeit der leichtere Konversationston abhanden gekommen war. Zwar fand sich Doktor Russ, der ganz ausgezeichnet gut und bedeutend aussah, ohne ?bergang leicht in den Ton hinein, der ihm von Jugend an fremd gewesen, aber er geh?rte eben zu den selten begabten Menschen, welche instinktiv gesellige Formen und All?ren finden, sobald sie deren bed?rfen, im Gegensatz zu denen, welche neben m?hsam errungener geistiger Bildung in ihrem Auftreten stets ungeschliffen und unbeholfen bleiben. Fr?ulein von Drusen, die Hofdame, welche stets sehr scharf gegen Mesalliancen eiferte und der fr?heren Freifrau von Falkner die ihrige nie vergeben und vergessen hatte, war nach einer halben Stunde entz?ckt von ihrem Tischnachbarn, dem >>simplen<< Doktor Russ, der nicht nur wie ein Gentleman aussah und sprach, sondern es auch war. Und wie das Herz der alten Hofdame, so gewann er sich auch zweifellos nicht nur die Zustimmung, sondern auch die entschiedene Approbation der anderen. Frau Russ sah sehr stattlich aus in der von Theresa verfertigten schwarzen Schleierhaube, sie sprach wenig und f?hlte sich ausrangiert, trotzdem sie bei Tisch neben dem Herzog sass. Der Herzog suchte sich viel mit ihr zu unterhalten, sie blieb aber einsilbig, beobachtete daf?r aber scharf und ihre kalten Augen schienen sich jedermann in die Seele bohren zu wollen.

Nach Tisch begann Lolo dann eine ziemlich ungenierte Inspektion der von Dolores bewohnten R?ume, in welche man nach aufgehobener Tafel hinaufgestiegen war. Sie fand das Erkerzimmer >>reizend,<< den Rokokosalon >>himmlisch,<< erkl?rte den Ahnensaal f?r >>bezaubernd aber gruselig, der vielen Augen wegen, die einen aus den Rahmen ansehen,<< und meinte, den zwischen dem Saal und dem Schlafzimmer liegenden, get?felten Raum, den Dolores sich als B?cherei und abendliches Arbeitszimmer eingerichtet, w?rde sie sicher nicht viel benutzen.

>>Denn Sie wissen, ich sehe mir alles schon so genau an, weil es ja doch mein Hochzeitsgeschenk ist,<< fl?sterte sie Dolores ?berm?tig zu, doch als letztere ihr erkl?rte, dass sie mehr versprochen, als sie halten k?nne und den Falkenhof nicht verschenken d?rfe, that dies der guten Laune der Prinzessin keinen Eintrag.

>>Er, der herrlichste von allen, ist ja doch der Erbe,<< tr?stete sie sich.

>>Nach meinem Tode erst,<< warf Dolores ein.

>>So?<< machte das Prinzesschen mit grossen Augen und setzte mit dem ihr eigenen Optimismus hinzu: >>Schadet nichts! Sie k?nnen ja sterben oder fr?her abdanken, wie Papa es thun will -- und wenn Sie keins von beiden thun, so bleiben Sie unsere Erbtante und verziehen unsere Kinder. Abgemacht?<<

>>Nat?rlich,<< sagte Dolores, wider Willen zum Lachen gezwungen durch die starke Naivet?t des Herzogst?chterleins, das bei seinem weiten Blick in die Zukunft noch nicht einmal wusste, ob >>der herrlichste von allen<< ihr sein Herz ?berhaupt geschenkt.

Im Ahnensaal standen indes der Erbprinz und Falkner vor dem sch?nen Bilde der ungl?cklichen Freifrau Dolorosa.

>>Das ist ja eine stupende ?hnlichkeit mit unserer liebensw?rdigen Wirtin,<< meinte ersterer, der sich von dem Bilde nicht trennen konnte.

>>Es ist in der That eine wunderbare Laune der Natur, der Enkelin die Z?ge der Ahne zu geben,<< sagte Falkner. >>Doch zum Gl?ck fehlt meiner Cousine der Zug von Schmerz, der auf dem Antlitz der >b?sen Freifrau< liegt.<<

>>Finden Sie?<< fragte der Erbprinz leise. >>Ich meine, diesen Ausdruck schon in den Augen der Freiin Dolores gesehen zu haben.<<

>>Hoheit sind ein scharfer Beobachter,<< erwiderte Falkner wider Willen gereizt. >>Ich habe davon noch nichts bemerkt -- wie k?me auch Schmerz in den Blick der Satanella?<< setzte er fragend hinzu, doch ohne die scharfe Bitterkeit von fr?her.

Der Erbprinz h?rte den Unterschied aber nicht heraus.

>>Die arme Satanella!<< rief er sp?ttisch. >>Falkner, Falkner, wie kann man sich nur so in ein Vorurteil verbeissen!<<

Aber Falkner zuckte mit den Schultern. Er hatte seine Frage anders gemeint; dass sie anders aufgefasst wurde, liess ihn kalt. Die anderen traten nun auch hinzu, und auf die Erkl?rung, dass dies wunderbare Ebenbild der Schlossherrin auch des Schlosses Irrgeist sei, ruhte Prinzess Lolo nicht eher, bis sie die Geschichte der >>b?sen Freifrau<< erfahren hatte. Nun bl?hte Doktor Russ' Weizen, denn Dolores musste ihm den Band der Familienchronik jener Zeit reichen -- man gruppierte sich um das Bild, und er trug mit seinem weichen, leisen, musikalischen Organ den still und ersch?ttert Lauschenden die todestraurige Geschichte vor, die wir schon kennen.

>>Die Arme! Was muss sie gelitten haben,<< sagte Prinzess Alexandra leise, als die Trag?die voriger Tage verklungen war. Dies erste Wort war f?r Graf Schinga das Signal, sich zu schneuzen, dass es im Saal ein vielfaches Echo erweckte.

>>Ich kann solch' trauriges Zeug gar nicht h?ren,<< versicherte er mit ?bergehenden Augen, wie einer, der niesen will und nicht darf. >>In >Maria Stuart< habe ich mal so heulen m?ssen -- wie ein Schlosshund, wahrhaftig, dass das andere Publikum schon Mitleid mit mir hatte und der Logenschliesser mich hinausbugsieren wollte. Seitdem sehe ich mir nur noch Lustspiele an und h?chstens mal eine Oper, denn wenn der Tenor schmettert:

Ja du bist meine Seligkeit, Doch er -- er sei dem Tod gewei--heit --

oder die Primadonna trillert:

Ich l?chle unter Thr?--??--???--????nen --

das ist ja kolossal r?hrend, aber doch nicht so steinerweichend.<<

Nach dieser Erkl?rung kam Doktor Russ wieder auf die Freifrau Dolorosa zur?ck, und er schilderte ihr traurig Ende.

>>Sie soll aber noch einmal zu klarem Bewusstsein gelangt sein,<< schloss er. >>Denn es wird in der Chronik berichtet, dass Gott den Schleier des Wahnsinns kurz vor ihrem Tode von ihrer Seele nahm und ihr die Gabe des Hellsehens verliehen habe. In diesem Zustande, in welchem sie von allem wusste, nach allem fragte und Anordnungen traf f?r ihr letztes St?ndlein, in diesem Zustande soll sie dem Geschlechte der Falkner eine Prophezeiung hinterlassen und sogar aufgezeichnet haben.<<

>>Eine Prophezeiung?<< fragte man unwillk?rlich, Falkner mit inbegriffen, der so gesessen hatte, dass er w?hrend der ganzen Geschichte der Freifrau Dolorosa fortw?hrend das Profil von Dolores sehen musste, welches sich von dem rubinroten Pl?sch ihres Sessels klar und bleich abhob wie eine antike Kamee.

>>Und wie lautet diese Prophezeiung?<< fragte Gr?fin Schinga interessiert.

>>Sie mag wohl verloren gegangen sein,<< antwortete Doktor Russ. >>Ich habe sie wenigstens beim Ordnen des Archivs und der Bibliothek nicht finden k?nnen.<<

>>Oder sie ist ?berhaupt eine Fabel,<< meinte der Herzog. >>Und wenn sie's ist, so w?r's das beste, denn meist erwecken solche Prophezeiungen, selbst wenn sie nachtr?glich gemacht werden, nur den Aberglauben und seine traurigsten Folgen. Ich halte nicht viel davon, denn etwas Humbug ist immer dabei im Spiel.<<

>>Da m?chte ich zu widersprechen wagen, Hoheit,<< entgegnete Doktor Russ. >>Was wir gemeinhin Hellseherei und als deren Produkt Prophezeiung nennen, ist ein hypnotischer Zustand, der f?r uns zwar heutzutage noch viel Unerkl?rtes in sich schliesst, wissenschaftlich beleuchtet aber immer verst?ndlicher wird. Und warum sollen die Leute dazumal dem Hypnotismus weniger zug?nglich gewesen sein, als heut' die vielen >Medien< von Profession? Die Prophezeiungen alter Tage sind in hypnotischem Zustand abgegebene Erkl?rungen -- Reisefr?chte einer Seele in jenes ferne Land, das wir die Zukunft nennen.<<

>>Hm! Hm! Ich bin hierin etwas skeptisch, lieber Doktor,<< erwiderte der Herzog, w?hrend der Erbprinz ausrief:

>>Ah, also ein Bundesgenosse! Du siehst daraus, lieber Papa, dass ich nicht allein stehe mit dem, was du gemeinhin unter die Rubrik >Bl?dsinn< rangierst.<<

>>Kinder, lasst mich in Ruhe,<< meinte der Herzog mit behaglichem L?cheln. >>Zu meiner Zeit, da wusste man nichts von Hypnotismus und solchem Zeug, womit die Leute nur verr?ckt gemacht werden. Da liess man die Menschen wahrsagen und tr?umen, was sie Lust hatten, und man brauchte es nicht zu glauben, wenn man nicht wollte. Aber jetzt m?chte man sich abends schon mit Angst ins Bett legen bei dem Gedanken, dass die Seele einen kleinen Abstecher macht, Gott weiss wohin, und am Ende das Wiederkommen gar vergisst. Denn nach meinem Herrn Sohn sind Tr?ume auch hypnotische Produkte, zu welcher Ansicht ich mich leider so lange nicht bekennen kann, als ich noch jedesmal vor feierlichen Gelegenheiten tr?ume, dass mir bei Staatsakten allemal die notwendigsten Kleidungsst?cke fehlen. Prophetisch k?nnen die Angsttr?ume nicht sein, denn so lange ich noch bei Verstande bin, werde ich voraussichtlich Landtage und Ausstellungen nicht in einem Kost?m er?ffnen, das f?r meine afrikanischen Kollegen ganz praktisch, bei uns aber ganz ungew?hnlich ist.<<

>>Papa ist eben ganz un?berzeugbar,<< sagte der Erbprinz, wider Willen einstimmend in das lustige Lachen, das die herzogliche Traumdeutung hervorrief durch die ruhige, trockene Art, wie der hohe Herr sie vortrug.

Falkner, der nicht lachte, weil er gar nichts von des Herzogs Rede geh?rt hatte, sah nur das feine bleiche Profil an der Stuhllehne ihm gegen?ber sich wenden und den sch?nen Mund lachen -- eigentlich nur l?cheln, um sofort wieder ernst zu werden.

>>Ich bitte darum, und bin ganz Ohr,<< erwiderte der Herzog, und alles lauschte gespannt, als Dolores begann:

>>O, ich werde kurz sein. Mir tr?umte also von der b?sen Freifrau, und ich sah sie naturgem?ss, genau in derselben Kleidung, wie hier vor uns auf dem Bilde!<<

>>Hu! Wie graulich,<< machte Prinzess Lolo mit kokettem Erschauern.

>>Nein, mir war es nicht zum F?rchten,<< fuhr Dolores fort, >>denn sie sprach sehr freundlich und liebevoll mit mir. Und mir tr?umte weiter, dass sie mir ein Geheimfach zeigte, und ich sah deutlich, wie es zu ?ffnen war. Daran w?re nun nichts Wunderbares -- Bedeutung erh?lt der Traum aber durch den Umstand, dass ich sp?ter das Geheimfach wirklich fand und es ?ffnen konnte durch den Mechanismus, welchen mir die Ahnfrau im Traume gezeigt.<<

Ein allgemeines >>Ah<< des Staunens durchlief den kleinen Kreis bei dieser Erz?hlung, und der Herzog meinte schmunzelnd:

>>Hoffentlich hat der allerdings ganz wunderbare Traum auch seine praktische Seite, denn ich vermute, dass Sie in dem Geheimfache einen Schatz gefunden haben.<<

>>Einen Schatz fand ich zwar nicht darin, wohl aber die Prophezeiung, deren Doktor Russ vorhin erw?hnte!<<

Ein pl?tzliches, wunderbares Naturereignis h?tte den kleinen Kreis nicht in stupenderes Staunen, in gr?ssere Aufregung versetzen k?nnen, als die einfachen, ruhig gesprochenen Worte Dolores Falkners es thaten. Namentlich der Erbprinz war ganz Feuer und Flamme geworden und wollte von der Erz?hlerin alle Details des Traumes wissen, was sie w?hrend desselben gef?hlt, was nachher empfunden.

>>Hypnotismus!<< rief der Erbprinz triumphierend. >>Gn?diges Fr?ulein, Sie ahnen nicht, welchen Wert Ihr Zeugnis f?r meine Studien hat!<< --

>>Ach liebes, liebes Fr?ulein Dolores, bitte, geben Sie uns doch diese Prophezeiung zum besten,<< schmeichelte Prinzess Lolo und gespannt blickte Doktor Russ nach der Angeredeten hin?ber. Sie aber sch?ttelte nur mit dem Kopfe.

>>Es steht nichts darin von Gift und Dolch, Mord und Totschlag -- ist also gar nicht pikant,<< sagte sie.

>>Ja, aber irgend etwas muss doch darin stehen, wenn es eine Prophezeiung ist,<< beharrte die Prinzess auf ihrem Wunsche. >>Ich meine, irgend etwas Interessantes f?r die Familie.<<

>>Es scheint so,<< erwiderte Dolores k?hl. >>Durchlaucht werden mich aber trotzdem entschuldigen, wenn ich es als gegenw?rtige Lehnsherrin ablehnen muss, ein Dokument zu zeigen, das ich als >sekret< betrachte.<<

>>Wenn dies mit Grund geschieht, so kann ich Ihnen nur zustimmen, Cousine,<< sagte Falkner fest.

>>Nun hetzen Sie auch noch,<< schmollte die Prinzess, der wohl noch selten eine Bitte versagt worden war, doch Prinzess Alexandra sagte verweisend:

>>Unsere liebensw?rdige Wirtin ist im Recht, Lolo, und wir haben keines, aus blosser Neugier oder zum Spass Familienangelegenheiten zu durchst?bern!<<

>>Meinetwegen kann die ganze, dumme Prophezeiung auch eingep?kelt werden,<< sagte die junge, f?rstliche Dame schmollend mit dem ganzen Trotz eines ungezogenen Backfisches, der f?r gleichg?ltig erkl?rt, was ihm verboten worden ist, und als Prinzess Alexandra ein leis ermahnendes >>Aber Lolo<< h?ren liess, spannte der kleine reizende ?bermut die niedlichen H?nde mit den rosigen Fingern Tandem vor ihr N?schen als Antwort, d. h. sie machte der entthronten Autorit?t ihrer Schwester eine ganz unf?rstliche, schusterjungenm?ssige >>lange Nase.<<

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