Read Ebook: Mein kleiner Chinese: Ein China-Roman by Karlin Alma M Seebacher August Friedrich Illustrator
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Ebook has 1046 lines and 60786 words, and 21 pages
>Verlassen, verlassen, verlassen bin i!<
Hoang-Zo war nach Paris gereist, wo er einige Wochen studieren wollte, und wo er sich um die Braut eines nach China zur?ckgekehrten Freundes zu k?mmern hatte. Er schrieb mir einige sehr humoristische Karten, aus welchen keineswegs allzu grosses Entz?cken hervorklang, stellte seine Ankunft in London um Mitte November fest und empfahl mir mehrere gute Werke ?ber die Philosophie des Ostens.
Auch f?r mich hatten die Winterfreuden meines Exils begonnen. Ein ganz besonders nebelreicher Herbst war angebrochen, und in den Zimmern war es so ungem?tlich wie nur m?glich.
Ich war in den verschiedensten Boarding-Houses gewesen, aber nachdem ich allerlei schlechte Erfahrungen bez?glich Gesellschaft und Kost gemacht, entschloss ich mich, nur ein Zimmer zu mieten und mich selbst zu bek?stigen. Im Anfang verlegte ich mich, da ich im gl?cklichen Besitze eines Spiritusherdes war, auf so hochgehende kulinarische Leckerbissen wie Makkaroni, aber da diese die leidige Angewohnheit hatten, gerade wenn ich mit etwas anderem besch?ftigt war, ?ber den Rand der Pfanne zu gucken und Ausfl?ge auf den Boden zu machen, und weil sie andrerseits sich oft darauf steiften, dass ein Teil von ihnen hart blieb, der andere aber h?chst zuvorkommend schon zerfiel, bevor er den Teller erreichte, gab ich es auf. Ich versuchte es mit Eiern, und auch da war alles >>gut Gl?ck<< und nicht Wissen. Am sichersten waren hartgesottene Eier, denn wenn sie einmal hart waren, konnten sie nat?rlich nicht weicher werden, aber die weichgekochten und von mir vorgezogenen Eier, die waren eine Quelle der Entt?uschung f?r mich. In die grosse Pfanne, ich hatte nur eine, da ich als >>ewiger Jude<< nicht eine K?cheneinrichtung mit mir schleppen wollte, gingen sie sehr gut, aber heraus wollten sie nicht. Ich fischte und fischte mit dem Teel?ffel nach dem Ei, meist so lange, bis das Ei hartgesotten war, einmal mit dem Erfolg, dass ich es wirklich herausbrachte und sogar mit Schwung an mir vorbei und auf den Boden, wo es sich als Eierspeise servierte, und beim letzten Male meiner Eierkochversuche sprang das Ei davon, das siedende Wasser ?ber meine H?nde und Kleider und die treulose Pfanne auf meine F?sse, w?hrend der Spiritus in voller Flamme diese Gelegenheit ben?tzte, sich an meinem Rockzipfel schadlos zu halten. Ich schrie wie am Spiess und habe seit jener Zeit nur mehr Tee gekocht. Dabei wagt man wenigstens nicht sein Leben.
Um auf die W?rmevorrichtung meines Gemachs zur?ckzukommen. Ich hatte einen offenen Kamin in meinem Zimmer, wie sie in England gang und g?be sind, an welchem man sich auf der einen Seite r?sten kann und auf der anderen erfriert, ausgenommen man dreht sich wie ein Kreisel die ganze Zeit um die eigene Achse. Als ich jedoch die ersten Heizversuche unternahm, bemerkte ich zu meiner Freude, dass eine dichte Rauchwolke die Luft verpestete, und als meine Rufe die dicke Hausfrau alle Stockwerke heraufgebracht hatte, erkl?rte sie mir mit dem Gleichmut, der diese Klasse weiblicher Wesen auszeichnet, dass sich der Kamin nur heizen liesse, wenn der Wind aus einer bestimmten Richtung bliese. Die f?r ihn passende Richtung habe ich nie herausgefunden -- wahrscheinlich ist sie in der Windrose nicht zu entdecken. Sie tr?stete mich damit, dass der Rauchfang des Hauses an meiner Wand vor?bergehe und ich es daher immer h?bsch warm haben werde. H?bsch hatte ich es dort nie, und warm noch weniger, aber im weitesten Sinne hatte sie recht. Dank dem Schornsteine und dem milden englischen Klima ?berstand ich den Winter lebendig, aber man darf sich nicht wundern, wenn ich unter solchen Umst?nden alles aufbot, so wenig wie m?glich daheim zu sein. Scherzend sagte ich oft zu meinen Kollegen:
>>Wenn ich nicht eine so grosse Abneigung gegen das Heiraten h?tte, w?rde ich mir wirklich einen Mann nehmen, um eine H?uslichkeit zu haben.<<
>>Und wer w?rde kochen?<< fragten sie mich.
Ich dachte an meine missgl?ckten Kochversuche und meine Abneigung gegen derlei Besch?ftigungen.
>>Er nat?rlich.<<
>>Und Str?mpfe stopfen und so weiter?<<
>>Auch er,<< entgegnete ich lachend.
>>Und Geld verdienen, wer soll das?<<
>>Ich!<< Dazu allein war ich gern bereit. Ich verdiente sehr viel mit meinen Sprachkenntnissen -- ihnen verdankte ich auch meine Anstellung beim Amt --, aber f?r andere Sachen war ich so untauglich wie m?glich. In meinen Interessen, meinen F?higkeiten, meinen Tugenden und meinen Untugenden war ich Mann -- meine Kleidung und mein K?rperbau verdammten mich zur M?dchenexistenz mit allen ihren Schattenseiten. Das war auch der Hauptgrund meines freiwilligen Exils. Mama und Jenny konnten mich nicht verstehen, und erstere sagte immer:
>>Du bist so ganz anders wie alle anderen M?dchen!<<
Jenny konnte sich vor dem Spiegel drehen, konnte an einer Schleife f?nf Minuten lang zupfen, um sie in die vorteilhafteste Lage zu bringen, konnte das sch?nste Buch aus der Hand werfen, sobald das neue Modeblatt gebracht wurde, und fand nichts erg?tzlicher, als im Stadtpark zu den Kl?ngen der heimischen Kapelle im besten Kleide auf und ab zu gehen und allen Leuten zuzunicken, -- dem ein wenig tiefer und diesem etwas oberfl?chlicher, dieser Dame mit einem L?cheln und jenem Herrn mit Grabesmiene, ganz wie Mama es vorgeschrieben hatte. Mir kam nichts geistt?tender vor.
Oder wir gingen ins Theater. Um drei Uhr nachmittags verschwanden Mama und Jenny vollst?ndig von der Erdoberfl?che, und um sieben Uhr kamen sie, zwei sch?ne, sehr geschmackvoll frisierte und tadellos gekleidete Damen, jede mit einem Triumphl?cheln auf den Lippen, zu mir ins Zimmer, aber ein Blick auf mich liess sie beinahe bewusstlos werden, und ich bin ?berzeugt, dass nur der Gedanke an die grosse Arbeit bei ihrer vierst?ndigen Vorbereitung sie davor rettete.
>>K?the!!! Du bist ja noch nicht angezogen!<< rief Mama, als ob die Welt aus den Angeln gegangen w?re.
>>Ich gehe, wie ich bin,<< erwiderte ich ruhig.
>>Ein junges M?dchen in dunkler Seidenbluse -- unm?glich!<< warf Mama ein.
>>Warum nicht?<< fuhr ich gelassen fort. >>Mir steht dunkelblau besser als alle die allzu lichten Farben, und ich f?hle mich wohler darin.<<
>>K?the,<< mischte Jenny, damals kaum f?nfzehn Jahre alt, in das Gespr?ch, >>ich will nicht mit dir gehen, wenn du nicht anders gekleidet bist.<<
Oft blieb ich nach solchen Auftritten zu Hause, da mir alle Lust an der Auff?hrung vergangen war. Manchmal kleidete ich mich verdriesslich in irgendeine dreifarbige, meiner Ansicht nach geschmacklose Bluse, zuzeiten ging ich wie ich war und liess die beiden schimpfen, aber da ich mir wohl bewusst war, wie wenig ich in den heimischen Rahmen passte, und da ich mich daheim ebenso einsam f?hlte, wie sp?ter in der kalten, weiten Welt, so habe ich nie bedauert, den Flug in die Welt begonnen zu haben.
Ich habe einzig verstehen gelernt, dass M?nner, die ihr Leben lang als Junggesellen herumgewandert sind, eine H?uslichkeit als Krone des Gl?cks betrachten, und nicht umsonst, wahrlich nicht umsonst! Aber um ein vollkommenes Bild, eine seelisch sch?n abgetonte Wiedergabe eines Menschen zu geben, bedarf es nicht nur eines Rahmens, meinetwegen eines reichen Rahmens -- nein, es ist n?tig, dass der Rahmen passt, dass er das Bild hervortreten l?sst und es nicht zur Fratze herabstimmt. Durchschnittsmenschen schaffen sich leicht einen passenden Rahmen oder passen auch schnell in irgendeinen Rahmen hinein, die anderen, doch -- ich will nicht philosophieren.
Der Monat November sowie der zur?ckgekehrte Chinese Hoang-Zo fanden mich tief in allen Winterwiderw?rtigkeiten steckend, die durch die Tatsache, dass der junge Gelehrte jetzt keine Zeit hatte, die Stunden fortzusetzen, wahrlich nicht vermindert wurden. Eines Abends, als wir uns im Nebelmeer begegneten, fragte er mich, ob ich nicht so freundlich sein wollte, einen jungen Chinesen -- kaum ein- oder zweiundzwanzig Jahre alt -- als Sch?ler f?r Deutsch und Franz?sisch zu ?bernehmen. Ich willigte sofort ein -- war nicht alles besser als das f?rchterliche Daheimsitzen in einem kalten, ungem?tlichen Zimmer?
>>Er ist aber s?ndhaft dumm!<< sagte Hoang-Zo, >>und ich muss Sie bitten, eine Bezahlung f?r die Stunden anzunehmen, denn an einen Austausch ist bei dem Menschen nicht zu denken. Eigentlich sch?me ich mich,<< fuhr er fort, >>Ihnen so ein trauriges Exemplar meiner Landsleute zu ?berlassen, aber Sie scheinen mir besonders geeignet, ihm etwas beizubringen -- wenn sich ihm etwas beibringen l?sst,<< setzte er bek?mmert hinzu.
>>Wir k?nnen es ja versuchen,<< erwiderte ich l?chelnd. Wir bestimmten daher die Preise, und nur wenige Tage sp?ter erhielt ich einen mit Fehlern gespickten Brief meines neuen Sch?lers, der mir seinen Besuch f?r den darauffolgenden Sonntag in Aussicht stellte.
Der Sonntag kam und ging, ohne Mr. Ming Tse zu bringen, wohl aber fand ich Montag fr?h eine Karte vor, auf der er sich entschuldigte und mir versicherte, die Gasse nicht gefunden zu haben.
>>Findet das Hascherl nicht einmal eine Gasse wie Guildford Street!<< Ich seufzte unwillk?rlich auf. Und so einem Menschen sollte ich mit dem N?rnberger Trichter die Weisheit einpumpen -- gewiss ein recht zweifelhaftes Vergn?gen.
Der zweite Brief oder besser die zweite Karte war von Hoang-Zo. Er bat mich, seinem Sch?tzling Montag abend die erste Stunde zu geben und f?gte hinzu, dass Ming Tse kaum f?nf Minuten von der Endstation der Hampstead Elektrischen wohne. Name der Gasse und Hausnummer ersah ich aus Mr. Ming Tses Karte.
Es war ein feuchtkalter Wintertag. Seit einer Woche hatte Sankt Peter die Schleusen des Himmels ge?ffnet, und heute hatten wir nebst feinem, durchdringendem Regen auch noch einen jener ber?chtigten Londoner Nebel, der schon lange, bevor es Nacht wurde, alle die triefenden H?user und die schmutzbedeckten Gassen den Blicken der Menschheit entzog. Selbst die Elektrische, in der ich sass, schien mir trotz der vielen Beleuchtungsk?rper d?ster, da der Nebel sich in grossen Wellen durch den langen Wagen dahinrollte, voll unerlaubter Neugierde bei Mund, Nase und Ohren in das Innere der Reisenden hinabkletterte, sich z?rtlich an den weissen Halskragen und die tadellosen Manschetten der Zylinder tragenden Herren schmiegte und das urspr?ngliche Weiss meiner Bluse in ein bescheidenes Grau verwandelte.
>>Hampstead!<< rief der Schaffner vom anderen Ende. Mit einem Ruck riss ich meine Habseligkeiten -- zwei B?cher und die Handtasche -- an mich und st?rzte mich k?hn in die auf und nieder wogenden Nebelfluten, die mich schon nach wenigen Augenblicken vollst?ndig verschlangen.
Die Gasse -- das Endziel meiner Wanderung -- war die zweite zu meiner Rechten und f?hrte steil abw?rts. Der ged?mpfte Schein einer Strassenlaterne liess mich wohl die Vorg?rten der Villen unterscheiden, doch w?re es eine Unm?glichkeit gewesen, die Hausnummer abzulesen. Ich ?ffnete daher eine der kleinen Gartenpforten und ging dicht an das Haus heran, um die Nummer auf der erleuchteten Scheibe der Haust?r entziffern zu k?nnen.
>>Nummer 22,<< sagte ich halblaut, ging zur?ck und schloss die Pforte wieder, dann tastete ich mich vorsichtig an den Vorg?rten entlang und z?hlte die Nummern, bis ich Haus 18 erreichte.
W?hrend ich unter der Loggia stand und wartete, dass mein Klingelzeichen irgend jemand zur T?r brachte und ich das Muster auf der Glasscheibe -- Pfirsichbl?ten und Fr?chte -- studierte, war mir doch etwas ?ngstlich zumute. Den ersten Chinesen hatte ich um drei Uhr nachmittags an einem klaren Sommertage kennengelernt, jetzt war es Abend, Winter und -- ich sch?ttelte das unangenehme Gef?hl ?rgerlich ab. Der neue Sch?ler sollte ja noch ein wahres Kind sein, und ein Kirchenlicht war er entschieden nicht, wenn also jemand zittern sollte, so war es gewiss er und nicht ich.
Die T?r wurde von einem Stubenm?dchen ge?ffnet, und ich dr?ckte die B?cher unwillk?rlich fester an mich, als ich fragte:
>>Mister Ming Tse zu sprechen?<<
>>Mister Ming Tse speist soeben, wird aber sofort kommen,<< sagte das M?dchen und stieg vor mir die Treppe empor. Im ersten Stock machte sie halt, und indem sie eine T?r ?ffnete und mich eintreten liess, trat sie zur?ck und verschwand.
Ich stand in einem kleinen, geschmackvoll m?blierten Salon, in dem alles von peinlichster Sauberkeit sprach -- jedenfalls waren nicht alle Chinesen Feinde der Ordnung wie Hoang-Zo. Aus dem Kaminsims waren eine Anzahl ausgezeichneter, sch?n gebundener B?cher in strammster Ordnung aufgestellt, ganz wie eine Abteilung Soldaten, von denen keiner einen Millimeter von der Linie abweichen darf. Im Kamin selbst brannte ein Feuer, zum Schrecken einer geizigen Hausfrau und zum Entz?cken einer erfrorenen Seele, wie ich selbst; ich f?hlte auch gleich, dass mein Wohlbefinden zunahm. Auf den kleinen Nipptischchen standen Vasen mit frischen Blumen zierlich geordnet, auf den St?hlen lagen reich gestickte Polster, nette Zierdeckchen waren, wo tunlich, vorteilhaft angebracht. Die W?nde wiesen viele Photographien, meist von Chinesen in europ?ischer Kleidung, auf, aber ein Bild an der Wand zeigte vier Personen in chinesischen Trachten und schien Frauen vorzustellen. War mein neuer Sch?ler am Ende der gl?ckliche Besitzer eines Harems oder doch einer Frau?
Ein leichtes Ger?usch hinter mir machte mich umsehen. Vor mir stand eine menschliche Miniaturausgabe, ein zartgebauter kleiner Chinese, der gewiss nicht um ein Haar gr?sser war als ich -- innerlich schmeichelte ich mir sogar, dass ich vielleicht um einige Haarbreiten mehr mass --, in tadellosem europ?ischem Anzuge und verbeugte sich vor mir mit einer Grazie, die ich vorher noch bei keinem Asiaten und nur bei wenigen Europ?ern gesehen hatte. F?r diese Art Aeusserlichkeiten bin ich ungemein empf?nglich.
>>Herr Ming Tse?<<
>>Fr?ulein Schulze?<<
Wir reichten uns gegenseitig die H?nde, l?chelten beide, und die Verbeugung wiederholte sich.
>>Ich freue mich, Sie als Sch?ler begr?ssen zu k?nnen,<< sagte ich in Ermangelung von etwas Besserem, >>und hoffe, dass Sie stets fleissig studieren werden.<<
Ming Tse legte ein ?beraus feierliches Versprechen ab, immer fleissig arbeiten zu wollen, schob den allersch?nsten Polster auf den allerbequemsten Stuhl des Zimmers, r?ckte ihn an den Tisch und lud mich ein, Platz zu nehmen. Diese Aufmerksamkeit entging mir nicht.
Auf dem Tische lagen Bleistifte, Federn, Federstiele, Lineale, Papiere und B?cher auch wie die Soldaten geordnet da. Er nahm nicht wie alle meine sonstigen Sch?ler an meiner Seite Platz, sondern setzte sich mir gegen?ber an das entgegengesetzte Ende des Tisches, und da merkte ich auch, dass sowohl B?cher, Bleistifte, Federn und selbst die Tintenf?sser doppelt vorhanden waren, so dass kein Austausch dieser Artikel zwischen Lehrer und Sch?ler stattfand.
W?hrend ich seinen Sprachkenntnissen auf den Zahn f?hlte, wobei ich sogleich bemerkte, dass viele Plomben n?tig waren, hatte ich Gelegenheit, ihn n?her zu betrachten. Seine Gesichtsfarbe war dunkler als die Hoang-Zos, man h?tte ihn eher braun als gelb nennen k?nnen, die scharf geschlitzten Augen waren halbgeschlossen und nicht wie bei dem Philosophen zusammengekniffen, aber Gl?ser trug auch er, die Augenbrauen waren schwach gezeichnet und h?rten schon fr?h auf. Wimpern fehlten ganz. Das vollkommene Oval des Antlitzes wurde durch die starken Backenknochen ein wenig beeintr?chtigt, und die etwas dicke Unterlippe sowie die unregelm?ssig stehenden Z?hne verunsch?nten, doch nur unbedeutend, den Mund, aber daf?r erfreute er sich einer ganzen Nase mit gutgebildetem Nasenr?cken, h?bsch geformten Nasenfl?geln und einer tadellosen Nasenwurzel, auf der im Notfalle ein Kneifer h?tte sitzen k?nnen. Das einzig wirklich Sch?ne an dem Kopfe war das rabenschwarze, gl?nzende, lange Haar, das denselben in reichster F?lle umgab und wie alles, was ihm geh?rte, den untr?glichen Stempel der Ordnungsliebe trug. Nicht ein Haar -- und viele reichten von der etwas niederen Stirn bis in das Genick -- erlaubte sich Wanderungen auf eigene Faust zu unternehmen, und selbst eine ungest?me Kopfbewegung ver?nderte nichts daran.
Sooft er mir ein Papier oder sonst einen Gegenstand reichen musste, drehte er ihn immer zuerst so um, wie er mir am bequemsten sein w?rde, und fragte mich auch im Verlauf der Stunde, ob mir Wasser erw?nscht w?re, was ich dankend ablehnte. Ich war ?ber diese bei Orientalen so ungew?hnliche H?flichkeit -- besser Ritterlichkeit, denn h?flich habe ich sie mir gegen?ber meist gefunden -- so erstaunt, dass ich mich nicht enthalten konnte, zu sagen:
>>Was f?r reizende Umgangsformen Sie haben! Wo haben Sie sich dieselben angeeignet?<<
Er l?chelte zufrieden -- sein L?cheln war sehr einnehmend, da sowohl dieses und noch mehr sein Lachen unwiderstehlich zur Nachahmung reizte -- und entgegnete munter:
>>Das Benehmen hat mein Vater mit dem Stock in mich hineingepr?gelt.<<
Die Aufrichtigkeit der Antwort, der komische Gesichtsausdruck meines Sch?lers und die neue Situation unterhielten mich dermassen, dass ich herzlich lachte, und Ming Tse lachte laut und herzhaft mit. Ich f?hlte, wir waren uns n?hergekommen, und fand pl?tzlich, dass er ja eigentlich ganz gute Kenntnisse besass. Mein Gott, man kann von einem Chinesen -- und noch dazu von einem so kleinen Chinesen -- doch nicht Unm?gliches verlangen.
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