Read Ebook: Unter den Hohen Tauern: Ein Roman aus der Steiermark by Achleitner Arthur
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Ebook has 1728 lines and 66791 words, and 35 pages
,,Ach, du lieber Himmel! Bei dem mageren Gehalt und strengen Dienst ein -- ?ppiges Leben! Und wo meine Frau zudem keine -- Kochk?nstlerin ist!"
Ein sarkastisches L?cheln huschte ?ber Hartliebs Gesicht, und ein ironischer Blick streifte Gnugessers Wanst.
Rucks?cke und Gewehre wurden umgehangen. Auch Eichkitz hatte sich marschfertig gemacht; er l?schte das Herdfeuer und schloss die H?tte ab, nachdem die Herren ins Freie getreten waren.
Kalt pfiff der Wind, trostlos in F?den tr?ufelte der Regen hernieder. Unter den schweren Bergschuhen knirschten die Hagelk?rner auf dem Alpboden.
Der vorausstapfende J?ger Eichkitz nahm die Richtung zur nebelerf?llten Felswildnis der Steinsch?tt, elastisch schreitend, doch arg verdrossen.
Hartlieb erkannte sofort, dass bei dem schlechten Wetter auf einen ,,guten Anblick" nicht zu rechnen, der Marsch in die Sch?tt ganz zwecklos war. Deshalb schickte er den J?ger zur?ck und wanderte mit dem Forstwart auf steinigen, teils mit Schlossen bedeckten, teils vermurten oder ausgewaschenen Pfaden durch Regen, Wind und Nebel den Weg zur?ck zur Plechauer-Alp und dann hin?ber zum Schottenboden. Das Ziel war die sogenannte Million-H?tte im Bereiche des Stadlgrabens, wo die besten Hirsche stehen.
Sp?tabends erreichten die durchn?ssten F?rster die einsame H?tte, die gleichfalls einen neuen Anbau f?r Damen aufwies. Wider Erwarten war die Million-H?tte verschlossen, der Hausmarschall der F?rstin Sophie von Schwarzenstein, Graf Thurn-Valsassina von Villalta und Spessa, mit dem J?ger Xandl noch nicht angekommen.
Dienstwillig suchte Gnugesser den H?ttenschl?ssel in der Holzschicht an der Seitenwand der alten H?tte und schloss auf. Kalte Luft wehte entgegen. ,,Wird gleich warm werden!" rief der Forstwart, der schnell Gewehr und Rucksack ablegte und im Sparherd Feuer anz?ndete. Dann holte er vom nahen Br?nnlein Wasser herbei und stellte es in einem Topf darauf. Hartlieb entnahm seinem Rucksack zwei kleine Konservenb?chsen mit Gulasch, eine Flasche Bier und Brot.
Als das Wasser zischte und brodelte, wurden die Konservenb?chsen in den Topf gelegt. Wenige Minuten sp?ter war die Kocharbeit beendet. Mit einer Blechschere ?ffnete Hartlieb die B?chsen, denen ein w?rziger Duft entstieg.
Gnugesser schnupperte wohl wie ein windender Jagdhund, lehnte aber die Einladung zum Mitessen dankend ab und begn?gte sich mit dem mitgef?hrten St?ck Speck und Schwarzbrot.
,,Wie Sie wollen! M?gen Sie Gulasch nicht?" fragte Hartlieb.
,,Schon, aber nur in der N?he von einem Wirtshaus!"
,,Ach so! Von wegen dem Durst, den der Paprika erzeugt? Na, in Konserven ist nur sehr schwacher Paprika enthalten, und zum Durstl?schen gibt es ja Wasser genug! Ich werde die zweite Portion f?r den Grafen aufbewahren, falls er keinen Proviant bei sich haben sollte!"
An seinem Speck kauend, richtete Gnugesser im Heuboden oberhalb des Herdraumes ein Lager zur Nachtruhe her. Dann kehrte er in das Wohn- und Kochst?bchen zur?ck und fragte, ob er, da der Graf wahrscheinlich nicht kommen werde, heimgehen d?rfe.
Ironisch fragte Hartlieb: ,,Treibt Sie denn sehns?chtige Liebe nach Hause?"
,,Ich bitt, Herr Oberf?rster! Wo ich doch schon zwei Jahr verheiratet bin! Ich hab nur gemeint, Sie ben?tigen mich nicht f?r Abend und Nacht!"
,,Ich allerdings nicht! Kommt der Graf doch noch, so k?nnte es sein, dass er Sie morgen um die F?hrung bitten will! Kommt er heute nimmer, so h?tte Ihre Anwesenheit allerdings keinen Zweck!"
,,Will denn der Graf pirschen auf Hirsche? Bei diesem Wetter wird er keinen Wedel ?ugen k?nnen! Was will er sonst heroben?"
,,Weiss ich nicht! Vielleicht nur ein Inspektionsgang, Kontrolle, ob alle Jagdh?tten den Damen-Anbau vorschriftsm?ssig erhalten haben!"
,,Ist g'spassig, dass unser Jagdbetrieb nun -- verweiblicht werden soll! Ein Frauenzimmer als -- Jagdherr! Ich kann mir nicht denken, wie das geht! Die Jaager stecken auch die K?pf zusammen und tuscheln dar?ber!"
Hartlieb trat vor die H?tte, lauschte, kehrte zur?ck und stellte es Gnugesser frei, nach Hause zu gehen.
Die Gelegenheit, ?ber die neuen Verh?ltnisse mit dem Vorgesetzten zu sprechen, wollte der Forstwart nun doch n?tzen. Er steckte die kleine Petroleumlampe an, schloss die Fensterl?den und bat, Gesellschaft leisten zu d?rfen.
,,Aber die teure Gattin?"
,,Wird nicht sterben, wenn ich ?ber Nacht ausbleibe! Dergleichen kommt ja ?fter vor in unserem Beruf! Mit Verlaub, glauben Sie, Herr Oberf?rster, dass wir mit gleichem Gehalt ?bernommen werden? Hat der Hausmarschall dar?ber nichts gesagt?"
,,Bis jetzt keine Silbe! Ich denke, die K?uferin des Jagdgutes wird froh sein, t?chtiges und geschultes Personal ?bernehmen zu k?nnen!"
,,Wohl, wohl! Was aber, wenn das Gehalt etwas reduziert w?rde? Das w?r f?r uns doch recht bitter! F?r die verheirateten Beamten n?mlich! Sie, Herr Oberf?rster, brauchen als lediger Mann sich da weniger zu sorgen..."
,,Verb?rgen kann ich nichts! Beruhigen Sie sich nur! Wegen der L?hne und Geh?lter muss ich ja gefragt werden, und ich werde selbstverst?ndlich daf?r eintreten, dass in dieser Beziehung alles beim alten bleibt!"
Gnugesser l?chelte und gl?ttete seinen fuchsigen Patriarchenbart, nun ihm der gr?sste Stein der Sorge von der Brust fiel. Und zutraulich meinte er: ,,Noch sch?ner t?t es sein, wenn Sie, Herr Oberf?rster, eine Gehaltsaufbesserung durchsetzen k?nnten! F?r mich gleich nur zweihundert Kroneln, eine Wohltat w?re das f?r meine Verh?ltnisse!"
,,Mit einer Aufbesserung darf man der F?rstin bei der ?bernahme des Besitzes nicht kommen! Um so weniger, als sie teuer, zu teuer gekauft hat!"
,,So? H?tt sie doch die Finger davon gelassen! Wenn man denkt: Auf den Jagdherrn Grafen Lichtenberg, der freilich nur P?chter war, ein Frauenzimmer als Gebieterin in Jagdangelegenheiten -- -- der Magen k?nnt sich umdrehen! Jagdlicher Damenbetrieb! Unm?glich, nicht auszudenken!"
Hartlieb streifte die Asche von seiner Zigarre und wollte dem Forstwart eben raten, das Z?nglein zu h?ten, da wurden Schritte laut, die sich der H?tte n?herten.
Gnugesser stand auf und eilte hinaus.
Auch der Oberf?rster erhob sich und ?ffnete die T?re, damit die Angekommenen etwas Licht zur Orientierung haben sollten.
,,Guten Abend!" gr?sste eine hohe schlanke Gestalt in dunklem Lodengewande. Graf Thurn-Valsassina, der weisshaarige Hausmarschall und Hofchef, reichte den Beamten die Hand und entschuldigte das arg versp?tete Erscheinen mit dem Hinweise auf das Unwetter, das zu unfreiwilligem Aufenthalt in der Griesweber-Hochalm gezwungen hatte.
Hartlieb bat den Grafen, in die warme Stube einzutreten und vorliebzunehmen mit dem Wenigen, was geboten werden k?nne.
Der Hausmarschall trat in die schwacherleuchtete Stube und rief: ,,Oh, wie wohlig warm! Das ist wirklich sehr behaglich! Ich bitte Sie, meinetwegen keine Umst?nde zu machen! Proviant habe ich mit im Rucksack, den mein wackerer Begleiter, der brave Xandl, tr?gt! Wir wollen in der Bergeinsamkeit br?derlich teilen! He, Xandl, antreten und auspacken!"
Mit seinem sch?nsten L?cheln auf den bebuschten Lippen griff Gnugesser, der fuchsige Gnom, ein, indem er dem grossen Jagdgehilfen Xandl den Rucksack abnahm und zufl?sterte: ,,Gschwind den Herrn bedienen! Stiefel ausziehen!"
Hartlieb legte inzwischen Holz im Herde nach, so dass es alsbald knisterte.
Flink kniete Xandl, ein Koloss von einem sonnverbrannten Menschen, vor dem Hausmarschall nieder und bat: ,,Haben S' die Gnad, Herr Graf, und lassen S' Ihnen die schweren Schuach ausziehen! Einen Haxen nach dem andern, wenn's g'f?llig ist!" Und flink l?ste er die Schuhriemen auf.
,,Ei ei, wie geschult doch der Xandl im Kammerdienst ist!" meinte schmunzelnd Graf Thurn.
Gnugesser fischte aus dem Inhalt des Rucksackes die Hausschuhe heraus und ?berreichte sie dem Hofchef.
Zu dritt nahmen die Herren am kleinen Tische Platz, indes Xandl sich bescheiden auf die Bank an der Wand setzte und an einem St?ck Schwarzbrot kaute.
,,So ist's nicht gemeint, Xandl! Auch der brave F?hrer und J?gersmann geh?rt an den Tisch! Vorerst aber bringen Sie uns den Wein und den kalten Aufschnitt!"
Br?derlich wurde alles geteilt. Der H?flichkeit halber nahmen die Beamten die Happen Schinken zur Brotschnitte dankend an, ebenso den Schluck Ungarweines. Hartlieb schenkte die Gulaschportion dem Xandl, dem das Gesicht vor Freude leuchtete. ,,Werd ich gleich Kuchelmadel machen und aufkochen! Vergelt's Gott, Herr Oberf?rster!"
Graf Thurn erz?hlte, dass er nach der Inspektion einiger H?tten zur Gamsqu?hn aufgestiegen sei, vom Gewitter ?berrascht wurde, in der Hochalm lange wartete, dann in den Falkennotgraben gestiegen sei, um dann nach zeitraubender Kraxelei den Stadlgraben zu erreichen. ,,Es ist ein wundervolles Gebiet, aber scharf und strapazi?s! Der Dienst und wohl auch die Jagdaus?bung wird in den Revieren der ,Haller Mauern' nicht leicht sein! -- He, Xandl, die Zigarren!"
Gnugesser blinzelte dem Oberf?rster zu, als Graf Thurn die Bemerkung ?ber Dienst und Jagdaus?bung in den Revieren gemacht hatte. Doch Hartliebs Antlitz blieb unver?ndert. Auch enthielt er sich jeder ?usserung. Die Zigarrenspende Thurns nahm er mit einer leichten Verbeugung an, w?hrend Gnugesser und Xandl laut dankten.
Graf Thurn fragte, ob in allen f?r die F?rstin bestimmten Anbauten, so wie in den Kochzimmern gleichfalls eiserne ?fen aufgestellt seien.
,,Sie sind l?ngst bestellt, werden n?chster Tage zur Aufstellung gelangen!" erwiderte Hartlieb.
,,Sch?n! Machen Sie die Sache eilig, denn Durchlaucht werden in allern?chster Zeit ankommen! Und einmal in Hall, ist man keine Stunde sicher, dass ein H?ttenbesuch befohlen wird! Bei Eintritt groben Wetters w?re es sehr fatal, wenn Durchlaucht in einer H?tte frieren m?sste!"
Gnugesser hatte den Mund angelweit offen, sosehr interessierte ihn jedes Wort. Und pl?tzlich rutschte ihm die Frage heraus, ob die F?rstin von der Jagd etwas verstehe.
,,Herr Forstwart, ich bitte Sie, jede indirekte Frage zu unterlassen!" bemerkte r?gend Hartlieb, und ein scharfer Blick flog zu Gnugesser hin?ber.
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