Read Ebook: Auf Schneeschuhen durch Grönland. Zweiter Band by Nansen Fridtjof Bloch Andreas Illustrator Holmboe Thorolf Illustrator Nielsen Eivind Illustrator Werenskiold Erik Theodor Illustrator Mann Mathilde Translator
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Ebook has 1313 lines and 125002 words, and 27 pages
Bald wurden indessen die Risse so breit, dass wir die Unm?glichkeit, hin?berzukommen, einsahen, -- wir mussten sie umgehen. Und das thaten wir denn auch im wahren Sinne des Wortes. Halbestundenlang gingen wir neben den Schluchten her, bald unterhalb, bald oberhalb derselben, aber sie wurden l?nger und l?nger. Schliesslich kamen wir an eine Spalte, die breiter war als alle bisherigen; dass sie ebenfalls l?nger war, sollten wir auch gar bald erfahren. Wir wollten oberhalb des Risses entlang gehen, da wir der Meinung waren, dass er sich wahrscheinlich hier am ersten schliessen w?rde, aber diesmal hatten wir uns gr?ndlich geirrt. Wir gingen weiter und weiter und entfernten uns immer mehr von unserem Ziel, der Gipfel des Berges verschwand allm?hlich im Dunkel, aber die Spalte war und blieb gleich breit. Da waren keine Br?cken, und in der Finsterniss konnten wir keine Ver?nderung gewahren. ,,Alles hat ein Ende," sagte der Knabe, als er Pr?gel bekam! Wir gingen weiter und kamen denn schliesslich auch diesmal ans Ende. Wir gelobten uns, dass es das letzte Mal sein sollte, dass wir oberhalb der Risse herum gingen; der andere Weg brachte uns jedenfalls dem Berge n?her, und dort musste sicher Wasser f?r unsere brennenden Kehlen zu finden sein. Auf diese Weise kamen wir schneller vorw?rts, und wir hatten nun wirklich die Freude, unser Ziel im Dunkeln wachsen zu sehen. Wir hatten nur noch wenige Schritte zur?ckzulegen, als wir vor uns einen dunklen Streifen oder eine dunkle Fl?che auf dem Schnee entdeckten. Anf?nglich glaubten wir, dass es eine neue Spalte sei, die uns von unserem Ziele trennte, wer aber beschreibt unsere Freude, als es sich herausstellte, dass es Wasser war, herrliches, fliessendes Wasser! In gr?sster Eile holten wir unsere h?lzernen Becher heraus und tranken mit einer Wonne, wie nur der sie kennt, der einen ganzen Tag bis ?ber die Waden in nassem Schnee herumgestampft hat, ohne einen Tropfen Feuchtigkeit zu geniessen. Ich glaube kaum, dass es einen h?heren Genuss im Leben giebt, als einen Trunk guten, frischen Wassers, wenn man dem Verschmachten nahe ist. Ist es Eiswasser wie hier, so trinkt man so lange, bis die eisige K?lte in den Z?hnen und in der Stirn halt! sagt, dann macht man eine kleine Pause und trinkt von neuem. Still und and?chtig saugt man das erquickliche Nass in sich hinein, damit die eisige K?lte nicht zu bald wiederkehren soll. Als wir so viel getrunken hatten, wie wir vorl?ufig vermochten, f?llten wir unsere h?lzernen Becher und unsere Feldflasche, legten die wenigen Schritte zur?ck, die uns noch bis zur Felswand ?brig blieben, fanden einen guten Sitz auf einem vorspringenden Felsblock, und hieben aus allen Kr?ften in unser Pemikan, in unsere Biskuits und die Fleischpulverschokolade ein.
Aber da fing es an zu regnen, und das war weniger angenehm, auch nahm die Finsterniss in dem Masse zu, dass wir kaum mehr als zwei Schritte weit vor uns sehen konnten. Wir hatten noch ein gutes St?ck bis zum Zelte zur?ckzulegen, also abermals vorw?rts! Wir nahmen unsern Kurs in s?dlicher Richtung ?ber das Eis und dem Felsen entlang. Die Oberfl?che war hier einigermassen eben, was an festem Lande entlang oft der Fall ist, weil das Eis dort still zu liegen pflegt und an den Boden und die Felsseite fest gefroren ist. Eine Weile ging es einigermassen leicht, aber dann wurde der Abhang so steil und so glatt, dass wir uns nur mit genauer Noth festhalten konnten. Um die Situation recht angenehm zu machen, traten nun auch unter uns grosse Risse im Eise auf. In der Finsterniss konnten wir gerade noch die dunklen Abgr?nde erkennen, die bereit waren, uns, sobald wir einen Fehltritt thaten oder ausglitten, in ihren Schoss aufzunehmen. Die Felswand ?ber uns war so steil, dass wir nicht daran denken konnten, dort vorw?rts zu kommen, wir mussten bleiben, wo wir waren. Schliesslich gelangten wir unversehrt an einen Ort, wo sich ein Bergabsatz in die Eismassen hinausschob. Zwischen der Bergwand und dem Eise befand sich eine mehr als 20 ~m~ breite, schwindelnd tiefe Schlucht, im Eise schimmerten verschiedene Risse durch das Dunkel; wie gross diese waren, konnten wir nicht entscheiden, das aber wussten wir, -- unserem Vorw?rtskommen setzten sie ein Ziel. Uns blieb nichts ?brig, als ?ber den Berg zu gehen und ein Thal, das ganz in der N?he lag, zu passiren, um hinter den Bergabsatz zu gelangen und zu sehen, ob wir dort nicht vorw?rts kommen k?nnten. Es war ein wahrer Genuss, wieder festen Grund unter den F?ssen zu haben und t?chtig ausschreiten zu k?nnen. Trotz des Sturzregens, der uns bis auf die Haut durchn?sste, machten wir eine l?ngere Rast auf den Steinen. Wir wollten bis zum Tagesanbruch warten und dann erst auf das Eis zur?ckkehren.
Endlich brach der Tag roth und gl?hend an, einen warmen Schimmer ?ber Himmel und Landschaft verbreitend. Unter uns lag das Eis, das scheinbar leichter zu passiren war, als wir erwartet hatten. Wir untersuchten, wo wir am besten vorw?rts kommen k?nnten, und dann machten wir uns wieder auf den Weg. Obwohl unsere Wanderung ?ber den Gletscher nicht weit von der Stelle entfernt war, wo er in die See f?llt, war das Eis hier nicht so zerkl?ftet und unwegsam wie weiter nach oben hinauf. Uneben und holperig war es, voller in die H?he stehender Eiszacken und scharfer K?mme mit Schluchten dazwischen, die oft recht schwer zu passiren, aber nicht tief waren; so lange, bodenlose Spalten, wie wir sie dort oben angetroffen hatten, fanden wir hier jedoch nur ausnahmsweise und nur an einzelnen Stellen. Der Grund hierzu muss in dem Umstand zu suchen sein, dass sie sich mit Wasser f?llen, das gefriert, und so nur Unebenheiten im Eise bilden.
Bald waren wir gl?cklich hin?bergelangt, und nach einem zweist?ndigen Marsch konnten wir uns endlich um f?nf Uhr des Morgens an dem Anblick unseres Zeltes erlaben. Hier lagen, wie wir es erwartet hatten, Alle im tiefsten Schlummer. Das erste, was wir thaten, war, dass wir uns etwas Essen hervorholten und uns an dem g?tlich thaten, was das Haus zu bieten vermochte. Wir glaubten das nach unserem Spaziergang von 4 bis 5 Meilen redlich verdient zu haben. Dann krochen wir in unsere S?cke, streckten unsere Glieder aus und zogen bald in das sch?ne Land der Tr?ume hin?ber, h?chlich befriedigt von dem Ausfall dieser unserer ersten Wanderung ?ber das so viel besprochene und so gef?rchtete gr?nl?ndische Inlandseis, das so schwer zu besteigen und noch schwerer zu ?berschreiten sein sollte.
Ehe wir weiter zogen, hatten wir noch allerlei Vorbereitungen zu treffen, besonders bedurfte unser Schuhzeug der Ausbesserung und Versohlung, denn wir hatten bei unserer ersten Wanderung die Erfahrung gemacht, dass das Inlandseis starke Sohlen erforderte. Die Schlitten und Schneeschuhe mussten noch unter dem Stahl abgeschabt werden, um leicht zu gleiten, unsere Sachen mussten umgestaut und das, was wir zur?cklassen wollten, hervorgesucht werden. Dies alles erforderte Zeit, und w?hrend der folgenden Tage konnte man die Mitglieder der Expedition auf dem Berge vor dem Zelte sitzen sehen, von verschiedenen friedlichen Besch?ftigungen in Anspruch genommen, worunter das Schusterhandwerk den hervorragendsten Platz einnahm. Es war ein h?chst eigenth?mlicher Anblick, uns in diesen Umgebungen sitzen zu sehen, die Stiefel zwischen den Knien, Pechdraht und Pfriem mit einer Fertigkeit handhabend, als h?tten wir uns unser Lebelang mit nichts anderem besch?ftigt.
Aber wir wollen diese fleissigen Gestalten nicht bei ihrer wichtigen Arbeit st?ren, sondern lieber einen Blick auf die Versuche werfen, die fr?her gemacht sind, um in das mystische Innere Gr?nlands vorzudringen, und untersuchen, welche Bedeutung es haben kann, sich Klarheit zu verschaffen.
Fussnote:
Wenn nun die Eismassen, nachdem sie solche Erh?hungen passirt haben, an eine Thalsenkung oder einen Thalkessel gelangen, wo die Kr?mmung des Terrains also anstatt konvex zu sein, konkav wird, so schliessen sich diese Risse wieder, f?llen sich mit Schnee und Wasser, frieren zu und verschwinden allm?hlich ganz wieder.
Die Entwickelung unserer Kenntnisse von Gr?nlands Inlandseis und die fr?heren Versuche, in dasselbe einzudringen.
Nicht so sehr durch seine wildzerkl?fteten K?sten wie durch seine mit Eis angef?llten Fjorde und sein mit Schnee und Eis bedecktes Inland nimmt Gr?nland eine Sonderstellung zwischen den L?ndern auf der Oberfl?che unserer Erdkugel ein. Dringt man in den von Menschen bewohnten Theil, vom Aussenlande nach innen zu, an den Fjorden entlang, so st?sst man bald ein paar Kilometer von der K?ste entfernt auf ein unabsehbares Schnee- und Eisfeld, unter welchem alles Land verschwindet, und das den Gesichtskreis nach Osten zu, von Norden bis nach S?den beherrscht. Dies ist das +Inlandseis+, der gr?sste Eisgletscher der n?rdlichen Halbkugel. Wie gross es ist, k?nnen wir noch nicht mit Bestimmtheit sagen; dass die Ausdehnung aber mindestens eine Million Quadratkilometer betr?gt, wissen wir.
Sowohl Eskimos wie Nordl?nder, Alle machten an dem ?usseren Rand desselben Halt, und zu allen Zeiten hat ?ber dem Inlande ein Schleier gelegen, den Niemand ganz zu l?ften vermochte, und hinter dem die wildesten Phantasien ihr Spiel treiben konnten, denn gleich wie alles, das in Finsterniss geh?llt ist, hat auch Gr?nlands Inland eine eigenartige Anziehungskraft auf den Geist des Menschen ausge?bt.
Die Eskimos sind, so viel wir wissen, die ersten Menschen, die nach Gr?nland gekommen sind, folglich sind sie auch die Ersten, welche eine Bekanntschaft mit dem gr?nl?ndischen Inlandseis gemacht haben. Wie lange dies her sein mag, ahnen wir nicht, wir wissen es nicht einmal ungef?hr, denn die Annahme, dass die Eskimos erst vor 1000 Jahren nach Gr?nland gekommen sein sollen, ist -- wie in einem sp?teren Kapitel nachgewiesen werden wird -- meiner Ansicht nach sehr unwahrscheinlich.
Die Eskimos kamen aus L?ndern, die an der westliche Seite der Baffinsbucht und der Davisstrasse gelegen und die nicht mit Inlandseis bedeckt, sondern theilweise bis ins Innere bewohnt waren. In Gr?nland entdeckten sie gar bald, dass ?berall nach innen zu das Eis ihnen hemmend entgegentrat. Dies hat sie sicher von allen Versuchen, weiter in das Land einzudringen, abgehalten, es hinderte sie jedoch nicht, den Schauplatz f?r die vielen Erz?hlungen ?ber das Zusammentreffen und den Verkehr mit V?lkern, welche im Innern der fr?her von ihnen bewohnten L?nder hausten, dorthin zu verlegen. Diese V?lker sind wahrscheinlich zum gr?ssten Theil Indianer von den n?rdlichen K?sten des nordamerikanischen Festlandes gewesen, und in der Sagenwelt der gr?nl?ndischen Eskimos haben sie dann das Innere Gr?nlands als Inlandsmenschen bev?lkert, denen gewisse ?bernat?rliche Kr?fte zuertheilt waren. In gleicher Weise sind wahrscheinlich auch die Sagen von den Wanderungen quer ?ber das Inlandseis entstanden, falls man denselben ?berhaupt einen historischen Ausgangspunkt geben will. Es sind dies Wanderungen, die in kleineren, westlich gelegenen, von den Eskimos bewohnten L?ndern ausgef?hrt worden sind. Eine bestimmte Vorstellung von dem Innern scheinen die Eskimos sich nicht gebildet zu haben. In den Gegenden, in denen es Rennthiere giebt, kamen sie auf ihren Rennthierjagden h?ufig mit dem ?usseren Rand des Inlandseises in Ber?hrung und wagten sich wohl zuweilen auch eine Strecke ?ber denselben hinaus bis zu den Nunataks, auf denen die Rennthiere ihre Zuflucht zu suchen pflegen. Sie erblickten hier ?berall nach innen zu, soweit das Auge reichte, Eis und Schnee; da ist es denn nicht unwahrscheinlich, dass sie sich das Ganze auf gleiche Weise bedeckt vorgestellt haben.
Die Norweger, die vor ungef?hr 900 Jahren nach Gr?nland kamen und die die West- und die S?dk?ste wahrscheinlich bis zum 15. Jahrhundert bewohnten, scheinen sich sehr bald eine verh?ltnissm?ssig richtige Auffassung von dem Lande und dem Inlandseise gebildet zu haben, wie man aus der Erw?hnung desselben im ,,K?nigsspiegel" ersehen kann. Die Stelle lautet in der Uebersetzung folgendermassen:
,,Wenn du aber fragst, ob das Land frei von Eis ist oder nicht, oder ob es mit Eis bedeckt ist wie das Meer, so sollst du wissen, dass es einen kleinen Theil des Landes giebt, der frei von Eis ist, dass aber all das Uebrige mit Eis bedeckt ist, weswegen man auch nicht weiss, ob das Land gross ist oder klein, sintemalen alle Gebirgsstrecken und alle Th?ler mit Eis bedeckt sind, so dass man nirgends eine Oeffnung findet, aber es ist doch anzunehmen, dass es Oeffnungen geben muss, entweder in den Th?lern, die zwischen Bergen liegen, oder am Strande entlang, durch welche Oeffnungen die Thiere sich hindurchfinden k?nnen, denn die Thiere k?nnten nicht aus anderen L?ndern dorthin laufen, ohne eine Oeffnung im Eise oder freies Land zu finden. Aber oft haben Leute es versucht, auf das Land zu gehen, auf die Berge, welche die h?chsten sind, an verschiedene Stellen, um sich umzusehen und um zu erfahren, ob sie Land finden k?nnten, das frei von Eis und das bewohnbar sei, und haben sie es nirgends gefunden, ausgenommmen dort, wo jetzt Leute wohnen, und das ist sehr wenig vom Rande des Meeres entfernt."
Diese Beschreibung giebt ein so richtiges Bild, dass wir bis in die allerneueste Zeit kaum ein besseres zu geben vermochten.
Aber die alten norwegischen Kolonien in Gr?nland verfielen und starben aus, der Seeweg dorthin gerieth in Vergessenheit, und damit verlor man auch die Kenntnisse, die bis dahin gesammelt waren. So l?sst es sich denn erkl?ren, dass wir im 17. Jahrhundert wieder auf die vollst?ndigste Unwissenheit in Bezug auf das Land stossen. Man legte Sunde, ,,Frobisherstr?det" und den ,,Beare-Sund", quer durch dasselbe; ja auf einer Karte des Kartographen +Meier+ aus der Mitte des Jahrhunderts wurde es sogar in eine Unmenge von Inseln zerst?ckelt, die dicht mit Wald bewachsen sein sollten, ,,wie in der Gegend von Bergen in Norwegen".
Nachdem +Hans Egede+, wie bereits erw?hnt, im Jahre 1721 nach Gr?nland kam und die neuere Kolonisation ihren Anfang nahm, erweiterte sich die Kenntniss der ?usseren, nahe am Meer gelegenen Theile des Landes bald wieder, ?ber das Innere scheinen jedoch, wenigstens in Europa, noch lange Zeit hindurch h?chst merkw?rdige Begriffe geherrscht zu haben.
Es w?hrte indessen nicht lange, bis man sich mit dem Gedanken besch?ftigte, die ?stlichen Kolonien , die man an der Ostk?ste vermuthete quer durch das Land zu erreichen. Schon im Jahre 1723 erhielt +Egede+ von dem Direktor der in Bergen ans?ssigen Compagnie, die an der Spitze des gr?nl?ndischen Unternehmens stand, ein Schreiben, in welchem es u. a. heisst:
,,Falls es nicht bereits geschehen ist, erscheint es uns rathsam, dass 8 Mann kommandirt werden, die ?ber das Land marschiren k?nnen, denn nach der Karte scheint es, dass die Breite nur 12-16 Meilen betr?gt, dort, wo es am schmalsten ist, um wenn m?glich auf die andere Seite zu gelangen, wo die alten Kolonien gewesen sind, und unterwegs nach W?ldern zu inquiriren. Geschiehet nun aber dies, so da wir gerne sehen w?rden, da m?sste dieser Vorschlag zur ersten Sommerszeit ausgef?hrt werden, demn?chst m?sste die Mannschaft jeder mit seinem R?nzel mit Proviant sowie mit einem Gewehr ausger?stet werden, desgleichen mit einem Kompass, auf dass sie ihren Weg wieder nach Hause finden k?nnen, und drittens hat sich die auskommandirte Mannschaft der gr?ssten Vorsicht zu befleissigen, sowohl in Bezug auf die Ueberf?lle der Wilden, falls sie solche unterwegs antreffen sollten, wie auch in Bezug auf das Observiren aller Dinge; ja, wo sie passiren, m?ssen sie an den h?chsten Stellen Merkzeichen errichten, die ihnen jetzt und sp?ter als Wegweiser dienen k?nnen".
Dies ist ein ganz am?santes Beispiel, wozu eine Kolonialpolitik f?hren kann, die von einem Geographen im Lehnstuhl betrieben wird!
+Egede+ besass indessen Verstand genug, um zu erwidern, dass er in Bezug auf diese Untersuchung keine M?glichkeit s?he, ,,solche mit Erfolg auszuf?hren". Auf die Karten sei kein Verlass, ,,sintemalen ich," f?hrt er fort, ,,in der Circumferenz, in der ich bis dahin gereist habe, so viele Unrichtigkeiten darin finde". Auch, meint er, w?rde ,,der beabsichtigte Marsch wegen der hohen Felsen und der anzutreffenden Schnee- und Eisberge und anderer unwegsamer Strecken ganz beschwerlich fallen". --
Allm?hlich, als man mehr umherreiste und mehr von der Natur sah, gleichzeitig auch besser verstehen lernte, was die Eingeborenen zu berichten hatten, eigneten die Europ?er, die in Gr?nland wohnten, sich bald eine richtige Auffassung von dem Innern des Landes an. Bereits wenige Jahre sp?ter , ersieht man aus einem Brief aus Godthaab, dass man die Auffassung hatte, ,,dass sich von dem R?cken oder der Mitte des Landes aus nach S?den und Norden zu eine schreckliche Eisfl?che oder ein mit Eis bedecktes Gebirge erstreckt".
Als h?chst eigenth?mlich kann hervorgehoben werden, dass schon im darauffolgenden Jahr der Gedanke auftauchte, der erst im Jahre 1888 zur Wirklichkeit werden sollte, n?mlich, ,,dass einige junge, kr?ftige Norweger, die gew?hnt waren, im Winter in den Bergen auf Schneeschuhen zu laufen, einen guten Theil des Landes nach allen Seiten rekognosciren sollten".
Wenn man hieraus ersieht, welch' eine verh?ltnissm?ssig vern?nftige Auffassung man stellenweise von dem Lande hatte, so muss es im h?chsten Grade ?berraschend erscheinen, dass im Jahre 1728 an den ersten und einzigen Gouverneur von Gr?nland, Major +Claus Enevold Paars+, der Befehl erging, ,,dass er keinen Fleiss und keine M?he sparen, sich auch weder durch Gefahren noch Beschwerden abschrecken lassen solle, auf alle erdenkliche Weise und auf irgend einem Wege in die erw?hnte ?stliche Kolonie Oesterbygden zu gelangen, um zu erfahren, ob sich dort noch Nachkommen der alten Norweger bef?nden, welche Sprache selbige redeten, ob sie noch Christen seien, oder ob sie Heiden geworden, sowie welche Obrigkeit und Lebensweise unter ihnen herrsche. Ferner solle +Paars+ ,,richtig vermerken," u. a. ,,wie das Land beschaffen sei, ob sich dort Wald, Wiesen, Steinkohlen, Mineralien oder dergl. bef?nden, ob es dort Pferde, Vieh oder andere, dem Menschen dienliche Kreaturen g?be".
Zum Nutzen und Frommen dieser Expedition wurden von D?nemark ausgesandt: 11 Pferde, ein Kapit?n, ein Lieutenant; als Gemeine sollte +Paars+ die ,,Entrepidesten der Godthaaber Garnison" ausw?hlen.
Dass diese Expedition, welche die erste und in ihrer Anlage gleichzeitig die grossartigste aller derjenigen ist, die ausgegangen sind, um das Innere Gr?nlands zu erforschen, in der Form, in der sie urspr?nglich geplant wurde, zu keinem Resultat gelangen konnte, liegt auf der Hand. Die Pferde starben theils unterwegs, theils in Godthaab, und man wird gar bald zu der Einsicht gelangt sein, dass es keine so ganz einfache Sache sei, quer durch das Land zu reiten.
Nichtsdestoweniger unternahm +Paars+ im darauffolgenden Jahr eine Entdeckungsreise bis an das Inlandseis. ,,Am 25. April 1729 um 12 Uhr ging der Kommandeur mit Lieutenant +Richart+ und Assistent +Jens Hjort+ sowie 5 Gemeinen im Namen des Herrn zu See und hisste die Segel unter Sturm und Schneegest?ber."
Sie segelten weit in den Ameralikfjord hinein, ungef?hr 10 Meilen, ,,worauf ich," schreibt +Paars+, ,,gegen Bezahlung zwei der dort ans?ssigen Landsleute mitnahm, um uns den Weg zu zeigen."
Es ist ein ganz eigenth?mliches Zusammentreffen, dass diese erste Expedition den Versuch machte, durch genau dieselbe Gegend auf das Inlandseis zu gelangen, wo die letzte Expedition herauskam. -- Ueber diese Eiswanderung berichtet +Paars+ in seinem Rapport an den K?nig mit folgenden Worten:
,,Nachdem wir zwei Tage marschirt hatten, gelangten wir am dritten gegen Mittag unter den Eisberg, als wir aber einige Stunden mit grosser Lebensgefahr bergan vorger?ckt waren, wurden wir im weiteren Vordringen durch die vorhandenen grossen Kl?fte gehemmt."
,,-- -- Da wir sahen, dass jegliches Vorw?rtsdringen unm?glich war, setzten wir uns auf das Eis nieder, feuerten nach d?nischer Weise 9 Sch?sse aus unseren Gewehren ab und tranken mit einem Glase Branntwein auf das Wohl unseres allergn?digsten K?nigs an einem Ort, an welchem dasselbe noch niemals getrunken wurde, welche Ehre auch dem Eisberg bis dahin niemals widerfahren ist; nachdem wir eine Stunde gesessen und uns ausgeruht hatten, kehrten wir wieder zur?ck."
Als das ,,Remarquabelste, das zu sehen war" f?hrt +Paars+ in erster Linie ,,grosse Steine" an, ,,die oben auf dem Eise lagen". Diese, meint er, m?ssten ,,absolut durch heftige Winde und Wetter hergef?hrt sein, wie sie dort in unglaublichem Masse herrschen, denn das Eisgebirge ist anzusehen, als wenn man in das wilde Meer hineinschaut, wo kein Land zu sehen ist, so ist auch hier nichts zu sehen als Himmel und das blanke Eis. Ferner war das Eis, auf dem wir gingen, scharfkantig wie der weisse Zucker-Kandis, so dass man, wenn man ?ber das Eis vordringen will, eiserne Sohlen unter den Schuhen haben m?sste, so schlimm war es, auf dem Eise zu gehen."
Dies ist das Wichtigste von dem, was +Paars+ selber ?ber seine Thaten und Beobachtungen auf dem Eisberge berichtet. Hieraus ist zu ersehen, dass die Resultate der Expedition in keinem passenden Verh?ltniss zu den grossartigen Vorbereitungen stehen. Wunderbar mag es erscheinen, dass +Paars+, der nicht weit von dem Ort, an dem wir herunterkamen, auf dem Eise gewesen sein muss, keine Stelle fand, wo er, falls ihm sehr daran gelegen gewesen w?re, weiter h?tte vordringen k?nnen.
Am 7. Mai langte man wieder in Godthaab an nach der ,,fatalen und sehr beschwerlichen Reise".
Ganz ohne Bedeutung ist diese erste Expedition aber doch nicht gewesen, denn wenn sie auch nicht in irgend welchem erheblichen Masse die Anschauungen ?ber das Innere des Landes in der N?he der Kolonie hat ver?ndern k?nnen, da man dort schon vorher durch die Gr?nl?nder ganz gute Berichte dar?ber erhalten hat, -- so ist dies im Heimathslande doch sicher der Fall gewesen. Es w?hrte bis zum Jahre 1878, ehe der d?nische Staat abermals eine Expedition nach dem gr?nl?ndischen Inlandseis entsandte.
Im 3. Kapitel ist bereits erw?hnt worden, was in dem 1746 erschienenen Buch ,,Nachrichten von Island, Gr?nland und der Strasse Davis" von einem Versuch erz?hlt wird, der darauf hinausging, in das Innere des Landes einzudringen, ,,und zwar vermittelst der langen Fussbretter, deren sich die Lappen und Andere auf ihren Winterz?gen bedienen". Dieser Bericht ist nicht allein wegen der Erw?hnung der Schneeschuhe von Interesse, sondern auch deswegen, dass es das einzige Mal ist, dass des Verlustes von Menschenleben bei den Expeditionen auf das Inlandseis Erw?hnung geschieht.
Die erste ein wenig l?ngere Wanderung ?ber ein St?ck des Inlandseises, von der wir wissen, wurde im Jahre 1751 von dem Kaufmann +Lars Dalager+ unternommen, der ein wenig n?rdlich von Frederikshaab, wo er ans?ssig war, zwei ,,Nunataks" besuchte, die eine oder zwei Meilen vom Rande des Inlandseises auf der S?dseite von Frederikshaabs Eisblink belegen waren. Diesen Ausflug hat er am Schlusse seines Buches beschrieben, dessen Titel lautet:
,,Gr?nl?ndische Relationen u. s. w., zusammengestellt in der Frederikshaab-Kolonie in Gr?nland Anno 1752."
Ende August hatte +Dalager+ die Reise landeinw?rts s?dlich von Frederikshaabs Eisblink aus angetreten.
,,Mein Zweck war es," sagt er, ,,mich nach Kr?ften zu divertiren und nebenbei ein wenig zu schiessen".
Aber er kam bald auf andere Gedanken:
,,Bei dieser Gelegenheit resolvirte ich gar bald, eine Reise auch der ?stlichen Kolonie Oesterbygden ?ber die Eisberge zu machen, von wegen der neuen Entdeckung, die ein Gr?nl?nder im verflossenen Juli-Monat gemacht hatte, welcher so hoch oben auf Jagd gewesen war, dass er deutlich die alten Kablunakischen Berge auf der Ostseite sehen konnte.
Dies brachte mich derartig in Bewegung, dass ich wenigstens wie weiland Moses Lust hatte, das Land zu sehen. Ich nahm den vorhin erw?hnten Mann, seine Tochter, sowie drei junge Gr?nl?nder mit. Wir traten dann unsere Reise an, nachdem wir vorher tief in einen Fjord am s?dlichen Ende des Eisgletschers hineingerathen waren."
+Dalager+ hat sich scheinbar wie alle seine Zeitgenossen stark f?r die Auffindung der alten norwegischen Kolonie ,,?sterbygden" interessirt, die man noch nicht gefunden zu haben glaubte, und von der man allgemein annahm, dass sie an der Ostk?ste Gr?nlands gelegen haben m?sse.
Man verliess den Fjord am 2. September 1751, am 3. September erreichte man den Rand des Inlandseises, ,,und am 4. gegen Morgen begaben wir uns," schreibt +Dalager+, ,,auf das Eis, um den ersten Berggipfel zu erreichen, bis zu welchem wir ungef?hr eine Meile hatten. Der Weg dorthin war gerade so schlicht und eben wie auf den Strassen in Kopenhagen, der einzige Unterschied schien mir darin zu bestehen, dass es hier etwas glatter war. Dagegen hatte man aber nicht n?thig nach den Seiten auszuweichen und im Schmutz zu waten, aus Furcht, von den Pferden und Wagen des Postmeisters ?bergefahren zu werden."
Am n?chsten Morgen zog man weiter nach dem obersten Berge auf dem Eisfelde, dem +Omertlok+, der auch ungef?hr eine Meile entfernt lag, zu dem der Weg aber sehr uneben war, voller Spalten und Risse, so dass die Wanderung 7 Stunden in Anspruch nahm. Von dem Gipfel dieses Berges hatte man eine weite Aussicht ?ber das Eis, und in der Ferne ?ber dem Eisrand im Nordosten wurden einige Berggipfel sichtbar. Diese hielt +Dalager+ f?r die Berge auf der Ostk?ste Gr?nlands; wie unten n?her erkl?rt werden wird, stellte es sich aber sp?ter heraus, dass es Nunataks waren, die nur wenige Meilen von dem westlichen Rande des Inlandseises entfernt lagen
,,Als wir auf dem Gipfel des Berges angelangt waren," sagt er, ,,verfielen wir in Verwunderung ?ber den grossartigen Prospekt nach allen Seiten hin, namentlich ?ber das weitl?ufige Eisgebirge am Lande entlang und quer hin?ber bis nach ,,?ster-B?yden", dessen Berge ebenso wie diese mit Schnee bedeckt waren."
Auf diesem Gipfel blieb man bis um 7 Uhr des Abends, dann schloss +Dalager+ ,,mit einer Rede an die Gr?nl?nder, die von den ehemaligen Bewohnern von ?ster-B?yden, von ihrem leiblichen wie geistigen Wohlergehen handelte".
,,Indessen ging die Sonne unter, weshalb wir uns eine Strecke bergab begaben und uns schlafen legten."
+Dalager+ w?re gern weiter landeinw?rts gedrungen, sah sich aber aus mancherlei Ursachen gen?thigt, auf die Heimreise bedacht zu sein; ,,einer der wichtigsten Gr?nde war, dass wir so gut wie barfuss gingen. Denn obwohl ein Jeder von uns f?r die Reise mit zwei Paar guten Stiefeln versehen war, so waren sie doch schon jetzt infolge der Sch?rfe des Eises und der Steine fast v?llig verschlissen. Und da die eigens von uns mitgenommene Jungfer zum grossen Ungl?ck ihre N?hnadeln verloren hatte, konnten wir nichts flicken, weswegen wir sehr best?rzt waren, doch tr?steten wir einander mit Gel?chter, wenn wir die nackten Zehen aus den Stiefeln herauskriechen sahen."
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