Read Ebook: Kritik der reinen Vernunft Zweite hin und wieder verbesserte Auflage (1787) by Kant Immanuel
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Ebook has 1085 lines and 188886 words, and 22 pages
Die Kritik der Vernunft f?hrt also zuletzt notwendig zur Wissenschaft; der dogmatische Gebrauch derselben ohne Kritik dagegen auf grundlose Behauptungen, denen man ebenso scheinbare entgegensetzen kann, mithin zum Skeptizismus.
Auch kann diese Wissenschaft nicht von grosser abschreckender Weitl?ufigkeit sein, weil sie es nicht mit Objekten der Vernunft, deren Mannigfaltigkeit unendlich ist, sondern es bloss mit sich selbst, mit Aufgaben, die ganz aus ihrem Schosse entspringen, und ihr nicht durch die Natur der Dinge, die von ihr unterschieden sind, sondern durch ihre eigene vorgelegt sind, zu tun hat; da es denn, wenn sie zuvor ihr eigen Verm?gen in Ansehung der Gegenst?nde, die ihr in der Erfahrung vorkommen m?gen, vollst?ndig hat kennenlernen, leicht werden muss, den Umfang und die Grenzen ihres ?ber alle Erfahrungsgrenzen versuchten Gebrauchs vollst?ndig und sicher zu bestimmen.
Man kann also und muss alle bisher gemachten Versuche, eine Metaphysik dogmatisch zustande zu bringen, als ungeschehen ansehen; denn was in der einen oder der anderen Analytisches, n?mlich blosse Zergliederung der Begriffe ist, die unserer Vernunft a priori beiwohnen, ist noch gar nicht der Zweck, sondern nur eine Veranstaltung zu der eigentlichen Metaphysik, n?mlich seine Erkenntnis a priori synthetisch zu erweitern, und ist zu diesem untauglich, weil sie bloss zeigt, was in diesen Begriffen enthalten ist, nicht aber, wie wir a priori zu solchen Begriffen gelangen, um danach auch ihren g?ltigen Gebrauch in Ansehung der Gegenst?nde aller Erkenntnis ?berhaupt bestimmen zu k?nnen. Es geh?rt auch nur wenig Selbstverleugnung dazu, alle diese Anspr?che aufzugeben, da die nicht abzuleugnenden und im dogmatischen Verfahren auch unvermeidlichen Widerspr?che der Vernunft mit sich selbst jede bisherige Metaphysik schon l?ngst um ihr Ansehen gebracht haben. Mehr Standhaftigkeit wird dazu n?tig sein, sich durch die Schwierigkeit innerlich und den Widerstand ?usserlich nicht abhalten zu lassen, eine der menschlichen Vernunft unentbehrliche Wissenschaft, von der man wohl jeden hervorgeschossenen Stamm abhauen, die Wurzel aber nicht ausrotten kann, durch eine andere, der bisherigen ganz entgegengesetzte, Behandlung endlich einmal zu einem gedeihlichen und fruchtbaren Wuchse zu bef?rdern.
Aus diesem allein ergibt sich nun die Idee einer besonderen Wissenschaft, die Kritik der reinen Vernunft heissen kann. Denn ist Vernunft das Verm?gen, welches die Prinzipien der Erkenntnis a priori an die Hand gibt. Daher ist reine Vernunft diejenige, welche die Prinzipien, etwas schlechthin a priori zu erkennen, enth?lt. Ein Organon der reinen Vernunft w?rde ein Inbegriff derjenigen Prinzipien sein, nach denen alle reinen Erkenntnisse a priori k?nnen erworben und wirklich zustande gebracht werden. Die ausf?hrliche Anwendung eines solchen Organon w?rde ein System der reinen Vernunft verschaffen. Da dieses aber sehr viel verlangt ist, und es noch dahin steht, ob auch hier ?berhaupt eine Erweiterung unserer Erkenntnis, und in welchen F?llen sie m?glich sei; so k?nnen wir eine Wissenschaft der blossen Beurteilung der reinen Vernunft, ihrer Quellen und Grenzen, als die Prop?deutik zum System der reinen Vernunft ansehen. Eine solche w?rde nicht eine Doktrin, sondern nur Kritik der reinen Vernunft heissen m?ssen, und ihr Nutzen w?rde in Ansehung der Spekulation wirklich nur negativ sein, nicht zur Erweiterung, sondern nur zur L?uterung unserer Vernunft dienen, und sie von Irrt?mern frei halten, welches schon sehr viel gewonnen ist. Ich nenne alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht sowohl mit Gegenst?nden, sondern mit unserer Erkenntnisart von Gegenst?nden, insofern diese a priori m?glich sein soll, ?berhaupt besch?ftigt. Ein System solcher Begriffe w?rde Transzendental-Philosophie heissen. Diese ist aber wiederum f?r den Anfang noch zu viel. Denn, weil eine solche Wissenschaft sowohl die analytische Erkenntnis, als die synthetische a priori vollst?ndig enthalten m?sste, so ist sie, soweit es unsere Absicht betrifft, von zu weitem Umfange, indem wir die Analysis nur so weit treiben d?rfen, als sie unentbehrlich notwendig ist, um die Prinzipien der Synthesis a priori, als warum es uns nur zu tun ist, in ihrem ganzen Umfange einzusehen. Diese Untersuchung, die wir eigentlich nicht Doktrin, sondern nur transzendentale Kritik nennen k?nnen, weil sie nicht die Erweiterung der Erkenntnisse selbst, sondern nur die Berichtigung derselben zur Absicht hat, und den Probierstein des Werts oder Unwerts aller Erkenntnisse a priori abgeben soll, ist das, womit wir uns jetzt besch?ftigen. Eine solche Kritik ist demnach eine Vorbereitung, wo m?glich, zu einem Organon, und wenn dieses nicht gelingen sollte, wenigstens zu einem Kanon derselben, nach welchem allenfalls dereinst das vollst?ndige System der Philosophie der reinen Vernunft, es mag nun in Erweiterung oder blosser Begrenzung ihrer Erkenntnis bestehen, sowohl analytisch als synthetisch dargestellt werden k?nnte. Denn dass dieses m?glich sei, ja dass ein solches System von nicht gar grossem Umfange sein k?nne, um zu hoffen, es ganz zu vollenden, l?sst sich schon zum voraus daraus ermessen, dass hier nicht die Natur der Dinge, welche unersch?pflich ist, sondern der Verstand, der ?ber die Natur der Dinge urteilt, und auch dieser wiederum nur in Ansehung seiner Erkenntnis a priori, den Gegenstand ausmacht, dessen Vorrat, weil wir ihn doch nicht ausw?rtig suchen d?rfen, uns nicht verborgen bleiben kann, und allem Vermuten nach klein genug ist, um vollst?ndig aufgenommen, nach seinem Werte oder Unwerte beurteilt und unter richtige Sch?tzung gebracht zu werden. Noch weniger darf man hier eine Kritik der B?cher und Systeme der reinen Vernunft erwarten, sondern die des reinen Vernunftverm?gens selbst. Nur allein, wenn diese zum Grunde liegt, hat man einen sicheren Probierstein, den philosophischen Gehalt alter und neuer Werke in diesem Fache zu sch?tzen; widrigenfalls beurteilt der unbefugte Geschichtsschreiber und Richter grundlose Behauptungen anderer, durch seine eigenen, die ebenso grundlos sind.
Die Transzendental-Philosophie ist die Idee einer Wissenschaft, wozu die Kritik der reinen Vernunft den ganzen Plan architektonisch, d.i. aus Prinzipien, entwerfen soll, mit v?lliger Gew?hrleistung der Vollst?ndigkeit und Sicherheit aller St?cke, die dieses Geb?ude ausmachen. Sie ist das System aller Prinzipien der reinen Vernunft. Dass diese Kritik nicht schon selbst Transzendental-Philosophie heisst, beruht lediglich darauf, dass sie, um ein vollst?ndiges System zu sein, auch eine ausf?hrliche Analysis der ganzen menschlichen Erkenntnis a priori enthalten m?sste. Nun muss zwar unsere Kritik allerdings auch eine vollst?ndige Herz?hlung aller Stammbegriffe, welche die gedachte reine Erkenntnis ausmachen, vor Augen legen. Allein der ausf?hrlichen Analysis dieser Begriffe selbst, wie auch der vollst?ndigen Rezension der daraus abgeleiteten, enth?lt sie sich billig, teils weil diese Zergliederung nicht zweckm?ssig w?re, indem sie die Bedenklichkeit nicht hat, welche bei der Synthesis angetroffen wird, um deren willen eigentlich die ganze Kritik da ist, teils, weil es der Einheit des Planes zuwider w?re, sich mit der Verantwortung der Vollst?ndigkeit einer solchen Analysis und Ableitung zu befassen, deren man in Ansehung seiner Absicht doch ?berhoben sein konnte. Diese Vollst?ndigkeit der Zergliederung sowohl, als der Ableitung aus den k?nftig zu liefernden Begriffen a priori, ist indessen leicht zu erg?nzen, wenn sie nur allererst als ausf?hrliche Prinzipien der Synthesis da sind, und in Ansehung dieser wesentlichen Absicht nichts ermangelt.
Zur Kritik der reinen Vernunft geh?rt demnach alles, was die Transzendental-Philosophie ausmacht, und sie ist die vollst?ndige Idee der Transzendental-Philosophie, aber diese Wissenschaft noch nicht selbst; weil sie in der Analysis nur so weit geht, als es zur vollst?ndigen Beurteilung der synthetischen Erkenntnis a priori erforderlich ist.
Das vornehmste Augenmerk bei der Einteilung einer solchen Wissenschaft ist: dass gar keine Begriffe hineinkommen m?ssen, die irgend etwas Empirisches in sich enthalten; oder dass die Erkenntnis a priori v?llig rein sei. Daher, obzwar die obersten Grunds?tze der Moralit?t und die Grundbegriffe derselben, Erkenntnisse a priori sind, so geh?ren sie doch nicht in die Transzendental-Philosophie, weil sie die Begriffe der Lust und Unlust, der Begierden und Neigungen usw., die insgesamt empirischen Ursprungs sind, zwar selbst nicht zum Grunde ihrer Vorschriften legen, aber doch im Begriffe der Pflicht, als Hindernis, das ?berwunden, oder als Anreiz, der nicht zum Bewegungsgrunde gemacht werden soll, notwendig in die Abfassung des Systems der reinen Sittlichkeit mit hineinziehen m?ssen. Daher ist die Transzendental-Philosophie eine Weltweisheit der reinen bloss spekulativen Vernunft. Denn alles Praktische, sofern es Triebfedern enth?lt, bezieht sich auf Gef?hle, welche zu empirischen Erkenntnisquellen geh?ren.
Wenn man nun die Einteilung dieser Wissenschaft aus dem allgemeinen Gesichtspunkte eines Systems ?berhaupt anstellen will, so muss die, welche wir jetzt vortragen, erstlich eine Elementar-Lehre, zweitens eine Methoden-Lehre der reinen Vernunft enthalten. Jeder dieser Hauptteile w?rde seine Unterabteilung haben, deren Gr?nde sich gleichwohl hier noch nicht vortragen lassen. Nur so viel scheint zur Einleitung, oder Vorerinnerung, n?tig zu sein, dass es zwei St?mme der menschlichen Erkenntnis gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen, aber uns unbekannten Wurzel entspringen, n?mlich Sinnlichkeit und Verstand, durch deren ersteren uns Gegenst?nde gegeben, durch den zweiten aber gedacht werden. Sofern nun die Sinnlichkeit Vorstellungen a priori enthalten sollte, welche die Bedingung ausmachen, unter der uns Gegenst?nde gegeben werden, so w?rde sie zur Transzendental-Philosophie geh?ren. Die transzendentale Sinnenlehre w?rde zum ersten Teile der Elementarwissenschaft geh?ren m?ssen, weil die Bedingungen, worunter allein die Gegenst?nde der menschlichen Erkenntnis gegeben werden, denjenigen vorgehen, unter welchen selbige gedacht werden.
Kritik der reinen Vernunft
Der transzendentalen Elementarlehre Erster Teil Die transzendentale ?sthetik
? 1
Auf welche Art und durch welche Mittel sich auch immer eine Erkenntnis auf Gegenst?nde beziehen mag, es ist doch diejenige, wodurch sie sich auf dieselbe unmittelbar bezieht, und worauf alles Denken als Mittel abzweckt, die Anschauung. Diese findet aber nur statt, sofern uns der Gegenstand gegeben wird; dieses aber ist wiederum, uns Menschen wenigstens, nur dadurch m?glich, dass er das Gem?t auf gewisse Weise affiziere. Die F?higkeit , Vorstellungen durch die Art, wie wir von Gegenst?nden affiziert werden, zu bekommen, heisst Sinnlichkeit. Vermittelst der Sinnlichkeit also werden uns Gegenst?nde gegeben, und sie allein liefert uns Anschauungen; durch den Verstand aber werden sie gedacht, und von ihm entspringen Begriffe. Alles Denken aber muss sich, es sei geradezu oder im Umschweife , vermittelst gewisser Merkmale, zuletzt auf Anschauungen, mithin, bei uns, auf Sinnlichkeit beziehen, weil uns auf andere Weise kein Gegenstand gegeben werden kann.
Die Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsf?higkeit, sofern wir von demselben affiziert werden, ist Empfindung. Diejenige Anschauung, welche sich auf den Gegenstand durch Empfindung bezieht, heisst empirisch. Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heisst Erscheinung.
In der Erscheinung nenne ich das, was der Empfindung korrespondiert, die Materie derselben, dasjenige aber, welches macht, dass das Mannigfaltige der Erscheinung in gewissen Verh?ltnissen geordnet werden kann, nenne ich die Form der Erscheinung. Da das, worinnen sich die Empfindungen allein ordnen, und in gewisse Form gestellt werden k?nnen, nicht selbst wiederum Empfindung sein kann, so ist uns zwar die Materie aller Erscheinung nur a posteriori gegeben, die Form derselben aber muss zu ihnen insgesamt im Gem?te a priori bereitliegen und daher abgesondert von aller Empfindung k?nnen betrachtet werden.
Ich nenne alle Vorstellungen rein , in denen nichts, was zur Empfindung geh?rt, angetroffen wird. Demnach wird die reine Form sinnlicher Anschauungen ?berhaupt im Gem?te a priori angetroffen werden, worinnen alles Mannigfaltige der Erscheinungen in gewissen Verh?ltnissen angeschaut wird. Diese reine Form der Sinnlichkeit wird auch selber reine Anschauung heissen. So, wenn ich von der Vorstellung eines K?rpers das, was der Verstand davon denkt, als Substanz, Kraft, Teilbarkeit usw., imgleichen, was davon zur Empfindung geh?rt, als Undurchdringlichkeit, H?rte, Farbe usw. absondere, so bleibt mir aus dieser empirischen Anschauung noch etwas ?brig, n?mlich Ausdehnung und Gestalt. Diese geh?ren zur reinen Anschauung, die a priori, auch ohne einen wirklichen Gegenstand der Sinne oder Empfindung, als eine blosse Form der Sinnlichkeit im Gem?te stattfindet.
In der transzendentalen ?sthetik also werden wir zuerst die Sinnlichkeit isolieren, dadurch, dass wir alles absondern, was der Verstand durch seine Begriffe dabei denkt, damit nichts als empirische Anschauung ?brigbleibe. Zweitens werden wir von dieser noch alles, was zur Empfindung geh?rt, abtrennen, damit nichts als reine Anschauung und die blosse Form der Erscheinungen ?brigbleibe, welches das einzige ist, das die Sinnlichkeit a priori liefern kann. Bei dieser Untersuchung wird sich finden, dass es zwei reine Formen sinnlicher Anschauung, als Prinzipien der Erkenntnis a priori gebe, n?mlich Raum und Zeit, mit deren Erw?gung wir uns jetzt besch?ftigen werden.
Der transzendentalen ?sthetik Erster Abschnitt Von dem Raume
? 2 Metaphysische Er?rterung dieses Begriffs
Vermittelst des ?usseren Sinnes, , stellen wir uns Gegenst?nde als ausser uns, und diese insgesamt im Raume vor. Darinnen ist ihre Gestalt, Gr?sse und Verh?ltnis gegeneinander bestimmt, oder bestimmbar. Der innere Sinn, vermittelst dessen das Gem?t sich selbst, oder seinen inneren Zustand anschaut, gibt zwar keine Anschauung von der Seele selbst, als einem Objekt; allein es ist doch eine bestimmte Form, unter der die Anschauung ihres inneren Zustandes allein m?glich ist, so dass alles, was zu den inneren Bestimmungen geh?rt, in Verh?ltnissen der Zeit vorgestellt wird. ?usserlich kann die Zeit nicht angeschaut werden, so wenig wie der Raum, als etwas in uns. Was sind nun Raum und Zeit? Sind es wirkliche Wesen? Sind es zwar nur Bestimmungen, oder auch Verh?ltnisse der Dinge, aber doch solche, welche ihnen auch an sich zukommen w?rden, wenn sie auch nicht angeschaut w?rden, oder sind sie solche, die nur an der Form der Anschauung allein haften, und mithin an der subjektiven Beschaffenheit unseres Gem?ts, ohne welche diese Pr?dikate gar keinem Dinge beigelegt werden k?nnen? Um uns hier?ber zu belehren, wollen wir zuerst den Begriff des Raumes er?rtern. Ich verstehe aber unter Er?rterung die deutliche, Vorstellung dessen, was zu einem Begriffe geh?rt; metaphysisch aber ist die Er?rterung, wenn sie dasjenige enth?lt, was den Begriff, als a priori gegeben, darstellt.
? 3 Transzendentale Er?rterung des Begriffs vom Raume
Ich verstehe unter einer transzendentalen Er?rterung die Erkl?rung eines Begriffes, als eines Prinzips, woraus die M?glichkeit anderer synthetischen Erkenntnisse a priori eingesehen werden kann. Zu dieser Absicht wird erfordert, l) dass wirklich dergleichen Erkenntnisse aus dem gegebenen Begriffe herfliessen, 2) dass diese Erkenntnisse nur unter der Voraussetzung einer gegebenen Erkl?rungsart dieses Begriffs m?glich sind.
Geometrie ist eine Wissenschaft, welche die Eigenschaften des Raumes synthetisch und doch a priori bestimmt. Was muss die Vorstellung des Raumes denn sein, damit eine solche Erkenntnis von ihm m?glich sei? Er muss urspr?nglich Anschauung sein; denn aus einem blossen Begriffe lassen sich keine S?tze, die ?ber den Begriff hinausgehen, ziehen, welches doch in der Geometrie geschieht . Aber diese Anschauung muss a priori, d.i. vor aller Wahrnehmung eines Gegenstandes, in uns angetroffen werden, mithin reine, nicht empirische Anschauung sein. Denn die geometrischen S?tze sind insgesamt apodiktisch, d.i. mit dem Bewusstsein der Notwendigkeit verbunden, z.B. der Raum hat nur drei Abmessungen; dergleichen S?tze aber k?nnen nicht empirische oder Erfahrungsurteile sein, noch aus ihnen geschlossen werden .
Wie kann nun eine ?ussere Anschauung dem Gem?te beiwohnen, die vor den Objekten selbst vorhergeht, und in welcher der Begriff der letzteren a priori bestimmt werden kann? Offenbar nicht anders, als so fern sie, bloss im Subjekte, als die formale Beschaffenheit desselben, von Objekten affiziert zu werden, und dadurch unmittelbare Vorstellung derselben d.i. Anschauung zu bekommen, ihren Sitz hat, also nur als Form des ?usseren Sinnes ?berhaupt.
Also macht allein unsere Erkl?rung die M?glichkeit der Geometrie als einer synthetischen Erkenntnis a priori begreiflich. Eine jede Erkl?rungsart, die dieses nicht liefert, wenn sie gleich dem Anscheine nach mit ihr einige ?hnlichkeit h?tte, kann an diesen Kennzeichen am sichersten von ihr unterschieden werden.
Schl?sse aus obigen Begriffen
a) Der Raum stellt gar keine Eigenschaft irgend einiger Dinge an sich, oder sie in ihrem Verh?ltnis aufeinander vor, d.i. keine Bestimmung derselben, die an Gegenst?nden selbst haftete, und welche bliebe, wenn man auch von allen subjektiven Bedingungen der Anschauung abstrahierte. Denn weder absolute, noch relative Bestimmungen k?nnen vor dem Dasein der Dinge, welchen sie zukommen, mithin nicht a priori angeschaut werden.
b) Der Raum ist nichts anderes, als nur die Form aller Erscheinungen ?usserer Sinne, d.i. die subjektive Bedingung der Sinnlichkeit, unter der allein uns ?ussere Anschauung m?glich ist. Weil nun die Rezeptivit?t des Subjekts, von Gegenst?nden affiziert zu werden, notwendigerweise vor allen Anschauungen dieser Objekte vorhergeht, so l?sst sich verstehen, wie die Form aller Erscheinungen vor allen wirklichen Wahrnehmungen, mithin a priori im Gem?te gegeben sein k?nne, und wie sie als eine reine Anschauung, in der alle Gegenst?nde bestimmt werden m?ssen, Prinzipien der Verh?ltnisse derselben vor aller Erfahrung enthalten k?nne.
Wir k?nnen demnach nur aus dem Standpunkte eines Menschen, vom Raum, von ausgedehnten Wesen usw. reden. Gehen wir von der subjektiven Bedingung ab, unter welcher wir allein ?ussere Anschauung bekommen k?nnen, so wie wir n?mlich von den Gegenst?nden affiziert werden m?gen, so bedeutet die Vorstellung vom Raume gar nichts. Dieses Pr?dikat wird den Dingen nur insofern beigelegt, als sie uns erscheinen, d.i. Gegenst?nde der Sinnlichkeit sind. Die best?ndige Form dieser Rezeptivit?t, welche wir Sinnlichkeit nennen, ist eine notwendige Bedingung aller Verh?ltnisse, darinnen Gegenst?nde als ausser uns angeschaut werden, und, wenn man von diesen Gegenst?nden abstrahiert, eine reine Anschauung, welche den Namen Raum f?hrt. Weil wir die besonderen Bedingungen der Sinnlichkeit nicht zu Bedingungen der M?glichkeit der Sachen, sondern nur ihrer Erscheinungen machen k?nnen, so k?nnen wir wohl sagen, dass der Raum alle Dinge befasse, die uns ?usserlich erscheinen m?gen, aber nicht alle Dinge an sich selbst, sie m?gen nun angeschaut werden oder nicht, oder auch von welchem Subjekt man wolle. Denn wir k?nnen von den Anschauungen anderer denkenden Wesen gar nicht urteilen, ob sie an die n?mlichen Bedingungen gebunden seien, welche unsere Anschauung einschr?nken und f?r uns allgemein g?ltig sind. Wenn wir die Einschr?nkung eines Urteils zum Begriff des Subjekts hinzuf?gen, so gilt das Urteil alsdann unbedingt. Der Satz: Alle Dinge sind nebeneinander im Raum, gilt unter der Einschr?nkung, wenn diese Dinge als Gegenst?nde unserer sinnlichen Anschauung genommen werden. F?ge ich hier die Bedingung zum Begriffe, und sage: Alle Dinge, als ?ussere Erscheinungen, sind nebeneinander im Raum, so gilt diese Regel allgemein und ohne Einschr?nkung. Unsere Er?rterungen lehren demnach l die Realit?t des Raumes in Ansehung alles dessen, was ?usserlich als Gegenstand uns vorkommen kann, aber zugleich die Idealit?t des Raumes in Ansehung der Dinge, wenn sie durch die Vernunft an sich selbst erwogen werden, d.i. ohne R?cksicht auf die Beschaffenheit unserer Sinnlichkeit zu nehmen. Wir behaupten also die empirische Realit?t des Raumes , ob zwar zugleich die transzendentale Idealit?t desselben, d.i. dass er nichts sei, sobald wir die Bedingung der M?glichkeit aller Erfahrung weglassen, und ihn als etwas, was den Dingen an sich selbst zum Grunde liegt, annehmen.
Es gibt aber auch ausser dem Raum keine andere subjektive und auf etwas ?usseres bezogene Vorstellung, die a priori objektiv heissen k?nnte. Denn man kann von keiner derselben synthetische S?tze a priori, wie von der Anschauung im Raume, herleiten ? 3. Daher ihnen, genau zu reden, gar keine Idealit?t zukommt, ob sie gleich darin mit der Vorstellung des Raumes ?bereinkommen, dass sie bloss zur subjektiven Beschaffenheit der Sinnesart geh?ren, z.B. des Gesichts, Geh?rs, Gef?hls, durch die Empfindungen der Farben, T?ne und W?rme, die aber, weil sie bloss Empfindungen und nicht Anschauungen sind, an sich kein Objekt, am wenigsten a priori, erkennen lassen.
Die Absicht dieser Anmerkung geht nur dahin: zu verh?ten, dass man die behauptete Idealit?t des Raumes nicht durch bei weitem unzul?ngliche Beispiele zu erl?utern sich einfallen lasse, da n?mlich etwa Farben, Geschmack usw. mit Recht nicht als Beschaffenheiten der Dinge, sondern bloss als Ver?nderungen unseres Subjekts, die sogar bei verschiedenen Menschen verschieden sein k?nnen, betrachtet werden. Denn in diesem Falle gilt das, was urspr?nglich selbst nur Erscheinung ist, z.B. eine Rose, im empirischen Verstande f?r ein Ding an sich selbst, welches doch jedem Auge in Ansehung der Farbe anders erscheinen kann. Dagegen ist der transzendentale Begriff der Erscheinungen im Raume eine kritische Erinnerung, dass ?berhaupt nichts, was im Raume angeschaut wird, eine Sache an sich, noch dass der Raum eine Form der Dinge sei, die ihnen etwa an sich selbst eigen w?re, sondern dass uns die Gegenst?nde an sich gar nicht bekannt sind, und, was wir ?ussere Gegenst?nde nennen, nichts anderes als blosse Vorstellungen unserer Sinnlichkeit sind, deren Form der Raum ist, deren wahres Korrelatum aber, d.i. das Ding an sich selbst, dadurch gar nicht erkannt wird, noch erkannt werden kann, nach welchem aber auch in der Erfahrung niemals gefragt wird.
Der transzendentalen ?sthetik Zweiter Abschnitt Von der Zeit
? 4 Metaphysische Er?rterung des Begriffs der Zeit
Die Zeit ist 1. kein empirischer Begriff, der irgend von einer Erfahrung abgezogen worden. Denn das Zugleichsein oder Aufeinanderfolgen w?rde selbst nicht in die Wahrnehmung kommen, wenn die Vorstellung der Zeit nicht a priori zum Grunde l?ge. Nur unter deren Voraussetzung kann man sich vorstellen, dass einiges zu einer und derselben Zeit oder in verschiedenen Zeiten sei.
? 5 Transzendentale Er?rterung des Begriffs der Zeit
Ich kann mich deshalb auf Nr. 3 berufen, wo ich, um kurz zu sein, das, was eigentlich transzendental ist, unter die Artikel der metaphysischen Er?rterung gesetzt habe. Hier f?ge ich noch hinzu, dass der Begriff der Ver?nderung und, mit ihm, der Begriff der Bewegung nur durch und in der Zeitvorstellung m?glich ist: dass, wenn diese Vorstellung nicht Anschauung a priori w?re, kein Begriff, welcher es auch sei, die M?glichkeit einer Ver?nderung, d.i. einer Verbindung kontradiktorisch entgegengesetzter Pr?dikate in einem und demselben Objekte begreiflich machen k?nnte. Nur in der Zeit k?nnen beide kontradiktorisch-entgegengesetzte Bestimmungen in einem Dinge, n?mlich nacheinander, anzutreffen sein. Also erkl?rt unser Zeitbegriff die M?glichkeit so vieler synthetischer Erkenntnis a priori, als die allgemeine Bewegungslehre, die nicht wenig fruchtbar ist, darlegt.
? 6 Schl?sse aus diesen Begriffen
a) Die Zeit ist nicht etwas, was f?r sich selbst best?nde, oder den Dingen als objektive Bestimmung anhinge, mithin ?brig bliebe, wenn man von allen subjektiven Bedingungen der Anschauung derselben abstrahiert; denn im ersten Fall w?rde sie etwas sein, was ohne wirklichen Gegenstand dennoch wirklich w?re. Was aber das zweite betrifft, so k?nnte sie als eine den Dingen selbst anh?ngende Bestimmung oder Ordnung nicht vor den Gegenst?nden als ihre Bedingung vorhergehen, und a priori durch synthetische S?tze erkannt und angeschaut werden. Diese letztere findet dagegen sehr wohl statt, wenn die Zeit nichts als die subjektive Bedingung ist, unter der alle Anschauungen in uns stattfinden k?nnen. Denn da kann diese Form der inneren Anschauung vor den Gegenst?nden, mithin a priori, vorgestellt werden.
b) Die Zeit ist nichts anderes, als die Form des inneren Sinnes, d.i. des Anschauens unserer selbst und unseres inneren Zustandes. Denn die Zeit kann keine Bestimmung ?usserer Erscheinungen sein; sie geh?rt weder zu einer Gestalt, oder Lage usw., dagegen bestimmt sie das Verh?ltnis der Vorstellungen in unserem inneren Zustande. Und, eben weil diese innere Anschauung keine Gestalt gibt, suchen wir auch diesen Mangel durch Analogien zu ersetzen, und stellen die Zeitfolge durch eine ins Unendliche fortgehende Linie vor, in welcher das Mannigfaltige eine Reihe ausmacht, die nur von einer Dimension ist, und schliessen aus den Eigenschaften dieser Linie auf alle Eigenschaften der Zeit, ausser dem einigen, dass die Teile der ersteren zugleich, die der letzteren aber jederzeit nacheinander sind. Hieraus erhellt auch, dass die Vorstellung der Zeit selbst Anschauung sei, weil alle ihre Verh?ltnisse sich an einer ?usseren Anschauung ausdr?cken lassen.
c) Die Zeit ist die formale Bedingung a priori aller Erscheinungen ?berhaupt. Der Raum, als die reine Form aller ?usseren Anschauung ist als Bedingung a priori bloss auf ?ussere Erscheinungen eingeschr?nkt. Dagegen, weil alle Vorstellungen, sie m?gen nun ?ussere Dinge zum Gegenstande haben, oder nicht, doch an sich selbst, als Bestimmungen des Gem?ts, zum inneren Zustande geh?ren, dieser innere Zustand aber, unter der formalen Bedingung der inneren Anschauung, mithin der Zeit geh?rt, so ist die Zeit eine Bedingung a priori von aller Erscheinung ?berhaupt, und zwar die unmittelbare Bedingung der inneren und eben dadurch mittelbar auch der ?usseren Erscheinungen. Wenn ich a priori sagen kann: alle ?usseren Erscheinungen sind im Raume, und nach den Verh?ltnissen des Raumes a priori bestimmt, so kann ich aus dem Prinzip des inneren Sinnes ganz allgemein sagen: alle Erscheinungen ?berhaupt, d.i. alle Gegenst?nde der Sinne, sind in der Zeit, und stehen notwendigerweise in Verh?ltnissen der Zeit.
Wenn wir von unserer Art, uns selbst innerlich anzuschauen, und vermittelst dieser Anschauung auch alle ?usseren Anschauungen in der Vorstellungskraft zu befassen, abstrahieren, und mithin die Gegenst?nde nehmen, so wie sie an sich selbst sein m?gen, so ist die Zeit nichts. Sie ist nur von objektiver G?ltigkeit in Ansehung der Erscheinungen, weil dieses schon Dinge sind, die wir als Gegenst?nde unserer Sinne annehmen; aber sie ist nicht mehr objektiv, wenn man von der Sinnlichkeit unserer Anschauung, mithin derjenigen Vorstellungsart, welche uns eigent?mlich ist, abstrahiert, und von Dingen ?berhaupt redet. Die Zeit ist also lediglich eine subjektive Bedingung unserer Anschauung, und an sich, ausser dem Subjekte, nichts. Nichtsdestoweniger ist sie in Ansehung aller Erscheinungen, mithin auch aller Dinge, die uns in der Erfahrung vorkommen k?nnen, notwendigerweise objektiv. Wir k?nnen nicht sagen: alle Dinge sind in der Zeit, weil bei dem Begriff der Dinge ?berhaupt von aller Art der Anschauung derselben abstrahiert wird, diese aber die eigentliche Bedingung ist, unter der die Zeit in die Vorstellung der Gegenst?nde geh?rt. Wird nun die Bedingung zum Begriffe hinzugef?gt, und es heisst: alle Dinge, als Erscheinungen , sind in der Zeit, so hat der Grundsatz seine gute objektive Richtigkeit und Allgemeinheit a priori.
Unsere Behauptungen lehren demnach empirische Realit?t der Zeit, d.i. objektive G?ltigkeit in Ansehung aller Gegenst?nde, die jemals unseren Sinnen gegeben werden m?gen. Und da unsere Anschauung jederzeit sinnlich ist, so kann uns in der Erfahrung niemals ein Gegenstand gegeben werden, der nicht unter die Bedingung der Zeit geh?rte. Dagegen bestreiten wir der Zeit allen Anspruch auf absolute Realit?t, da sie n?mlich, auch ohne auf die Form unserer sinnlichen Anschauung R?cksicht zu nehmen, schlechthin den Dingen als Bedingung oder Eigenschaft anhinge. Solche Eigenschaften, die den Dingen an sich zukommen, k?nnen uns durch die Sinne auch niemals gegeben werden. Hierin besteht also die transzendentale Idealit?t der Zeit, nach welcher sie, wenn man von den subjektiven Bedingungen der sinnlichen Anschauung abstrahiert, gar nichts ist, und den Gegenst?nden an sich selbst weder subsistierend noch inh?rierend beigez?hlt werden kann. Doch ist diese Idealit?t, ebensowenig wie die des Raumes, mit den Subreptionen der Empfindung in Vergleichung zu stellen, weil man doch dabei von der Erscheinung selbst, der diese Pr?dikate inh?rieren, voraussetzt, dass sie objektive Realit?t habe, die hier g?nzlich wegf?llt, ausser, sofern sie bloss empirisch ist, d.i. den Gegenstand selbst bloss als Erscheinung ansieht: wovon die obige Anmerkung des ersteren Abschnitts nachzusehen ist.
? 7 Erl?uterung
Die Ursache aber, weswegen dieser Einwurf so einstimmig gemacht wird, und zwar von denen, die gleichwohl gegen die Lehre von der Idealit?t des Raumes nichts Einleuchtendes einzuwenden wissen, ist diese. Die absolute Realit?t des Raumes hofften sie nicht apodiktisch dartun zu k?nnen, weil ihnen der Idealismus entgegensteht, nach welchem die Wirklichkeit ?usserer Gegenst?nde keines strengen Beweises f?hig ist: dagegen die des Gegenstandes unserer inneren Sinne unmittelbar durchs Bewusstsein klar ist. Jene konnten ein blosser Schein sein, dieser aber ist, ihrer Meinung nach, unleugbar etwas Wirkliches. Sie bedachten aber nicht, dass beide, ohne dass man ihre Wirklichkeit als Vorstellungen bestreiten darf, gleichwohl nur zur Erscheinung geh?ren, welche jederzeit zwei Seiten hat, die eine, da das Objekt an sich selbst betrachtet wird, die andere, da auf die Form der Anschauung dieses Gegenstandes gesehen wird, welche nicht in dem Gegenstande an sich selbst, sondern im Subjekte, dem derselbe erscheint, gesucht werden muss, gleichwohl aber der Erscheinung dieses Gegenstandes wirklich und notwendig zukommt.
Zeit und Raum sind demnach zwei Erkenntnisquellen, aus denen a priori verschiedene synthetische Erkenntnisse gesch?pft werden k?nnen, wie vornehmlich die reine Mathematik in Ansehung der Erkenntnisse vom Raume und dessen Verh?ltnissen ein gl?nzendes Beispiel gibt. Sie sind n?mlich beide zusammengenommen reine Formen aller sinnlichen Anschauung, und machen dadurch synthetische S?tze a priori m?glich. Aber diese Erkenntnisquellen a priori bestimmen sich eben dadurch ihre Grenzen, n?mlich, dass sie bloss auf Gegenst?nde gehen, sofern sie als Erscheinungen betrachtet werden, nicht aber Dinge an sich selbst darstellen. Jene allein sind das Feld ihrer G?ltigkeit, woraus, wenn man hinausgeht, weiter kein objektiver Gebrauch derselben stattfindet. Diese Realit?t des Raumes und der Zeit l?sst ?brigens die Sicherheit der Erfahrungserkenntnis unangetastet: denn wir sind derselben ebenso gewiss, ob diese Formen den Dingen an sich selbst, oder nur unserer Anschauung dieser Dinge notwendigerweise anh?ngen. Dagegen die, so die absolute Realit?t des Raumes und der Zeit behaupten, sie m?gen sie nun als subsistierend, oder nur inh?rierend annehmen, mit den Prinzipien der Erfahrung selbst uneinig sein m?ssen. Denn, entschliessen sie sich zum ersteren, so m?ssen sie zwei ewige und unendliche f?r sich bestehende Undinge annehmen, welche da sind , nur um alles Wirkliche in sich zu befassen. Nehmen sie die zweite Partei , und Raum und Zeit gelten ihnen als von der Erfahrung abstrahierte, obzwar in der Absonderung verworren vorgestellte, Verh?ltnisse der Erscheinungen , so m?ssen sie den mathematischen Lehren a priori in Ansehung wirklicher Dinge ihre G?ltigkeit, wenigstens die apodiktische Gewissheit bestreiten, indem diese a posteriori gar nicht stattfindet, und die Begriffe a priori von Raum und Zeit, dieser Meinung nach, nur Gesch?pfe der Einbildungskraft sind, deren Quell wirklich in der Erfahrung gesucht werden muss, aus deren abstrahierten Verh?ltnissen die Einbildung etwas gemacht hat, was zwar das Allgemeine derselben enth?lt, aber ohne die Restriktionen, welche die Natur mit denselben verkn?pft hat, nicht stattfinden kann. Die ersteren gewinnen so viel, dass sie f?r die mathematischen Behauptungen sich das Feld der Erscheinungen freimachen. Dagegen verwirren sie sich sehr durch eben diese Bedingungen, wenn der Verstand ?ber dieses Feld hinausgehen will. Die zweiten gewinnen zwar in Ansehung des letzteren, n?mlich, dass die Vorstellungen von Raum und Zeit ihnen nicht in den Weg kommen, wenn sie von Gegenst?nden nicht als Erscheinungen, sondern bloss im Verh?ltnis auf den Verstand urteilen wollen; k?nnen aber weder von der M?glichkeit mathematischer Erkenntnisse a priori Grund angeben, noch die Erfahrungss?tze mit jenen Behauptungen in notwendige Einstimmung bringen. In unserer Theorie, von der wahren Beschaffenheit dieser zwei urspr?nglichen Formen der Sinnlichkeit, ist beiden Schwierigkeiten abgeholfen.
Dass schliesslich die transzendentale ?sthetik nicht mehr, als diese zwei Elemente, n?mlich Raum und Zeit, enthalten k?nne, ist daraus klar, weil alle anderen zur Sinnlichkeit geh?rigen Begriffe, selbst der der Bewegung, welcher beide St?cke vereinigt, etwas Empirisches voraussetzen. Denn diese setzt die Wahrnehmung von etwas Beweglichem voraus. Im Raum, an sich selbst betrachtet, ist aber nichts Bewegliches: daher das Bewegliche etwas sein muss, was im Raume nur durch Erfahrung gefunden wird, mithin ein empirisches Datum. Ebenso kann die transzendentale ?sthetik nicht den Begriff der Ver?nderung unter ihre Data a priori z?hlen: denn die Zeit selbst ver?ndert sich nicht, sondern etwas, das in der Zeit ist. Also wird dazu die Wahrnehmung von irgendeinem Dasein, und der Sukzession seiner Bestimmungen, mithin Erfahrung erfordert.
? 8 Allgemeine Anmerkungen zur transzendentalen ?sthetik
Wir haben also sagen wollen: dass alle unsere Anschauung nichts als die Vorstellung von Erscheinung sei: dass die Dinge, die wir anschauen, nicht das an sich selbst sind, wof?r wir sie anschauen, noch ihre Verh?ltnisse so an sich selbst beschaffen sind, als sie uns erscheinen, und dass, wenn wir unser Subjekt oder auch nur die subjektive Beschaffenheit der Sinne ?berhaupt aufheben, alle die Beschaffenheit, alle Verh?ltnisse der Objekte im Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit verschwinden w?rden, und als Erscheinungen nicht an sich selbst, sondern nur in uns existieren k?nnen. Was es f?r eine Bewandtnis mit den Gegenst?nden an sich und abgesondert von aller dieser Rezeptivit?t unserer Sinnlichkeit haben m?ge, bleibt uns g?nzlich unbekannt. Wir kennen nichts, als unsere Art, sie wahrzunehmen, die uns eigent?mlich ist, die auch nicht notwendig jedem Wesen, obzwar jedem Menschen, zukommen muss. Mit dieser haben wir es lediglich zu tun. Raum und Zeit sind die reinen Formen derselben, Empfindung ?berhaupt die Materie. Jene k?nnen wir allein a priori, d.i. vor aller wirklichen Wahrnehmung erkennen, und sie heisst darum reine Anschauung; diese aber ist das in unserem Erkenntnis, was da macht, dass sie Erkenntnis a posteriori, d.i. empirische Anschauung heisst. Jene h?ngen unserer Sinnlichkeit schlechthin notwendig an, welcher Art auch unsere Empfindungen sein m?gen; diese k?nnen sehr verschieden sein. Wenn wir diese unsere Anschauung auch zum h?chsten Grade der Deutlichkeit bringen k?nnten, so w?rden wir dadurch der Beschaffenheit der Gegenst?nde an sich selbst nicht n?her kommen. Denn wir w?rden auf allen Fall doch nur unsere Art der Anschauung, d.i. unsere Sinnlichkeit vollst?ndig erkennen, und diese immer nur unter den, dem Subjekt urspr?nglich anh?ngenden Bedingungen, von Raum und Zeit; was die Gegenst?nde an sich selbst sein m?gen, w?rde uns durch die aufgekl?rteste Erkenntnis der Erscheinung derselben, die uns allein gegeben ist, doch niemals bekannt werden.
Dass daher unsere ganze Sinnlichkeit nichts als die verworrene Vorstellung der Dinge sei, welche lediglich das enth?lt, was ihnen an sich selbst zukommt, aber nur unter einer Zusammenh?ufung von Merkmalen und Teilvorstellungen, die wir nicht mit Bewusstsein auseinander setzen, ist eine Verf?lschung des Begriffs von Sinnlichkeit und von Erscheinung, welche die ganze Lehre derselben unn?tz und leer macht. Der Unterschied einer undeutlichen von der deutlichen Vorstellung ist bloss logisch, und betrifft nicht den Inhalt. Ohne Zweifel enth?lt der Begriff von Recht, dessen sich der gesunde Verstand bedient, ebendasselbe, was die subtilste Spekulation aus ihm entwickeln kann, nur dass im gemeinen und praktischen Gebrauche man sich dieser mannigfaltigen Vorstellungen in diesen Gedanken nicht bewusst ist. Darum kann man nicht sagen, dass der gemeine Begriff sinnlich sei, und eine blosse Erscheinung enthalte, denn das Recht kann gar nicht erscheinen, sondern sein Begriff liegt im Verstande, und stellt eine Beschaffenheit der Handlungen vor, die ihnen an sich selbst zukommt. Dagegen enth?lt die Vorstellung eines K?rpers in der Anschauung gar nichts, was einem Gegenstande an sich selbst zukommen k?nnte, sondern bloss die Erscheinung von etwas, und die Art, wie wir dadurch affiziert werden, und diese Rezeptivit?t unserer Erkenntnisf?higkeit heisst Sinnlichkeit, und bleibt von der Erkenntnis des Gegenstandes an sich selbst, ob man jene gleich bis auf den Grund durchschauen m?chte, dennoch himmelweit unterschieden.
Die Leibniz-Wolfische Philosophie hat daher allen Untersuchungen ?ber die Natur und den Ursprung unserer Erkenntnisse einen ganz unrechten Gesichtspunkt angewiesen, indem sie den Unterschied der Sinnlichkeit vom Intellektuellen bloss als logisch betrachtete, da er offenbar transzendental ist, und nicht bloss die Form der Deutlichkeit oder Undeutlichkeit, sondern den Ursprung und den Inhalt derselben betrifft, so dass wir durch die erstere die Beschaffenheit der Dinge an sich selbst nicht bloss undeutlich, sondern gar nicht erkennen, und, sobald wir unsere subjektive Beschaffenheit wegnehmen, das vorgestellte Objekt mit den Eigenschaften, die ihm die sinnliche Anschauung beilegte, ?berall nirgend anzutreffen ist, noch angetroffen werden kann, indem eben diese subjektive Beschaffenheit die Form desselben, als Erscheinung, bestimmt.
Wir unterscheiden sonst wohl unter Erscheinungen das, was der Anschauung derselben wesentlich anh?ngt, und f?r jeden menschlichen Sinn ?berhaupt gilt, von demjenigen, was derselben nur zuf?lligerweise zukommt, indem es nicht auf die Beziehung der Sinnlichkeit ?berhaupt, sondern nur auf eine besondere Stellung oder Organisation dieses oder jenes Sinnes g?ltig ist. Und da nennt man die erstere Erkenntnis eine solche, die den Gegenstand an sich selbst vorstellt, die zweite aber nur die Erscheinung desselben. Dieser Unterschied ist aber nur empirisch. Bleibt man dabei stehen, und sieht jene empirische Anschauung nicht wiederum als blosse Erscheinung an, so dass darin gar nichts, was irgendeine Sache an sich selbst anginge, anzutreffen ist, so ist unser transzendentaler Unterschied verloren, und wir glauben alsdann doch, Dinge an sich zu erkennen, ob wir es gleich ?berall selbst bis zu der tiefsten Erforschung ihrer Gegenst?nde mit nichts, als Erscheinungen, zu tun haben, So werden wir zwar den Regenbogen eine blosse Erscheinung bei einem Sonnregen nennen, diesen Regen aber die Sache an sich selbst, welches auch richtig ist, sofern wir den letzteren Begriff nur physisch verstehen, als das, was in der allgemeinen Erfahrung, unter allen verschiedenen Lagen zu den Sinnen, doch in der Anschauung so und nicht anders bestimmt ist. Nehmen wir aber dieses Empirische ?berhaupt, und fragen, ohne uns an die Einstimmung desselben mit jedem Menschensinne zu kehren, ob auch dieses einen Gegenstand an sich selbst vorstelle, so ist die Frage von der Beziehung der Vorstellung auf den Gegenstand transzendental, und nicht allein diese Tropfen sind blosse Erscheinungen, sondern selbst ihre runde Gestalt, ja sogar der Raum, in welchen sie fallen, sind nichts an sich selbst, sondern blosse Modifikationen, oder Grundlagen unserer sinnlichen Anschauung, das transzendentale Objekt aber bleibt uns unbekannt.
Die zweite wichtige Angelegenheit unserer transzendentalen ?sthetik ist, dass sie nicht bloss als scheinbare Hypothese einige Gunst erwerbe, sondern so gewiss und ungezweifelt sei, als jemals von einer Theorie gefordert werden kann, die zum Organon dienen soll. Um diese Gewissheit v?llig einleuchtend zu machen, wollen wir irgendeinen Fall w?hlen, woran dessen G?ltigkeit augenscheinlich werden und zu mehrer Klarheit dessen, was ? 3 angef?hrt worden, dienen kann.
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