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Read Ebook: Der Nachsommer by Stifter Adalbert

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Ebook has 2712 lines and 248044 words, and 55 pages

Edition: 10

Der Nachsommer

Eine Erz?hlung von Adalbert Stifter

Inhalt:

Die H?uslichkeit Der Wanderer Die Einkehr Die Beherbergung Der Abschied Der Besuch Die Begegnung Die Erweiterung Die Ann?herung Der Einblick Das Fest Der Bund Die Entfaltung Das Vertrauen Die Mitteilung Der R?ckblick Der Abschluss

Die H?uslichkeit

Mein Vater war ein Kaufmann. Er bewohnte einen Teil des ersten Stockwerkes eines m?ssig grossen Hauses in der Stadt, in welchem er zur Miete war. In demselben Hause hatte er auch das Verkaufsgew?lbe, die Schreibstube nebst den Warenbeh?ltern und anderen Dingen, die er zu dem Betriebe seines Gesch?ftes bedurfte. In dem ersten Stockwerke wohnte ausser uns nur noch eine Familie, die aus zwei alten Leuten bestand, einem Manne und seiner Frau, welche alle Jahre ein oder zwei Male bei uns speisten, und zu denen wir und die zu uns kamen, wenn ein Fest oder ein Tag einfiel, an dem man sich Besuche zu machen oder Gl?ck zu w?nschen pflegte. Mein Vater hatte zwei Kinder, mich, den erstgeborenen Sohn, und eine Tochter, welche zwei Jahre j?nger war als ich. Wir hatten in der Wohnung jedes ein Zimmerchen, in welchem wir uns unseren Gesch?ften, die uns schon in der Kindheit regelm?ssig aufgelegt wurden, widmen mussten, und in welchem wir schliefen. Die Mutter sah da nach und erlaubte uns zuweilen, dass wir in ihrem Wohnzimmer sein und uns mit Spielen erg?tzen durften.

Der Vater war die meiste Zeit in dem Verkaufsgew?lbe und in der Schreibstube. Um zw?lf Uhr kam er herauf, und es wurde in dem Speisezimmer gespeiset. Die Diener des Vaters speisten an unserem Tische mit Vater und Mutter, die zwei M?gde und der Magazinsknecht hatten in dem Gesindezimmer einen Tisch f?r sich. Wir Kinder bekamen einfache Speisen, der Vater und die Mutter hatten zuweilen einen Braten und jedesmal ein Glas guten Weines. Die Handelsdiener bekamen auch von dem Braten und ein Glas desselben Weines. Anfangs hatte der Vater nur einen Buchf?hrer und zwei Diener, sp?ter hatte er viere.

In der Wohnung war ein Zimmer, welches ziemlich gross war. In demselben standen breite, flache K?sten von feinem Glanze und eingelegter Arbeit. Sie hatten vorne Glastafeln, hinter den Glastafeln gr?nen Seidenstoff, und waren mit B?chern angef?llt. Der Vater hatte darum die gr?nen Seidenvorh?nge, weil er es nicht leiden konnte, dass die Aufschriften der B?cher, die gew?hnlich mit goldenen Buchstaben auf dem R?cken derselben standen, hinter dem Glase von allen Leuten gelesen werden konnten, gleichsam als wolle er mit den B?chern prahlen, die er habe. Vor diesen K?sten stand er gerne und ?fter, wenn er sich nach Tische oder zu einer andern Zeit einen Augenblick abkargen konnte, machte die Fl?gel eines Kastens auf, sah die B?cher an, nahm eines oder das andere heraus, blickte hinein, und stellte es wieder an seinen Platz.

An Abenden, von denen er selten einen ausser Hause zubrachte, ausser wenn er in Stadtgesch?ften abwesend war oder mit der Mutter ein Schauspiel besuchte, was er zuweilen und gerne tat, sass er h?ufig eine Stunde, ?fter aber auch zwei oder gar dar?ber, an einem kunstreich geschnitzten alten Tische, der im B?cherzimmer auf einem ebenfalls altert?mlichen Teppiche stand, und las. Da durfte man ihn nicht st?ren, und niemand durfte durch das B?cherzimmer gehen. Dann kam er heraus und sagte, jetzt k?nne man zum Abendessen gehen, bei dem die Handelsdiener nicht zugegen waren, und das nur in der Mutter und in unserer Gegenwart eingenommen wurde. Bei diesem Abendessen sprach er sehr gerne zu uns Kindern und erz?hlte uns allerlei Dinge, mitunter auch scherzhafte Geschichten und M?rchen. Das Buch, in dem er gelesen hatte, stellte er genau immer wieder in den Schrein, aus dem er es genommen hatte, und wenn man gleich nach seinem Heraustritte in das B?cherzimmer ging, konnte man nicht im geringsten wahrnehmen, dass eben jemand hier gewesen sei und gelesen habe. ?berhaupt durfte bei dem Vater kein Zimmer die Spuren des unmittelbaren Gebrauches zeigen, sondern musste immer aufger?umt sein, als w?re es ein Prunkzimmer. Es sollte daf?r aber aussprechen, zu was es besonders bestimmt sei. Die gemischten Zimmer, wie er sich ausdr?ckte, die mehreres zugleich sein k?nnen, Schlafzimmer, Spielzimmer und dergleichen, konnte er nicht leiden. Jedes Ding und jeder Mensch, pflegte er zu sagen, k?nne nur eines sein, dieses aber muss er ganz sein. Dieser Zug strenger Genauigkeit pr?gte sich uns ein und liess uns auf die Befehle der Eltern achten, wenn wir sie auch nicht verstanden. So zum Beispiele durften nicht einmal wir Kinder das Schlafzimmer der Eltern betreten. Eine alte Magd war mit Ordnung und Aufr?umung desselben betraut.

In den Zimmern hingen hie und da Bilder, und es standen in manchen Ger?te, die aus alten Zeiten stammten und an denen wunderliche Gestalten ausgeschnitten waren, oder in welchen sich aus verschiedenen H?lzern eingelegte Laubwerke und Kreise und Linien befanden.

Der Vater hatte auch einen Kasten, in welchem M?nzen waren, von denen er uns zuweilen einige zeigte. Da befanden sich vorz?glich sch?ne Taler, auf welchen geharnischte M?nner standen oder die Angesichter mit unendlich vielen Locken zeigten, dann waren einige aus sehr alten Zeiten mit wundersch?nen K?pfen von J?nglingen oder Frauen, und eine mit einem Manne, der Fl?gel an den F?ssen hatte. Er besass auch Steine, in welche Dinge geschnitten waren. Er hielt diese Steine sehr hoch und sagte, sie stammen aus dem kunstge?btesten Volke alter Zeiten, nehmlich aus dem alten Griechenlande her. Manchmal zeigte er sie Freunden; diese standen lange an dem K?stchen derselben, hielten den einen oder den andern in ihren H?nden und sprachen dar?ber.

Zuweilen kamen Menschen zu uns, aber nicht oft. Manches Mal wurden Kinder zu uns eingeladen, mit denen wir spielen durften, und ?fter gingen wir auch mit den Eltern zu Leuten, welche Kinder hatten, und uns Spiele veranstalteten. Den Unterricht erhielten wir in dem Hause von Lehrern, und dieser Unterricht und die sogenannten Arbeitsstunden, in denen von uns Kindern das verrichtet werden musste, was uns als Gesch?ft aufgetragen war, bildeten den regelm?ssigen Verlauf der Zeit, von welchem nicht abgewichen werden durfte.

Die Mutter war eine freundliche Frau, die uns Kinder ungemein liebte, und die weit eher ein Abweichen von dem angegebenen Zeitenlaufe zugunsten einer Lust gestattet h?tte, wenn sie nicht von der Furcht vor dem Vater davon abgehalten worden w?re. Sie ging in dem Hause emsig herum, besorgte alles, ordnete alles, liess aus der obgenannten Furcht keine Ausnahme zu und war uns ein ebenso ehrw?rdiges Bildnis des Guten wie der Vater, von welchem Bildnisse gar nichts abge?ndert werden konnte. Zu Hause hatte sie gew?hnlich sehr einfache Kleider an. Nur zuweilen, wenn sie mit dem Vater irgend wohin gehen musste, tat sie ihre stattlichen seidenen Kleider an und nahm ihren Schmuck, dass wir meinten, sie sei wie eine Fee, welche in unsern Bilderb?chern abgebildet war. Dabei fiel uns auf, dass sie immer ganz einfache, obwohl sehr gl?nzende Steine hatte, und dass ihr der Vater nie die geschnittenen umhing, von denen er doch sagte, dass sie so sch?ne Gestalten in sich h?tten.

Da wir Kinder noch sehr jung waren, brachte die Mutter den Sommer immer mit uns auf dem Lande zu. Der Vater konnte uns nicht Gesellschaft leisten, weil ihn seine Gesch?fte in der Stadt festhielten; aber an jedem Sonntage und an jedem Festtage kam er, blieb den ganzen Tag bei uns und liess sich von uns beherbergen. Im Laufe der Woche besuchten wir ihn einmal, bisweilen auch zweimal in der Stadt, in welchem Falle er uns dann bewirtete und beherbergte.

Dies h?rte endlich auf, anf?nglich weil der Vater ?lter wurde und die Mutter, die er sehr verehrte, nicht mehr leicht entbehren konnte; sp?ter aber aus dem Grunde, weil es ihm gelungen war, in der Vorstadt ein Haus mit einem Garten zu erwerben, wo wir freie Luft geniessen, uns bewegen und gleichsam das ganze Jahr hindurch auf dem Lande wohnen konnten.

Die Erwerbung des Vorstadthauses war eine grosse Freude. Es wurde nun von dem alten, finstern Stadthause in das freundliche und ger?umige der Vorstadt gezogen. Der Vater hatte es vorher im allgemeinen zusammen richten lassen, und selbst, da wir schon darin wohnten, waren noch immer in verschiedenen R?umen desselben Handwerksleute besch?ftigt. Das Haus war nur f?r unsere Familie bestimmt. Es wohnten nur noch unsere Handlungsdiener in demselben und gleichsam als Pf?rtner und G?rtner ein ?ltlicher Mann mit seiner Frau und seiner Tochter.

In diesem Hause richtete sich der Vater ein viel gr?sseres Zimmer zum B?cherzimmer ein, als er in der Stadtwohnung gehabt hatte, auch bestimmte er ein eigenes Zimmer zum Bilderzimmer; denn in der Stadt mussten die Bilder wegen Mangels an Raum in verschiedenen Zimmern zerstreut sein. Die W?nde dieses neuen Bilderzimmers wurden mit dunkelrotbraunen Tapeten ?berzogen, von denen sich die Goldrahmen sehr sch?n abhoben. Der Fussboden war mit einem mattfarbigen Teppiche belegt, damit er die Farben der Bilder nicht beirre. Der Vater hatte sich eine Staffelei aus braunem Holze machen lassen, und diese stand in dem Zimmer, damit man bald das eine, bald das andere Bild darauf stellen und es genau in dem rechten Lichte betrachten konnte.

F?r die alten geschnitzten und eingelegten Ger?te wurde auch ein eigenes Zimmer hergerichtet. Der Vater hatte einmal aus dem Gebirge eine Zimmerdecke mitgebracht, welche aus Lindenholz und aus dem Holze der Zirbelkiefer geschnitzt war. Diese Decke liess er zusammen legen und liess sie mit einigen Zutaten versehen, die man nicht merkte, so dass sie als Decke in dieses Zimmer passte. Das freute uns Kinder sehr, und wir sassen nun doppelt gerne in dem alten Zimmer, wenn uns an Abenden der Vater und die Mutter dahin f?hrten, und arbeiteten dort etwas, und liessen uns von den Zeiten erz?hlen, in denen solche Sachen gemacht worden sind.

Am Ende eines h?lzernen Ganges, der in dem ersten Geschosse des Hauses gegen den Garten hinaus lief, liess er ein gl?sernes St?bchen machen, das heisst, ein St?bchen, dessen zwei W?nde, die gegen den Garten schauten, aus lauter Glastafeln bestanden; denn die Hinterw?nde waren Holz. In dieses St?bchen tat er alte Waffen aus verschiedenen Zeiten und mit verschiedenen Gestalten. Er liess an den St?ben, in die das Glas gef?gt war, viel Efeu aus dem Garten herauswachsen, auch im Innern liess er Efeu an dem Gerippe ranken, dass derselbe um die alten Waffen rauschte, wenn einzelne Glastafeln ge?ffnet wurden, und der Wind durch dieselben herein zog. Eine grosse h?lzerne Keule, welche in dem St?bchen war und welche mit gr?ulichen N?geln prangte, nannte er Morgenstern, was uns Kindern gar nicht einleuchten wollte, da der Morgenstern viel sch?ner war.

Noch war ein Zimmerchen, das er mit kunstreich abgen?hten rotseidenen Stoffen, die er gekauft hatte, ?berziehen liess. Sonst aber wusste man noch nicht, was in das Zimmer kommen w?rde.

In dem Garten war Zwergobst, es waren Gem?se- und Blumenbeete, und an dem Ende desselben, von dem man auf die Berge sehen konnte, welche die Stadt in einer Entfernung von einer halben Meile in einem grossen Bogen umgeben, befanden sich hohe B?ume und Graspl?tze. Das alte Gew?chshaus hatte der Vater teils ausbessern, teils durch einen Zubau vergr?ssern lassen.

Sonst hatte das Haus auch noch einen grossen Hof, der gegen den Garten zu offen war, in dem wir, wenn das Gartengras nass war, spielen durften, und gegen welchen die Fenster der K?che, in der die Mutter sich viel befand, und der Vorratskammern herab sahen.

Der Vater ging t?glich morgens in die Stadt in sein Verkaufsgew?lbe und in seine Schreibstube. Die Handelsdiener mussten der Ordnung halber mit ihm gehen. Um zw?lf Uhr kam er zum Speisen so wie auch jene Diener, welche nicht eben die Reihe traf, w?hrend der Speisestunde in dem Verkaufsgew?lbe zu wachen. Nachmittag ging er gr?sstenteils auch wieder in die Stadt. Die Sonntage und die Festtage brachte er mit uns zu.

Von der Stadt wurden nun viel ?fter Leute mit ihren Kindern zu uns geladen, da wir mehr Raum hatten, und wir durften im Hofe oder in dem Garten uns erg?tzen. Die Lehrer kamen zu uns jetzt in die Vorstadt, wie sie sonst in der Stadt zu uns gekommen waren.

Der Vater, welcher durch das viele Sitzen an dem Schreibtische sich eine Krankheit zuzuziehen drohte, g?nnte sich nur auf das Andringen der Mutter t?glich eine freie Zeit, welche er dazu verwendete, Bewegung zu machen. In dieser Zeit ging er zuweilen in eine Gem?ldegalerie oder zu einem Freunde, bei welchem er ein Bild sehen konnte, oder er liess sich bei einem Fremden einf?hren, bei dem Merkw?rdigkeiten zu treffen waren. An sch?nen Sommerfesttagen fuhren wir auch zuweilen ins Freie und brachten den Tag in einem Dorfe oder auf einem Berge zu.

Die Mutter, welche ?ber die Erwerbung des Vorstadthauses ausserordentlich erfreut war, widmete sich mit gesteigerter T?tigkeit dem Hauswesen. Alle Samstage prangte das Linnen >>weiss wie Kirschenbl?te<< auf dem Aufh?ngeplatze im Garten, und Zimmer f?r Zimmer musste unter ihrer Aufsicht gereinigt werden, ausser denen, in welchen die Kostbarkeiten des Vaters waren, deren Abst?ubung und Reinigung immer unter seinen Augen vor sich gehen musste. Das Obst, die Blumen und die Gem?se des Gartens besorgte sie mit dem Vater gemeinschaftlich. Sie bekam einen Ruf in der Umgebung, dass Nachbarinnen kamen und von ihr Dienstboten verlangten, die in unserem Hause gelernt h?tten.

Als wir nach und nach heran wuchsen, wurden wir immer mehr in den Umgang der Eltern gezogen; der Vater zeigte uns seine Bilder und erkl?rte uns manches in denselben. Er sagte, dass er nur alte habe, die einen gewissen Wert besitzen, den man immer haben k?nne, wenn man einmal gen?tigt sein sollte, die Bilder zu verkaufen. Er zeigte uns, wenn wir spazieren gingen, die Wirkungen von Licht und Schatten, er nannte uns die Farben, welche sich an den Gegenst?nden befanden, und erkl?rte uns die Linien, welche Bewegung verursachten, in welcher Bewegung doch wieder eine Ruhe herrsche, und Ruhe in Bewegung sei die Bedingung eines jeden Kunstwerkes. Er sprach mit uns auch von seinen B?chern. Er erz?hlte uns, dass manche da seien, in welchen das enthalten w?re, was sich mit dem menschlichen Geschlechte seit seinem Beginne bis auf unsere Zeiten zugetragen habe, dass da die Geschichten von M?nnern und Frauen erz?hlt werden, die einmal sehr ber?hmt gewesen seien und vor langer Zeit, oft vor mehr als tausend Jahren gelebt haben. Er sagte, dass in anderen das enthalten sei, was die Menschen in vielen Jahren von der Welt und anderen Dingen, von ihrer Einrichtung und Beschaffenheit in Erfahrung gebracht h?tten. In manchen sei zwar nicht enthalten, was geschehen sei, oder wie sich manches befinde, sondern was die Menschen sich gedacht haben, was sich h?tte zutragen k?nnen, oder was sie f?r Meinungen ?ber irdische und ?berirdische Dinge hegen.

In dieser Zeit starb ein Grossoheim von der Seite der Mutter. Die Mutter erbte den Schmuck seiner vor ihm gestorbenen Frau, wir Kinder aber sein ?briges Verm?gen. Der Vater legte es als unser nat?rlicher Vormund unter m?ndelgem?sser Sicherheit an und tat alle Jahre die Zinsen dazu.

Endlich waren wir so weit herangewachsen, dass der gew?hnliche Unterricht, den wir bisher genossen hatten, nach und nach aufh?ren musste. Zuerst traten diejenigen Lehrer ab, die uns in den Anfangsgr?nden der Kenntnisse unterwiesen hatten, die man heutzutage f?r alle Menschen f?r notwendig h?lt, dann verminderten sich auch die, welche uns in den Gegenst?nden Unterricht gegeben hatten, die man Kindern beibringen l?sst, welche zu den gebildeteren oder ausgezeichneteren St?nden geh?ren sollen. Die Schwester musste nebst einigen F?chern, in denen sie sich noch weiter ausbilden sollte, nach und nach in die H?uslichkeit eingef?hrt werden und die wichtigsten Dinge derselben erlernen, dass sie einmal w?rdig in die Fussstapfen der Mutter treten k?nnte. Ich trieb noch, nachdem ich die F?cher erlernt hatte, die man in unseren Schulen als Vorkenntnisse und Vorbereitungen zu den sogenannten Brotkenntnissen betrachtet, einzelne Zweige fort, die schwieriger waren und in denen eine Nachhilfe nicht entbehrt werden konnte. Endlich trat in Bezug auf mich die Frage heran, was denn in der Zukunft mit mir zu geschehen habe, und da tat der Vater etwas, was ihm von vielen Leuten sehr ?bel genommen wurde. Er bestimmte mich nehmlich zu einem Wissenschafter im Allgemeinen. Ich hatte bisher sehr fleissig gelernt und jeden neuen Gegenstand, der von den Lehrern vorgenommen wurde, mit grossem Eifer ergriffen, so dass, wenn die Frage war, wie ich in einem Unterrichtszweige gen?gt habe, das Urteil der Lehrer immer auf grosses Lob lautete. Ich hatte den angedeuteten Lebensberuf von dem Vater selber verlangt und er dem Verlangten zugestimmt. Ich hatte ihn verlangt, weil mich ein gewisser Drang meines Herzens dazu trieb. Das sah ich wohl trotz meiner Jugend schon ein, dass ich nicht alle Wissenschaften w?rde erlernen k?nnen; aber was und wie viel ich lernen w?rde, das war mir eben so unbestimmt, als mein Gef?hl unbestimmt war, welches mich zu diesen Dingen trieb. Mir schwebte auch nicht ein besonderer Nutzen vor, den ich durch mein Bestreben erreichen wollte, sondern es war mir nur, als m?sste ich so tun, als liege etwas innerlich G?ltiges und Wichtiges in der Zukunft. Was ich aber im Einzelnen beginnen und an welchem Ende ich die Sache anfassen sollte, das wusste weder ich, noch wussten es die Meinigen. Ich hatte nicht die geringste Vorliebe f?r das eine oder das andere Fach, sondern es schienen alle anstrebenswert, und ich hatte keinen Anhaltspunkt, aus dem ich h?tte schliessen k?nnen, dass ich zu irgend einem Gegenstande eine hervorragende F?higkeit bes?sse, sondern es erschienen mir alle nicht un?berwindlich. Auch meine Angeh?rigen konnten kein Merkmal finden, aus dem sie einen ausschliesslichen Beruf f?r eine Sache in mir h?tten wahrnehmen k?nnen.

Nicht die Ungeheuerlichkeit, welche in diesem Beginnen lag, war es, was die Leute meinem Vater ?belnahmen, sondern sie sagten, er h?tte mir einen Stand, der der b?rgerlichen Gesellschaft n?tzlich ist, befehlen sollen, damit ich demselben meine Zeit und mein Leben widme, und einmal mit dem Bewusstsein scheiden k?nne, meine Schuldigkeit getan zu haben.

Gegen diesen Einwurf sagte mein Vater, der Mensch sei nicht zuerst der menschlichen Gesellschaft wegen da, sondern seiner selbst willen. Und wenn jeder seiner selbst willen auf die beste Art da sei, so sei er es auch f?r die menschliche Gesellschaft. Wen Gott zum besten Maler auf dieser Welt geschaffen h?tte, der w?rde der Menschheit einen schlechten Dienst tun, wenn er etwa ein Gerichtsmann werden wollte: wenn er der gr?sste Maler wird, so tut er auch der Welt den gr?ssten Dienst, wozu ihn Gott erschaffen hat. Dies zeige sich immer durch einen innern Drang an, der einen zu einem Dinge f?hrt, und dem man folgen soll. Wie k?nnte man denn sonst auch wissen, wozu man auf der Erde bestimmt ist, ob zum K?nstler, zum Feldherrn, zum Richter, wenn nicht ein Geist da w?re, der es sagt, und der zu den Dingen f?hrt, in denen man sein Gl?ck und seine Befriedigung findet.

Gott lenkt es schon so, dass die Gaben geh?rig verteilt sind, so dass jede Arbeit getan wird, die auf der Erde zu tun ist, und dass nicht eine Zeit eintritt, in der alle Menschen Baumeister sind. In diesen Gaben liegen dann auch schon die gesellschaftlichen, und bei grossen K?nstlern, Rechtsgelehrten, Staatsm?nnern sei auch immer die Billigkeit, Milde, Gerechtigkeit und Vaterlandsliebe. Und aus solchen M?nnern, welche ihren innern Zug am weitesten ausgebildet, seien auch in Zeiten der Gefahr am ?ftesten die Helfer und Retter ihres Vaterlandes hervorgegangen.

Es gibt solche, die sagen, sie seien zum Wohle der Menschheit Kaufleute, ?rzte, Staatsdiener geworden; aber in den meisten F?llen ist es nicht wahr. Wenn nicht der innere Beruf sie dahin gezogen hat, so verbergen sie durch ihre Aussage nur einen schlechteren Grund, nehmlich dass sie den Stand als ein Mittel betrachteten, sich Geld und Gut und Lebensunterhalt zu erwerben. Oft sind sie auch, ohne weiter ?ber eine Wahl mit sich zu Rate zu gehen, in den Stand geraten oder durch Umst?nde in ihn gestossen worden und nehmen das Wohl der Menschheit in den Mund, das sie bezweckt h?tten, um nicht ihre Schw?che zu gestehen. Dann ist noch eine eigene Gattung, welche immer von dem ?ffentlichen Wohle spricht. Das sind die, welche mit ihren eigenen Angelegenheiten in Unordnung sind. Sie geraten stets in N?te, haben stets ?rger und Unannehmlichkeiten, und zwar aus ihrem eigenen Leichtsinne; und da liegt es ihnen als Ausweg neben der Hand, den ?ffentlichen Zust?nden ihre Lage schuld zu geben und zu sagen, sie w?ren eigentlich recht auf das Vaterland bedacht, und sie w?rden alles am besten in demselben einrichten. Aber wenn wirklich die Lage k?mmt, dass das Vaterland sie beruft, so geht es dem Vaterlande, wie es fr?her ihren eigenen Angelegenheiten gegangen ist. In Zeiten der Verirrung sind diese Menschen die selbsts?chtigsten und oft auch grausamsten. Es ist aber auch kein Zweifel. dass es solche gibt, denen Gott den Gesellschaftstrieb und die Gesellschaftsgaben in besonderem Masse verliehen hat. Diese widmen sich aus innerem Antriebe den Angelegenheiten der Menschen, erlernen sie auch am sichersten, finden Freude in den Anordnungen und opfern oft ihr Leben f?r ihren Beruf. Aber in der Zeit, in der sie ihr Leben opfern, sei sie lange oder sei sie ein Augenblick, empfinden sie Freude, und diese k?mmt, weil sie ihrem innern Andrange nachgegeben haben.

Gott hat uns auch nicht bei unseren Handlungen den Nutzen als Zweck vorgezeichnet, weder den Nutzen f?r uns noch f?r andere, sondern er hat der Aus?bung der Tugend einen eigenen Reiz und eine eigene Sch?nheit gegeben, welchen Dingen die edlen Gem?ter nachstreben. Wer Gutes tut, weil das Gegenteil dem menschlichen Geschlechte sch?dlich ist, der steht auf der Leiter der sittlichen Wesen schon ziemlich tief. Dieser m?sste zur S?nde greifen, sobald sie dem menschlichen Geschlechte oder ihm Nutzen bringt. Solche Menschen sind es auch, denen alle Mittel gelten, und die f?r das Vaterland, f?r ihre Familie und f?r sich selber das Schlechte tun. Solche hat man zu Zeiten, wo sie im Grossen wirkten, Staatsm?nner geheissen, sie sind aber nur Afterstaatsm?nner, und der augenblickliche Nutzen, den sie erzielten, ist ein Afternutzen gewesen und hat sich in den Tagen des Gerichtes als b?ses Verh?ngnis erwiesen.

Dass bei dem Vater kein Eigennutz herrschte, beweist der Umstand, dass er im Rate der Stadt ein ?ffentliches Amt unentgeltlich verwaltete, dass er ?fter die ganze Nacht in diesem Amte arbeitete, und dass er bei ?ffentlichen Dingen immer mit bedeutenden Summen an der Spitze stand.

Er sagte, man solle mich nur gehen lassen, es werde sich aus dem Unbestimmten schon entwickeln, wozu ich taugen werde, und welche Rolle ich auf der Welt einzunehmen h?tte.

Ich musste meine k?rperlichen ?bungen fortsetzen. Schon als sehr kleine Kinder mussten wir so viele k?rperliche Bewegungen machen, als nur m?glich war. Das war einer der Hauptgr?nde, weshalb wir im Sommer auf dem Lande wohnten, und der Garten, welcher bei dem Vorstadthause war, war einer der Hauptbeweggr?nde, weshalb der Vater das Haus kaufte.

Man liess uns als kleine Kinder gew?hnlich so viel gehen und laufen, als wir selber wollten, und machte nur ein Ende, wenn wir selber aus M?digkeit ruhten. Es hatte in der Stadt sich eine Anstalt entwickelt, in welcher nach einer gewissen Ordnung Leibesbewegungen vorgenommen werden sollten, um alle Teile des K?rpers nach Bed?rfnis zu ?ben, und ihrer naturgem?ssen Entfaltung entgegen zu f?hren. Diese Anstalt durfte ich besuchen, nachdem der Vater den Rat erfahrener M?nner eingeholt und sich selber durch den Augenschein von den Dingen ?berzeugt hatte, die da vorgenommen wurden. F?r M?dchen bestand damals eine solche Anstalt nicht, daher liess der Vater f?r die Schwester in einem Zimmer unserer Wohnung so viele Vorrichtungen machen, als er und unser Hausarzt, der ein Beg?nstiger dieser Dinge war, f?r notwendig erachteten, und die Schwester musste sich den ?bungen unterziehen, die durch die Vorrichtungen m?glich waren. Durch die Erwerbung des Vorstadthauses wurde die Sache noch mehr erleichtert. Nicht nur hatten wir mehr Raum im Innern des Hauses, um alle Vorrichtungen zu K?rper?bungen in besserem und ausgedehnterem Masse anlegen zu k?nnen. sondern es war auch der Hofraum und der Garten da, in denen an sich k?rperliche ?bungen vorgenommen werden konnten und die auch weitere Anlagen m?glich machten. Dass wir diese Sachen sehr gerne taten, begreift sich aus der Feurigkeit und Beweglichkeit der Jugend von selber. Wir hatten schon in der Kindheit schwimmen gelernt und gingen im Sommer fast t?glich, selbst da wir in der Vorstadt wohnten, von wo aus der Weg weiter war, in die Anstalt, in welcher man schwimmen konnte. Selbst f?r M?dchen waren damals schon eigene Schwimmanstalten errichtet. Auch ausserdem machten wir gerne weite Wege, besonders im Sommer. Wenn wir im Freien ausser der Stadt waren, erlaubten die Eltern, dass ich mit der Schwester einen besonderen Umgang halten durfte. Wir ?bten uns da im Zur?cklegen bedeutender Wege oder in Besteigung eines Berges. Dann kamen wir wieder an den Ort zur?ck, an welchem uns die Eltern erwarteten. Anfangs ging meistens ein Diener mit uns, sp?ter aber, da wir erwachsen waren, liess man uns allein gehen. Um besser und mit mehr Bequemlichkeit f?r die Eltern an jede beliebige Stelle des Landes ausserhalb der Stadt gelangen zu k?nnen, schaffte der Vater in der Folge zwei Pferde an, und der Knecht, der bisher G?rtner und gelegentlich unser Aufseher gewesen war, wurde jetzt auch Kutscher. In einer Reitschule, in welcher zu verschiedenen Zeiten Knaben und M?dchen lernen konnten, hatten wir reiten gelernt und hatten sp?ter unsere bestimmten Wochentage, an denen wir uns zu gewissen Stunden im Reiten ?ben konnten. Im Garten hatte ich Gelegenheit, nach einem Ziele zu springen, auf schmalen Planken zu gehen, auf Vorrichtungen zu klettern und mit steinernen Scheiben nach einem Ziele oder nach gr?sstm?glicher Entfernung zu werfen. Die Schwester, so sehr sie von der Umgebung als Fr?ulein behandelt wurde, liebte es doch sehr, bei sogenannten gr?beren h?uslichen Arbeiten zuzugreifen, um zu zeigen, dass sie diese Dinge nicht nur verstehe, sondern an Kraft auch die noch ?bertreffe, welche von Kindheit an bei diesen Arbeiten gewesen sind. Die Eltern legten ihr bei diesem Beginnen nicht nur keine Hindernisse in den Weg, sondern billigten es sogar. Ausserdem trieb sie noch das Lesen ihrer B?cher, machte Musik, besonders auf dem Klaviere und auf der Harfe, zu der sie auch sang, und malte mit Wasserfarben.

Als ich den letzten Lehrer verlor, der mich in Sprachen unterrichtet hatte, als ich in denjenigen wissenschaftlichen Zweigen, in welchen man einen l?ngeren Unterricht f?r n?tig gehalten hatte, weil sie schwieriger oder wichtiger waren, solche Fortschritte gemacht hatte, dass man einen Lehrer nicht mehr f?r notwendig erachtete, entstand die Frage, wie es in Bezug auf meine erw?hlte wissenschaftliche Laufbahn zu halten sei, ob man da einen gewissen Plan entwerfen und zu dessen Ausf?hrung Lehrer annehmen sollte. Ich bat, man m?chte mir gar keinen Lehrer mehr nehmen, ich w?rde die Sachen schon selber zu betreiben suchen. Der Vater ging auf meinen Wunsch ein, und ich war nun sehr freudig, keinen Lehrer mehr zu haben und auf mich allein angewiesen zu sein.

Ich fragte M?nner um Rat, welche einen grossen wissenschaftlichen Namen hatten und gew?hnlich an der einen oder der andern Anstalt der Stadt besch?ftigt waren. Ich n?herte mich ihnen nur, wenn es ohne Verletzung der Bescheidenheit geschehen konnte. Da es meistens nur eine Anfrage war, die ich in Bezug auf mein Lernen an solche M?nner stellte, und da ich mich nicht in ihren Umgang dr?ngte, so nahmen sie meine Ann?herung nicht ?bel, und die Antwort war immer sehr freundlich und liebevoll. Auch waren unter den M?nnern, die gelegentlich in unser Haus kamen, manche, die in gelehrten Dingen bewandert waren. Auch an diese wandte ich mich. Meistens betrafen die Anfragen B?cher und die Folge, in welcher sie vorgenommen werden sollten. Ich trieb Anfangs jene Zweige fort, in denen ich schon Unterricht erhalten hatte, weil man sie zu jener Zeit eben als Grundlage einer allgemeinen menschlichen Bildung betrachtete, nur suchte ich zum Teile mehr Ordnung in dieselben zu bringen, als bisher befolgt worden war, zum Teile suchte ich mich auch in jenem Fache auszudehnen, das mir mehr zuzusagen begann. Auf diese Weise geschah es, dass in dem Ganzen doch noch eine ziemliche Ordnung herrschte, da bei der Unbestimmtheit des ganzen Unternehmens die Gefahr sehr nahe war, in die verschiedensten Dinge zersplittert und in die kleinsten Kleinlichkeiten verschlagen zu werden. In Bezug auf die F?cher, die ich eben angefangen hatte, besuchte ich auch Anstalten in unserer Stadt, die ihnen f?rderlich werden konnten: B?chersammlungen, Sammlungen von Werkzeugen und namentlich Orte, wo Versuche gemacht wurden, die ich wegen meiner Unreifheit und wegen Mangels an Gelegenheit und Werkzeugen nie h?tte ausf?hren k?nnen. Was ich an B?chern und ?berhaupt an Lehrmitteln brauchte, schaffte der Vater bereitwillig an.

Ich war sehr eifrig und gab mich manchem einmal ergriffenen Gegenstande mit all der entz?ndeten Lust hin, die der Jugend bei Lieblingsdingen eigen zu sein pflegt. Obwohl ich bei meinen Besuchen der ?ffentlichen Anstalten zu k?rperlicher oder geistiger Entwicklung, ferner bei den Besuchen, welche Leute bei uns oder welche wir bei ihnen machten, sehr viele junge Leute kennen gelernt hatte, so war ich doch nie dahin gekommen, so ausschliesslich auf blosse Vergn?gungen und noch dazu oft unbedeutende erpicht zu sein, wie ich es bei der gr?ssten Zahl der jungen Leute gesehen hatte. Die Vergn?gungen, die in unserem Hause vorkamen, wenn wir Leute zum Besuche bei uns hatten, waren auch immer ernsterer Art.

Ich lernte auch viele ?ltere Menschen kennen; aber ich achtete damals weniger darauf, weil es bei der Jugend Sitte ist, sich mit lebhafter Beteiligung mehr an die anzuschliessen, die ihnen an Jahren n?her stehen, und das, was an ?lteren Leuten befindlich ist, zu ?bersehen.

Als ich achtzehn Jahre alt war, gab mir der Vater einen Teil meines Eigentums aus der Erbschaft vom Grossoheime zur Verwaltung. Ich hatte bis dahin kein Geld zu regelm?ssiger Gebarung gehabt, sondern wenn ich irgend etwas brauchte, kaufte es der Vater, und zu Dingen von minderem Belange gab mir der Vater das Geld, damit ich sie selber kaufe. Auch zu Vergn?gungen bekam ich gelegentlich kleine Betr?ge. Von nun an aber, sagte der Vater, werde er mir am ersten Tage eines jeden Monats eine bestimmte Summe auszahlen, ich solle dar?ber ein Buch f?hren, er werde diese Auszahlungen bei der Verwaltung meines Gesammtverm?gens, welche Verwaltung ihm noch immer zustehe, in Abrechnung bringen, und sein Buch und das meinige m?ssten stimmen. Er gab mir einen Zettel, auf welchem der Kreis dessen aufgezeichnet war, was ich von nun an mit meinen monatlichen Eink?nften zu bestreiten h?tte. Er werde mir nie mehr von seinem Gelde einen Gegenstand kaufen, der in den verzeichneten Kreis geh?re. Ich m?sse p?nktlich verfahren und haush?lterisch sein; denn er werde mir auch nie und nicht einmal unter den dringendsten Bedingungen einen Vorschuss geben. Wenn ich zu seiner Zufriedenheit eine Zeit hindurch gewirtschaftet h?tte, dann werde er meinen Kreis wieder erweitern, und er werde nach billigstem Ermessen sehen, in welcher Zeit er mir auch vor der erreichten gesetzlichen M?ndigkeit meine Angelegenheiten ganz in die H?nde werde geben k?nnen.

Der Wanderer

Ich verfuhr mit der Rente, welche mir der Vater ausgesetzt hatte, gut. Daher wurde nach einiger Zeit mein Kreis erweitert, wie es der Vater versprochen hatte. Ich sollte von nun an nicht bloss nur einen Teil meiner Bed?rfnisse von dem zugewiesenen Einkommen decken, sondern alle. Deshalb wurde meine Rente vergr?ssert. Der Vater zahlte sie mir von nun an auch nicht mehr monatlich, sondern viertelj?hrlich aus, um mich an gr?ssere Zeitabschnitte zu gew?hnen. Sie mir halbj?hrlich oder gar nach ganzen Jahren einzuh?ndigen wollte er nicht wagen, damit ich doch nicht etwa in Unordnungen geriete. Er gab mir nicht die ganzen Zinsen von der Erbschaft des Grossoheims, sondern nur einen Teil, den andern Teil legte er zu der Hauptsumme, so dass mein Eigentum wuchs, wenn ich auch von meiner Rente nichts er?brigte. Als Beschr?nkung blieb die Einrichtung, dass ich in dem Hause meiner Eltern wohnen und an ihrem Tische speisen musste. Es ward daf?r ein Preis festgesetzt, den ich alle Vierteljahre zu entrichten hatte. Jedes andere Bed?rfnis, Kleider, B?cher, Ger?te oder was es immer war, durfte ich nach meinem Ermessen und nach meiner Einsicht befriedigen.

Die Schwester erhielt auch Befugnisse in Hinsicht ihres Teiles der Erbschaft des Grossoheims, in so weit sie sich f?r ein M?dchen schickten.

Wir waren ?ber diese Einrichtung sehr erfreut und beschlossen, nach dem Wunsche und dem Willen der Eltern zu verfahren, um ihnen Freude zu machen.

Ich ging, nachdem ich in den verschiedenen Zweigen der Kenntnisse, die ich zuletzt mit meinen Lehrern betrieben hatte und welche als allgemein notwendige Kenntnisse f?r einen gebildeten Menschen gelten, nach mehreren Richtungen gearbeitet hatte, auf die Mathematik ?ber. Man hatte mir immer gesagt, sie sei die schwerste und herrlichste Wissenschaft, sie sei die Grundlage zu allen ?brigen, in ihr sei alles wahr, und was man aus ihr habe, sei ein bleibendes Besitztum f?r das ganze Leben. Ich kaufte mir die B?cher, die man mir riet, um von den Vorkenntnissen, die ich bereits hatte, ausgehen und zu dem H?heren immer weiter streben zu k?nnen. Ich kaufte mir eine sehr grosse Schiefertafel, um auf ihr meine Arbeiten ausf?hren zu k?nnen. So sass ich nun in manchen Stunden, die zum Erlernen von Kenntnissen bestimmt waren, an meinem Tische und rechnete. Ich ging den G?ngen der M?nner nach, welche die Gestaltungen dieser Wissenschaft nach und nach erfunden hatten und von diesen Gestaltungen zu immer weiteren gef?hrt worden waren. Ich setzte mir bestimmte Zeitr?ume fest, in welchen ich vom Weitergehen abliess, um das bis dahin Errungene wiederholen und meinem Ged?chtnisse einpr?gen zu k?nnen, ehe ich zu ferneren Teilen vorw?rts schritt. Die B?cher, welche ich nach und nach durchnehmen wollte, hatte ich in der Ordnung auf einem B?cherbrett aufgestellt. Ich war nach einer verh?ltnism?ssigen Zeit in ziemlich schwierige Abteilungen des h?heren Gebietes dieser Wissenschaft vorger?ckt.

Der Vater erlaubte mir endlich, zuweilen im Sommer eine Zeit hindurch entfernt von den Eltern auf irgend einem Punkte des Landes zu wohnen. Zum ersten Aufenthalte dieser Art wurde das Landhaus eines Freundes meines Vaters nicht gar ferne von der Stadt erw?hlt. Ich erhielt ein Zimmerchen in dem obersten Teile des Hauses, dessen Fenster auf die nahen Weinberge und zwischen ihren Senkungen durch auf die entfernten Gebirge gingen. Die Frau des Hauses gab mir in sehr kurzen Zwischenzeiten immer erneuerte schneeweisse Fenstervorh?nge. Sehr oft kamen die Eltern heraus, besuchten mich und brachten den Tag auf dem Lande zu. Sehr oft ging ich auch zu ihnen in die Stadt und blieb manchmal sogar ?ber Nacht in ihrem Hause.

Der zweite Aufenthalt im n?chst darauf folgenden Sommer war viel weiter von der Stadt entfernt in dem Hause eines Landmanns. Man hat h?ufig in den H?usern unserer Landleute, in welchen alle Wohnstuben und andere R?umlichkeiten ebenerdig sind, doch noch ein Geschoss ?ber diesen R?umlichkeiten, in welchem sich ein oder mehrere Gem?cher befinden. Unter diesen Gem?chern ist auch die sogenannte obere Stube. H?ufig ist sie bloss das einzige Gemach des ersten Geschosses. Die obere Stube ist gewissermassen das Prunkzimmer. In ihr stehen die sch?neren Betten des Hauses, gew?hnlich zwei, in ihr stehen die Schreine mit den sch?nen Kleidern, in ihr h?ngen die Scheiben- und Jagdgewehre des Mannes, wenn er dergleichen hat, so wie die Preise, die er im Schiessen etwa schon gewonnen, in ihr sind die sch?neren Geschirre der Frau, besonders wenn sie Kr?ge aus Zinn oder etwas aus Porzellan hat, und in ihr sind auch die besseren Bilder des Hauses und sonstige Zierden, zum Beispiel ein sch?nes Jesuskindlein aus Wachs, welches in weissem feinem Flaume liegt. In einer solchen oberen Stube des Hauses eines Landmanns wohnte ich. Das Haus war so weit von der Stadt entfernt, dass ich die Eltern nur ein einziges Mal mit Benutzung des Postwagens besuchen konnte, sie aber gar nie zu mir kamen.

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