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Read Ebook: Novellen by Leskov N S Nikolai Semenovich Mierzinski S Stanislaus Translator

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Ebook has 1737 lines and 56489 words, and 35 pages

Translator: S. Mierzinski

N. S. L?SKOV:

NOVELLEN

Alle Rechte vorbehalten.

Buchdruckerei >>Unie<< Prag

Ein Zufall f?hrte N. S. L?skov der Literatur zu. Da seine Familie infolge wiederholter grosser Feuersbr?nste, die nahezu ihren gesamten Besitz zerst?rten, verarmt war, konnte er die bereits begonnenen Universit?tsstudien nicht vollenden und sah sich gezwungen, sich einen praktischen Beruf zu erw?hlen. Im Auftrage seines Verwandten, des Engl?nders Scott, in dessen Dienste er getreten war, bereiste er in gesch?ftlichen Angelegenheiten Russland und machte auch einige Auslandsreisen. Die Reiseberichte, die er an seinen Auftraggeber richtete, gefielen dem Schriftsteller Selivanov, der zuf?llig von ihnen Kenntnis erhielt, derart, dass er die literarischen Kreise auf den begabten jungen Mann aufmerksam machte.

L?skov war nahe an die Dreissig, als in einer Petersburger Zeitschrift seine erste Arbeit erschienen, ein Schreiben, in dem er ?ber die unm?ssig hohen Preise Klage f?hrt, zu welchen die Buchh?ndler in Kiev das damals soeben zum erstenmale in russischer Sprache erschienene Evangelium verkaufen. Der warme Ton, in dem das Schreiben gehalten war, erregte allgemeine Aufmerksamkeit und machte den angehenden Literaten rasch bekannt. Bereits in den ersten Sechzigerjahren erschienen zumeist in Petersburger Monatsschriften und Sammelwerken die ersten novellistischen Arbeiten und Romane dieses Autors, der neben Gogol, Gon?arov, Tolstoj, Dostojevskij, Pisemskij, Saltykov und Ostrovskij zu den hervorragendsten Repr?sentanten des russischen Schrifttums des neunzehnten Jahrhunderts z?hlt, wie wohl er selbst in seiner Heimat auch heute noch nicht nach Geb?hr gesch?tzt wird.

Dass diesem originellen, reichbegabten und seinen Beruf ernst auffassenden Schriftsteller solange die ihm geb?hrende Anerkennung versagt wurde, daran ist in erster Reihe die politische Gesinnung L?skovs schuld, der, urspr?nglich liberal, sich sp?ter gegen die Ausw?chse und ?bertreibungen der radikalen Richtung erkl?rte und durch Romane, in denen er die neuen Str?mungen karrikierte , sich den gl?henden Hass der Jugend zuzog. Er wurde auch beschuldigt, in den Diensten der Polizei zu stehen und ein Verr?ter und Spion zu sein. Es braucht wohl nicht erst bemerkt zu werden, dass alle diese Beschuldigungen im h?chsten Grade ungerecht waren und auch nicht ein F?nkchen Wahrheit enthielten, aber sie gen?gten, um L?skov beim Publikum verhasst zu machen. Nur nach und nach ist es dem Autor, der sich in seinen tendenzi?sen ersten Romanen unstreitig zu ?bertreibungen hatte hinreissen lassen, gelungen, die Gunst eines weiten Leserkreises zu gewinnen.

Ausser einigen gr?sseren Romanen hat L?skov eine grosse Anzahl Novellen hinterlassen, die in k?nstlerischer Beziehung den besten Hervorbringungen des neueren russischen Schrifttums beizuz?hlen sind und wertvolle Beitr?ge zu einer n?heren und tieferen Erkenntnis der Verh?ltnisse Russlands und der Sitten seiner Bewohner in der zweiten H?lfte des neunzehnten Jahrhunderts bilden.

DER UNGETAUFTE POPE.

Erstes Kapitel.

?ber die Vorf?lle des Tages uns unterhaltend, sassen wir, eine gr?ssere Zahl guter Freunde und Genossen, beisammen, als einer nachstehende Zeitungsnotiz zu lesen begann:

>>In einem Dorfe fand die Hochzeit der Tochter des Popen statt, wobei es sehr hoch herging und, wie ?blich, recht viel getrunken wurde, so dass sich alle, l?ndlich, sittlich, nach dortiger Bauernart sehr gut unterhielten.

Unter den G?sten befand sich auch der Diakon, der sich als Freund und Liebhaber choreographischer K?nste zeigte, weshalb er es unternahm, den Festtag mit >>festlichen Reimen<< zu feiern und schliesslich, um auch seinen Teil zur Unterhaltung der G?ste beizutragen, anfing, den >>Trepak<< zu treten, wodurch alle Anwesenden in das h?chste Entz?cken gerieten.

Nur der Vikariatsvorstand , welcher als Gast anwesend war, fand das Vorgehen des Diakons als mit der geistlichen W?rde unvereinbar, h?chst unzeitgem?ss, und erstattete diensteifrig eine Anzeige an den Erzbischof.

Erzbischof Ignatius schrieb, nachdem er die Klage des Vikarius gelesen, unter dieselbe folgende Resolution:

Diakon N. den Trepak trat. Trepak hat aber nicht geklagt. Warum der Inspektor klagt? Sei er zu rufen und deswegen gefragt.

Nach Beendigung der Vorlesung waren alle dar?ber einig, dass die Resolution des Erzbischofes nicht nur originell, sondern auch zeitgem?ss war, doch einer unter uns, welcher besonders viel in Verbindung mit Geistlichen stand, und dem das Leben derselben, sowie viele auf dasselbe bezughabenden Anekdoten bekannt waren, meinte:

Wahr ist wahr, der Inspektor hatte keinen Grund gehabt zu klagen und Angeberei zu treiben wegen eines ausnahmsweise vorgekommenen Falles; aber ein Fall ist nicht gleich dem anderen, und das, was ich eben h?rte, erinnert mich an einen anderen Fall, in welchem der Vikarius seinem Erzbischof eine viel schwierigere Aufgabe zu l?sen gab, die jedoch der letztere zur Zufriedenheit aller Beteiligten, den Vikarius ausgenommen, l?ste.

Wir baten unseren Freund uns diesen Vorfall zu erz?hlen, wozu er sich bereit erkl?rte; er begann:

Die Geschichte, welche ich euerem Wunsche entsprechend erz?hlen werde, ereignete sich in den ersten Jahren der Regierung des Kaisers Nikolaus Pawlovi? und endete knapp vor dem Tode desselben, also gerade zu einer Zeit, wo wir die gr?ssten Misserfolge in der Krim zu ?berstehen hatten.

Die zu jener Zeit herrschenden politischen und milit?rischen Vorf?lle hatten alles andere zur?ckgedr?ngt und so ging mancher Fall unbeachtet verloren, welcher unter anderen Verh?ltnissen allgemeines Interesse erregt h?tte, aber einer von diesen bewahrt sich doch im Ged?chtnisse einiger weniger Personen, vor deren Augen derselbe vor sich ging oder die an demselben direkt oder indirekt beteiligt waren.

Mancher dieser Vorf?lle geh?rt bereits der Sage an.

Der Fall jedoch, den ich Euch erz?hlen werde, ist noch nicht aus dem Ged?chtnisse einzelner Personen verschwunden, denn die meisten in dieser wahren Geschichte handelnden Personen leben noch heutigen Tages, und ihr werdet es deshalb f?r ganz richtig und angezeigt halten, wenn ich den Orten und Personen, ausser der Hauptperson, erdachte Namen gebe.

Im allgemeinen will ich nur soviel sagen, dass diese Geschichte in S?d-Russland, unter Klein-Russen, vor sich ging und der >>ungetaufte Pope<< Sava, ein seelenherzensguter, allgemein beliebter, ja von seiner Gemeinde geradezu verg?tterter Mann, noch heute frisch und heiter, wenn auch bereits hochbetagt, lebt und seinen Pfarrbezirk nicht nur zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten, sondern auch seiner Pfarrkinder verwaltet.

Zweites Kapitel.

Also: -- in einem der D?rfer im s?dlichen Russland, welchem wir, meinetwegen, den Namen Paripsami beilegen wollen, lebte der reiche Kasak Zacharovi?, mit dem Rufnamen Duka?.

Er war zur Zeit, als meine Erz?hlung beginnt, bereits nicht mehr jung, aber sehr reich, kinderlos, rauh und hartherzig.

Wucherer, im eigentlichen Sinne des Wortes, war er nicht, auch kein Schinder, wie man sie unter Altrussen oft findet, denn derartiges kam zu jener Zeit in S?drussland nicht vor, aber er war, was man so nennt, ein z?nkischer, hochm?tiger, grober, r?cksichtsloser Mensch, den alle f?rchteten, sich, sowie sie ihn sahen, bekreuzten, und ihm, wenn es tunlich war, aus dem Wege gingen, denn kamen sie demselben ungelegen, dann gab es b?se Worte, ja nicht selten sogar Pr?gel.

Sein eigentlicher Name war den wenigsten im Dorfe bekannt, was ja ?berhaupt in D?rfern gar nicht so selten vorkommt, aber alle nannten ihn Duka?, wodurch alle seine unangenehmen Eigenschaften zum Ausdruck gelangten.

Dieser mehr oder weniger beleidigende Spitzname konnte auf eine Verweichlichung seines Charakters wenig Einfluss aus?ben; im Gegenteil, er wurde dadurch noch mehr aufgeregt und ?rgerlich und nicht selten in einen solchen Zustand von Aufregung gebracht, dass der sonst von der Natur aus ganz gescheite Mann, der sich auch sonst zu beherrschen verstand, alle ?berlegung verlor und sich auf die Menschen wie ein w?tender Wolf warf.

Kinder brauchten ihn wohl nur von weitem zu erblicken, als sie unter dem Rufe: >>Der Duka? kommt, der Duka? kommt!<< auseinander liefen, wie die Sperlinge bei einem Schusse: gelang es dem Duka? aber eines der Kinder unverhofft zu erjagen, dann schlug er dasselbe mit seinem langen Stocke, ohne welchen kein richtiger Kasak sein Haus verl?sst, recht derb und empfindlich; hatte er aber den Stock nicht gerade zur Hand, dann brach er einen Ast vom ersten besten Baume, der ihm zu vorerw?hntem Zwecke diente.

Den Duka? f?rchteten alle, nicht allein Kinder, sondern auch die Erwachsenen, weshalb ihm jedermann auswich und trachtete dem Duka? nicht begegnen zu m?ssen.

Das war ein Mensch, den niemand liebte, dem niemand gutes w?nschte, weder ins Gesicht noch hinter seinem R?cken, denn alle waren dar?ber einig und davon ?berzeugt, der Himmel z?gere nur den streits?chtigen Kasaken zu strafen bis zur gelegenen Zeit, sie selbst aber w?ren alle bereit diese Strafe mit dem gr?ssten Vergn?gen zu besorgen, aber gerade den Leuten wie zum Trotze, verfolgte geradezu das Gl?ck den Duka?.

Es gl?ckte alles, was er unternahm -- es lief ihm so zu sagen alles in die H?nde; die schon ?berhaupt zahlreichen Heerden seiner Schafe vermehrten sich wie die Heerden Labans unter Jakob, so dass die in der N?he liegende Steppe bereits zu klein f?r sie sich erwies.

Die langgeh?rnten schweren Zugochsen Duka?'s vermehrten sich, wuchsen und zogen hundert neue, mit Getreide, Wolle und anderen Produkten und Waren beladene Wagen nach Moskau, Ne?in, Odessa oder geradezu noch weiter in die Krim; die Bienenst?cke im Lindenwald, vor Wind und Wetter gesch?tzt, z?hlten nach hunderten.

Mit einem Wort: der Reichtum des Duka? war nach den Begriffen und der Ansicht der dortigen Kasaken ein -- -- -- unermesslicher.

Aus welchem Grunde gab ihm das alles Gott?

Die Leute konnten sich dieses nicht erkl?ren, sie wunderten sich, sch?ttelten mit den K?pfen und tr?steten sich damit, dass all' dieser Reichtum, all' dieses Gl?ck, dieser ?berfluss dem Duka? nicht zum Vorteile gereiche, dass Gott den Duka? nur in Versuchung f?hre, damit dieser noch stolzer werde als er es bereits ist, um ihn dann ungeahnt, pl?tzlich von seiner H?he herabzust?rzen mit einem solchen Krach, dass derselbe weit und breit h?rbar sein werde.

Ungeduldig bereits geworden, erwarteten diese guten Leute das schreckliche Gericht; aber die Jahre folgten eines nach dem anderen, ohne dass die Strafe Gottes zur ?usserung gekommen w?re.

Der Kasak wurde von Jahr zu Jahr reicher und reicher, hochm?tiger, anmassender, ja b?sartiger, und es gab keine Anzeichen noch Hoffnung, dass seinem ?bermut, seiner Rohheit ein Damm gesetzt werden w?rde.

Das beunruhigte nicht nur die n?chsten Nachbaren Duka?'s, sondern auch die Gemeinde und die ganze Umgebung, und regte dieselbe auf, um so mehr, als man nicht sagen konnte, dass die S?nden des Vaters sich an den Kindern desselben r?chen w?rden, denn Duka? war -- -- kinderlos.

Aber unerwartet zog sich die Duka?in von den Leuten zur?ck -- sie zeigte sich wenig, wurde sch?chtern und zur?ckhaltend -- h?rte auf sogar vor's Haus zu gehen oder Besuche zu machen; -- in nicht gar zu langer Zeit verbreitete sich das Ger?cht und wurde weitergetragen, die Duka?in bef?nde sich in jenem Zustande, den man bei den Frauen den interessanten zu nennen pflege.

Die guten Leute und Nachbaren erschraken geradezu ?ber diese fast unglaublich scheinende Neuigkeit; die Zungen l?sten sich jedoch bald, die durch fruchtlose Erwartung bereits erm?dete ?ffentliche Meinung fing an sich auf ein grosses Ereignis vorzubereiten.

>>Was wird das f?r ein Kind werden? -- was wird das f?r ein Teufelskind sein? ... Es w?re besser, es ginge im Mutterleibe zu Grunde, ehe es das Licht der Welt erblickt!<<

Solche und ?hnliche W?nsche hegte die Gemeinde und Umgebung. Alle erwarteten mit Ungeduld die Zeit der Geburt, bis auch diese eintrat. In einer bitterb?skalten Dezembernacht gebar unter dem Dache des grossen Bauerhauses unter grossen Schmerzen die Duka?in ein kleines Kindlein!

Das neugeborene Weltenkind war ein Knabe, keine tier?hnliche Missgeburt, wie es die guten Leute erwarteten und w?nschten, sondern ein ganz reinliches Kindlein mit weisser weicher Haut, schwarzen Haaren und sch?nen, grossen, blauen Augen.

Als die Hebamme Kerasivna diese Neuigkeit den vor dem Hause angesammelten Leuten mitteilte und eidlich best?tigte, der Neugeborene bes?sse weder H?rner am Kopfe noch einen Pferdefuss oder gar ein Schw?nzchen, da fehlte es nicht viel und sie w?re durchgepr?gelt worden; angespuckt hat man sie doch.

Und trotz alledem blieb der Knabe was er war, ein sch?nes Kind, und dabei aussergew?hnlich ruhig: er atmete ganz leise, so dass es kaum bemerkbar war, als sch?mte er sich zu schreien.

Drittes Kapitel.

Als Gott dieses Kn?blein dem Duka? schenkte, stand derselbe bereits nahe den F?nfzigen.

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