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Read Ebook: Also sprach Zarathustra: Ein Buch für Alle und Keinen by Nietzsche Friedrich Wilhelm

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Ebook has 3001 lines and 82370 words, and 61 pages

Einst war der Frevel an Gott der gr?sste Frevel, aber Gott starb, und damit auch diese Frevelhaften. An der Erde zu freveln ist jetzt das Furchtbarste und die Eingeweide des Unerforschlichen h?her zu achten, als der Sinn der Erde!

Einst blickte die Seele ver?chtlich auf den Leib: und damals war diese Verachtung das H?chste:--sie wollte ihn mager, gr?sslich, verhungert. So dachte sie ihm und der Erde zu entschl?pfen.

Oh diese Seele war selbst noch mager, gr?sslich und verhungert: und Grausamkeit war die Wollust dieser Seele!

Aber auch ihr noch, meine Br?der, sprecht mir: was k?ndet euer Leib von eurer Seele? Ist eure Seele nicht Armuth und Schmutz und ein erb?rmliches Behagen?

Wahrlich, ein schmutziger Strom ist der Mensch. Man muss schon ein Meer sein, um einen schmutzigen Strom aufnehmen zu k?nnen, ohne unrein zu werden.

Seht, ich lehre euch den ?bermenschen: der ist diess Meer, in ihm kann eure grosse Verachtung untergehn.

Was ist das Gr?sste, das ihr erleben k?nnt? Das ist die Stunde der grossen Verachtung. Die Stunde, in der euch auch euer Gl?ck zum Ekel wird und ebenso eure Vernunft und eure Tugend.

Die Stunde, wo ihr sagt: ,,Was liegt an meinem Gl?cke! Es ist Armuth und Schmutz, und ein erb?rmliches Behagen. Aber mein Gl?ck sollte das Dasein selber rechtfertigen!"

Die Stunde, wo ihr sagt: ,,Was liegt an meiner Vernunft! Begehrt sie nach Wissen wie der L?we nach seiner Nahrung? Sie ist Armuth und Schmutz und ein erb?rmliches Behagen!"

Die Stunde, wo ihr sagt: ,,Was liegt an meiner Tugend! Noch hat sie mich nicht rasen gemacht. Wie m?de bin ich meines Guten und meines B?sen! Alles das ist Armuth und Schmutz und ein erb?rmliches Behagen!"

Die Stunde, wo ihr sagt: ,,Was liegt an meiner Gerechtigkeit! Ich sehe nicht, dass ich Gluth und Kohle w?re. Aber der Gerechte ist Gluth und Kohle!"

Die Stunde, wo ihr sagt: ,,Was liegt an meinem Mitleiden! Ist nicht Mitleid das Kreuz, an das Der genagelt wird, der die Menschen liebt? Aber mein Mitleiden ist keine Kreuzigung."

Spracht ihr schon so? Schriet ihr schon so? Ach, dass ich euch schon so schreien geh?rt hatte!

Nicht eure S?nde--eure Gen?gsamkeit schreit gen Himmel, euer Geiz selbst in eurer S?nde schreit gen Himmel!

Wo ist doch der Blitz, der euch mit seiner Zunge lecke? Wo ist der Wahnsinn, mit dem ihr geimpft werden m?sstet?

Seht, ich lehre euch den ?bermenschen: der ist dieser Blitz, der ist dieser Wahnsinn!--

Als Zarathustra so gesprochen hatte, schrie Einer aus dem Volke: ,,Wir h?rten nun genug von dem Seilt?nzer; nun lasst uns ihn auch sehen!" Und alles Volk lachte ?ber Zarathustra. Der Seilt?nzer aber, welcher glaubte, dass das Wort ihm g?lte, machte sich an sein Werk.

Zarathustra aber sahe das Volk an und wunderte sich. Dann sprach er also:

Der Mensch ist ein Seil, gekn?pft zwischen Thier und ?bermensch,--ein Seil ?ber einem Abgrunde.

Ein gef?hrliches Hin?ber, ein gef?hrliches Auf-dem-Wege, ein gef?hrliches Zur?ckblicken, ein gef?hrliches Schaudern und Stehenbleiben.

Ich liebe Die, welche nicht zu leben wissen, es sei denn als Untergehende, denn es sind die Hin?bergehenden.

Ich liebe die grossen Verachtenden, weil sie die grossen Verehrenden sind und Pfeile der Sehnsucht nach dem andern Ufer.

Ich liebe Die, welche nicht erst hinter den Sternen einen Grund suchen, unterzugehen und Opfer zu sein: sondern die sich der Erde opfern, dass die Erde einst der ?bermenschen werde.

Ich liebe Den, welcher lebt, damit er erkenne, und welcher erkennen will, damit einst der ?bermensch lebe. Und so will er seinen Untergang.

Ich liebe Den, welcher arbeitet und erfindet, dass er dem ?bermenschen das Haus baue und zu ihm Erde, Thier und Pflanze vorbereite: denn so will er seinen Untergang.

Ich liebe Den, welcher seine Tugend liebt: denn Tugend ist Wille zum Untergang und ein Pfeil der Sehnsucht.

Ich liebe Den, welcher nicht einen Tropfen Geist f?r sich zur?ckbeh?lt, sondern ganz der Geist seiner Tugend sein will: so schreitet er als Geist ?ber die Br?cke.

Ich liebe Den, welcher aus seiner Tugend seinen Hang und sein Verh?ngniss macht: so will er um seiner Tugend willen noch leben und nicht mehr leben.

Ich liebe Den, welcher nicht zu viele Tugenden haben will. Eine Tugend ist mehr Tugend, als zwei, weil sie mehr Knoten ist, an den sich das Verh?ngniss h?ngt.

Ich liebe Den, dessen Seele sich verschwendet, der nicht Dank haben will und nicht zur?ckgiebt: denn er schenkt immer und will sich nicht bewahren.

Ich liebe Den, welcher sich sch?mt, wenn der W?rfel zu seinem Gl?cke f?llt und der dann fragt: bin ich denn ein falscher Spieler?--denn er will zu Grunde gehen.

Ich liebe Den, welcher goldne Worte seinen Thaten voraus wirft und immer noch mehr h?lt, als er verspricht: denn er will seinen Untergang.

Ich liebe Den, welcher die Zuk?nftigen rechtfertigt und die Vergangenen erl?st: denn er will an den Gegenw?rtigen zu Grunde gehen.

Ich liebe Den, welcher seinen Gott z?chtigt, weil er seinen Gott liebt: denn er muss am Zorne seines Gottes zu Grunde gehen.

Ich liebe Den, dessen Seele tief ist auch in der Verwundung, und der an einem kleinen Erlebnisse zu Grunde gehen kann: so geht er gerne ?ber die Br?cke.

Ich liebe Den, dessen Seele ?bervoll ist, so dass er sich selber vergisst, und alle Dinge in ihm sind: so werden alle Dinge sein Untergang.

Ich liebe Den, der freien Geistes und freien Herzes ist: so ist sein Kopf nur das Eingeweide seines Herzens, sein Herz aber treibt ihn zum Untergang.

Ich liebe alle Die, welche schwere Tropfen sind, einzeln fallend aus der dunklen Wolke, die ?ber den Menschen h?ngt: sie verk?ndigen, dass der Blitz kommt, und gehn als Verk?ndiger zu Grunde.

Seht, ich bin ein Verk?ndiger des Blitzes und ein schwerer Tropfen aus der Wolke: dieser Blitz aber heisst ?bermensch.--

Als Zarathustra diese Worte gesprochen hatte, sahe er wieder das Volk an und schwieg. ,,Da stehen sie", sprach er zu seinem Herzen, ,,da lachen sie: sie verstehen mich nicht, ich bin nicht der Mund f?r diese Ohren.

Muss man ihnen erst die Ohren zerschlagen, dass sie lernen, mit den Augen h?ren. Muss man rasseln gleich Pauken und Busspredigern? Oder glauben sie nur dem Stammelnden?

Sie haben etwas, worauf sie stolz sind. Wie nennen sie es doch, was sie stolz macht? Bildung nennen sie's, es zeichnet sie aus vor den Ziegenhirten.

Drum h?ren sie ungern von sich das Wort ,,Verachtung". So will ich denn zu ihrem Stolze reden.

Und also sprach Zarathustra zum Volke:

Es ist an der Zeit, dass der Mensch sich sein Ziel stecke. Es ist an der Zeit, dass der Mensch den Keim seiner h?chsten Hoffnung pflanze.

Noch ist sein Boden dazu reich genug. Aber dieser Boden wird einst arm und zahm sein, und kein hoher Baum wird mehr aus ihm wachsen k?nnen.

Wehe! Es kommt die Zeit, wo der Mensch nicht mehr den Pfeil seiner Sehnsucht ?ber den Menschen hinaus wirft, und die Sehne seines Bogens verlernt hat, zu schwirren!

Ich sage euch: man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern geb?ren zu k?nnen. Ich sage euch: ihr habt noch Chaos in euch.

Wehe! Es kommt die Zeit, wo der Mensch keinen Stern mehr geb?ren wird. Wehe! Es kommt die Weit des ver?chtlichsten Menschen, der sich selber nicht mehr verachten kann.

,,Was ist Liebe? Was ist Sch?pfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern"--so fragt der letzte Mensch und blinzelt.

Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr h?pft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am l?ngsten.

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