Read Ebook: Die Hexenrichter von Würzburg: Historische Novelle by Seeburg Franz Von
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Ebook has 993 lines and 43865 words, and 20 pages
nntnis und Richterspruch aufbauen. Du weisst, wie oft ich zu Gericht gesessen, mit Gott und guter Ehre; so schwer, so ahnungsd?ster aber wie heute war mir nie zumute. Da drinnen w?hlt ein nagender Gedanke, mir ist's, als hinge schweres Unheil ?ber dir und mir.<<
>>Ist Gottes Hand nicht gn?dig ?ber uns?<<
>>Ich weiss es nicht!<<
>>Doch, Vater! Gott sch?tzt uns. Und willst du dieses Schutzes sicher sein, so sei barmherzig mit den Armen, die ihr Herren Hexen nennt. O, folge nicht dem dunkeln Wahne, dass ?berall des Teufels List und Macht sich finde. Nicht jene Armen, ihr, ihr Richter seid es, die den Hexenglauben und den Teufelsspuk nicht sterben lassen. Tritt nicht, mein Vaterherz, in jene falschen Spuren, sei st?rker, weiser als die Welt um dich, gib du Gott und deinem Glauben allein die Ehre, und auch in ^deinem^ Herzen werden dann Friede und Gerechtigkeit sich k?ssen.<<
Der Alte stand mit verschr?nkten Armen vor seinem Kinde, das sinnende Haupt tief auf die Brust geneigt. Friede und Gerechtigkeit -- ein goldenes Wort, wenn diese im Menschenherzen sich begegnen, k?ssen! -- --
Die Turmuhr vom Dome her schlug die vierte Abendstunde. Der alte Gering warf seinen Mantel um, dr?ckte den Hut sich auf den Kopf und schied mit stummem Kusse von seiner Tochter. -- --
Durch die hohen Fenster, geziert mit buntgemalten Schilden und Wappenbildern, f?llt der abendliche Sonnenstrahl in einen grossen, niedern Saal. Die W?lbung der Decke ruht auf kurzen, dicken S?ulen, der Boden ist mit rotem Sandsteine in grossen Quadern eingelegt, nach oben steht ein langer Tisch mit Kreuz und Evangelium darauf, um ihn hochlehnige St?hle mit gepressten Lederpolstern.
In einer Ecke stehen die R?te des Malefizamtes, teils miteinander gar geheimnisvoll fl?sternd, teils mit hochgezogenen Brauen in den Akten bl?tternd. Auch Gering befindet sich unter ihnen, missmutig, schweigsam, nur hie und da mit stummem Nicken oder Achselzucken eine an ihn gerichtete Bemerkung erwidernd.
Der Eintritt des Oberschultheissen, begleitet von zwei Sekret?ren und dem Malefizschreiber Petrus H?nflein, macht die R?te verstummen.
Der Oberschultheiss, ein kleiner, hagerer Mann, gr?sst gn?dig nach rechts und links und nimmt seinen Platz ein, zu beiden Seiten reihen sich die R?te an. Auf seinen Wink wird durch eine Seitent?re die alte Bernin hereingef?hrt. Die H?nde sind mit Ketten belastet, der Gang ist schleppend, z?gernd, als st?che bei jedem Schritte ein tiefer Schmerz durch den bebenden Leib.
Sie steht den Richtern gegen?ber, zornig -- trotzig blickend, die Ketten sch?ttelnd, dass sie klirren und rasseln.
>>Sie, Gertraud Bernin,<< hob der Oberschultheiss an, >>sonst auch die Ammfrau genannt, ist angeklagt der b?sen Zauberei. Man hat Sie heute erst in G?te, dann in strengem Ernste gefragt, was Sie zu bekennen habe, und ist endlich zur Tortur geschritten, worauf Sie flehentlich bat, man m?ge Ihrer schonen, Sie wolle alles getreulich bekennen.<<
>>Ich habe nichts versprochen,<< entgegnen kurz die Alte und sch?ttelte den Kopf mit den losen weissen Haaren.
>>Sie scheint dem alten Trotze zu verfallen? Gedenkt Sie noch der Marter, unter der Sie heute morgen ?chzte?<<
>>Ja. Die Herren liessen die Sache deutlich genug machen, dass man sie so leicht nicht vergisst.<<
>>Will Sie nun bekennen?<<
>>Was denn?<<
>>Dass Sie eine Unholdin ist und eine Hexe!<<
>>Nein.<<
>>Wenn Sie auch nicht bekennen wollte, so ist solch grosser Trotz schon sicherer Beweis, dass Sie im Bunde mit dem B?sen steht.<<
>>Meint Ihr?<< grinste die Bernin. >>Und wenn ich nichts zu bekennen h?tte? Wenn all euere Weisheit, ihr Herren, sich vergebens an mir abm?ht, um jene Schuld zu finden, von der ihr tr?umt, die ich aber nicht auf mir habe? Ich bin nicht Unhold, bin nicht Hexe -- ich schw?re es euch, so wahr ein Gott im Himmel lebt!<<
>>'s ist schrecklich, wie Sie l?stert! Hat Sie denn nicht geheimnisvolle Kr?uter in Menge in ihrer Stube aufbewahrt?<<
>>Geheimnisvolle Kr?uter!<< h?hnte die Alte. >>Kennt Ihr denn nicht die Springwurz?<<
>>Springwurz!<< wiederholte der Oberschultheiss nachdenklich. >>Was sagte doch die dicke H?kerin, die wir verbrannt, von diesem Kraute aus?<<
>>Ist mir sehr wohl erinnerlich,<< sprach Hans Offterdach, der zweite Rat. >>Die Springwurz, bekannte jene Malefizperson, muss, wenn sie anf?ngt in die Blume zu schiessen, in des B?sen Namen gepfl?ckt werden. H?lt man solch ein Kraut ans beste Schloss, so springt es auf, als w?rde es mit dem Schl?ssel ge?ffnet.<<
>>Wie klug ihr Herren seid! Wenn doch die Springwurz solche Kraft besitzt, wie kommt es dann, dass nicht die T?ren, Tore und Kisten und Kasten von ganz W?rzburg damit aufgesperrt und ausgepl?ndert werden? Oder macht die Probe! Gebt mir meine Springwurz zur?ck und lasst es mich versuchen, die Schl?sser hier an meinen Ketten und das Eisenschloss an meiner Kerkert?re aufzusprengen; gelingt es mir, dann m?gt ihr mit mir tun nach euerem Belieben; wenn nicht, ist's euere Pflicht, mich wieder freizugeben.<<
>>Da sei Gott vor!<< rief der Oberschultheiss aus; >>Sie will die schwere Schuld, so auf Ihr lastet, mit losem Spotte von sich w?lzen? Nein, solchem Frevel leiht ein frommes Gericht nicht Ohr noch Hand. Item. Man fraget Sie, was in den Fl?schlein allen enthalten, so sich bei Ihr gefunden?<<
>>L?usewasser f?r die dummen Bauern,<< gab die Ammfrau fest zur?ck.
>>Nicht m?glich.<<
>>So, warum denn nicht? Wohl weil es Euch nicht in das Kredo passt. Ist doch so!<<
>>Und der Totensch?del?<<
>>Das dacht' ich wohl, dass Euch der bange mache. Der Totensch?del ist vom Hochgerichte. Dort fand ich ihn unterm Galgen. Die Raben hatten ihn vom Fleische freigemacht, wohl auch die Ameisen. Mir gefiel er, ich nahm ihn mit nach Hause. Was geht das Euch an?<<
>>Zu welchem Zwecke?<<
>>Ich wollte Gimpel damit schrecken.<<
Die alte Bernin sah den Richter mit unverkennbarer Verachtung an.
>>Ja, das kann ein jeder, der es will; er braucht nur einen, der ihm glaubt.<<
>>Und Blut war auch dabei?<<
>>Ei freilich! Ohne diesen Saft glaubt ja kein Mensch an Wunderbares. Ihr Herren selbst habt ja das Blut so gerne. Nur zapft ihr alles ab; mir war ein Tropfen Blutes genug.<<
>>In Ihrem ganzen Losament war weder Kreuz noch frommes Bildwerk, noch ein Weihbronnen zu sehen. Das hat Ihr wohl der Teufel anbefohlen, als Sie ihm Leib und Seele verschrieb?<<
>>Was Ihr nicht alles wisst! Nein, nicht der Teufel, ich selbst hab' Kreuz und Weihwasser von meiner Stube ferngehalten. Ich mag beides nicht. Das ist der Grund!<<
Der Oberschultheiss und die R?te r?ckten vor Entsetzen mit den St?hlen und wischten sich den Angstschweiss von der Stirne.
>>Hab' euch erschreckt, ihr Herren. Tut mir leid. Ich glaub' an einen Herrgott, ja. Doch mehreres? -- Da lasset mich in Ruhe! Wenn wahr w?re, was ihr Gott und Gottesliebe nennt, dann w?re nicht die Welt in Gl?ck und Elend auseinandergerissen, dann s?sse nicht die Schuld auf dem Richterstuhle und verdammte die Unschuld.<<
>>Endlich hat man beobachtet,<< fuhr er fort, >>dass sich in Ihrem Zimmer eine ganz unnat?rlich grosse Spinne gezeigt hat, mit der Sie h?chst verd?chtige Blicke gewechselt hat. Das war doch wohl der leidige Gottseibeiuns?<<
>>Herr, Ihr werdet lustig. Wer hat die Spinne gemessen? Und bin ich's allein, an deren W?nden Spinnen laufen? Ei, geht doch durch die Stadt und forscht und sp?rt nach Spinnen; ich wette, 's wird Euch bange, die ganze Stadt ist dann des Teufels, und Ihr auch.<<
>>Sie verharret also hartn?ckig in Ihrem frechen Leugnen?<<
>>Hab' nichts zu bekennen.<<
>>Der Henker trete ein!<<
Die Alte zuckte zusammen. Angst, Hass und wilder Zorn blitzten aus ihren Augen, ein Schauer sch?ttelte ihren Leib, dass die Ketten klirrend aneinanderschlugen. Einen Augenblick schien sie zu wanken; dann reckte sie den Leib in wildem Grimme, warf stolz das Haupt empor und mass den eintretenden Henker mit gl?henden Blicken.
>>Bekennt Sie nicht?<< fragte der Oberschultheiss zum letzten Male, sich erhebend.
Die Ammfrau stiess ein grelles >>Nein<< heraus.
Der Richter winkte.
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