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Read Ebook: Kritik der reinen Vernunft (Erste Fassung 1781) by Kant Immanuel

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Ebook has 1103 lines and 178229 words, and 23 pages

Edition: 10

Kritik der reinen Vernunft von Immanuel Kant

Professor in K?nigsberg

Inhalt

Sr. Exzellenz, dem K?nigl. Staatsminister

Freiherrn von Zedlitz

Gn?diger Herr!

Den Wachstum der Wissenschaften an seinem Teile bef?rdern, heisst an Ew. Exzellenz eigenem Interesse arbeiten; denn dieses ist mit jenen, nicht bloss durch den erhabenen Posten eines Besch?tzers, sondern durch das viel vertrautere eines Liebhabers und erleuchteten Kenners, innigst verbunden. Deswegen bediene ich mich auch des einigen Mittels, das gewissermassen in meinem Verm?gen ist, meine Dankbarkeit f?r das gn?dige Zutrauen zu bezeigen, womit Ew. Exzellenz mich beehren, als k?nnte ich zu dieser Absicht etwas beitragen.

Wen das spekulative Leben vergn?gt, dem ist, unter m?ssigen W?nschen, der Beifall eines aufgekl?rten, g?ltigen Richters eine kr?ftige Aufmunterung zu Bem?hungen, deren Nutzen gross, obzwar entfernt ist, und daher von gemeinen Augen g?nzlich verkannt wird.

Einem Solchen und Dessen gn?digem Augenmerke widme ich nun diese Schrift und, Seinem Schutze, alle ?brige Angelegenheit meiner literarischen Bestimmung, und bin mit der tiefsten Verehrung

Ew. Exzellenz untert?nig gehorsamster Diener K?nigsberg den 29sten M?rz 1781 Immanuel Kant

Vorrede

Die menschliche Vernunft hat das besondere Schicksal in einer Gattung ihrer Erkenntnisse: dass sie durch Fragen bel?stigt wird, die sie nicht abweisen kann; denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber auch nicht beantworten kann; denn sie ?bersteigen alles Verm?gen der menschlichen Vernunft.

In diese Verlegenheit ger?t sie ohne ihre Schuld. Sie f?ngt von Grunds?tzen an, deren Gebrauch im Laufe der Erfahrung unvermeidlich und zugleich durch diese hinreichend bew?hrt ist. Mit diesem steigt sie immer h?her, zu entfernteren Bedingungen. Da sie aber gewahr wird, dass auf diese Art ihr Gesch?ft jederzeit unvollendet bleiben m?sse, weil die Fragen niemals aufh?ren, so sieht sie sich gen?tigt, zu Grunds?tzen ihre Zuflucht zu nehmen, die allen m?glichen Erfahrungsgebrauch ?berschreiten und gleichwohl so unverd?chtig scheinen, dass auch die gemeine Menschenvernunft damit im Einverst?ndnisse steht. Dadurch aber st?rzt sie sich in Dunkelheit und Widerspr?che, aus welchen sie zwar abnehmen kann, dass irgendwo verborgene Irrt?mer zum Grunde liegen m?ssen, die sie aber nicht entdecken kann, weil die Grunds?tze, deren die sich bedient, da sie ?ber die Grenze aller Erfahrung hinausgehen, keinen Probierstein der Erfahrung mehr anerkennen. Der Kampfplatz dieser endlosen Streitigkeiten heisst nun Metaphysik.

Es war eine Zeit, in welcher sie die K?nigin aller Wissenschaften genannt wurde, und wenn man den Willen f?r die Tat nimmt, so verdiente sie, wegen der vorz?glichen Wichtigkeit ihres Gegenstandes, allerdings diesen Ehrennamen. Jetzt bringt es der Modeton des Zeitalters so mit sich, ihre alle Verachtung zu beweisen und die Matrone klagt, verstossen und verlassen, wie Hecuba: modo maxima rerum, tot generis natisque potens - nunc trahor exul, inops - Ovid. Metam.

Anf?nglich war ihre Herrschaft unter der Verwaltung der Dogmatiker, despotisch. Allein, weil die Gesetzgebung noch die Spur der alten Barbarei an sich hatte, so artete sie durch innere Kriege nach und nach in v?llige Anarchie aus und die Skeptiker, eine Art Nomaden, die allen best?ndigen Anbau des Bodens verabscheuen, zertrennten von Zeit zu Zeit die b?rgerliche Vereinigung. Da ihrer aber zum Gl?ck nur wenige waren, so konnten sie nicht hindern, dass jene sie nicht immer aufs neue, obgleich nach keinem unter sich einstimmigen Plane, wieder anzubauen versuchten. In neueren Zeiten schien es zwar einmal, als sollte allen diesen Streitigkeiten durch eine gewisse Physiologie des menschlichen Verstandes ein Ende gemacht und die Rechtm?ssigkeit jener Anspr?che v?llig entschieden werden; es fand sich aber, dass, obgleich die Geburt jener vorgegebenen K?nigin aus dem P?bel der gemeinen Erfahrung abgeleitet wurde und dadurch ihre Anmassung mit Recht h?tte verd?chtig werden m?ssen, dennoch, weil diese Genealogie ihr in der Tat f?lschlich angedichtet war, sie ihre Anspr?che noch immer behauptete, wodurch alles wiederum in den veralteten wurmstichigen Dogmatismus und daraus in die Geringsch?tzung verfiel, daraus man die Wissenschaft hatte ziehen wollen. Jetzt, nachdem alle Wege vergeblich versucht sind, herrscht ?berdruss und g?nzlicher Indifferentismus, die Mutter des Chaos und der Nacht, in Wissenschaften, aber doch zugleich der Ursprung, wenigstens das Vorspiel einer nahen Umschaffung und Aufkl?rung derselben, wenn sie durch ?bel angebrachten Fleiss dunkel, verwirrt und unbrauchbar geworden.

Ich verstehe aber hierunter nicht eine Kritik der B?cher und Systeme, sondern die des Vernunftverm?gens ?berhaupt, in Ansehung aller Erkenntnisse, zu denen sie, unabh?ngig von aller Erfahrung, streben mag, mithin die Entscheidung der M?glichkeit oder Unm?glichkeit einer Metaphysik ?berhaupt und die Bestimmung sowohl der Quellen, als des Umfanges und der Grenzen derselben, alles aber aus Prinzipien.

Diesen Weg, den einzigen, der ?brig gelassen war, bin ich nun eingeschlagen und schmeichle mir, auf demselben die Abstellung aller Irrungen angetroffen zu haben, die bisher die Vernunft im erfahrungsfreien Gebrauche mit sich selbst entzweit hatten. Ich bin ihren Fragen nicht dadurch etwa ausgewichen, dass ich mich mit dem Unverm?gen der menschlichen Vernunft entschuldigte; sondern ich habe sie nach Prinzipien vollst?ndig spezifiziert und, nachdem ich den Punkt des Missverstandes der Vernunft mit ihr selbst entdeckt hatte, sie zu ihrer v?lligen Befriedigung aufgel?st. Zwar ist die Beantwortung jener Fragen gar nicht so ausgefallen, als dogmatisch schw?rmende Wissbegierde erwarten mochte; denn die k?nnte nicht anders als durch Zauberkr?fte, darauf ich mich nicht verstehe, befriedigt werden. Allein, das war auch wohl nicht die Absicht der Naturbestimmung unserer Vernunft; und die Pflicht der Philosophie war: das Blendwerk, das aus Missdeutung entsprang, aufzuheben, sollte auch noch soviel gepriesener und beliebter Wahn dabei zu nichte gehen. In dieser Besch?ftigung habe ich Ausf?hrlichkeit mein grosses Augenmerk sein lassen und ich erk?hne mich zu sagen, dass nicht eine einzige metaphysische Aufgabe sein m?sse, die hier nicht aufgel?st, oder zu deren Aufl?sung nicht wenigstens der Schl?ssel dargereicht worden. In der Tat ist auch reine Vernunft eine so vollkommene Einheit: dass, wenn das Prinzip derselben auch nur zu einer einzigen aller der Fragen, die ihr durch ihre eigene Natur aufgegeben sind, unzureichend w?re, man dieses immerhin nur wegwerfen k?nnte, weil es alsdann auch keiner der ?brigen mit v?lliger Zuverl?ssigkeit gewachsen sein w?rde.

Ich glaube, indem ich dieses sage, in dem Gesichte des Lesers einen mit Verachtung gemischten Unwillen ?ber, dem Anscheine nach, so ruhmredige und unbescheidene Anspr?che wahrzunehmen, und gleichwohl sind sie ohne Vergleichung gem?ssigter, als die, eines jeden Verfassers des gemeinsten Programms, der darin etwa die einfache Natur der Seele, oder die Notwendigkeit eines ersten Weltanfanges zu beweisen vorgibt. Denn dieser macht sich anheischig, die menschliche Erkenntnis ?ber alle Grenzen m?glicher Erfahrung hinaus zu erweitern, wovon ich dem?tig gestehe: dass dieses mein Verm?gen g?nzlich ?bersteige, an dessen Statt ich es lediglich mit der Vernunft selbst und ihrem reinen Denken zu tun habe, nach deren ausf?hrlicher Kenntnis ich nicht weit um mich suchen darf, weil ich sie in mir selbst antreffe und wovon mir auch schon die gemeine Logik ein Beispiel gibt, dass sich alle ihre einfachen Handlungen v?llig und systematisch aufz?hlen lassen; nur dass hier die Frage aufgeworfen wird, wieviel ich mit derselben, wenn mir aller Stoff und Beistand der Erfahrung genommen wird, etwa auszurichten hoffen d?rfe.

So viel von der Vollst?ndigkeit in Erreichung eines jeden, und der Ausf?hrlichkeit in Erreichung aller Zwecke zusammen, die nicht ein beliebiger Vorsatz, sondern die Natur der Erkenntnis selbst uns aufgibt, als der Materie unserer kritischen Untersuchung.

Noch sind Gewissheit und Deutlichkeit zwei St?cke, die die Form derselben betreffen, als wesentliche Forderungen anzusehen, die man an den Verfasser, der sich an eine so schl?pfrige Unternehmung wagt, mit Recht tun kann.

Was nun die Gewissheit betrifft, so habe ich mir selbst das Urteil gesprochen: dass es in dieser Art von Betrachtungen auf keine Weise erlaubt sei, zu meinen und dass alles, was darin einer Hypothese nur ?hnlich sieht, verbotene Ware sei, die auch nicht f?r den geringsten Preis feil stehen darf, sondern sobald sie entdeckt wird, beschlagen werden muss. Denn das k?ndigt eine jede Erkenntnis, die a priori feststehen soll, selbst an, dass sie f?r schlechthin notwendig gehalten werden will, und eine Bestimmung aller reinen Erkenntnisse a priori noch vielmehr, die das Richtmass, mithin selbst das Beispiel aller apodiktischen Gewissheit sein soll. Ob ich nun das, wozu ich mich anheischig mache in diesem St?cke geleistet habe, das bleibt g?nzlich dem Urteile des Lesers anheimgestellt, weil es dem Verfasser nur geziemt, Gr?nde vorzulegen, nicht aber ?ber die Wirkung derselben bei seinen Richtern zu urteilen. Damit aber nicht etwas unschuldigerweise an der Schw?chung derselben Ursache sei, so mag es ihm wohl erlaubt sein, diejenigen Stellen, die zu einigem Misstrauen Anlass geben k?nnten, ob sie gleich nur den Nebenzweck angehen, selbst anzumerken, um den Einfluss, den auch nur die mindeste Bedenklichkeit des Lesers in diesem Punkte auf sein Urteil, in Ansehung des Hauptzwecks, haben m?chte, beizeiten abzuhalten.

Ich kenne keine Untersuchungen, die zur Ergr?ndung des Verm?gens, welches wir Verstand nennen, und zugleich zur Bestimmung der Regeln und Grenzen seines Gebrauchs, wichtiger w?ren, als die, welche ich in dem zweiten Hauptst?cke der transszendentalen Analytik, unter dem Titel der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe, angestellt habe; auch haben sie mir die meiste, aber, wie ich hoffe, nicht unvergoltene M?he, gekostet. Diese Betrachtung, die etwas tief angelegt ist, hat aber zwei Seiten. Die eine bezieht sich auf die Gegenst?nde des reinen Verstandes, und soll die objektive G?ltigkeit seiner Begriffe a priori dartun und begreiflich machen; eben darum ist sie auch wesentlich zu meinen Zwecken geh?rig. Die andere geht darauf aus, den reinen Verstand selbst, nach seiner M?glichkeit und den Erkenntniskr?ften, auf denen er selbst beruht, mithin ihn in subjektiver Beziehung zu betrachten und, obgleich diese Er?rterung in Ansehung meiner Hauptzwecks von grosser Wichtigkeit ist, so geh?rt sie doch nicht wesentlich zu demselben; weil die Hauptfrage immer bleibt, was und wie viel kann Verstand und Vernunft, frei von aller Erfahrung, erkennen und nicht, wie ist das Verm?gen zu denken selbst m?glich? Da das letztere gleichsam eine Aufsuchung der Ursache zu einer gegebenen Wirkung ist, und insofern etwas einer Hypothese ?hnliches an sich hat, , so scheint es, als sei hier der Fall, da ich mir die Erlaubnis nehme, zu meinen, und dem Leser also auch freistehen m?sse, anders zu meinen. In Betracht dessen muss ich dem Leser mit der Erinnerung zuvorkommen; dass, im Fall meine subjektive Deduktion nicht die ganze ?berzeugung, die ich erwarte, bei ihm gewirkt h?tte, doch die objektive, um die es mir hier vornehmlich zu tun ist, ihre ganze St?rke bekomme, wozu allenfalls dasjenige, was Seite 92 bis 93 gesagt wird, allein hinreichend, sein kann.

Was endlich die Deutlichkeit betrifft, so hat der Leser ein Recht, zuerst die diskursive Deutlichkeit, durch Begriffe, dann aber auch eine intuitive Deutlichkeit, durch Anschauungen, d.i. Beispiele oder andere Erl?uterungen in concreto zu fordern. F?r die erste habe ich hinreichend gesorgt. Das betraf das Wesen meines Vorhabens, war aber auch die zuf?llige Ursache, dass ich der zweiten, obzwar nicht so strengen, aber doch billigen Forderung nicht habe Gen?ge leisten k?nnen. Ich bin fast best?ndig im Fortgange meiner Arbeit unschl?ssig gewesen, wie ich es hiermit halten sollte. Beispiele und Erl?uterungen schienen mir immer n?tig und flossen daher auch wirklich im ersten Entwurfe an ihren Stellen geh?rig ein. Ich sah aber die Gr?sse meiner Aufgabe und die Menge der Gegenst?nde, womit ich es zu tun haben w?rde, gar bald ein und, da ich gewahr ward, dass diese ganz allein, im trockenen, bloss scholastischen Vortrage, das Werk schon genug ausdehnen w?rden, so fand ich es unratsam, es durch Beispiele und Erl?uterungen, die nur in popul?rer Absicht notwendig sind, noch mehr anzuschwellen, zumal diese Arbeit keineswegs dem popul?ren Gebrauche angemessen werden k?nnte und die eigentlichen Kenner der Wissenschaft diese Erleichterung nicht so n?tig haben, ob sie zwar jederzeit angenehm ist, hier aber sogar etwas Zweckwidriges nach sich ziehen konnte. Abt Terrasson sagt zwar: wenn man die Gr?sse eines Buchs nicht nach der Zahl der Bl?tter, sondern nach der Zeit misst, die man n?tig hat, es zu verstehen, so k?nne man von manchem Buche sagen: dass es viel k?rzer sein w?rde, wenn es nicht so kurz w?re. Andererseits aber, wenn man auf die Fasslichkeit eines weitl?ufigen, dennoch aber in einem Prinzip zusammenh?ngenden Ganzen spekulativer Erkenntnis seine Absicht richtet, k?nnte man mit eben so gutem Rechte sagen: manches Buch w?re viel deutlicher geworden, wenn es nicht so gar deutlich h?tte werden sollen. Denn die H?lfsmittel der Deutlichkeit fehlen zwar in Teilen, zerstreuen aber ?fters im Ganzen, indem sie den Leser nicht schnell genug zur ?berschauung des Ganzen gelangen lassen und durch alle ihre hellen Farben gleichwohl die Artikulation, oder den Gliederbau des Systems verkleben und unkenntlich machen, auf den es doch, um ?ber die Einheit und T?chtigkeit desselben urteilen zu k?nnen, am meisten ankommt.

Es kann, wie mich d?nkt, dem Leser zu nicht geringer Anlockung dienen, seine Bem?hung mit der des Verfassers, zu vereinigen, wenn er die Aussicht hat, ein grosses und wichtiges Werk, nach dem vorgelegten Entwurfe, ganz und doch dauerhaft zu vollf?hren. Nun ist Metaphysik, nach den Begriffen, die wir hier davon geben werden, die einzige aller Wissenschaften, die sich eine solche Vollendung und zwar in kurzer Zeit, und mit nur weniger, aber vereinigter Bem?hung, versprechen darf, so dass nichts f?r die Nachkommenschaft ?brig bleibt, als in der didaktischen Manier alles nach ihren Absichten einzurichten, ohne darum den Inhalt im mindesten vermehren zu k?nnen. Denn es ist nichts als das Inventarium aller unserer Besitze durch reine Vernunft, systematisch geordnet. Es kann uns hier nichts entgehen, weil, was Vernunft g?nzlich aus sich selbst hervorbringt, sich nicht verstecken kann, sondern selbst durch Vernunft ans Licht gebracht wird, sobald man nur das gemeinschaftliche Prinzip desselben entdeckt hat. Die vollkommene Einheit dieser Art Erkenntnisse, und zwar aus lauter reinen Begriffen, ohne dass irgend etwas von Erfahrung, oder auch nur besondere Anschauung, die zur bestimmten Erfahrung leiten sollte, auf sie einigen Einfluss haben kann, sie zu erweitern und zu vermehren, machen diese unbedingte Vollst?ndigkeit nicht allein tunlich, sondern auch notwendig. Tecum habita et noris, quam sit tibi curta supellex 1). Persius.

Ein solches System der reinen Vernunft hoffe ich unter dem Titel: Metaphysik der Natur, selbst zu liefern, welches, bei noch nicht der H?lfte der Weitl?ufigkeit, dennoch ungleich reicheren Inhalt haben soll, als hier die Kritik, die zuv?rderst die Qellen und Bedingungen ihrer M?glichkeit darlegen musste, und einen ganz verwachsenen Boden zu reinigen und zu ebnen n?tig hatte. Hier erwarte ich an meinem Leser die Geduld und Unparteilichkeit eines Richters, dort aber die Willf?higkeit und den Beistand eines Mithelfers; denn, so vollst?ndig auch alle Prinzipien zu dem System in der Kritik vorgetragen sind, so geh?rt zur Ausf?hrlichkeit des Systems selbst doch noch, dass es auch an keinen abgeleiteten Begriffen mangle, die man a priori nicht in ?berschlag bringen kann, sondern die nach und nach aufgesucht werden m?ssen, imgleichen, da dort die ganze Synthesis der Begriffe ersch?pft wurde, so wird ?berdem hier gefordert, dass eben dasselbe auch in Ansehung der Analysis geschehe, welches alles leicht und mehr Unterhaltung als Arbeit ist.

Ich habe nur noch einiges in Ansehung des Drucks anzumerken. Da der Anfang desselben etwas versp?tet war, so konnte ich nur etwa die H?lfte der Aush?ngebogen zu sehen bekommen, in denen ich zwar einige, den Sinn aber nicht verwirrende Druckfehler antreffe, ausser demjenigen, der S. 379, Zeile 4 von unten vorkommt, da spezifisch anstatt skeptisch gelesen werden muss. Die Antinomie der reinen Vernunft, von Seite 425 bis 461, ist so, nach Art einer Tafel, angestellt, dass alles, was zur Thesis geh?rt, auf der linken, was aber zur Antithesis geh?rt, auf der rechten Seite immer fortl?uft, welches ich darum so anordnete, damit Satz und Gegensatz desto leichter miteinander verglichen werden k?nnte.

Inhalt

Einleitung

Erfahrung ist ohne Zweifel das erste Produkt, welches unser Verstand hervorbringt, indem er den rohen Stoff sinnlicher Empfindungen bearbeitet. Sie ist eben dadurch die erste Belehrung und im Fortgange so unersch?pflich an neuem Unterricht, dass das zusammengekettete Leben aller k?nftigen Zeugungen an neuen Kenntnissen, die auf diesem Boden gesammelt werden k?nnen, niemals Mangel haben wird. Gleichwohl ist sie bei weitem nicht das einzige Feld, darin sich unser Verstand einschr?nken l?sst. Sie sagt uns zwar, was da sei, aber nicht, dass es notwendigerweise, so und nicht anders, sein m?sse. Eben darum gibt sie uns auch keine wahre Allgemeinheit, und die Vernunft, welche nach dieser Art von Erkenntnissen so begierig ist, wird durch sie mehr gereizt, als befriedigt. Solche allgemeine Erkenntnisse nun, die zugleich den Charakter der innern Notwendigkeit haben, m?ssen, von der Erfahrung unabh?ngig, vor sich selbst klar und gewiss sein; man nennt sie daher Erkenntnisse a priori: da im Gegenteil das, was lediglich von der Erfahrung erborgt ist, wie man sich ausdr?ckt, nur a posteriori, oder empirisch erkannt wird.

Nun zeigt es sich, welches ?beraus merkw?rdig ist, dass selbst unter unsere Erfahrungen sich Erkenntnisse mengen, die ihren Ursprung a priori haben m?ssen und die vielleicht nur dazu dienen, um unsern Vorstellungen der Sinne Zusammenhang zu verschaffen. Denn wenn man aus den ersteren auch alles wegschafft, was den Sinnen angeh?rt, so bleiben dennoch gewisse urspr?ngliche Begriffe und aus ihnen erzeugte Urteile ?brig, die g?nzlich a priori, unabh?ngig von der Erfahrung entstanden sein m?ssen, weil sie machen, dass man von den Gegenst?nden, die den Sinnen erscheinen, mehr sagen kann, wenigstens es sagen zu k?nnen glaubt, als blosse Erfahrung lehren w?rde, und dass Behauptungen wahre Allgemeinheit und strenge Notwendigkeit enthalten, dergleichen die bloss empirische Erkenntnis nicht liefern kann.

Was aber noch weit mehr sagen will ist dieses, dass gewisse Erkenntnisse sogar das Feld aller m?glichen Erfahrungen verlassen, und durch Begriffe, denen ?berall kein entsprechender Gegenstand in der Erfahrung gegeben werden kann, den Umfang unserer Urteile ?ber alle Grenzen derselben zu erweitern den Anschein haben.

Und gerade in diesen letzteren Erkenntnissen, welche ?ber die Sinnenwelt hinausgehen, wo Erfahrung gar keinen Leitfaden noch Berichtigung geben kann, liegen die Nachforschungen unserer Vernunft die wir der Wichtigkeit nach f?r weit vorz?glicher, und ihre Endabsicht f?r viel erhabener halten, als alles, was der Verstand im Felde der Erscheinungen lernen kann, wobei wir, sogar auf die Gefahr zu irren, eher alles wagen, als dass wir so angelegene Untersuchungen aus irgendeinem Grunde der Bedenklichkeit, oder aus Geringsch?tzung und Gleichg?ltigkeit aufgeben sollten.

Nun scheint es zwar nat?rlich, dass, sobald man den Boden der Erfahrung verlassen hat, man doch nicht mit Erkenntnissen, die man besitzt, ohne zu wissen woher, und auf den Kredit der Grunds?tze, deren Ursprung man nicht kennt, sofort ein Geb?ude errichten werde, ohne der Grundlegung desselben durch sorgf?ltige Untersuchungen vorher versichert zu sein, dass man also die Frage vorl?ngst werde aufgeworfen haben, wie denn der Verstand zu allen diesen Erkenntnissen a priori kommen k?nne, und welchen Umfang, G?ltigkeit und Wert sie haben m?gen. In der Tat ist auch nichts nat?rlicher, wenn man unter diesem Wort das versteht, was billiger- und vern?nftigerweise geschehen sollte; versteht man aber darunter das, was gew?hnlichermassen geschieht, so ist hinwiederum nichts nat?rlicher und begreiflicher, als dass diese Untersuchung lange Zeit unterbleiben musste. Denn ein Teil dieser Erkenntnisse, die mathematischen, ist im alten Besitze der Zuverl?ssigkeit, und gibt dadurch eine g?nstige Erwartung auch f?r andere, ob diese gleich von ganz verschiedener Natur sein m?gen. ?berdem, wenn man ?ber den Kreis der Erfahrung hinaus ist, so ist man sicher, durch Erfahrung nicht widersprochen zu werden. Der Reiz, seine Erkenntnisse zu erweitern, ist so gross, dass man nur durch einen klaren Widerspruch, auf den man st?sst, in seinem Fortschritte aufgehalten werden kann. Dieser aber kann vermieden werden, wenn man seine Erdichtungen behutsam macht, ohne dass sie deswegen weniger Erdichtungen bleiben. Die Mathematik gibt uns ein gl?nzendes Beispiel, wie weit wir es unabh?ngig von der Erfahrung in der Erkenntnis a priori bringen k?nnen. Nun besch?ftigt sie sich zwar mit Gegenst?nden und Erkenntnissen, bloss so weit als sich solche in der Anschauung darstellen lassen. Aber dieser Umstand wird leicht ?bersehen, weil gedachte Anschauung selbst a priori gegeben werden kann, mithin von einem blossen reinen Begriff kaum unterschieden wird. Durch einen solchen Beweis von der Macht der Vernunft aufgemuntert, sieht der Trieb zur Erweiterung keine Grenzen. Die leichte Taube, indem sie im freien Fluge die Luft teilt, deren Widerstand sie f?hlt, k?nnte die Vorstellung fassen, dass es ihr im luftleeren Raum noch viel besser gelingen werde. Ebenso verliess Plato die Sinnenwelt, weil sie dem Verstande so vielf?ltige Hindernisse legt, und wagte sich jenseit derselben auf den Fl?geln der Ideen, in den leeren Raum des reinen Verstandes. Er bemerkte nicht, dass er durch seine Bem?hungen keinen Weg gew?nne, denn er hatte keinen Widerhalt, gleichsam zur Unterlage, worauf er sich steifen, und woran er seine Kr?fte anwenden konnte, um den Verstand von der Stelle zu bringen. Es ist aber ein gew?hnliches Schicksal der menschlichen Vernunft in der Spekulation ihr Geb?ude so fr?h, wie m?glich, fertigzumachen, und hintennach allererst zu untersuchen, ob auch der Grund dazu gut gelegt sei. Alsdann aber werden allerlei Besch?nigungen herbeigesucht, um uns wegen dessen T?chtigkeit zu tr?sten, oder eine solche sp?te und gef?hrliche Pr?fung abzuweisen. Was uns aber w?hrend dem Bauen von aller Besorgnis und Verdacht freih?lt, und mit scheinbarer Gr?ndlichkeit schmeichelt, ist dieses. Ein grosser Teil, und vielleicht der gr?sste, von dem Gesch?fte unserer Vernunft besteht in Zergliederungen der Begriffe, die wir schon von Gegenst?nden haben. Dieses liefert uns eine Menge von Erkenntnissen, die, ob sie gleich nichts weiter als Aufkl?rungen oder Erl?uterungen desjenigen sind, was in unsern Begriffen, schon gedacht worden, doch wenigstens der Form nach neuen Einsichten gleich gesch?tzt werden, wiewohl sie der Materie oder dem Inhalte nach die Begriffe, die wir haben, nicht erweitern, sondern nur auseinander setzen. Da dieses Verfahren nun eine wirkliche Erkenntnis a priori gibt, die einen sichern und n?tzlichen Fortgang hat, so erschleicht die Vernunft, ohne es selbst zu merken, unter dieser Vorspiegelung Behauptungen von ganz anderer Art, wo die Vernunft zu gegebenen Begriffen a priori ganz fremde hinzutut, ohne dass man weiss, wie sie dazu gelangen und ohne sich diese Frage auch nur in die Gedanken kommen zu lassen. Ich will daher gleich anfangs von dem Unterschiede dieser zweifachen Erkenntnisart handeln.

Von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urteile

In allen Urteilen, worinnen das Verh?ltnis eines Subjekts zum Pr?dikat gedacht wird, ist dieses Verh?ltnis auf zweierlei Art m?glich. Entweder das Pr?dikat B geh?rt zum Subjekt A als etwas, was in diesem Begriffe A enthalten ist; oder B liegt ganz ausser dem Begriff A, ob es zwar mit demselben in Verkn?pfung steht. Im ersten Fall nenne ich das Urteil analytisch, im andern synthetisch. Analytische Urteile sind also diejenigen, in welchen die Verkn?pfung des Pr?dikats mit dem Subjekt durch Identit?t, diejenigen aber, in denen diese Verkn?pfung ohne Identit?t gedacht wird, sollen synthetische Urteile heissen. Die ersteren k?nnte man auch Erl?uterungs-, die anderen Erweiterungs-Urteile heissen, weil jene durch das Pr?dikat nichts zum Begriff des Subjekts hinzutun, sondern diesen nur durch Zergliederung in seine Teilbegriffe zerf?llen, die in selbigen schon, gedacht waren: dahingegen die letzteren zu dem Begriffe des Subjekts ein Pr?dikat hinzutun, welches in jenem gar nicht gedacht war, und durch keine Zergliederung desselben h?tte k?nnen herausgezogen werden, z.B. wenn ich sage: alle K?rper sind ausgedehnt, so ist dies ein analytisch Urteil. Denn ich darf nicht aus dem Begriffe, den ich mit dem Wort K?rper verbinde, hinausgehen, um die Ausdehnung als mit demselben verkn?pft zu finden, sondern jenen Begriff nur zergliedern, d.i. des Mannigfaltigen, welches ich jederzeit in ihm denke, nur bewusst werden, um dieses Pr?dikat darin anzutreffen; es ist also ein analytisches Urteil. Dagegen, wenn ich sage: alle K?rper sind schwer, so ist das Pr?dikat etwas ganz anderes, als das, was ich in dem blossen Begriff eines K?rpers ?berhaupt denke. Die Hinzuf?gung eines solchen Pr?dikats gibt also ein synthetisch Urteil.

Nun ist hieraus klar: 1. dass durch analytische Urteile unsere Erkenntnis gar nicht erweitert werde, sondern der Begriff, den ich schon habe, auseinandergesetzt, und mir selbst verst?ndlich gemacht werde; 2. dass bei synthetischen Urteilen ich ausser dem Begriffe des Subjekts noch etwas anderes haben m?sse, worauf sich der Verstand st?tzt, um ein Pr?dikat, das in jenem Begriffe nicht liegt, doch als dazu geh?rig zu erkennen.

Bei empirischen oder Erfahrungsurteilen hat es hiermit gar keine Schwierigkeit. Denn dieses X ist die vollst?ndige Erfahrung von dem Gegenstande, den ich durch einen Begriff A denke, welcher nur einen Teil dieser Erfahrung ausmacht. Denn ob ich schon in dem Begriff eines K?rpers ?berhaupt das Pr?dikat der Schwere gar nicht einschliesse, so bezeichnet er doch die vollst?ndige Erfahrung durch einen Teil derselben, zu welchem also ich noch andere Teile eben derselben Erfahrung, als zu dem ersteren geh?rig, hinzuf?gen kann. Ich kann den Begriff des K?rpers vorher analytisch durch die Merkmale der Ausdehnung, der Undurchdringlichkeit, der Gestalt usw., die alle in diesem Begriff gedacht werden, erkennen. Nun erweitere ich aber meine Erkenntnis, und, indem ich auf die Erfahrung zur?cksehe, von welcher ich diesen Begriff des K?rpers abgezogen hatte, so finde ich mit obigen Merkmalen auch die Schwere jederzeit verkn?pft. Es ist also die Erfahrung jenes X, was ausser dem Begriffe A liegt, und worauf sich die M?glichkeit der Synthesis des Pr?dikats der Schwere B mit dem Begriffe A gr?ndet.

Aber bei synthetischen Urteilen a priori fehlt dieses Hilfsmittel ganz und gar. Wenn ich ausser dem Begriffe A hinausgehen soll, um einen andern B, als damit verbunden zu erkennen, was ist das, worauf ich mich st?tze, und wodurch die Synthesis m?glich wird, da ich hier den Vorteil nicht habe, mich im Felde der Erfahrung danach umzusehen? Man nehme den Satz: Alles, was geschieht, hat seine Ursache. In dem Begriff von etwas, das geschieht, denke ich zwar ein Dasein, vor welchem eine Zeit vorhergeht usw. und daraus lassen sich analytische Urteile ziehen. Aber der Begriff einer Ursache zeigt etwas von dem, was geschieht, Verschiedenes an, und ist in dieser letzteren Vorstellung gar nicht mit enthalten. Wie komme ich denn dazu, von dem, was ?berhaupt geschieht, etwas davon ganz Verschiedenes zu sagen, und den Begriff der Ursachen, obzwar in jenen nicht enthalten, dennoch, als dazu geh?rig, zu erkennen. Was ist hier das X, worauf sich der Verstand st?tzt, wenn er ausser dem Begriff von A ein demselben fremdes Pr?dikat aufzufinden glaubt, das gleichwohl damit verkn?pft sei. Erfahrung kann es nicht sein, weil der angef?hrte Grundsatz nicht allein mit gr?sserer Allgemeinheit, als die Erfahrung verschaffen kann, sondern auch mit dem Ausdruck der Notwendigkeit, mithin g?nzlich a priori und aus blossen Begriffen diese zweite Vorstellungen zu der ersteren hinzuf?gt. Nun beruht auf solchen synthetischen d.i. Erweiterungs-Grunds?tzen die ganze Endabsicht unserer spekulativen Erkenntnis a priori; denn die analytischen sind zwar h?chst wichtig und n?tig, aber nur um zu derjenigen Deutlichkeit der Begriffe zu gelangen, die zu einer sicheren und ausgebreiteten Synthesis, als zu einem wirklich neuen Anbau, erforderlich ist.

Aus diesem allen ergibt sich nun die Idee einer besondern Wissenschaft, die zur Kritik der reinen Vernunft dienen k?nne. Es heisst aber jede Erkenntnis rein, die mit nichts Fremdartigen vermischt ist. Besonders aber wird eine Erkenntnis schlechthin rein genannt, in die sich ?berhaupt keine Erfahrung oder Empfindung einmischt, welche mithin v?llig a priori m?glich ist. Nun ist Vernunft das Verm?gen, welches die Prinzipien der Erkenntnis a priori an die Hand gibt. Daher ist reine Vernunft diejenige, welche die Prinzipien etwas schlechthin a priori zu erkennen, enth?lt. Ein Organon der reinen Vernunft w?rde ein Inbegriff derjenigen Prinzipien sein, nach denen alle reinen Erkenntnisse a priori k?nnen erworben und wirklich zustande gebracht werden. Die ausf?hrliche Anwendung eines solchen Organon w?rde ein System der reinen Vernunft verschaffen. Da dieses aber sehr viel verlangt ist, und es noch dahin steht, ob auch ?berhaupt eine solche Erweiterung unserer Erkenntnis, und in welchen F?llen sie m?glich sei; so k?nnen wir eine Wissenschaft der blossen Beurteilung der reinen Vernunft, ihrer Quellen und Grenzen, als die Prop?deutik zum System der reinen Vernunft ansehen. Eine solche w?rde nicht eine Doktrin, sondern nur Kritik der reinen Vernunft heissen m?ssen, und ihr Nutzen w?rde wirklich nur negativ sein, nicht zur Erweiterung, sondern nur zur L?uterung unserer Vernunft dienen, und sie von Irrt?mern frei halten, welches schon sehr viel gewonnen ist. Ich nenne alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht sowohl mit Gegenst?nden, sondern mit unsern Begriffen a priori von Gegenst?nden ?berhaupt besch?ftigt. Ein System solcher Begriffe w?rde Transzendental-Philosophie heissen. Diese ist aber wiederum f?r den Anfang zu viel. Denn weil eine solche Wissenschaft sowohl die analytische Erkenntnis, als die synthetische a priori vollst?ndig enthalten m?sste, so ist sie, insofern es unsere Absicht betrifft, von zu weitem Umfange, indem wir die Analysis nur so weit treiben d?rfen, als sie unentbehrlich n?tig ist, um die Prinzipien der Synthesis a priori, als warum es uns nur zu tun ist, in ihrem ganzen Umfange einzusehen. Diese Untersuchung, die wir eigentlich nicht Doktrin, sondern nur transzendentale Kritik nennen k?nnen, weil sie nicht die Erweiterung der Erkenntnisse selbst, sondern nur die Berichtigung derselben zur Absicht hat, und den Probierstein des Werts oder Unwerts aller Erkenntnisse a priori abgeben soll, ist das, womit wir uns jetzt besch?ftigen. Eine solche Kritik ist demnach eine Vorbereitung, wo m?glich, zu einem Organon, und, wenn dieses nicht gelingen sollte, wenigstens zu einem Kanon derselben, nach welchen allenfalls dereinst das vollst?ndige System der Philosophie der reinen Vernunft, es mag nun in Erweiterung oder blosser Begrenzung ihrer Erkenntnis bestehen, sowohl analytisch, als synthetisch dargestellt werden k?nnte. Denn dass dieses m?glich sei, ja dass ein solches System von nicht gar grossem Umfange sein k?nne, um zu hoffen, es ganz zu vollenden, l?sst sich schon zum voraus daraus ermessen, dass hier nicht die Natur der Dinge, welche unersch?pflich ist, sondern der Verstand, der ?ber die Natur der Dinge urteilt, und auch dieser wiederum nur in Ansehung seiner Erkenntnis a priori den Gegenstand ausmacht, dessen Vorrat, weil wir ihn doch nicht ausw?rtig suchen d?rfen, uns nicht verborgen bleiben kann, und allem Vermuten nach klein genug ist, um vollst?ndig aufgenommen, nach seinem Werte oder Unwerte beurteilt und unter richtige Sch?tzung gebracht zu werden.

Die Transzendental-Philosophie ist hier nur eine Idee, wozu die Kritik der reinen Vernunft den ganzen Plan architektonisch, d.i. aus Prinzipien entwerfen soll, mit v?lliger Gew?hrleistung der Vollst?ndigkeit und Sicherheit aller St?cke, die dieses Geb?ude ausmacht. Dass diese Kritik nicht schon selbst Transzendental-Philosophie heisst, beruht lediglich darauf, dass sie, um ein vollst?ndiges System zu sein, auch eine ausf?hrliche Analysis der ganzen menschlichen Erkenntnis a priori enthalten m?sste. Nun muss zwar unsere Kritik allerdings auch eine vollst?ndige Herz?hlung aller Stammbegriffe, welche die gedachte reine Erkenntnis ausmachen, vor Augen legen. Allein der ausf?hrlichen Analysis dieser Begriffe selbst, wie auch der vollst?ndigen Rezension der daraus abgeleiteten, enth?lt sie sich billig, teils weil diese Zergliederung nicht zweckm?ssig w?re, indem sie die Bedenklichkeit nicht hat, welche bei der Synthesis angetroffen wird, um deren willen eigentlich die ganze Kritik da ist, teils, weil es der Einheit des Planes zuwider w?re, sich mit der Verantwortung der Vollst?ndigkeit einer solchen Analysis und Ableitung zu befassen, deren man in Ansehung seiner Absicht doch ?berhoben sein konnte. Diese Vollst?ndigkeit der Zergliederung sowohl, als der Ableitung aus den k?nftig zu liefernden Begriffen a priori, ist indessen leicht zu erg?nzen, wenn sie nur allererst als ausf?hrliche Prinzipien der Synthesis da sind, und ihnen in Ansehung dieser wesentlichen Absicht nichts ermangelt.

Zur Kritik der reinen Vernunft geh?rt demnach alles, was die Transzendental-Philosophie ausmacht, und sie ist die vollst?ndige Idee der Transzendental-Philosophie, aber diese Wissenschaft noch nicht selbst, weil sie in der Analysis nur so weit geht, als es zur vollst?ndigen Beurteilung der synthetischen Erkenntnis a priori erforderlich ist.

Das vornehmste Augenmerk bei der Einteilung einer solchen Wissenschaft ist: dass gar keine Begriffe hineinkommen m?ssen, die irgend etwas Empirisches in sich enthalten, oder dass die Erkenntnis a priori v?llig rein sei. Daher, obzwar die obersten Grunds?tze der Moralit?t, und die Grundbegriffe derselben, Erkenntnisse a priori sind, so geh?ren sie doch nicht in die Transzendental-Philosophie, weil die Begriffe der Lust und Unlust, der Begierden und Neigungen, der Willk?r usw., die insgesamt empirischen Ursprunges sind, dabei vorausgesetzt werden m?ssten. Daher ist die Transzendental-Philosophie eine Weltweisheit der reinen bloss spekulativen Vernunft. Denn alles Praktische, sofern es Bewegungsgr?nde enth?lt, bezieht sich auf Gef?hle, welche zu empirischen Erkenntnisquellen geh?ren.

Wenn man nun die Einteilung dieser Wissenschaft aus dem allgemeinen Gesichtspunkte eines Systems ?berhaupt anstellen will, so muss die, welche wir jetzt vortragen, erstlich eine Elementar-Lehre, zweitens eine Methoden-Lehre der reinen Vernunft enthalten. Jeder dieser Hauptteile w?rde seine Unterabteilung haben, deren Gr?nde sich gleichwohl hier noch nicht vortragen lassen. Nur so viel scheint zur Einleitung oder Vorerinnerung n?tig zu sein, dass es zwei St?mme der menschlichen Erkenntnis gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen, aber uns unbekannten Wurzel entspringen, n?mlich, Sinnlichkeit und Verstand, durch deren ersteren uns Gegenst?nde gegeben, durch den zweiten aber gedacht werden. Sofern nun die Sinnlichkeit Vorstellungen a priori enthalten sollte, welche die Bedingungen ausmachen, unter der uns Gegenst?nde gegeben werden, so w?rde sie zur Transzendental-Philosophie geh?ren. Die transzendentale Sinnenlehre w?rde zum ersten Teile der Elementarwissenschaft geh?ren m?ssen, weil die Bedingungen, worunter allein die Gegenst?nde der menschlichen Erkenntnis gegeben werden, denjenigen vorgehen, unter welchen selbige gedacht werden.

Kritik der reinen Vernunft

Der transzendentalen Elementarlehre Erster Teil Die transzendentale ?sthetik

Auf welche Art und durch welche Mittel sich auch immer eine Erkenntnis auf Gegenst?nde beziehen mag, es ist doch diejenige, wodurch sie sich auf dieselbe unmittelbar bezieht, und worauf alles Denken als Mittel abzweckt, die Anschauung. Diese findet aber nur statt, sofern uns der Gegenstand gegeben wird; dieses aber ist wiederum nur dadurch m?glich, dass er das Gem?t auf gewisse Weise affiziere. Die F?higkeit , Vorstellungen durch die Art, wie wir von Gegenst?nden affiziert werden, zu bekommen, heisst Sinnlichkeit. Vermittelst der Sinnlichkeit also werden uns Gegenst?nde gegeben, und sie allein liefert uns Anschauungen; durch den Verstand aber werden sie gedacht, und von ihm entspringen Begriffe. Alles Denken aber muss sich, es sei geradezu oder im Umschweife , zuletzt auf Anschauungen, mithin, bei uns, auf Sinnlichkeit beziehen, weil uns auf andere Weise kein Gegenstand gegeben werden kann.

Die Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsf?higkeit, sofern wir von demselben affiziert werden, ist Empfindung. Diejenige Anschauung, welche sich auf den Gegenstand durch Empfindung bezieht, heisst empirisch. Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heisst Erscheinung.

In der Erscheinung nenne ich das, was der Empfindung korrespondiert, die Materie derselben, dasjenige aber, welches macht, dass das Mannigfaltige der Erscheinung in gewissen Verh?ltnissen geordnet, angeschaut wird, nenne ich die Form der Erscheinung. Da das, worinnen sich die Empfindungen allein ordnen, und in gewisse Form gestellt werden k?nnen, nicht selbst wiederum Empfindung sein kann, so ist uns zwar die Materie aller Erscheinung nur a posteriori gegeben, die Form derselben aber muss zu ihnen insgesamt im Gem?te a priori bereitliegen und daher abgesondert von aller Empfindung k?nnen betrachtet werden.

Ich nenne alle Vorstellungen rein , in denen nichts, was zur Empfindung geh?rt, angetroffen wird. Demnach wird die reine Form sinnlicher Anschauungen ?berhaupt im Gem?te a priori angetroffen werden, worinnen alles Mannigfaltige der Erscheinungen in gewissen Verh?ltnissen angeschaut wird. Diese reine Form der Sinnlichkeit wird auch selber reine Anschauung heissen. So, wenn ich von der Vorstellung eines K?rpers das, was der Verstand davon denkt, als Substanz, Kraft, Teilbarkeit usw., imgleichen, was davon zur Empfindung geh?rt, als Undurchdringlichkeit, H?rte, Farbe usw. absondere, so bleibt mir aus dieser empirischen Anschauung noch etwas ?brig, n?mlich Ausdehnung und Gestalt. Diese geh?ren zur reinen Anschauung, die a priori, auch ohne einen wirklichen Gegenstand der Sinne oder Empfindung, als eine blosse Form der Sinnlichkeit im Gem?te stattfindet.

In der transzendentalen ?sthetik also werden wir zuerst die Sinnlichkeit isolieren, dadurch, dass wir alles absondern, was der Verstand durch seine Begriffe dabei denkt, damit nichts als empirische Anschauung ?brigbleibe. Zweitens werden wir von dieser noch alles, was zur Empfindung geh?rt, abtrennen, damit nichts als reine Anschauung und die blosse Form der Erscheinungen ?brigbleibe, welches das einzige ist, das die Sinnlichkeit a priori liefern kann. Bei dieser Untersuchung wird sich finden, dass es zwei reine Formen sinnlicher Anschauung, als Prinzipien der Erkenntnis a priori gebe, n?mlich Raum und Zeit, mit deren Erw?gung wir uns jetzt besch?ftigen werden.

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