bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Die Gotischen Zimmer: Roman by Strindberg August Hollander Else Von Translator

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

Ebook has 1939 lines and 80977 words, and 39 pages

>>Ein freies Norwegen! Lage Lang!<<

Professor Lundell erbat das Wort, aber als er mit dem Russen, dem Kieler Frieden und den Verhandlungen anfing, nahm das Geplauder so zu, dass er ?bert?nt wurde, bis schliesslich die Gesellschaft ihn mit dem Liede: >>Heil Norwegen!<< unterbrach.

Als Lage erwidert hatte, erhob man sich von der Tafel, und ganz von selbst begann ein Karneval.

Aber es sonderten sich doch kleine Gruppen ab, die sich unterhielten, und draussen auf dem Balkon hatten Konsul Levi, Sell?n und Kurt Borg sich niedergelassen.

>>Nun, man zieht ja heute abend am gleichen Strang,<< sagte Levi. >>Glaubt ihr, dass das anhalten wird?<<

>>Nein,<< antwortete Sell?n, >>das ist nur Waffenstillstand.<<

>>Nun, was tun euch denn die Professoren zuleide?<<

>>Das k?nnt ihr Aussenstehenden nicht beurteilen. Sie bilden die allgemeine Meinung, sie hindern, sie ersticken uns; im ?brigen sind wir wie zwei feindliche St?mme, und ich glaube, es muss Kampf sein, sonst w?rden alle gleich malen; und daraus w?rde chinesische Kunst, die stillsteht, die mit einer B?rste ?ber einem ausgestochenen Muster gemacht wird. ?brigens: Kampf entwickelt Kr?fte und h?lt die Geister wach.<<

>>Jawohl,<< wendete Isak Levi ein, >>aber nach ausgek?mpftem Streit schliesst man Frieden.<<

>>Wenn die Bedingungen annehmbar sind, ja!<< erwiderte Kurt Borg, >>aber sie sind es nicht. Sie verlangen Unterwerfung, und das kann nicht bewilligt werden; sie verlangen nur unsere Seele und unseren Geist ... und alles! Wir, die wir die gleichen Bestrebungen haben, sind keine Partei, aber wir f?hlen uns zusammengeh?rig, sind wie eine Familie, wie Frucht des gleichen Jahres, und die andern sind ... ich weiss nicht, was das f?r Leute sind; auf mich wirken sie wie D?monen, die ich wie das positiv B?se hasse; wenn G?tter zu alt werden, werden sie D?monen, und diese Leute halten sich sicher f?r Nachkommen von G?ttern, denn sie existieren von Gottes Gnaden, denken und sprechen von Gottes Gnaden, und wenn sie unrecht tun, berufen sie sich auf Gottes Gnade. Ich verstehe sie nicht, und sie verstehen uns nicht.<<

>>Sie sind Bremsen, die die Schnelligkeit regulieren sollen, weisst du,<< wendete Levi ein.

>>Danke sch?n, aber dann bin ich lieber Lokomotive, das ist n?tzlicher und ehrenvoller.<<

Jetzt trat Lundell auf den Balkon mit der Frau eines akademischen K?nstlers, die sich in die schreckliche Gesellschaft verirrt hatte.

Auf dem Podium unten sang gerade ein italienischer S?nger eine Glanznummer, die elektrisierte; und in dem Festrausch liess die Dame sich hinreissen, dem S?nger eine Rose zuzuwerfen. Aber die Entfernung war zu gross; die Blume senkte sich wie ein Meteor und blieb an der Weste eines Herrn an einem Marmortische h?ngen.

Der einsame Gast rollte gerade eine Zigarette, als ihm die Rose in die Arme fiel; er hielt in der Bewegung inne, nahm die Rose und blickte zur Galerie hinauf.

>>Das ist Syrach!<< rief Sell?n, und alle auf dem Balkon nickten dem Einsiedler zu, der einen roten Fes auf dem Kopf trug und etwas bizarr gekleidet war.

Aber Syrach schien keinen einzigen von seinen alten Freunden wiederzuerkennen, sondern steckte die Rose ins Knopfloch und fuhr im Zigarettendrehen fort.

>>Er erkennt uns nicht!<< rief Sell?n. >>Soll ich hinuntergehen und ihn holen?<<

>>Dann gehe ich meiner Wege,<< sagte die Dame kurz, >>und ich bedaure meine Rose, die auf einen so schmutzigen Rock geraten ist.<<

>>Ja, geh nur, Augusta,<< unterbrach Doktor Borg, der hinzugekommen war; >>dich hat ?brigens ja keiner hierhergebeten.<<

>>Aber, Borg!<< fiel Lundell ein ...

>>Halt den Mund,<< schnitt ihm der Doktor das Wort ab, >>der da unten als ein Erloschener sitzt, h?tte heute abend hier oben der Erste sein m?ssen, wenn nicht du und deinesgleichen ihm den Giftbecher gemischt h?ttet; und du bist nicht einmal wert, von ihm angespuckt zu werden; nein, denn ihr habt ihm damals Ehre, Brot und Selbstgef?hl genommen, du erinnerst dich wohl!<<

Dann zu Sell?n gewendet: >>Lass Syrach in seiner ertr?umten Welt sitzen; da hat er es besser, als wir ahnen, und im ?brigen erkennt er uns gar nicht!<<

Lage Lang kam hinzu; als er seinen alten Freund erblickte, geriet er ausser sich und wollte ein Hoch und ein Hurra auf >>unsern gr?ssten Maler<< ausbringen; aber das wurde gl?cklicherweise verhindert, denn erstens w?rde die Polizei gerufen worden sein, zweitens war im Saal niemand, der den Maler kannte, es sei denn als einen schwachsinnigen und verkommenen Menschen, der durch seinen roten Fes und sein absonderliches Gebaren auf der Strasse Aufsehen erregte.

Sie liessen Syrach sitzen; er hatte jetzt die Blicke ?ber die Menge erhoben, als s?he er sie nicht und als lebe er, in ferne H?hen schauend, mit seinen Traumbildern, die er andern nicht zeigen konnte.

In den Gotischen Zimmern griff Verstimmung um sich, und ein Gewitter zog sich zusammen. Aber bevor es ausbrach, hatten die Professoren sich entfernt.

Die Wolke blieb zur?ck; die Freude, Viktoria blasen zu k?nnen, wurde getr?bt durch den Gedanken an die Toten und Verwundeten; und Syrach war nicht der einzige Gefallene.

Schliesslich verstummte die Musik unten im Saal; es wurde Mitternacht, und der grosse Raum lag ?de da, in eine blaue Wolke von Tabakrauch eingeh?llt. Auf dem kleinen Marmortisch, an dem Syrach gesessen hatte, war ein blutroter Fleck zu sehen. Das war die Rose, in der der ?berempfindliche Mann schliesslich den Feind gewittert und die er deshalb hatte liegen lassen.

Nun kam der Aufbruch, und der Ehrengast wurde hinunterbegleitet. Auf der Strasse stand eine gl?nzende Equipage mit einem J?ger neben dem Kutscher. Der J?ger hatte Federn am Hut und einen Hirschf?nger an der Seite.

>>Wer ist so vornehm, dass er in der Glaskutsche f?hrt?<< fragte Sell?n.

Der J?ger stand am offnen Wagenschlag und liess den grossen Lang hinein.

>>Das bin ich!<< sagte Lage; >>ich wohne bei meinem Vetter in der norwegischen Gesandtschaft; dort seid ihr ?bermorgen zum Mittagessen eingeladen, die ganze Bande.<<

Die alte Boheme schrie hurra; und auf einen Wink des Norwegers f?llte sich der Wagen, der sich nach Blasieholm in Bewegung setzte. Doktor Borg hatte den Dreimaster des J?gers und den Hirschf?nger genommen und wollte unbedingt >>das Man?ver kommandieren<<, wie er sagte, das heisst die Z?gel in die Hand nehmen und nach dem Stallmeisterhof fahren.

>>Nimm dich in acht!<< rief Isak Levi.

>>Ich will nicht Medizinalrat werden,<< antwortete Borg. Und da er auf seiner Segeljacht zu sein glaubte, rief er:

>>Schoten! -- Klar zum Wenden! Voll!<<

Da rollte das Kupee auf den Hof der Gesandtschaft.

Borg wollte Getr?nke auf den Hof hinunter haben; aber obwohl der Norweger das richtig fand, wurde der Streich doch von den andern verhindert, und so verabschiedete man sich schliesslich.

Dann begann die n?chtliche Wanderung, die ?bliche nach einem Fest, auf der man alles sagen will, was drinnen ungesagt geblieben ist.

Also der Stammtrupp: Doktor Borg, Kurt Borg, Isak Levi und Sell?n; sie nahmen zuerst die Kaie und warfen einen Blick auf das Schloss, wie gew?hnlich.

>>Ja, da ist das Schloss,<< sagte Kurt, der Architekt; >>das h?lt sich.<<

>>Einstweilen freilich,<< wendete der Doktor ein; >>aber wenn das Reichstagsgeb?ude in Granit auf den Helgeandsholm kommt, dann wird der Ziegel dort oben erdr?ckt.<<

>>Warum nicht; das ist doch der Geist der Zeit,<< fiel Levi ein. >>Die Regierung sitzt ja jetzt im Reichstag, warum, weiss niemand; die Verfassung sagt, der K?nig d?rfe seine Ratgeber w?hlen, jetzt aber w?hlt sie Karl Ivarsson.<<

>>Du bist verdreht!<<

>>Nein; Karl Ivarsson bestimmt die Ausschusswahlen und beschliesst also, wann die Minister abgehen sollen. Demnach ist er doch der Regent.<<

>>H?rt einmal, hier soll die neue Oper stehen,<< unterbrach Sell?n, der Politik nicht leiden konnte.

>>Ja, es soll eine Oper gebaut werden; was sagt der Reichstag dazu?<<

>>Der will keine Majorit?tsoper haben, sondern es soll eine Kommunaloper werden, die auf Lorbeerhain und Erdgeschoss basiert.<<

Dann zogen sie weiter; ?ber die Nordbr?cke, durch die M?nzstrasse nach dem Markt.

>>Da steht noch das Ritterhaus!<< sagte Sell?n.

>>Ja, und ich war dabei, als es geschlossen wurde,<< fiel Doktor Borg ein. >>Denkt nur, unsere grossen M?nner vom letzten Plenum! Der gr?sste von den Grossen; was f?r ein Ende! Falk fasste er, weil er ihn ausspionierte!<<

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

 

Back to top