Read Ebook: Der Parasit oder die Kunst sein Glück zu machen Ein Lustspiel nach dem Franzoesischen [des Picard] by Picard L B Louis Beno T Schiller Friedrich
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Ebook has 1027 lines and 21387 words, and 21 pages
Edition: 10
Friedrich Schiller
Der Parasit oder die Kunst, sein Gl?ck zu machen.
Ein Lustspiel nach dem Franz?sischen
Personen.
Narbonne, Minister. Madame Belmont, seine Mutter. Charlotte, seine Tochter. Selicour, La Roche und Firmin, Subalternen des Ministers. Karl Firmin, des Letztern Sohn, Lieutenant. Michel, Kammerdiener des Ministers. Robineau, ein junger Bauer, Selicours Vetter.
Die Scene ist zu Paris in einem Vorgemach des Ministers.
Erster Aufzug.
Erster Auftritt.
Firmin, der Vater und Karl Firmin.
Karl. Welch gl?cklicher Zufall!--Denken Sie doch, Vater!
Firmin. Was ist's?
Karl. Ich habe sie wieder gefunden.
Firmin. Wen?
Karl. Charlotten. Seitdem ich in Paris bin, suchte ich sie an allen ?ffentlichen Pl?tzen vergebens--und das erste Mal, dass ich zu Ihnen aufs Bureau komme, f?hrt mein Gl?cksstern sie mir entgegen.
Firmin. Aber wie denn?
Karl. Denken Sie doch nur! Dieses herrliche M?dchen, das ich zu Colmar im Haus ihrer Tante besuchte--diese Charlotte, die ich liebe und ewig lieben werde--sie ist die Tochter!--
Firmin. Wessen?
Karl. Ihres Principals, des neuen Ministers.--Ich kannte sie immer nur unter dem Namen Charlotte.
Firmin. Sie ist die Tochter?
Karl. Des Herrn von Narbonne.
Firmin. Und du liebst sie noch?
Karl. Mehr als jemals, mein Vater!--Sie hat mich nicht erkannt, glaub' ich; ich wollte ihr eben meine Verbeugung machen, als Sie herein traten.--Und gut, dass Sie mich st?rten! Denn was h?tte ich ihr sagen k?nnen! Meine Verwirrung musste ihr sichtbar werden und meine Gef?hle verrathen!--Ich beherrsche mich nicht mehr. Seit den sechs Monaten, dass ich von ihr getrennt bin, ist sie mein einziger Gedanke--sie ist der Inhalt, die Seele meiner Gedichte--der Beifall, den man mir gezollt, ihr allein geb?hrt er; denn meine Liebe ist der Gott, der mich begeistert.
Firmin. Ein Poet und ein Verliebter ?berredet sich Vieles, wenn er zwanzig Jahre alt ist.--Auch ich habe in deinen Jahren meine Verse und meine Zeit verloren.--Schade, dass ?ber dem sch?nen Wahn des Lebens beste H?lfte dahin geht.--Und wenn doch nur wenigstens einige Hoffnung bei dieser Liebe w?re!--Aber nach etwas zu streben, was man niemals erreichen kann!--Charlotte Narbonne ist eines reichen und vornehmen Mannes Tochter--Unser ganzer Reichthum ist meine Stelle und deine Lieutenantsgage.
Karl. Aber ist das nicht ein wenig Ihre eigene Schuld, mein Vater? Verzeihen Sie! Mit Ihren F?higkeiten, wornach k?nnten Sie nicht streben! Wollten Sie Ihren Werth geltend machen, Sie w?ren vielleicht selbst Minister, anstatt sein Commis zu sein, und Ihr Sohn d?rfte ungescheut seine Anspr?che zu Charlotten erheben.
Firmin. Dein Vater ist das gr?sste Genie, wenn man dich h?rt! Lass gut sein, mein Sohn, ich weiss besser, was ich werth bin! Ich habe einige Uebung und bin zu brauchen--Aber wie viele ganz andere M?nner, als ich bin, bleiben im Dunkeln und sehen sich von unversch?mten Gl?ckspilzen verdr?ngt--Nein, mein Sohn! Lass uns nicht zu hoch hinaus wollen!
Karl. Aber auch nicht zu wenig auf uns halten! Wie? Sollten Sie nicht unendlich mehr werth sein, als dieser Selicour, Ihr Vorgesetzter--dieser ausgeblasene Hohlkopf, der unter dem vorigen Minister Alles machte, der sich durch Niedertr?chtigkeiten in seine Gunst einschmeichelte, Stellen vergab, Pensionen erschlich, und der jetzt auch schon bei dem neuen Minister Alles gilt, wie ich h?re?
Firmin. Was hast du gegen diesen Selicour? Wird sein Gesch?ft nicht gethan, wie es sein soll?
Karl. Ja, weil Sie ihm helfen.--Sie k?nnen nicht leugnen, dass Sie drei Viertheile seiner Arbeit verrichten.
Firmin. Man muss einander wechselseitig zu Gefallen sein. Versehe ich seine Stelle, so versieht er auch oft die meinige.
Karl. Ganz recht! Darum sollten Sie an seinem Platze stehen, und er an dem Ihren.
Firmin. Ich will keinen Andern aus seinem Platze verdr?ngen und bin gern da, wo ich stehe, in der Dunkelheit.
Karl. Sie sollten so hoch streben, als Sie reichen k?nnen.--Dass Sie unter dem vorigen Minister sich in der Entfernung hielten, machte Ihrer Denkungsart Ehre, und ich bewunderte Sie darum nur desto mehr. --Sie f?hlten sich zu edel, um durch die Gunst erlangen zu wollen, was Ihrem Verdienst geb?hrte. Aber Narbonne, sagt man, ist ein vortrefflicher Mann, der das Verdienst aussucht, der das Gute will. Warum wollen Sie aus ?bertriebener Bescheidenheit auch jetzt noch der Unf?higkeit und Intrigue das Feld ?berlassen?
Firmin. Deine Leidenschaft verf?hrt dich, Selicours Fehler und mein Verdienst zu ?bertreiben.--Sei es auch, dass Selicour f?r sein mittelm?ssiges Talent zu hoch hinaus will, er ist redlich und meint es gut. Mag er seine Arbeit thun oder durch einen Andern thun lassen-- wenn sie nur gethan wird!--Und gesetzt, er taugte weniger, tauge ich um derentwillen mehr? W?chst mir ein Verdienst zu aus seinem Unwerth? Ich habe mir bisher in meiner Verborgenheit ganz wohl gefallen und nach keinem h?hern Ziel gestrebt. Soll ich in meinem Alter meine Gesinnung ?ndern? Mein Platz sei zu schlecht f?r mich! Immerhin! Weit besser, als wenn ich zu schlecht f?r meine Stelle w?re!
Karl. Und ich m?sste also Charlotten entsagen!
Zweiter Auftritt.
La Roche. Beide Firmin.
Firmin. Kommt da nicht La Roche?
La Roche . Er selbst.
Firmin. So schwerm?thig? Was ist Ihnen begegnet?
La Roche. Sie gehen aufs Bureau! Wie gl?cklich sind Sie!--Ich-- ich will den angenehmen Morgen geniessen und auf dem Wall promenieren.
Firmin. La Roche! Was ist das? Sollten Sie nicht mehr--
La Roche . Nicht mehr.--Mein Platz ist vergeben. Seit gestern hab' ich meinen Laufpass erhalten.
Karl. Um Gotteswillen!
La Roche. Meine Frau weiss noch nichts davon. Lassen Sie sich ja nichts gegen sie merken. Sie ist krank; sie w?rde den Tod davon haben.
Karl. Sorgen Sie nicht. Von uns soll sie nichts erfahren.
Firmin. Aber sagen Sie mir, La Roche, wie--
La Roche. Hat man mir das Geringste vorzuwerfen? Ich will mich nicht selbst loben; aber ich kann ein Register halten, meine Correspondenz f?hren, denk' ich, so gut als ein Anderer. Ich habe keine Schulden, gegen meine Sitten ist nichts zu sagen.--Auf dem Burean bin ich der Erste, der kommt, und der Letzte, der abgeht, und doch verabschiedet!
Firmin. Wer Sie kennt, muss Ihnen das Zeugniss geben--
Karl. Aber wer kann Ihnen diesen schlimmen Dienst geleistet haben?
La Roche. Wer? Es ist ein Freundschaftsdienst von dem Selicour.
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