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Read Ebook: Der deutsche Durst: Methyologische Skizzen der deutschen Kulturgeschichte by Bauer Max

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Ebook has 1151 lines and 85216 words, and 24 pages

Hinweise zur Transkription

Der Text enth?lt akzentuierte griechische Buchstaben und das Pfundzeichen, die nicht mit jedem Font korrekt angezeigt werden.

Weitere Anmerkungen finden sich am Ende des Buches.

DER DEUTSCHE DURST

Methyologische Skizzen aus der deutschen Kulturgeschichte

von

MAX BAUER

Das Trinken lernt der Mensch zuerst, Viel sp?ter dann das Essen. Drum sollst du dankbar noch als Greis Das Trinken nicht vergessen!

Preis br. M. 4.--; geb. M. 5.50

Alle Rechte vom Verleger vorbehalten

Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig

INHALT:

Seite

Einleitung.

Folg diesem Buch wirdt dir nit leidt Hierinn findest du rechten Bescheidt.

Dieses Buch, das Resultat langer und mitunter recht m?hsamer Vorarbeiten, ist nicht f?r die Fachgelehrten geschrieben. Nur dem Laien sollen die nachfolgenden Zeilen ein nicht uninteressantes Kapitel aus der deutschen Kulturgeschichte entrollen, das zugleich unterhalten und -- vielleicht auch -- das Wissen bereichern soll.

Meine Arbeit ist die erste ihrer Art, die also keinen Vorg?nger hat, hoffentlich aber viele Nachfolger haben d?rfte, die es besser machen werden als ich. Ich will aber beileibe damit nicht sagen, dass der deutsche Durst vor mir in der Litteratur noch nicht behandelt worden sei. Im Gegenteil! Eine ziemlich grosse Bibliothek l?sst sich mit all den Werkchen und Werken f?llen, die alle das gleiche Thema mehr oder weniger ausf?hrlich behandeln. Schon die von mir benutzten B?cher, die ich zur Nachpr?fung meiner Zitate genau anf?hrte, repr?sentieren einen ganz stattlichen B?cherschatz, und welche Anzahl von Schriftwerken mag mir noch entgangen sein -- all unser Wissen ist leider ja doch nur St?ckwerk!

Trotz dieses >>gelehrten<< Hinweises m?ge sich aber niemand abhalten lassen, mein B?chlein zu lesen. Ich habe mich redlich bem?ht, den, wenn auch Trinkbares behandelnden, doch mitunter recht >>trockenen<< >>Stoff<< m?glichst fl?ssig zu gestalten. An >>geistiger<< Anregung habe ich es dabei nicht fehlen lassen, denn ich halte daf?r, dass man in einer ungeheizten Dachkammer, wenn die Schneeflocken an die schlecht verwahrten Fenster klopfen, kein gutes Fr?hlingsgedicht machen kann.

Immerhin habe ich es nicht so bunt getrieben, wie das durstige Schreiberlein im f?nfzehnten Jahrhundert, das als Schluss auf ein mit M?he und Not zusammen gebrachtes Manuskript den Stossseufzer setzte:

Ach ich armer gesell! Der lon ist aller vertan: Umb wein ist er gegeben, Der tat mir sanfft auf meiner Leber. O Maria. Jesus Maria hilff.

Berlin W., M?rz 1903.

F?r durst mac niht bezzers s?n dan wazzer, bier, mete oder w?n.

Der bleigraue nordische Himmel in seiner ganzen Schwere liegt ?ber der Landschaft. Die Sonne will zur R?ste gehen und dunkle Wolkenberge t?rmen sich zwischen ihre letzten Strahlen und die Erde.

Weite Moore mit reichem, nun dem Welken nahen Graswuchs, durchsetzt von Wiesen und T?mpeln, deren Rand kaum Raum genug f?r die ausgetretenen Fusspfade bietet, ziehen sich bis zu dem im scharfen Herbstwinde wogenden Bl?ttermeer des Waldes hin, in dessen Dickicht sich das Wild und das Raubzeug birgt, vom Meister Petz bis zum listigen Reinecke herab. Odins geheiligte V?gel durchkreisen die Luft, mit heiserem Gekr?chze nach Beute sp?hend, die in dem Grase Unterschlupf vor den nimmersatten schwarzen Gesellen sucht.

Hart am Waldesrand, inmitten regellos umhergestreuter Steinbl?cke, die einst, als Wanen und Asen die Erde mit ihrem Kampfget?mmel erf?llt, den Streitenden zur letzten Waffe gedient, liegt ein Geh?ft. Aus schweren St?mmen zusammengef?gt, die Ritzen gegen den rauhen Gesellen, der vom unfernen Meere nadelscharf her?berstreicht, mit Moos und Erde gesichert, das schilfgedeckte Dach geziert mit dem m?chtigen Geweih des Ur, des Herrn der W?lder, den die r?mischen Fremdlinge mit einem Sagenkranz umgeben, so ?berragt das stattliche Haus die umliegenden Baulichkeiten, in denen der Herr das Besitztum an Sklaven und Nahrungsmitteln bewahrt.

Ein Wall lose aufeinander geschichteter Steine sch?tzt den Edeling und sein Eigen vor den Einfall beutegieriger Tiere und r?uberischer Gesellen.

Aus dem Innern der fensterlosen Halle dringt mit dem Rauche des Herdfeuers und der Kiensp?ne, deren Lichter sich in den die W?nde zierenden Metallwaffen funkelnd und gleissend spiegeln, Stimmgewirr ins Freie.

Die Frauen, die dem Mahle beigewohnt, waren in ihr Gemach zur?ckgekehrt und hatten den M?nnern das Feld zum Zechgelage ger?umt. Ein Barde, das Haar von der Zahl und den St?rmen der Jahre gebleicht, die kurze Harfe an die Brust gedr?ckt, singt und sagt von den K?mpfen der Vorfahren zu Wasser und zu Land, von Walhall und ihren Freuden, von Donar, >>dem Schirmer der Erde, dem Freund der Menschen<<, den ein grausames Geschick fern von der heissgeliebten Heimat festh?lt -- und ehrfurchtsvoll lauschen die ernstblickenden, auf dem fellbelegten Estrich lagernden M?nner den z?ndenden Worten, die in Begeisterung ihre Wangen ergl?hen lassen. Gemurmel des Beifalls unterbricht und lohnt den S?nger, als er sein Lied beendet. Aus des Hausherrn Hand empf?ngt der Alte den frischgef?llten Becher -- vielleicht den Sch?del eines erschlagenen Feindes, wie Gudrun aus den Sch?deln ihrer ermordeten S?hne >>mit Gold und Silber<< Trinkgef?sse machen liess, aus denen sie ihrem Mann Met darreichte -- des Hausherrn liebsten Pokal, um in langen Z?gen die trocken gewordene Kehle zu laben. Gewaltige B?ffelh?rner, am Rande mit Silber beschlagen, und ahorne Becher mit goldgelbem Met gef?llt umkreisen die Tafel, die durstigen Lippen der Zechgenossen zu netzen.

Hin und her wogt die Rede von Krieg und Jagd, von dem und jenem, in ungef?gen, schwerf?lligen Worten, die j?h verstummen, denn eine J?nglingsschar betritt die Halle.

Mit raschem Schwung werfen sie die Felle von den Schultern; ihre kr?ftigen Glieder recken und strecken sich, die Muskeln strammen sich, gilt es doch vor den scharfpr?fenden Augen der M?nner in gef?hrlichem Spiele zu bestehen.

Die Griffe der haarscharfen Schwerter sind in die Erde gesteckt und, erst ruhig und gemessen, dann immer verwegener und tollk?hner durchspringen die J?nglinge die Reihen der todbringenden Waffen. Die Augen spr?hen in Leidenschaft, die gew?lbte Brust wogt st?rmisch, die Pulse fliegen, die K?rper r?ten sich, und wilde Kampfeslust ergreift T?nzer und Zuschauer.

Da greift einer der Genossen, vom b?sen Geist des Met aufgestachelt, zum Schwerte, das ihm ein Besonnener entwindet, denn >>die unter Berauschten nat?rlich h?ufigen Z?nkereien enden selten bloss mit Schimpfworten, h?ufiger mit Mord und Blutvergiessen<<.

Dort spielt eine M?nnergruppe. Haus, Hof und Herden, selbst die eigene Person gelten als Einsatz, und der Verlierende verl?sst als Knecht seines Gewinners die Halle, die er stolz und frei betrat.

Denn Spiel und Trunksucht waren die hervorstechendsten, vielleicht die einzigen Laster jenes mannlichen Volkes, in denen aber auch oftmals ihre Tugenden untergingen. Denn das Getr?nk liess sie nach Ansicht ihrer r?mischen Schilderer ihre Biederkeit, ihr nat?rliches Rechtsgef?hl, ihre Keuschheit, ihre Gastfreundschaft, selbst ihre Treue vergessen. Sei dem, wie ihm wolle, jedenfalls schien dem vollkr?ftigen Germanen der Trunk die gr?sste Lebensfreude neben der Jagd und dem Kriege, und einer dieser drei Nationalleidenschaften lag er sicher ob, wenn ihn nicht Siechtum an das Haus fesselte.

So ward durch den Glauben der Trank geheiligt, und heilig war auch der Gastfreund, der an dem Tische des Hausherrn den Becher leerte. Der Feind wurde am h?uslichen Herd zum Genossen. Italus, der Cheruskerherzog, der in r?mischer Zucht deutschen Geist und deutsche Treue vergessen, ward beim Zechgelage, aber nur bei diesem, von seinen ihm misstrauenden Leuten mit althergebrachter Freundlichkeit behandelt.

Darum galt das Zechgelage den Germanen unzertrennlich von allen wichtigen Handlungen des ?ffentlichen und privaten Lebens. >>?ber Auss?hnung von Feinden, Verschw?rungen, H?uptlingswahlen, ja ?ber Krieg und Frieden ratschlagten sie meistenteils bei Gastgelagen, als ob zu keiner Zeit so sehr das Herz f?r aufrichtige Gesinnung empf?nglich, f?r erhabene begeisterungsf?hig sei.<< Das Getr?nk l?ste ihre Zungen, machte die sonst wortkargen M?nner beredt, weshalb Jul. Caesar Scaliger -- nach Roth -- nicht ganz unberechtigt sagen konnte: >>Der Germane zeigt mehr Verstand, wenn er angezecht, als wenn er n?chtern ist.<<

Das den G?ttern wohlgef?llige Getr?nk wurde auch f?r w?rdig erachtet, den ?berirdischen dargebracht zu werden.

>>Die Sitte, die Minne der G?tter zu trinken, war allen deutschen St?mmen gemeinsam und so sehr im Volke eingewurzelt, dass man auch nach der Bekehrung zum Christentum des althergebrachten Ged?chtnistrunkes bei festlichen Gelagen nicht entraten konnte. Nur trank man jetzt nicht mehr >der Teufel< Minne, sondern die Minne Christi und seiner Heiligen. Als der heilige Olaf Norwegen zu christianisieren beschlossen hatte, erschien ihm in der Nacht vor der entscheidenden Volksversammlung der heilige Bischof Martinus von Tours und trug ihm auf, die im Lande herrschende Sitte, dem Odin oder den anderen G?ttern bei den Gastm?hlern Minne zu geben, dahin zu ?ndern, dass von nun an ihm, dem hl. Martinus, bei den Gelagen Minnung getan werde. Wo das Christentum noch nicht ganz festen Boden gefasst hatte, kam es nicht selten vor, dass das Volk neben der Minne Christi auch noch die Minne der alten Heideng?tter trank.<<

Am h?ufigsten trank man St. Gertrudis, St. Stephans- und zu Weihnacht St. Johannis-Minne.

Die alten Sachsen feierten auf den Gr?bern Gelage zu Ehren der Manen ihrer Verstorbenen. Sie besprengten die Gr?ber mit dem Trank, wie es auch die Mainzer Frauen am 29. November 1318 taten, als sie den S?nger Heinrich Frauenlob zur ewigen Ruhe brachten.

Wie im sonnigen S?den Nektar der G?ttertrank gewesen, so galt dem Norden der von einzelnen gl?cklichen Seefahrern aus endlos entfernten L?ndern zu den heimischen Gestaden hin und wieder gebrachte Wein als seltene, daher nur des deutschen Zeus w?rdige Labe.

Doch Odin erfreute sich noch eines anderen, nationalen Trankes, einer Metart, deren Grundstoffe statt der hergebrachten Stoffe, Honig und Wasser, an Stelle des Wassers aus dem ganz besonderen Saft, dem Blut, bestanden. Mimi, der Riese, besass den Kessel Odrerier, der eine wundersame Fl?ssigkeit barg.

Zwei Zwerge, Fjalar und Galar, sollen einst aus Honig und dem Blute Kwasirs den Trank bereitet haben; Kwasir, der weiseste der M?nner, der dadurch entstand, dass die Asen und Wanen, die feindlichen G?ttergeschlechter, den Friedensschluss durch gemeinschaftliches -- Spucken in ein grosses Gef?ss besiegelten. Aus diesem Speichel erstand jener Kwasir, der auf alle Fragen die l?sende Antwort wusste. Als er auf der Erde umherzog, die Menschen seine Weisheit zu lehren, erschlugen ihn die beiden Zwerge, um sein Blut zu erlangen.

Die rettende Wirkung und die weisheitsvolle Kraft des wundersamen Trankes erweckten Odins heisseste Begierden, den Kessel samt seinem Inhalt in seinen Besitz zu bekommen. Doch, der H?ter des Schatzes, Suttungr, liess ihn im Felsen Hnitbjorg Tag und Nacht von seiner Tochter Gunnlod bewachen.

Unter dem Namen Bolverker besuchte Odin den Suttungr, ohne ihn zur Hergabe eines Trunkes aus dem Odrerier bewegen zu k?nnen, darum nahm der Gott seine Zuflucht zur List. In Schlangengestalt bohrte sich Odin einen Weg durch Hnitbjorg zu Gunnlod, die er bet?rt, und in deren Armen er drei Tage ruht, ehe er in m?chtigen Schl?cken den ganzen Kessel austrinkt. Mit dem Wundertrank im Leibe wandelt er sich in einen Adler, fliegt zur Himmelsh?he auf, um im Assgardr, seiner Wohnung, den Inhalt des Ordrerier in einen Kessel zu spucken, der fortan in der heiligen Burg der G?tter verwahrt wird. Odin ist ?brigens wie sein hellenischer und r?mischer G?tterkollege ein Schweren?ter ?rgster Sorte, der Herzen bricht und die armen M?dels dann einfach gewissenlos sitzen l?sst. So machte er es auch mit der armen Gunnlod und ihrem S?hnchen Bragi. Das, was sie bewachen sollte, war sie los, daf?r hatte sie ein Kind am Halse. Ja, so sind die G?tter und die -- M?dchen!

Durch den Wundertrank erlangte Odin g?ttliche Allwissenheit und ewiges Ged?chtnis -- im Gegensatz zu dem antiken Lethe, dem Trank des Vergessens.

Ja, der altgermanische Met war ein Tr?nkchen, dessen Vollgenuss man nicht so leicht vergass. Wer den braunen, reichlich s?ssen Saft einmal zu sich genommen, z. B. in jenem uralten Metkeller Wiens, dem >>s?ssen L?ch'l<<, der erinnert sich, auch nach Jahren noch, mit recht geteilten Gef?hlen der bitters?ssen Nachwirkungen, die sich mild aber doppelt ?ussern, ehe sie als geradezu unverw?stlicher Kater ausklingen. Brrrr!

Der Germane kannte anf?nglich nur den Wassermet, eine Zusammensetzung von zw?lf Teilen Wasser mit einem Teil Honig, w?hrend die R?mer auch Wein- und Mostmet bereiteten. In sp?terer Zeit setzte man dem Met auch Gew?rze zu. Solch gew?rzten Met nannte man Bonglerastie oder Borgerast.

Nur im germanischen Altertum und im fr?hesten Mittelalter besass der Met die bevorzugte Stellung unter den Getr?nken. Im elften und zw?lften Jahrhundert war nach Freidank die Stufenfolge der trinkbaren Fl?ssigkeiten >>Wasser, Bier, Met, Wein<<. >>Der Met verschwand nach und nach ganz, und einer gl?cklicheren Zeit blieb es vorbehalten, dieses edle Viergespann durch den Branntwein wieder zu erg?nzen.<<

Wenn man den Met nun auch im dreizehnten Jahrhundert noch viel trank, so hatte er doch in dieser Zeit l?ngst aufgeh?rt, der Haupttrunk zu sein. Seine S?ssigkeit -- Suez als ein honic mete -- mochte haupts?chlich daran schuld sein, dass man ihm die herzhafteren Getr?nke, Bier und Wein, vorzog. Immerhin verschwand er erst gegen Ausgang des Mittelalters g?nzlich von der Tafel; bis dahin erschien er noch sporadisch neben seinen Rivalen. >>Die Knappen liezen tragen dar mete, win und l?tern trank<<, heisst es im >>Irregang und Girregar<<. Nur im deutschen Norden bewahrt man dem Met die alte Anh?nglichkeit. Der Haidehonig dazu wurde durch die Zeidler, eine Genossenschaft mit merkw?rdigen Br?uchen, gesammelt. Die Stadt Aachen, die der Metbereitung besondere Pflege angedeihen liess, spendete ihn allj?hrlich als besondere Delikatesse an F?rsten, Bisch?fe und andere Vornehme, so im Jahre 1385 mehr als neunundzwanzig Ohm im Werte von 1068 Mark, nach heutigem Goldkurse etwa das f?nffache; der Met war demnach ein sehr kostbares Getr?nk geworden.

Im sp?teren Verlauf des Mittelalters, als die Z?nfte erstanden, wurde die Meterzeugung eine Obliegenheit der Wachszieher, die bis sp?t in das neunzehnte Jahrhundert hinein Kerzen erzeugten, Honigkuchen buken und Met brauten, der ?berall noch Liebhaber, besonders aber Liebhaberinnen fand, wie jene >>Methe von Trunkenheit<< beweist, das >>Bisamstinckige Frawenzimmer<<, das Johannes Fischart im >>podagrammischen Trostb?chlein<< als im Gefolge der >>gliederkrampfigen Fusskitzlerin<< Frau Podagra befindlich aufz?hlt.

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