Read Ebook: Goethe und Werther: Briefe Goethe's meistens aus seiner Jugendzeit by Goethe Johann Wolfgang Von Kestner Johann Christian Contributor Kestner August Editor
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Ebook has 772 lines and 52602 words, and 16 pages
WITHIN GARDEN WALLS
THE PAGEANTRY OF GARDENS
WINGS AND SONG
THE GARDENS OF YESTERDAY
PASTURES AND HILLSIDES
LOVERS AND ROSES
UNDERNEATH THE BOUGH
THE LOST GARDENS OF THE HEART
THE GARDEN OVER-SEAS
THE HOMELY GARDEN
SILVER BELLS AND COCKLE SHELLS
THE GARDEN OF LIFE
Index of Titles n doch nie gen?gend f?r den Abwesenden. In jedem Augenblicke wollte er des ununterbrochenen Verkehrs mit der Familie bewusst sein, und so sehr bedurfte er es zu seiner Ruhe, mit allen Gliedern der Familie im besten Vernehmen zu bleiben, dass es ihn sogar dr?ckte, von Lottens j?ngerer Schwester, Sophie, einem Kinde, ?ber ein kleines Missverst?ndniss, welches eine v?llige Kinderei war, noch keine Verzeihung erhalten zu haben .
Fast alle diese Briefe w?rden der Bestimmung des Datums ermangeln, h?tte nicht Kestner, der Gesch?ftsmann, den Tag des Empfangs meistens darauf bemerkt. Die Briefe, denen solche Bezeichnungen fehlen, wie insonderheit die Briefe an Hans, sind nach Wahrscheinlichkeit in die chronologische Reihe geordnet, und hiezu gab die edle Offenheit des Schreibenden, nach der Natur einer fortschreitenden Leidenschaft, den sichersten Massstab: wie wir ihn anfangs, sich selbst verkennend, unst?t von Ort zu Ort umhergetrieben sehen, so dass er es den Freunden in Friedberg zum Verdienste anrechnen konnte, ihn, >>den Elenden,<< freundlich aufgenommen zu haben; wie ihm das literarische Treiben und Recensiren nicht hinreichte, und er die Besorgung von Kleinigkeiten f?r Freundinnen, zum Ableiter des unabweislich tyrannischen Gedankens, sich erbittet, und dabei mit kindlicher Sorgsamkeit ins Detail geht; wie wir den Scherz, der in grossen Seelen, um dem Verdrusse Rast zu geben, nahe dem Unmuth, am n?chsten der Verzweiflung ist, in seine tr?bste Stimmung zuweilen einen Sonnenstrahl werfen sehen; wie er dann, erheiternde Zerstreuung suchend, >>liebesbed?rftig,<< wie er es nennt, nach Tr?umen hascht, f?r den, der ihn betrogen hatte, und in jungen M?dchen seiner Bekanntschaft sich an Aehnlichkeiten mit der Entbehrten zu erholen sucht; wie ihm endlich, gleich allen t?chtigen Naturen, aus eigenen Mitteln die Arznei seiner Krankheit wird, und sein Genie nicht litt, dass die Leidenschaft, wenn gleich seine Existenz bedrohend, ihm zerst?rend werden konnte, da er stets von neuen Sch?pfungen von Innen sich best?rmt sah, bis er in dem grossen Gedichte von seiner sch?nen Last sich vollends befreite.
In diesem allgemeinen, wie es uns scheint nothwendigen Gange seiner Stimmungen, haben wir die Briefe geordnet. In den gegen den Sommer 1773 geschriebenen begegnen wir einem wieder wachsenden Unmuth, so dass er, unter anderen, sich vorwirft >>seine Zeit zu verderben,<< und hatte doch den G?tz von Berlichingen schon geschrieben, und ging ohne Zweifel mit Pl?nen zum Werther um! Denn die Hochzeit der Freunde nahte heran, und ihre Abreise in die weite Ferne, die letzte Entwickelung dieser wichtigen Epoche seines Lebens. Doppelt reizbar in dieser Aufregung, glaubt er zum erstenmale Eifersucht in einem Briefe Kestners zu erblicken, und antwortet in einem Zorn, welcher die sch?nen Eindr?cke unserer Briefe einen Augenblick unterbrechen k?nnte, wenn nicht die Beweise wechselseitig treuer Gesinnungen, die wir bei diesen Anl?ssen hervorgerufen sehen, uns sogleich wieder beruhigten. Der Zornbrief , so feindlich einige Worte desselben lauten, reicht allein hin, um sowohl Goethe's Verh?ltniss zu dem Brautpaar, als seine durch einen vor?bergehenden Ausbruch von Unmuth, den die Umst?nde wohl entschuldigen konnten, durchscheinenden wahren Gesinnungen zu erkennen. Er, der dem jungen Gatten mit Bitterkeit vorwarf, nach der Heirath von der Freundschaft abgefallen zu seyn, zeigt ihm, mitten unter den heftigsten Ausdr?cken des Unwillens, im Tone der Erkenntlichkeit an, dass er durch Annchen, die Freundin, Lottens Brautstrauss erhalten, und sich damit geschm?ckt habe. Tief betr?bt bei der letzten Entscheidung, tr?gt er so das Pfand seines Verlustes am Hute, f?r ihn eine Zier heroischer Tugend, und erl?utert diesen Akt durch die noch edleren Worte: >>Ich h?re, Lotte soll noch sch?ner, lieber und besser seyn, als sonst.<< So sehr also erf?llt ihn die reinste Freundschaft, dass er seinen Schmerz vergisst ?ber die Freude an ihrer Vortrefflichkeit, dass er ohne Hass seine Augen weidet an ihrem hohen Werthe, in demselben Moment, wo es zur Gewissheit wird, dass er sie entbehren soll. Ger?hrt hierdurch, eilte Kestner in zwei Briefen die Wunden des tobenden Freundes zu heilen. Diese Freunde konnten ihr gegenseitiges Wohlwollen nicht entbehren, und Goethe's Erwiederung zeigt, dass das Missverst?ndniss nur sechs Tage gew?hrt hat.
Liebensw?rdiger waren zwei andere Momente seines Unwillens , welche in diese Zeit fallen: das einemal betr?bt es ihn, dass die Brautleute einen Anderen als ihn mit der Besorgung der Trauringe beauftragt, das anderemal, dass die Neuverm?hlten nicht auf seine Einladung nach Frankfurt kamen. Er traute sich zu, den Freund im Vollgenusse des Gl?cks sehen zu k?nnen, das er bitter entbehrte, w?hrend diesem sein Triumph, der den Freund schmerzte, nicht lieb war.
Am Palmsonntage 1773 ist die Hochzeit gewesen, und von dem Briefe Nr. 76, und weiter, gehen die Briefe an Kestner nach Hannover. Die Schlusszeilen dieses Briefes scheinen die psychologische Erfahrung zu best?tigen, dass die Einbildungskraft von dem geliebtesten Abwesenden nur vereinzelte Theile gibt, w?hrend sie von weniger theuren Menschen, und besonders von den Gleichg?ltigen, freigebig das ganze Bild vollendet vor die Augen f?hrt.
Wenn wir in unsern Papieren erkennen, wie hoch Lotte, Kestner und Goethe ?ber den Personen stehen, die im Werther mit ihnen in Vergleich kommen, so tritt uns auf eine merkw?rdige Weise das Verh?ltniss des Dichters zum Menschen vor Augen. Goethe fand, durch seine Stellung unter ihnen, noch h?hern Anlass, als jene, seinen Werth als Mensch erkennen zu lassen. Denn, dass ein M?dchen von dem gl?cklichsten Naturell und gediegener Erziehung, dem w?rdigsten Mann die seit Jahren befestigte Treue bewahrt; dass dieser Mann, mit der Unschuld seines Charakters, in die Redlichkeit seiner Braut sowohl, als eines Freundes, dessen Freundschaft er sicher war, unbeschr?nktes Vertrauen setzt, sind die gew?hnlichsten Dinge, im Vergleich mit einer Liebe, die so gross, so stark, und so sch?n ist, dass sie ihm zur redlichsten und heldenm?ssigsten Entsagung die Kraft gab, und ihn, der Verzweiflung nahe, vom Liebenden in den reinsten Freund verwandelte. Diese sch?ne Erscheinung ist fremd dem Romane. Die Welt hat entschieden, das Gedicht sey das sch?nste seiner Art. Noch sch?ner aber, sehen wir, als die Dichtung war das Leben; ja in so hohem Grade sch?ner, dass Goethe, die unwahrscheinliche Wahrheit zur?cklassend, ein Anderes erfinden musste, damit die Dichtung als Wahrheit erscheine. Wie r?thselhaft k?nnen die Grenzen des Guten und Sch?nen sich in einander verschlingen! Der Dichter musste von der moralischen H?he herabsteigen, um sich auf dem poetischen Gipfel zu befinden, der ihn zum h?chsten Dichterruhme gef?hrt hat. Der Gegenstand seiner Liebe wurde in seinem Gedichte durch die Idee verherrlicht, dass ohne den Besitz der Geliebten zu leben unm?glich sey. Er aber war zu gross, um in der Verzweiflung unterzugehen; aus seinem Charakter konnte die z?gellose Scene nicht entwickelt werden, die den Entschluss zum Selbstmorde im Werther zur Reife brachte; daher musste er die Z?ge, welche dem Romane, wie er gedacht war, die Entwickelung verliehen, aus einem minder starken Manne borgen. Das Faktische hierzu, wie das Studium zu einem Gem?lde, hat Kestner in seiner Skizze von Jerusalems Tode ihm in die Hand gearbeitet. Manche Stellen dieses Aufsatzes finden wir w?rtlich im Werther. Mit Goethen mussten auch Lotte und ihr Gemahl, in ihren erborgten Gestalten, dem Roman zu Gunsten tiefer gestellt werden. H?tte Werthers Lotte nicht in der Entwicklungsscene gegen den Albert gefehlt, worauf sie Werther von sich wies, das Motiv zum Selbstmorde w?rde gefehlt haben. Und h?tte das Schicksal, minder grausam, den Werther um eines W?rdigeren willen, als Albert gedacht ist, untergehen lassen, dem Untergange des Helden w?rden weniger Thr?nen geflossen seyn.
Die jungen Eheleute, noch voll von der reichen Zeit, die sie so eben in steten Bez?gen mit Goethen warm durchlebt hatten, musste es um so mehr schmerzen, von eben diesem Freunde eben dieses Verh?ltniss r?cksichtslos angewandt zu sehen, um daraus Bestandtheile eines Romans zu sch?pfen, der Missdeutungen erregen und sie pers?nlich in ein falsches Licht stellen konnte. Kestner musste, in dem Gef?hl, seine Gattin sich gleichsam zum Theil entrissen zu sehen, seine Lotte durch die Lotte des Gedichts, da Goethe's Liebe zu ihr bekannt war, beleidigt f?hlen, sich selbst aber durch seine Entstellung in dem gedichteten Albert. Nach Empfang des Buchs daher schrieb er an Goethe einen Brief voller Vorw?rfe, von welchem ein Fragment, in seinem Nachlasse gefunden, unsern Documenten unter Nr. 106 hinzugef?gt ist.
Goethe, der Freund, verkannte nicht das Gewicht dieser Vorw?rfe. Eine Lotte hatte er offen gepriesen. Eine Lotte erschien in dem Gedichte, in welchem zwischen Dichtung und Wahrheit keine Grenze sichtbar ist, und das in allen seinen Theilen, den erfundenen und wahren, die gl?henden Farben einer zwischen Wunsch und Entbehrung erlebten Wirklichkeit an sich tr?gt. Im Gef?hl seines Fehls hatte er daher auf die Vorw?rfe nichts anderes zu erwiedern, als in den Briefen Nr. 107 und 109 die r?hrendsten Bitten um Verzeihung, wobei er im Rausche des Ruhms, der ihn selbst ?berraschte, -- denn ganz Deutschland war schon von Bewunderung des Werthers entflammt -- dem Freunde die verherrlichenden Ausdr?cke entgegen rief, die von allen Seiten ihm entgegen t?nten.
In dem Briefe Nr. 107 spricht er beruhigend zu den Herzen der Freunde: >>Und, meine Lieben, wenn Euch der Unmuth ?bermannt, denkt nur, denkt, dass der alte, Euer Goethe, immer neuer und neuer, und jetzt mehr, als jemals, der Eurige ist.<< Auf ihre Theilnahme an seinem Triumph vertrauend, sucht er sie in dem Briefe Nr. 109 zu tr?sten, indem er schreibt: >>K?nntet Ihr den tausendsten Theil f?hlen, was Werther tausend Herzen ist, Ihr w?rdet die Unkosten nicht berechnen, die Ihr dazu hergebt.<< An Kestner besonders richtet er die gewichtigen Trostesworte: >>~Wenn ich noch lebe, so bist Du's, dem ichs danke, bist also nicht Albert -- Und also --~<<. Zwar sprach er in demselben Briefe unter den Beruhigungsgr?nden auch die Zusage aus, binnen einem Jahre alle etwaigen Missdeutungen des Publikums >>auf die lieblichste, einzigste, innigste Weise auszul?schen.<< Allein dieses, wenigstens in der Masse, wie es in der ersten Aufregung ertheilt war, ?bereilte Versprechen, ist, bis auf verschiedene in den folgenden Ausgaben des Werther vorgenommene Ab?nderungen, unerf?llt geblieben. Sp?ter kamen beide Freunde, laut der Documente Nr. 121 und 122, noch einmal auf diesen Gegenstand zur?ck; aber weiter reichende Aenderungen zeigten sich als unm?glich, je mehr das bewunderte Gedicht die Gem?ther ergriff, und zuerst von der deutschen, dann von den andern Nationen Besitz nahm: jeder Gedanke war Eigenthum der V?lker geworden, das der Geber selbst nicht zur?ckfordern konnte. Auch Kestner wird dieses erkannt haben und hat sich um so eher dabei beruhigen k?nnen, als das Geheimniss des Romans in dem weiten Kreise seiner Freunde und Bekannten bald hinreichend aufgekl?rt war, und schon die Pers?nlichkeit der Ehegatten sie vor jeder falschen Beurtheilung sch?tzte.
Das sch?ne Verh?ltniss der Freunde ?berhaupt, und insbesondere Kestners zugleich w?rdige und liebevolle Stellung zu dem minder besonnenen J?ngling, kann treffender nicht hervortreten, als durch die L?sung des von Goethe verschuldeten Missverst?ndnisses selbst. Seine grosse Indiscretion w?rde unverzeihlich gewesen sein, wenn er deren Gewicht h?tte beurtheilen und die Wirkungen auf die davon betroffenen Freunde voraussehen k?nnen. Allein ihm waren die Schranken des gew?hnlichen Lebens g?nzlich unbekannt und eben so unbekannt die R?cksichten darauf, welche den Freunden geb?hrt h?tten. Weit entfernt daher von aller Besorgniss desshalb, hat er vielmehr in den Briefen Nr. 97 bis 100, welche mehr oder weniger dunkle Andeutungen der k?nftigen Erscheinung enthalten, so wie noch zuletzt in den das ?bersandte Exemplar des Romans begleitenden Zetteln, Nr. 104 und 105, mit arglosester Unbefangenheit vorausgesetzt, dass die Empf?nger ebenfalls sich daran erfreuen w?rden. Nur in dem einen Briefe Nr. 98 denkt er an die M?glichkeit eines Anstosses und warnt sie scherzend davor. Kestner, obgleich schwer gekr?nkt, auch anf?nglich nicht ohne Besorgniss vor den m?glichen Nachtheilen f?r ihn und seine Gattin, spricht seinen Tadel gegen Goethe offen und kr?ftig, doch fern von Erbitterung aus . Mit welcher Milde und Nachsicht er aber im Innern seines wohlwollenden Herzens Goethe's, des feurigen Dichters, Verfahren betrachtet, entschuldigt und verzeiht, sprechen seine Briefe Nr. 108 und 110 an v. Hennings vertraulich auf eine Weise aus, die den tiefsten Blick in seinen Charakter er?ffnet. Diese Briefe, die zugleich interessante Aufschl?sse ?ber das Verh?ltniss der Ehegatten zu Goethe und seinem Roman enthalten, bed?rfen keines Commentars.
Damit war denn das Missverst?ndniss schon sogleich bei seiner Entstehung, ohne Unterbrechung des gegenseitigen Wohlwollens, gehoben, und der gewohnte Briefwechsel zwischen Goethe und Kestner dauerte bis zu des Letzteren am 24. Mai 1800 erfolgten Tode fort. Goethe's letzter vorhandener Brief an Kestner, Nr. 137, ist vom 16. Juli 1798. Wahrscheinlich sind einige andere Briefe, durch Kestners in seinen letzten Lebensjahren eingetretene grosse Kr?nklichkeit, verloren gegangen. Eben diese Kr?nklichkeit, neben ?berh?uften Dienstgesch?ften, hat auch die Correspondenz von Kestners Seite in sp?terer Zeit beschr?nkt, wie Goethe in seinen Briefen ihm verschiedentlich freundlich vorgeworfen hat.
Um die gegenw?rtigen Mittheilungen zu vervollst?ndigen, w?re zu w?nschen gewesen, dass ihnen Kestners Briefe an Goethe, worauf mehrere von Goethe's Briefen sich beziehen, h?tten hinzugef?gt werden k?nnen. Allein der verstorbene Geheime Rath Kanzler v. M?ller in Weimar, Goethe's Testamentsvollstrecker, hat sie nicht in dessen Nachlass gefunden, wahrscheinlich weil Goethe sie mit einer grossen Masse ?lterer Briefschaften einst cassirt hat. Dagegen hatte der Geheime Rath die Gef?lligkeit einen Brief Lottens an Goethe aus Wetzlar, wohin sie sich auf Veranlassung der franz?sischen Occupation Hannovers auf einige Zeit zur?ckgezogen, von 1803, und einige Billets von ihr an Goethe, w?hrend eines Besuchs ihrer Schwester in Weimar, von 1816, abschriftlich mitzutheilen. Diese, nebst verschiedenen dazu geh?rigen Briefen Goethe's an Lotte und an einen ihrer S?hne, liegen aber ausser dem Kreise der Documente, welchen der Titel dieser Mittheilungen bezeichnet. Wir glauben daher nur folgende Zeilen aus einem Schreiben Goethe's vom 23. November 1803, weil sie dieselben Erinnerungen aus seiner Jugendzeit mit ?hnlichen Worten, wie in >>Wahrheit und Dichtung<< aussprechen, anf?hren zu d?rfen: >>Wie gern versetze ich mich wieder an Ihre Seite zur sch?nen Lahn und wie sehr bedaure ich zugleich, dass Sie durch eine so harte Nothwendigkeit dahin versetzt worden; doch richtet mich Ihr eigenes Schreiben wieder auf, aus dem Ihr th?tiger Geist lebhaft hervorblickt.<<
Goethe'sche Briefe,
und diese betreffende erl?uternde Documente.
Fragment eines Brief-Entwurfs,
aus Kestners Papieren,
geschrieben im Anfang seiner Bekanntschaft mit Goethe.
Gleich Anfangs k?ndigten ihn die hiesigen sch?nen Geister als einen ihrer Mitbr?der und als Mitarbeiter an der neuen Franckfurter Gelehrten Zeitung, beyl?ufig auch als Philosophen im Publico an, und gaben sich M?he mit ihm in Verbindung zu stehen. Da ich unter diese Classe von Leuten nicht geh?re, oder vielmehr im Publico nicht so g?nge bin, so lernte ich Goethen erst sp?ter und ganz von ohngef?hr kennen. Einer der vornehmsten unserer sch?nen Geister, Legationssecret?r Gotter, beredete mich einst nach Garbenheim, einem Dorf, gew?hnlichem Spaziergang, mit ihm zu gehen. Daselbst fand ich ihn im Grase unter einem Baume auf dem R?cken liegen, indem er sich mit einigen Umstehenden, einem Epicur?ischen Philosophen , einem stoischen Philosophen und einem Mitteldinge von beyden unterhielt, und ihm recht wohl war. Er hat sich nachher dar?ber gefreuet, dass ich ihn in einer solchen Stellung kennen gelernt. Es ward von mancherley, zum Theil interessanten Dingen gesprochen. F?r dieses Mal urtheilte ich aber nichts weiter von ihm, als: er ist kein unbetr?chtlicher Mensch. Sie wissen, dass ich nicht eilig urtheile. Ich fand schon, dass er Genie hatte und eine lebhafte Einbildungskraft; aber dieses war mir doch noch nicht genug, ihn hochzusch?tzen.
Ehe ich weiter gehe, muss ich eine Schilderung von ihm versuchen, da ich ihn nachher genau kennen gelernt habe.
Er hat sehr viel Talente, ist ein wahres Genie, und ein Mensch von Charakter; besitzt eine ausserordentlich lebhafte Einbildungskraft, daher er sich meistens in Bildern und Gleichnissen ausdr?ckt. Er pflegt auch selbst zu sagen, dass er sich immer uneigentlich ausdr?cke, niemals eigentlich ausdr?cken k?nne: wenn er aber ?lter werde, hoffe er die Gedanken selbst, wie sie w?ren, zu denken und zu sagen.
Er ist in allen seinen Affecten heftig, hat jedoch oft viel Gewalt ?ber sich. Seine Denkungsart ist edel; von Vorurtheilen so viel frey, handelt er, wie es ihm einf?llt, ohne sich darum zu bek?mmern, ob es Andern gef?llt, ob es Mode ist, ob es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhasst.
F?r das weibliche Geschlecht hat er sehr viele Hochachtung.
Zuweilen ist er ?ber gewisse Materien ruhig, zuweilen aber nichts weniger wie das.
Vor der Christlichen Religion hat er Hochachtung, nicht aber in der Gestalt, wie sie unsere Theologen vorstellen.
Er ~glaubt~ ein k?nftiges Leben, einen bessern Zustand.
Er strebt nach Wahrheit, h?lt jedoch mehr vom Gef?hl derselben, als von ihrer Demonstration.
Am Rande dieses fl?chtig hingeworfenen Brouillons f?gt Kestner noch hinzu:
>>Ich wollte ihn schildern, aber es w?rde zu weitl?uftig werden, denn es l?sst sich gar viel von ihm sagen. Er ist ~mit einem Worte ein sehr merkw?rdiger Mensch~.<<
Weiter unten ferner:
>>Ich w?rde nicht fertig werden, wenn ich ihn ganz schildern wollte.<<
Fragment eines Brief-Entwurfs,
aus Kestners Papieren.
~Anfang der Bekanntschaft Goethe's mit Lotte.
Er wusste nicht, dass sie nicht mehr frey war; ich kam ein paar Stunden sp?ter; und es ist nie unsere Gewohnheit, an ?ffentlichen Orten mehr als Freundschaft gegen einander zu ?usern. Er war den Tag ausgelassen lustig, Lottchen eroberte ihn ganz, um destomehr, da sie sich keine M?he darum gab, sondern sich nur dem Vergn?gen ?berliess. Andern Tags konnte es nicht fehlen, dass Goethe sich nach Lottchens Befinden auf den Ball erkundigte. Vorhin hatte er in ihr ein fr?hliches M?dchen kennen gelernt, das den Tanz und das ungetr?bte Vergn?gen liebt; nun lernte er sie auch erst von der Seite, wo sie ihre St?rke hat, von der H?uslichen Seite, kennen.
Goethe an Kestner.
W. d. 8. Aug. 72.
Morgen nach f?nf erwart ich sie, und heute -- sie k?nnten's vermuthen, so viel sollten Sie mich schon kennen -- heute war ich in Atspach. Und morgen gehen wir zusammen, da hoff ich freundlichere Gesichter zu kriegen. Inzwischen war ich da, hab Ihnen zu sagen dass Lotte heut Nacht sich am Mondbeschienenen Tahl innig erg?tzt, und Ihnen eine gute Nacht sagen wird. Das wollt ich Ihnen selbst sagen war an ihrem Haus, in ihrem Zimmer war kein Licht, da wollt ich nicht L?rm machen. Morgen fr?h trinken wir Caffee unterm Baum in Garbenheim wo ich heute zu Nacht im Monschein ass. Allein -- doch nicht allein. Schlafen Sie wohl. Soll ein sch?ner Morgen seyn.
Goethe an Kestner.
Ich habe gestern den ganzen Nachmittag gemurrt dass Lotte nicht nach Atspach gangen ist, und heute fr?h hab ichs fortgesetzt. Der Morgen ist so herrlich und meine Seele so ruhig, dass ich nicht in der Stadt bleiben kann, ich will nach Garbenheim gehn. Lotte sagte gestern, sie wollte heut etwas weiter als gew?hnlich spazieren -- Nicht dass ich euch draussen erwarte, -- aber w?nsche? Von ganzem Herzen und hoffe -- zwar etwas weniger, doch just so viel dass es die Ungewissheit des Wunsches so halb und halb balanzirt. In der Ungewissheit denn will ich meinen Tag zubringen, und hoffen und hoffen. Und wenn ich den Abend allein hereingehn muss -- so wissen Sie wies einem Weisen geziemt -- und wie weise ich binn.
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