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Read Ebook: Kleinstadtkinder: Buben und Mädelgeschichten by Siebe Josephine Upjohn Anna Milo Illustrator

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Ebook has 1044 lines and 51994 words, and 21 pages

Die Ermahnung half nicht viel, und so trat J?rgel dicht an den alten Klaus heran und fragte: >>Was ist denn los?<<

>>Was nicht angebunden ist,<< brummte der Pantoffelmacher, >>potzwetter ja, h?rt doch auf mit dem Geflenne!<<

Dabei aber rollten dem alten Mann selbst langsam zwei schwere Tr?nen ?ber das runzelige Gesicht, er sah so traurig aus, dass die Kinder f?hlten, hier war ein rechtes Leid eingekehrt.

Sie h?tten es aber wohl so bald nicht erfahren, was geschehen war, wenn nicht urpl?tzlich der Schneidermeister Langbein, der trotz seines Namens so kurz war wie der k?rzeste Tag im Jahre, in die Stube geflitzt w?re: >>Nachbar, Nachbar,<< schrie er aufgeregt, >>ist's wahr, dass euer Schwiegersohn so viel Geld verloren hat?<<

Ja, es war so. Mutter Paulinchen rang jammernd die H?nde, und ihr Mann erz?hlte dem Schneidermeister die ganze traurige Geschichte. Der Schwiegersohn der alten Leute, Friedrich Lange, war ein braver, rechtlicher Mann, er war als Kassenbote in dem gr?ssten Bankgesch?ft angestellt. Am vergangenen Tag hatte er Geld austragen sollen, er war schon seit einigen Tagen krank gewesen, hatte aber seinen Dienst nicht vers?umen wollen. An diesem Nachmittag nun wurde ihm auf einmal schwindelig, gerade als er durch den Stadtwald ging, da hatte er sich zum Ausruhen ein Weilchen auf eine Bank gesetzt, dann war er weiter gegangen. Pl?tzlich aber hatte er seine Geldtasche vermisst. Hatte er sie verloren, war sie ihm gestohlen worden? Er wusste es nicht, er war gleich umgekehrt und hatte gesucht, vergeblich, nirgends war die Tasche zu finden gewesen. Stundenlang hatte er noch gesucht, war auf die Polizei gelaufen, den Verlust zu melden, alles vergeblich. Der Direktor der Bank war, als ihm die Sache erz?hlt wurde, so zornig gewesen, dass er den armen Mann gleich entlassen und ihm gedroht hatte, er w?rde ihn anzeigen, wenn er nicht binnen drei Tagen das Geld herbeischaffte. >>Und wenn wir zusammen alle unsere ersparten Groschen hergeben,<< klagte der alte Klaus, >>dann reicht es noch nicht einmal, und die gute Stellung hat mein Schwiegersohn auch verloren, wo wird er nun Arbeit finden.<<

Es war wirklich sehr tr?bselig in dem alten Turm gewesen, bedr?ckt waren die Kinder von dannen geschlichen, und niedergeschlagen sassen sie nun auf der Stadtmauer und ?berlegten, wie dem Pantoffelmacher zu helfen sei. Ach, in ihren Sparb?chsen war auch nicht viel Geld. J?rgel sagte ver?chtlich, als Brigittchen davon sprach: >>Das nutzt gar nichts, viel mehr Geld m?ssen wir haben.<<

>>Wenn wir den Schatz f?nden,<< sagte Wendelin pl?tzlich sinnend.

>>Ja wenn, wo liegt er denn, wenn wir das nur w?ssten?<< brummte Severin.

>>Im ehemaligen Klostergarten, Heine hat's gesagt,<< murmelte Wendelin halblaut, als f?rchtete er, jemand k?nnte das grosse Geheimnis h?ren.

Heine war ein B?ckergeselle, der f?r die beiden B?ckerbuben ein Orakel war. Sie fragten Heine nach allen m?glichen Dingen, und wenn Heine etwas sagte, stimmte es sicher.

>>Im Klostergarten?<< rief J?rgel, >>das k?nnte schon sein, Klaus hat auch einmal gesagt, das Kloster sei einst reich und m?chtig gewesen?<<

>>Wir wollen den Schatz suchen,<< sagte Brigittchen eifrig. >>Passt auf, wir werden ihn finden, dann helfen wir Klaus und schenken allen Leuten was zu Weihnachten!<<

>>Fein,<< schrie Anne-Marte und baumelte vor Vergn?gen so mit ihren Beinchen, dass der M?rtel von der alten Stadtmauer herabrieselte.

>>Fein w?r's schon,<< meinte auch Wendelin, und Severin und J?rgel riefen wie aus einem Munde: >>Wir k?nnen ja mal suchen!<<

>>Einen Schatz graben soll aber gef?hrlich sein,<< fl?sterte Wendelin; Brigittchen und Anne-Marte quiekten graulich: >>Nein, nein, wir f?rchten uns!<<

>>Vor was denn, ihr Mauerschwalben?<< fragte eine M?nnerstimme. Unten auf dem Promenadenweg stand ein Herr, der lachend die f?nf auf der Mauer betrachtete. J?rgel erkannte seinen Onkel, Stadtrat Weber, in dem Spazierg?nger und dachte, nun w?rde es Schelte geben, weil er auf der Mauer sass, doch der Onkel nickte ihm nur freundlich zu und ging weiter. Die f?nf aber steckten die K?pfe zusammen und tuschelten und wisperten, grosse Pl?ne waren es, die sie schmiedeten, sie bekamen leuchtende Augen und heisse Wangen und beinahe w?ren sie zu sp?t zum Essen gekommen, so eifrig hatten sie miteinander beraten.

An diesem Nachmittag suchten Wendelin und Severin den B?ckergesellen Heine in der Backstube auf. Der war gerade aufgestanden, denn so ein armer B?cker muss die Nacht zum Tage machen und umgekehrt. Ein bisschen knurrig und verschlafen sah Heine daher den Buben entgegen, kaum hatte er aber geh?rt, was sie wollten, da wurde er gleich putzmunter. An den vergrabenen Schatz hatte er n?mlich schon lange gedacht, er meinte, etwas Wahres w?rde schon an der Geschichte sein, weil er sich aber nicht auslachen lassen mochte, hatte er noch mit niemand ernstlich dar?ber geredet. Auch war er recht furchtsam und meinte, ohne ein Gespenst k?nnte es beim Schatzgraben sicher nicht abgehen. >>Heisa,<< dachte er nun, >>vielleicht finden die Kinder wirklich den Schatz, dann bekommst du auch deinen Teil, und finden sie ihn nicht, na, dann bist du wenigstens nicht der Ausgelachte und geschehen kann dir auch nichts.<< Er gab also den beiden bereitwilligst Auskunft. >>Der Schatz liegt sicher unter dem sogenannten Schwedenstein auf dem alten Klosterhof,<< sagte er, >>dort grabt ihr einfach morgen, wenn es dunkel ist, ihr m?sst halt so lange graben, bis ihr den Schatz findet!<<

Wendelin und Severin nickten. Ja, das war schon recht einfach, wenn nur die Dunkelheit nicht gewesen w?re. Das Graben selbst beunruhigte sie nicht weiter, denn das St?ck vom Klosterhof, auf dem sich der Schwedenstein befand -- ein altes Steindenkmal, dessen Inschrift niemand mehr lesen konnte -- war den Buben recht gut bekannt. Es war der Grasgarten, der an die B?ckerei stiess, ein stiller, verlorener Winkel, der auf der einen Seite vom Kreuzgang der Marienkirche begrenzt wurde. Obstb?ume standen jetzt da, wo vor langen Zeiten fromme M?nche gewandelt waren, und die Frau B?ckermeisterin Gutgesell trocknete ihre W?sche auf dem Platz.

Einen richtigen, wohlgepflegten Garten anzulegen, dazu hatte niemand recht Zeit im B?ckerhause; der Vater meinte, ein Grasgarten sei f?r die Buben gerade ein rechter Spielplatz, und an warmen Sommerabenden sass die Familie gern in der gr?nen Wildnis, es vermisste niemand gepflegte Wege und zierliche Blumenbeete.

>>Warum nur abends, am Tage k?nnen wir doch gerade so gut graben?<< murrte Wendelin.

>>Nee, das geht und geht nicht; wer einen Schatz graben will, der muss es in der Dunkelheit tun, sonst findet er ihn nicht, und der Mond muss scheinen, und der scheint morgen gerade, also ist's recht,<< beharrte Heine. Der gute Heine war n?mlich nicht allein furchtsam, sondern auch noch schrecklich abergl?ubisch, >>es geht schon ?ber die Hutschnur, wie sehr,<< pflegte der Altgeselle Martin zu sagen.

Wie t?richt eigentlich der gute Heine mit all seinem Aberglauben war, das merkten freilich die Buben nicht, und sie glaubten ihm auf's Wort. Sie seufzten zwar sehr, und der Gedanke an das n?chtliche Schatzgraben legte sich ihnen wie eine Zentnerlast auf das Herz. >>Uff,<< ?chzte Wendelin, >>das wird graulich,<< und Severin st?hnte herzbrechend.

Auch J?rgel, Anne-Marte und Brigittchen fanden die Sache sehr bedenklich. Zwei Tage lang gingen alle f?nf mit sorgenvollen Gesichtern herum. Als aber am dritten Tage Tante Mathilde erz?hlte, man habe den Schwiegersohn vom alten Turmw?rter Hippel ins Gef?ngnis gesteckt, da schluchzte Brigittchen bitterlich, und weinend sagte sie zu ihren Freunden: >>Wir m?ssen den Schatz holen!<<

Es traf sich, dass am n?chsten Tage Doktor Fabian mit seiner Frau ?ber Land fuhr, Brigittchens Vater war wieder verreist, so konnten die Kinder noch nach dem Abendessen in das B?ckerhaus eilen, ohne dass es jemand recht beachtete. >>Komm rechtzeitig wieder,<< sagte Tante Mathilde zu Brigittchen, dann vertiefte sie sich in ein Buch und vergass dar?ber die Zeit. Die K?chin Marie bei Doktor Fabian aber sass in der K?che und strickte, schlief dar?ber ein und merkte es auch nicht, dass die Kinder gar nicht heim kamen. Im B?ckerhause war an diesem Abend besonders viel zu tun; in Neustadt sollte am n?chsten Tage ein Turnfest gefeiert werden, dazu waren viele grosse Apfel- und Pflaumenkuchen bei Meister Gutgesell bestellt worden, es hiess also fleissig bei der Arbeit sein.

>>Geht zu Bett,<< sagte die Meisterin zu ihren Buben, und weil diese, so viele dumme Streiche sie auch machten, doch folgsam waren, meinte sie, ihr Befehl sei ausgef?hrt und die Buben w?ren ins Bett gegangen.

Die aber sassen mit ihren Freunden zitternd und zagend in ihrer Schlafkammer, und je sp?ter es wurde, je graulicher wurde ihnen zu Mute. Zur Aufmunterung erz?hlten sie sich noch allerlei Schauergeschichten, lauter dummes, unwahres Zeug, und je mehr sie sich erz?hlten, je ?ngstlicher wurden sie.

Auf einmal klopfte es leise an der T?re, Heine erschien mit einer grossen Stallaterne und drei Spaten. >>Jetzt lass ich euch zur Hintert?re hinaus, s'ist gerade Zehn, und der Mond wird gleich zum Vorschein kommen; nun macht eure Sache gut. Wenn ihr fertig seid, dann klettert ihr die Leiter hinauf, die am Fenster der zweiten Backstube steht, und pfeift, ich mache euch dann die T?re wieder auf und lass' euch herein! Lasst euch man nicht von 'n Gespenst oder so was erwischen, weil's n?mlich mit dem Schatzgraben manchmal bedenklich ist,<< ermahnte er noch. Diese Worte trugen gerade nicht dazu bei, den Mut der Kinder sonderlich zu st?rken.

>>Es ist schrecklich gruslich!<< wimmerte Anne-Marte. Brigittchen schluckte krampfhaft die Tr?nen herunter; sie dachte an den alten, guten Klaus Hippel und dass sie ihm so gern helfen wollte. Ganz mutig tappte sie also hinter den Buben drein; auch Anne-Marte folgte, als sie die Freundin so beherzt sah.

Als sich aber die Haust?re hinter den F?nfen schloss und sie so allein in dem einsamen Grasgarten standen, fing es allen an sehr unheimlich zu werden. >>Pah, s'ist gar nichts, nur los,<< rief J?rgel patzig; er guckte dabei rechts und links, ob sich auch niemand blicken liess.

>>Wir sind doch schon oft so sp?t draussen gewesen,<< prahlten Severin und Wendelin, und dabei war es, als ob ihnen die F?sse am Boden festklebten. Endlich aber fassten sie sich alle an und marschierten tapfer auf den alten Stein los, der in einer Ecke des Grasgartens stand.

Es war ein etwas st?rmischer, aber warmer Herbsttag. Der Wind spielte mit dunklen Wetterwolken am Himmel Haschen, und mal flog eine Wolke da, mal dorthin, und der Mond, der sich gern in seinem vollen Glanz zeigen wollte, hatte rechtschaffene M?he, immer wieder hinter den Wolken hervorzuschauen. Das H?uflein Kinder auf dem alten Klosterhof kam ihm gewiss recht wunderlich vor.

Unter Seufzen und ?chzen begannen die Buben zu graben. Wendelin hatte gerade eine kleine Erdscholle ausgehoben, als er fl?sterte: >>Es hat geklirrt!<<

>>Unsinn,<< brummte Severin, >>ich hab' an die Laterne gestossen.<<

>>Ich hab' was,<< schrie J?rgel und b?ckte sich. Er hob etwas Schweres, Dunkles m?hsam auf, und flugs beugten alle f?nf ihre Nasen dar?ber.

>>Ein Stein,<< murrte Wendelin ver?chtlich, und J?rgel liess den Stein mit einem grossen Plumps wieder fallen.

>>Ihr m?sst besser leuchten,<< ermahnte Severin die M?dels, und Anne-Marte hielt die Laterne so dicht hin, dass es pl?tzlich einen lauten Krach gab, Wendelin war mit seinem Spaten in die Laterne gefahren und -- aus war sie.

Stumm vor Schreck standen die Kinder in der Dunkelheit da. Am liebsten w?ren sie alle eins, zwei, drei davon gelaufen, aber sie sch?mten sich doch ein bisschen ihrer Zaghaftigkeit.

Just kam der Mond hervor, auch vom B?ckerhause her strahlten Lichter in die Dunkelheit hinein, und mutig begannen die Buben wieder zu graben. >>Es muss auch ohne Laterne gehen,<< tr?steten sie sich gegenseitig. >>Es ist ja gar nicht so dunkel, bewahre, ganz hell!<<

>>Es klirrt,<< schrieen auf einmal alle.

>>Ich hab' was,<< frohlockte Severin bald darauf.

>>Ich auch,<< rief J?rgel.

Pardauz fuhren die Buben mit ihren K?pfen zusammen, jeder griff nach etwas.

>>Mein Spaten,<< schrie Severin.

>>Meiner ist's,<< knurrte J?rgel.

>>Wo habt ihr den Schatz? Ist's eine grosse Kiste?<< fragten die andern.

Aber es war keine Kiste, im Mondlicht konnten die beiden erkennen, dass einer des anderen Spaten erfasst hatte. Das war eine rechte Entt?uschung und sie gruben brummelnd weiter. Ach, war das schwer!

>>Dauert das lange, ehe ihr den Schatz findet,<< seufzte Anne-Marte.

>>Na grab' du doch,<< sagte J?rgel unwirsch, aber gleich darauf tr?stete er wieder: >>Wir werden ihn schon finden.<<

>>Es raschelt was,<< fl?sterte Brigittchen pl?tzlich, >>da bewegt -- sich -- was!<<

Rutsch verschwand der Mond wieder hinter einer Wolke und furchtsam schauten alle ins Dunkel.

>>Es ist der Wind,<< sagte J?rgel mutig, >>seid nicht so dumm, wer soll uns denn was tun, losgegraben!<<

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