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Read Ebook: Der Klosterjaeger: Roman aus dem XIV. Jahrhundert by Ganghofer Ludwig Engl Hugo Illustrator

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Ebook has 2603 lines and 97549 words, and 53 pages

In wachsender Verst?rtheit war der Blick des M?nches auf das M?dchen gerichtet. R?te und Bl?sse wechselten auf seinen Z?gen, seine Augen waren wie zwei Flammen, heiss und verzehrend. >>Wer gab dir dieses Gesicht?<< so brach es fast wie ein Schrei von seinen Lippen; nun streckte er die Arme, als wollte er das M?dchen umschlingen -- und da wich Gittli erbleichend vor ihm zur?ck; einen Augenblick stand sie ratlos, dann schwang sie sich mit einem herzhaften Sprung ?ber den steilen Rand des Pfades auf den moosigen Waldboden und flog mit flatterndem Rock an Haymo vor?ber, um zwischen den B?umen zu verschwinden.

Wie man lange nach der dunklen Stelle des Himmels starrt, an der ein fallender Stern erloschen ist, so starrte Haymo in den Waldschatten, in dem die Gestalt des M?dchens sich verloren hatte. Langsam wandte er das Gesicht und blickte wieder zum Pfad hinauf. Dort oben stand noch immer der M?nch mit gestreckten Armen, als wollte er die Luft umschlingen, in der das M?dchen geatmet. Jetzt kam ein Zittern ?ber ihn, seine Arme fielen, st?hnend sank er auf einen Stein und bedeckte das Gesicht mit den H?nden.

Haymo wusste nicht, wie ihm geschah. Er h?tte gern diesem Priester gez?rnt, und dennoch f?hlte er, wie das Mitleid sein Herz gefangen nahm. Eine Weile noch stand er wie gebannt; dann schlich er davon, und je weiter er sich entfernte, desto rascher wurde sein Schritt.

Vielleicht gelang es ihm noch, das M?dchen einzuholen? In seinem Geleit w?re Gittli sicher und h?tte einen gefahrlosen Heimweg. Er begann zu laufen. Was war das? Diese zornige Stimme, die von der offenen Seel?nde durch die Lichtung der B?ume klang? War das nicht Gittlis Stimme? Ja! Und nun verstand er auch ihre Worte: >>So lasst mich doch! Was wollt ihr von mir? Was hab ich euch denn getan? So lasst mich doch in Ruh!<<

Haymo hatte den Waldsaum erreicht; draussen lag eine breite Wiese, halb ?bersp?lt von dem weissen Sand, den der sch?umende See ?ber das Ufer warf; an Stangen hingen Fischnetze zum Trocknen aufgespannt; unter weit?stigen, im F?hnwind rauschenden Ulmen, zu F?ssen eines H?gels, standen die beiden H?tten der dem Kloster h?rigen Fischerknechte. Zwei der struppigen, an Gesicht und Kleidung derb verwitterten Gesellen hatten inmitten der Wiese das M?dchen mit einem St?ck Netz umfangen, und der eine lachte: >>Hilft dir nichts! Wer so ein feines Fischl im Garn hat, der h?lt es fest.<<

>>Aber so lasst mich doch, lasst mich!<< flehte Gittli und suchte sich dem Netz zu entwinden.

>>Zappel nur!<< lachte der andere. >>Weisst du, was einem Ferch geschieht, wenn er ins Netz gegangen ist? Wir geben ihm eins auf den Schnabel!<<

Gittli kreischte, und w?hrend sie mit dem einen Arm ihr K?rbchen in die H?he hielt, schlug sie mit dem andern zornig um sich.

>>Geh, hab keine Sorg!<< tr?stete der j?ngere der beiden Knechte. >>Wir machen's bei dir nit gar zu grob! Komm her, wirst sehen, es tut nit weh!<< Er fasste mit derber Hand ihr Kinn und wollte sie k?ssen. Da flog er unsanft zur Seite. Haymo hatte ihn beim Kragen gepackt, und der Griff hatte ausgegeben. Ein Dutzend Schritte von der Stelle sass der Bursch im Gras und machte ein dummes Gesicht. Dem anderen versetzte Haymo mit dem Bergstock eins ?ber die Hand, dass er das Netz gutwillig fallen liess. Gittli, die sich so pl?tzlich befreit sah, warf dem J?ger einen dankbaren Blick zu, streifte hurtig das Netz von den F?ssen und huschte kichernd davon.

Der ins Gras Gesetzte hatte sich inzwischen erhoben. Mit kirschrotem Gesicht kam er auf den J?ger zugest?rmt.

Haymo machte eine Faust und hob sie ein wenig. >>Komm nur!<< sagte er l?chelnd.

Da war der Zorn des Burschen verraucht. Und der andere, der noch immer seine Hand rieb, brummte: >>So ein Wildling! Gleich zuhauen! Da schau, ganz blau sind alle Finger!<< Und scheltend ging er dem Ufer zu und steckte die Hand ins kalte Wasser.

Lachend schulterte Haymo den Bergstock und folgte der Strasse. Er w?re gern rascher gegangen; aber das wollte er den beiden Gesellen nicht zuliebe tun; die h?tten ihm sonst wohl nachgerufen: >>Schau, wie er sich tummelt, dass er davon kommt!<< Als er um die Ecke lenkte und den Blicken der beiden entschwand, beschleunigte er seinen Gang; aber von Gittli war nichts mehr zu sehen und zu h?ren.

Auf schmaler, von den R?dern der Bauernkarren ?bel zerrissener Strasse schritt Haymo durch das fr?hlingsbl?hende Tal. Wenn auch droben auf den Bergen der Lenz noch eine harte, z?he Schlacht gegen den Winter schlug, so hatte doch im Tal der Fr?hling sich schon h?uslich eingerichtet. Auf den Wiesen lag es schon wie gr?ner Sammet, in dem sich die zahllos bl?henden Primeln ausnahmen wie goldene Stickerei. Veilchenduft wehte aus den Hecken, in denen die kleinen Meisen zwitscherten. Aus den Zweigen der Fichten spitzten schon die jungen Triebe, und ?ber den Buchen und Ahornb?umen lag's von den sprossenden Bl?ttchen wie lichtgr?ner Schimmer. Die wilde Kraft des F?hns, der droben auf den Bergen allen Grund der Felsen zittern machte und die donnernden Lawinen l?ste, war hier im Tal verwandelt in ein frisches Wehen, das in alle B?sche griff, in alle Wipfel der B?ume, als wollt' es ihnen sagen: Nur frisch, nur munter! Jetzt nach dem Winterschlaf kein G?hnen mehr! Jetzt heisst es wachsen, treiben, bl?hen, Fr?chte tragen und f?r Samen sorgen! Die sch?ne Zeit ist kurz. Und eh ihr euch's verseht, ist wieder der Winter da. Munter! Munter!

Jetzt stieg die Morgensonne hinter den Bergen empor, Wald und Feld ?berspinnend mit ihrem Gold. Ein Funkeln und Leuchten ?berall. Sogar der Schatten, den Haymo auf die Strasse warf, war Schimmer und Farbe.

Blaue Rauchs?ulen stiegen aus den h?lzernen Bauernh?usern, die zerstreut lagen zwischen kleinen Geh?lzen, zwischen Wiesen und brachen Feldern; in den umhegten G?rten weidete das Vieh mit l?utenden Glocken, und in steinigem Bette rauschte die dem See entstr?mende Ache ihr eint?niges Lied.

Die Strasse begann zu steigen; nun trat sie unter den B?umen hervor, und Haymo sah zu oberst auf der sonnigen H?he des Weges das M?dchen schreiten.

>>Gittli! Gittli!<< rief er mit hallender Stimme.

Sie h?rte ihn, blieb stehen, wandte das Gesicht, schwang wie zum Gruss ihr K?rbchen und lief davon, in der Senkung der Strasse verschwindend.

Haymo seufzte zuerst, dann lachte er und wanderte weiter. Eine halbe Stunde noch, und er hatte das Klosterdorf erreicht. An beiden Ufern der Ache reihte sich Haus an Haus, und von der H?he nieder winkte der schlanke M?nsterturm und der m?chtige, weit ausgedehnte Bau des Stiftes, mit hundert funkelnden Fenstern. Haymo ?berschritt auf h?lzerner Br?cke die Ache und gelangte zu einem riesigen Holzgeb?ude. Es war das Salzhaus, die Goldschmiede des Klosters, welche die Dukaten in so sch?ner Menge lieferte, dass in kaum zweihundert Jahren die arme Martinsklause zu Berchtesgaden das reichste Kloster weit und breit geworden war. Alle F?rsten zankten sich um die Hoheitsrechte ?ber die reiche Propstei, und die Erzbisch?fe von Salzburg machten scheele Augen.

In langer Reihe standen die Frachtwagen und Saumpferde aus aller Herren L?nder vor dem Salzhaus, und ein Frater in gesch?rzter Kutte verzeichnete auf einem T?felchen jeden Sack, der von den Knechten zum Verladen herbeigetragen wurde. Auf einem Seilzug, der ?ber die Ache gespannt war, kamen die in Rollen laufenden Kufen mit dem Rohsalz knarrend einhergezogen. Dort dr?ben lag der Salzberg Tuval, in dessen Schachten das Steinsalz von den Klosterknappen gef?rdert wurde. Dann kam es in die Pochm?hle, aus der M?hle in die Solwannen, und aus der ges?ttigten Sole wurde das reine Salz in m?chtigen Pfannen wieder ausgekocht. Sogar in der Karwoche durften die Feuer nicht erl?schen. Wie fleissig der Sud betrieben wurde, das verriet der weisse Dampf, der in dichten Wolken aus allen Luken des Daches, aus jedem Tor und allen Fenstern des Sudhauses qualmte.

Da drinnen in der br?tenden Hitze mochte kein gutes Weilen sein; das meinte Haymo dem Sudmann anzusehen, der triefend von Schweiss aus einem der Tore trat, um frische Luft zu sch?pfen; er war nur mit einer blauen Leinenhose bekleidet, Oberk?rper und Arme waren nackt und von der Hitze ger?tet wie ein Krebs, der aus dem siedenden Wasser auf die Tafel kommt. Eine schwere Gestalt, Muskeln und Arme wie aus Kupfer gegossen, ein Stiernacken, ein klobiger Sch?del mit kurzgeschnittenem, r?tlichbraunem Haar; der struppige Bart hatte die Wangen fast bis zu den Augen ?berwachsen; dadurch bekam das Gesicht einen finsteren Ausdruck, der durch den verdrossenen Blick der grauen Augen noch versch?rft wurde.

>>Wolfrat!<< rief eine herrische Stimme im Innern des Salzhauses, und der Sudmann verschwand im Tor.

Wolfrat? -- Dieser Mensch sollte Gittlis Bruder sein? Haymo sch?ttelte den Kopf; er stellte die beiden im Geiste nebeneinander. Das waren zwei Geschwister, von denen eins zum andern passte, wie der Eichbaum zur Heckenrose, wie der B?r zum Reh, oder -- der Volksmund pflegt zu sagen: wie die Faust aufs Auge!

Als Haymo durch die Pforte des Klostergartens trat, scholl vom Kirchplatz herab ein lautes Knattern und Gepolter. Das waren die h?lzernen >Ratschen<, die zur Messe riefen; w?hrend der Passionstage d?rfen die Glocken nicht gel?utet werden; ihre klingenden Seelen, so geht die Sage, ziehen nach Rom, um vom heiligen Vater gesegnet zu werden, und erst in der Osternacht kehren sie zur?ck in ihre ehernen Leiber, um schwebenden Schalles die Auferstehung des Erl?sers zu verk?nden.

?ber Felsstufen und gewundene Wege stieg Haymo den Hang des H?gels empor, auf dessen Kuppe das Kloster stand; das ganze Geh?nge, einst mit Felskl?tzen bes?t und von wirrem Gestr?pp ?berwuchert, war in einen freundlichen Garten verwandelt, mit zahlreichen Blumenbeeten, Baumgruppen und s?uberlich gehaltenen Pfaden. Wohl war der Garten um diese fr?he Jahreszeit noch arm an Gr?n und Bl?ten. Aber was musste das im Sommer f?r eine Pracht und Freude sein! Frater Severin, der G?rtner, verstand seine Kunst; das musste auch der Neid bekennen.

Auf schwankendem Steg ?berschritt Haymo den tiefen Hirschgraben, in dem ein Rudel Hochwild friedlich ?ste. Die Tiere sahen elend und verk?mmert aus; ein Hirsch, auf dessen Haupt schon das neue Geweih zu sprossen begann, war bis zum Rande des Grabens emporgestiegen und dr?ckte die Stirn gegen das h?lzerne Gitter; er sah durch die L?cken der St?be in der Ferne den freien Bergwald blauen; Haymo wandte sich ab, bewegt von Erbarmen; es d?nkte ihn ein hartes Unrecht, solch ein edles Tier gefangen zu halten in traurigem Kerker, nur zu m?ssiger Augenweide.

Als der J?ger an der Klosterpforte den Hammer r?hrte, sagte ihm der Pf?rtner, dass Haymo nach der Messe in der Amtsstube des Klostervogtes sich einzufinden h?tte; doch sollte er neben Dienst und Pflicht auch seines irdischen Leibes gedenken und den Umweg ?ber die K?che nicht scheuen. >>Freu dich, Junge, heut ist grosser Fasttag!<< fl?sterte der Pf?rtner und schmunzelte.

Der Pf?rtner, der ihm das Tor des Stiftes ?ffnete, zwinkerte ihm freundlich zu und sagte: >>Geh nur! In der K?ch wissen sie schon, dass du kommst!<<

Haymos eisenbeschlagene Schuhe klapperten auf den Steinfliesen des langen Korridors, den er zu durchschreiten hatte. Durch die hohen Bogenfenster fiel das goldene Sonnenlicht und machte die Farben der frommen Bildnisse leuchten, mit denen die weissen W?nde geziert waren. Aus einer T?re h?rte er summende Stimmen, dazu ein lautes Klappern und Klirren. Er ?ffnete und betrat die Klosterk?che. Feuchte Hitze umfing ihn, und angenehme D?fte quollen ihm entgegen. Ein grossm?chtiger Raum mit sechs hohen und breiten Fenstern; die W?nde schneeweiss get?ncht, der Boden mit roten, spiegelblanken Marmorplatten belegt. ?berall weissgescheuerte Tische, Kasten, Schreine und Truhen; alle W?nde funkelten von kupfernen Pfannen und zinnernen Sch?sseln; an den Fensterpfeilern hingen die aus Blech getriebenen Kuchenformen in Gestalt von Sternen, Herzen, Blumen und allerlei Getier. In der Mitte des Raumes stand der riesige Herd, dessen Inneres, nach den vielen Kupfert?ren zu schliessen, ein wahres Labyrinth von Feuerh?hlen und Bratr?hren enthalten musste; die Platte des Herdes war dicht bestellt mit dampfenden Pfannen und Kesseln, und ?ber offenem Kohlenfeuer wurde an langem Spiess ein Seeferch gebraten, der wohl an die dreissig Pfund wiegen mochte.

Und welch ein emsiges Leben in diesem Dampf und Duft! Rings um den Herd und um die Zurichttische standen und gingen die K?chenbr?der, mit nackten Armen, mit blauen Sch?rzen ?ber den Kutten, jeder betraut mit einem hochwichtigen Amt. Hier wurden Hechte, Forellen und Saiblinge gereinigt, dort walkte einer mit derben F?usten an einer ellenlangen Teigstulle, hier wurden Zwiebeln geschnitten und Zitronenschalen gew?rfelt, hier schlug einer mit langer Birkenrute einen ganzen See von Eiweiss zu schneeigem Schaum, dort wurde Mehl abgewogen und Gew?rz sortiert, und zwischen den Br?dern tummelten sich die Laufbuben, Holz tragend, das Feuer sch?rend, die gebrauchten Kessel scheuernd und das zinnerne Geschirr sp?lend. Hohe St?sse von Tellern wurden durch einen Schalter hinausgeschoben, durch den man das weite Refektorium mit seinen bl?tenweiss gedeckten Tischen gewahrte. Und in diesem Klappern, Klirren, Zischen und Brodeln ein ununterbrochenes Rufen, Plaudern und Lachen. Und alle Gesichter rotbrennend vor Hitze.

Die F?uste in die H?ften gestemmt, mit gebieterischer Ruhe, wie ein Feldherr, schritt Frater Friedrich, der K?chenmeister, auf und nieder, alles ?berblickend, alles ?berwachend. Breit lag ihm das Doppelkinn auf der Brust, die kleinen Augen versanken fast in den Fettpolstern der Backen, und bei seinem Umfang mochten f?nfzehn Ellen Tuch nicht ausreichen f?r die Kutte. Ja, das Fasten! Das Fasten!

Als Haymo die K?che betrat, weckte sein Erscheinen einen lauten Aufruhr. >>Der J?ger! Der J?ger!<< rief es auf allen Seiten, die Br?der kamen auf ihn zu, die Laufbuben liessen fallen, was sie in den H?nden hatten, und rannten ihm entgegen. Mit glotzender Neugier umstanden sie ihn; der eine griff nach Haymos Weidmesser, der andere streichelte die Armbrust, der dritte griff in den K?cher und pr?fte die Sch?rfe einer Bolzenspitze am Finger. Und so viele Fragen gab es auf einmal, dass der J?ger sie in einer Stunde nicht h?tte beantworten k?nnen. Haymo wurde verlegen, ihm war zumut wie der Wildtaube im H?hnersteig. Da kam der Frater K?chenmeister -- herbeigegangen? -- nein, herbeigerollt wie eine Tonne. >>So? Bist du da? Hast du deine Seel gest?rkt? Brav, mein Sohn, brav! Das ist Christenpflicht. Jetzt aber komm und st?rke deinen Leib!<<

Er nahm den J?ger unter den Arm und f?hrte ihn in eine kleine Stube, die neben der K?che lag und halb einer M?nchszelle, halb einer Speisekammer glich. Im Erker war s?uberlich ein kleiner Tisch gedeckt, und neben dem Zinnteller stand eine Holzbitsche, bis zum Rande gef?llt mit sch?umender >G?te Gottes<.

Die beiden setzten sich, und ein Laufbube trug auf; Sch?ssel um Sch?ssel kam, und Haymo machte immer gr?ssere Augen. Er hatte noch nie im Leben so herrenm?ssig -- nein, das will zu wenig sagen -- so klosterw?rdig getafelt! Der Frater K?chenmeister schien den schmucken J?ger ins Herz geschlossen zu haben; er hatte die Arme breit ?ber den Tisch gelegt und schaute dem Schmausenden mit zufriedenem L?cheln zu.

Da gab es zuerst eine Erbsensuppe mit ger?steten Schnitten, dann kamen Pastetchen, mit Forellenbacken gef?llt; es folgte ein gesottener Hecht, der sich, wie der Frater scherzte, aus Freude dar?ber, dass er gar so sch?n blau geraten, in den eigenen Schwanz biss; er trug zwei gr?ne Rosmarinzweiglein in den Nasenl?chern und hatte absonderliche Augen: aus gelber Zitronenschale geschnitten und in der Mitte ein Pfefferkorn; und rings um den Rand des Tellers lag ein Kranz von Zwiebelscheiben, darin der geputzte Fisch so pr?chtig anzusehen war, dass Haymo erst nach langem Zureden das Herz hatte, diese Pracht zu zerst?ren. Dann folgten ged?nstete Froschschenkel in k?stlicher Tunke mit gebackenen Krapfen. Und nun kam ein richtiger Braten. Ein Braten am Fasttag? Haymo blickte verlegen auf den Frater. >>Darf ich denn das essen?<<

Der K?chenmeister t?tschelte die Hand des J?gers. >>Iss nur, Bub! Glaubst du denn, ich m?cht deine frischgescheuerte Seel mit einer S?nd beflecken? Iss nur! Das ist Fastenspeis, wie Fisch und Frosch!<<

Z?gernd kostete Haymo; aber gleich wieder legte er die Gabel nieder und schob den Teller kopfsch?ttelnd von sich. >>Nein, Herr, das ist Fleisch!<<

>>Freilich Fleisch,<< lachte der Frater, >>aber Fleisch von einem Biber!<<

>>Biber? Das ist doch ein Tier mit Haar und F?ssen?<<

>>Frisst aber Fische! Verstehst du? Das ist Philosophie der Klosterk?che: Biber, Otter und Wildente, ob Pelz oder Federn, was Fische frisst, wird wieder als Fisch gegessen. Und ganz mit Recht! Denn die Nahrung macht das Wachstum und bildet aus ihrem Stoff den K?rper. Somit verzehrst du in diesem Braten kein richtig Fleisch, sondern ein Teilchen von jedem Hecht und Karpfen, von jeder Grundel und Schleie, die der Biber schmauste.<<

>>So?<< l?chelte Haymo. >>Dann aber, Frater K?chenmeister, wundert mich eines.<<

>>Was, mein Junge?<<

>>Dass Ihr am Fasttag nit auch eine Hirschkeule auf die Tafel setzt.<<

In Entsetzen klatschte der Frater die H?nde zusammen. >>Haymo! Du gottverlorener Mensch!<<

>>Warum? Die Hirsche ?sen Gras und Kr?uter. Also muss ihr Fleisch ein Gem?se sein, wie Kohl und R?ben. Und das ist doch Fastenspeis.<<

Der K?chenmeister machte ein verdutztes Gesicht; dann schlug er lachend die Hand auf den Tisch. >>Schade, schade, Haymo, dass du kein Klerikus geworden! In dir steckt ein Kirchenlicht. Und das soll nit umsonst geleuchtet haben! Im n?chsten Kapitel mache ich den Vorschlag, dass man alles Wildbret als Fastenspeis erkl?ren soll.<< Nachdenklich schwieg er und sch?ttelte den Kopf. >>Nein! Ich tu's doch lieber nit. Am Ende drehen sie den Spiess um und sagen: wie der Hirschbraten kein Gem?se ist, so ist der Biberschwanz kein Fisch, obgleich er Schuppen hat. Und Biberschwanz ess' ich f?r mein Leben gern. Gib her ein Br?ckl!<< Und aus dem >Br?ckl< wurde mit Kosten und Kosten der halbe Braten. >>Gelt, du? Das rutscht wie Butter.<<

>>Ja, Frater, ein feiner Braten! Der kommt wohl von weither?<<

>>Von der Donau. Dort leben die Biber zu Hunderten in ihren Wasserd?rfern. Von Straubing bis weithinunter gegen Wels hat der Passauer Bischof das Jagdrecht. Mit dem letzten Salzkarren hat er uns ein Dutzend geschickt, wickelfette Kerle!<<

>>Von Passau? Ist das von dorther, von wo der neue Pater Fischmeister gekommen ist?<<

>>Warum fragst du?<<

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