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Read Ebook: Unter den Hohen Tauern: Ein Roman aus der Steiermark by Achleitner Arthur

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Ebook has 1728 lines and 66791 words, and 35 pages

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Anmerkungen zur Transkription

Der vorliegende Text wurde anhand der 1911 erschienenen Buchausgabe so weit wie m?glich originalgetreu wiedergegeben. Typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungew?hnliche und heute nicht mehr gebr?uchliche Schreibweisen sowie Schreibvarianten bleiben gegen?ber dem Original unver?ndert, sofern der Sinn des Texts dadurch nicht beeintr?chtigt wird. Fremdsprachige Ausdr?cke sowie Passagen in Dialekt wurden ohne Korrektur ?bernommen.

Das Inhaltsverzeichnis wurde der ?bersichtlichkeit halber vom Bearbeiter eingef?gt.

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Achleitner / Unter den Hohen Tauern

Arthur Achleitner

Unter den Hohen Tauern

Ein Roman aus der Steiermark

Frau und Mutter-Verlag

Wien und Leipzig

Inhaltsverzeichnis

Seite

Erstes Kapitel 5 Zweites Kapitel 25 Drittes Kapitel 41 Viertes Kapitel 62 F?nftes Kapitel 90 Sechstes Kapitel 112 Siebentes Kapitel 135 Achtes Kapitel 155 Neuntes Kapitel 177 Zehntes Kapitel 201 Elftes Kapitel 224 Zw?lftes Kapitel 241 Dreizehntes Kapitel 257 Vierzehntes Kapitel 274

Erstes Kapitel

An einem Augustnachmittage schoss die Sonne noch rasch etliche stechende Strahlenpfeile in das von der munteren Enns durchzogene Talbecken von Admont, dann verschwand das Weltlicht hinter einer dunklen Wolkenbank, die dr?uend Sturm und Grobwetter ank?ndigte. Dumpfe Schw?le br?tete in der Niederung; um die grauen hochragenden K?mme der wuchtigen Bergkolosse, der sogenannten ,,Haller Mauern" im Norden von Admont, wehte ein starker Nordwestwind, der alsbald dem breiten Felsenhaupte des Grossen Pyrgas eine Nebelhaube aufsetzte und auch dem Scheiblingstein, der gigantischen zweitgr?ssten Erhebung dieses starren Steinmeeres, Wolken und Schwaden zujagte, so dass die Zinnen und Grate, die Schneemulden und wildzerrissenen Rippen und Runsen von einem weissgrauen Chaos verh?llt wurden.

Bleischwer und gl?hendheiss war die Luft selbst im Fichtenwalde des Mittelgebirges, sie trieb den auf einem Jagdsteige bergan schreitenden F?rstern den Schweiss aus allen Poren. Voran stieg elastisch, stetig und stumm der Oberf?rster Ambros Hartlieb, ein schlanker, geschmeidiger Mann von etwa f?nfunddreissig Jahren in verwitterter Steierertracht; dunkel das Auge, energisch und streng der Blick, schwarz das Haar und der kurzgehaltene Vollbart. Eine sympathische Erscheinung, doch umweht von einer Strenge, die eine vertrauliche Ann?herung verhindern zu wollen schien. Das Gegenteil solcher H?rte im Gesichtsausdruck offenbarte die Gestalt des Begleiters, des Forstwartes mit dem drolligen Namen Benjamin Gnugesser; mittelgross der gleichalterige Mann mit einem berufswidrigen B?uchlein, blau?ugig, gutm?tig, r?tlichblond das lockige Haupthaar und ganz fuchsfarbig der ?berlange, wallende Patriarchenbart. Wie ein Gnom, ein Bergmanndl aus der Sagenwelt, sah der Forstwart Gnugesser aus, die Mensch gewordene Herzensg?te, Friedensliebe und Einfalt.

In dieser Gewitterschw?le beim Aufstieg schwitzte Gnugesser infolge seiner Korpulenz f?r drei, und mancher Seufzer entfloh dem Gehege seiner etwas schadhaften Z?hne. Hartlieb achtete dieser Seufzer nicht, zu sehr war er in Gedanken vertieft, die sich mit den durch Besitzwechsel geschaffenen neuen Verh?ltnissen besch?ftigten.

An die Zukunft im Dienst, im Jagdbetrieb und in den Revieren dachte auch Gnugesser, und viel Gutes glaubte er nicht erhoffen zu d?rfen. Gerne h?tte er dar?ber mit dem Vorgesetzten gesprochen, Hartliebs Meinung erholt. Da der Oberf?rster sich bisher ausgeschwiegen hatte, wagte der Forstwart es nicht, das ihn ?berstark besch?ftigende Thema anzuschneiden.

Auf einer kleinen Hochfl?che in N?he eines steilwandigen Grabens blieb Hartlieb stehen, betrachtete hochgegangenes Kleinvieh, die alte verfallene Heuh?tte, modernde Baumriesen und die Hirschf?hrten, die zu einer nahen Suhle f?hrten. Dann aber richtete der Oberf?rster einen forschenden Blick zum grau ?berzogenen Firmament und mahnte den Begleiter zur Eile.

,,Wohl, wohl! Wird bald losgehen! Macht aber nix, nass bin ich bereits!" erwiderte Gnugesser, l?chelnd wie immer und nach Atem ringend.

Als die beiden weiterschritten, rollte der Donner aus der Wolkenbank, die sich auf dem wuchtigen Pyrgas-Kolosse festgesetzt hatte. In beschleunigtem Tempo strebte Hartlieb zwischen den Randklippen der Gstattmaier-Hochalpe zu, auf deren Plateau die Pyrgas-Jagdh?tte inmitten der besten Gamsreviere lag. Gnugesser keuchte schweisstriefend hinterdrein.

Im Felsgewirre staubte es auf, der Bergwind trieb sein Spiel und bem?hte sich, den F?rstern die H?te vom Kopf zu reissen. Die Jagdh?tte kam in Sicht, ein verwittertes Holzhaus, mit einem gelbweiss blinkenden neuen Anbau, windumtost. Ein Jagdgehilfe in Hemds?rmeln stand vor der T?re und hielt Ausschau. Und wie er die beiden F?rster erblickte, verschwand er, um rasch darauf in Joppe und mit Hut wieder zu erscheinen und den Vorgesetzten entgegenzugehen. Ein bildh?bscher blonder Bursch, schlank, ein Kerl zum Verlieben, zart und fein die Gesichtsz?ge, etwas melancholische Augen, ein nettes Schnurrb?rtchen, kirschrot die feinen Lippen. Ein schmucker Bursch, den die Steierertracht sehr gut kleidete. Die Sommersonne hatte Wangen, H?nde und Knie nur wenig zu br?unen vermocht. H?flich, fast dem?tig begr?sste er die Vorgesetzten und wollte ihnen Rucksack und Gewehr abnehmen.

Hartlieb nickte zum Grusse und wehrte mit einer Handbewegung die Bem?hungen des h?bschen Jagdgehilfen Eichkitz ab. Der Forstwart schnappte nach Luft und lief Galopp, als der erste Regenschauer ?ber den Hochalpboden rauschend prasselte. In grossen Spr?ngen erreichten die drei die sch?tzende H?tte. Und nun ging es los: knatternd schlugen Graupeln auf das Schindeldach, dann vollf?hrten erbsgrosse Schlossen einen bet?ubenden L?rm, den ein Wolkenbruch mit eigrossen Hagelst?cken ins Masslose steigerte.

Viel Schaden konnte der Sturm der Jagdh?tte nicht zuf?gen, denn Eichkitz hatte die h?lzernen Fensterl?den auf der Wetterseite f?rsorglich bereits vor dem Losbruch des Gewitters fest geschlossen. An den Holzl?den prallten die Hagelk?rner machtlos ab.

Im Spektakel des Orkans war ein Sprechen unm?glich; man h?tte br?llen m?ssen, um sich einigermassen verst?ndlich machen zu k?nnen.

Angenehm empfand Oberf?rster Hartlieb, w?hrend er Rucksack und Gewehr ablegte, die warme Temperatur im Kochraume der Diensth?tte; der J?ger Eichkitz als Praktikus hatte im eisernen Herd ein t?chtiges Feuer entfacht und zum Empfang der schwitzenden Herren stetig unterhalten. Die W?rme tat wohl nach m?hevollem Aufstieg. Befriedigt nickte Hartlieb, als Eichkitz gesch?ftig noch weiter Holz in den Herd schob.

Benjamin Gnugesser machte es sich bequem, nahm Platz auf der Bank an der einen H?ttenseite, aber er l?chelte jetzt nicht und hatte auch kein Verlangen nach der Tabakspfeife. Das schwere Unwetter schien ihn, wenn auch nicht zu ?ngstigen, so doch mit einigem Unbehagen zu erf?llen. Oft genug hatte er den Admonter Fachmann gemahnt, endlich auf der Pyrgas-Jagdh?tte den Blitzableiter anzubringen, doch dem Manne war bisher der Weg hinauf zur einsamen H?he zu weit gewesen. So wetterhart Gnugesser war, vor Blitzschl?gen hatte er einen gewaltigen Respekt.

Unbek?mmert um den schweren Sturm, der sich vergeblich bem?hte, die H?tte umzureissen, z?ndete sich Hartlieb eine Zigarre an, und zum Dank f?r das wohlige Herdfeuer spendete er dem Jagdgehilfen einen Glimmstengel, den Eichkitz katzbuckelnd, dankend entgegennahm und sofort in Brand steckte.

Eine Weile herrschte n?chtliche Finsternis um die sturmumtoste H?tte. Im Herdraume waren nur die roten Punkte der glimmenden Zigarren und zuweilen aufzuckende Fl?mmchen im Ofen zu sehen.

Dann liessen Hagel und Regen nach, es wurde lichter. Daf?r umwallten schwere Nebelschwaden die H?tte.

Eichkitz ?ffnete nun die Fensterl?den auf der Wetterseite. Eisigkalte Luft drang herein, so dass der J?ger die Fenster schleunigst wieder schloss.

Auf dem Alpboden wogte ein Nebelmeer, weiss wie um Weihnachten war der Grund, vom Hagel bedeckt. Kalt pfiff der H?henwind. Doch der Sturm hatte ausgetobt; ihm folgte ein feiner Regen.

Hartlieb nahm jetzt die Besichtigung des neuen Anbaues vor, gefolgt vom Forstwart und J?ger. Und auf den ersten Blick gewahrte der Oberf?rster den Mangel eines Ofens im Wohnraume des Zuh?usels. Hartlieb wandte sich an Gnugesser mit der Frage, ob der Ofen rechtzeitig bestellt worden sei. Mit einem L?cheln des ruhigen Gewissens antwortete der Forstwart: ,,Wohl, wohl, Herr Oberf?rster! Rechtzeitig bestellt, selbstverst?ndlich sofort, wie ich den Auftrag erhalten habe! Aber die Handwerksleut sind halt so langsam! Und von selber kommt der Ofen halt nicht herauf zur Pyrgas-H?tt'n!"

,,Der Teufel soll die Kerle holen! Demnach sind vermutlich auch in den anderen Anbauten die ?fen noch nicht aufgestellt? So eine verdammte Schlamperei! Und jeden Tag kann die F?rstin ankommen! Wird ein Aufenthalt auf einer der Jagdh?tten befohlen, so haben wir das h?llische G'frett gleich zum Beginn der neuen Herrschaft! Der Hausmarschall wird zetern, dass uns die Ohren sausen!"

Auf Gnugessers bartumwucherten Lippen erstarb das L?cheln, da er stotterte: ,,Wohl, wohl! Sein tuets ein ?llend mit die Handwerksleut! Und die neue ?ra fangt schief an!"

,,Veranlassen Sie morgen fr?h in Admont alles N?tige wegen der Ofenlieferung! Treten Sie die Kerle, bis sie quietschen! Es muss alles zusammen helfen, auf dass der Befehl vollzogen ist, bevor die neue Gebieterin erstmals heraufkommt! Sie sind mir verantwortlich, Herr Forstwart! Verstanden?"

,,Wohl, wohl!" stammelte Gnugesser in sichtlichem Unbehagen.

Hartlieb wandte sich zum Jagdgehilfen und r?gte mit scharfen Worten die ungen?gende Revierkontrolle wegen des hochgegangenen Kleinviehes. ,,Dieser Unfug darf nicht geduldet werden! Sie m?ssen doch als J?ger wissen, dass die Gams die Witterung von Ziegen und Schafen absolut nicht vertragen! Ausgebrochenes und hochgegangenes Kleinvieh muss entweder gepf?ndet oder erschossen werden, auf dass die Eigent?mer f?r bessere Beaufsichtigung sorgen! Erstmals pf?nden gegen Ausl?sung im Jagdamt zu Hall! N?tzt das nichts, so machen Sie von der Waffe Gebrauch und schiessen das hochgegangene Kleinvieh kurzerhand ab! Die Jagdgehilfen sind f?r die Reinhaltung der Reviere verantwortlich!"

,,Zu Befehl!" erwiderte Eichkitz.

,,Sie sind jetzt ein f?r allemal gewarnt! Ich dulde keine Schlamperei im Dienst und Revier!"

,,Zu Befehl! An mir wird's nicht fehlen! Je sch?rfer wir aber vorgehen, desto rabiater und aufs?ssiger werden die Almbauern werden! Wo uns Jaagern von den Leuten eh bereits nichts mehr an Milch und Butter abgegeben wird! Ich bitt g'horsamst: D?rfen wir es zun?chst nicht im Guten, mit Verwarnungen versuchen?"

Scharf klang Hartliebs Antwort: ,,Wie Sie es machen, das ist mir egal! Ordnung muss herrschen! Denken Sie gef?lligst mehr an Ihren Dienst! Sehe ich noch mal hochgegangenes Kleinzeug im Revier, so haben Sie die K?ndigung zu gew?rtigen!"

Von dieser Androhung erschreckt, bat der schmucke J?ger um Verzeihung, und eifrig gelobte er schneidiges Vorgehen.

,,Wird gut sein in Ihrem eigenen Interesse! -- Wie haben sich die Zimmerleute beim Bau des Zuh?usels verhalten?"

,,Zu dienen, Herr Oberf?rster! Ich bin fleissig um die Weg g'wesen, ist niemand weiter als h?chstens zur Schneemulde am Grossen Pyrgas gekommen! Ich glaub nicht, dass die Gams besonders beunruhigt worden sind! Touristen hab ich nach M?glichkeit abgewiesen!"

,,Bis auf weiteres bleibt jeder Durchgang in den Hochrevieren gesperrt! Will die F?rstin den Jochbummlern das -- Gamsversprengen erlauben, so ist das Sache der Gebieterin! Die J?gerei wird hier?ber verst?ndigt werden! Einstweilen ist jeder Tourist ausnahmslos aus den Revieren auszuweisen! Bei Aufstellung des Ofens in der Pyrgas-H?tte haben Sie die Aufsicht zu f?hren, jede Revierbeunruhigung nach M?glichkeit zu verhindern! -- So, nun begleiten Sie uns in die Steinsch?tt!"

Die Herren kehrten in die alte H?tte zur?ck, indes Eichkitz das Zuh?usel sorgf?ltig versperrte.

S?uerlich l?chelnd meinte Gnugesser: ,,Mit Verlaub, Herr Oberf?rster! Ich hab g'meint, wir bleiben ?ber Nacht in der Pyrgas-H?tte...! Wo es doch regnet!"

,,Das w?re sinnlose Zeitvergeudung! Wir gehen noch am Abend ?ber Schottenboden und Assangeralp zur Million-H?tte, wo wir den Hausmarschall treffen werden. Der Regen kann uns nicht abhalten! Und Ihnen kann fleissige Bewegung nur n?tzlich sein; je eher Sie tannenschlank werden, desto besser f?r Sie! Ich f?rchte sehr, dass die neue Gebieterin wegen Ihres B?uchleins Schl?sse auf -- Bequemlichkeit und ?ppiges Leben ziehen wird!"

,,Ach, du lieber Himmel! Bei dem mageren Gehalt und strengen Dienst ein -- ?ppiges Leben! Und wo meine Frau zudem keine -- Kochk?nstlerin ist!"

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