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Read Ebook: Komik und Humor: Eine Psychologische-Ästhetische Untersuchung by Lipps Theodor

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Ebook has 542 lines and 93096 words, and 11 pages

Oder wenn wir diese Ausdr?cke wiederum fallen lassen: Das, was nur nicht mehr als ein Selbstverst?ndliches oder Gewohntes erscheint, f?llt mir in h?herem Grade auf. Es wirkt wie ein Neues. Damit steigert sich auch die Gef?hlswirkung. Meine Vern?nftigkeit wird also durch den Vergleich mit der Unvernunft anderer f?r mich eindrucksvoller. Damit ist das gesteigerte Selbstgef?hl, der Stolz auf meine Vern?nftigkeit, das Gef?hl der ?berlegenheit gegeben.

Auch aus dieser Betrachtung der Entstehungsweise des Gef?hles der ?berlegenheit ergiebt sich, wie wenig dasselbe mit der Komik zu thun hat. Es ist einfach erh?htes Gef?hl des Wertes meiner selbst, h?here Selbstachtung, Stolz. Und darin liegt nichts komisch Erheiterndes. Das Gef?hl der Komik steht dazu im Gegensatz. Es wird demnach auch verm?ge eines entgegengesetzten Prozesses entstehen.

ZIEGLERS THEORIE.

KR?PELINS "INTELLEKTUELLER KONTRAST".

Oder besteht die begriffliche Vereinigung und damit die specifische Bedingung der Komik in den oben genannten F?llen darin, dass der Bauer den Neger, ebenso wie den Kaukasier, dem Begriff "Mensch", oder dass wir das Bild des anders frisierten und mit ungewohnter Kopfbedeckung versehenen Freundes ebenso wie das gewohnte Bild dem Begriff "unser Freund" unterzuordnen versuchen, und dabei die Erfahrung machen, dass dies nicht ohne Widerspruch gelingt?

Ebenso kann ich den ver?nderten Zustand, in dem sich eine Pflanze heute befindet, mit dem Zustand, in dem sich dieselbe Pflanze gestern befand--sie habe etwa ?ber Nacht Bl?ten getrieben--nicht vergleichen, ohne beide Wahrnehmungsinhalte--die bl?hende und die bl?tenlose Pflanze--demselben Begriff dieser mir bekannten Pflanze einzuordnen. Wenigstens hat es hier ebensoviel bezw. ebensowenig Sinn, von einer Einordnung in einen gemeinsamen Begriff zu sprechen, wie beim komischen Kontrast zwischen dem neufrisierten Freunde einerseits und dem gewohnten Anblick desselben andererseits.

WUNDTS THEORIE.

Was ich dagegen zu sagen habe, ist der Hauptsache nach bereits gesagt:

Werden alle Gef?hle durch Kontrast gehoben, so erf?hrt in dem Wechsel der Gef?hle, wie die Lust durch die Unlust, so auch die Unlust durch die Lust eine Steigerung. Es bleibt also das Verh?ltnis dasselbe.

Drittens: Es kann auch nicht gesagt werden, dass bei der Komik das Gef?hl der Lust ?berwiegen m?sse. Die Komik des Ver?chtlichen, die Komik, die aus dem Lachen der Verzweiflung spricht, zeigt ein ?bergewicht der Unlust, Komik ist ihrem eigentlichen Wesen nach weder Lust noch Unlust, sondern im Vergleich mit beiden etwas Neues.

Viertens: Damit ist auch schon gesagt, dass zur Komik der Wechsel der Lust und Unlust nicht geh?rt. Mag beim Gef?hl der Komik bald die Lust- bald die Unlustf?rbung st?rker heraustreten; das Gef?hl der Komik ist an sich ein von diesem Gegensatze unabh?ngiges eigenartiges Gef?hl.

Dass sie ein gewisses Recht haben m?sse, k?nnen wir aber auch schon aus der Thatsache entnehmen, dass uns ?hnliche Wendungen, sei es zur Charakterisierung des Witzes, sei es zur Kennzeichnung der Komik ?berhaupt fr?her und sp?ter immer wieder begegnen.

VERWANDTE THEORIEN.

Soll auch dagegen noch eine besondere Bemerkung gemacht werden, so sei auf folgendes hingewiesen: Ein menschliches Verhalten, ein religi?ser Gebrauch etwa, sei in sich m?glichst "absurd". Diese Absurdit?t wird komisch erscheinen, wenn sie ?berraschend oder verbl?ffend ist; d. h. wenn wir die betreffenden Personen mit unserem Masse messen, sie also als vern?nftige Menschen betrachten, wenn demgem?ss die Unvernunft in unseren Augen den Anspruch erhebt, vern?nftig, ja vielleicht erst recht vern?nftig zu sein, zugleich aber v?llig klar in ihrer Unvernunft einleuchtet.

KONTRAST DES GROSSEN UND KLEINEN.

Mit den letzten Bemerkungen des vorigen Abschnittes habe ich dem Folgenden vorgegriffen. Das dort Angedeutete wird in diesem Abschnitt n?her auszuf?hren sein.

Wir reden zun?chst von der objektiven Komik. Die genauere Abgrenzung derselben von den beiden anderen Gattungen der Komik, der subjektiven und der naiven Komik, wird sp?ter, im Kapitel ?ber die naive Komik, zu vollziehen sein. Hier gen?gt uns einstweilen diejenige Bestimmung des Begriffes der objektiven Komik, die sich aus dem hier Folgenden von selbst ergiebt.

Ein Kleines, ein relatives Nichts, dies liegt in allen diesen Wendungen, bildet jederzeit die eine Seite des komischen Kontrastes; ein Kleines, ein Nichts, nicht ?berhaupt, sondern im Vergleich zu demjenigen, mit dem es kontrastiert. Die Komik entsteht eben, indem das Kleine an dem Andern, zu dem es in Beziehung gesetzt wird, sich misst und dabei in seiner Kleinheit zu Tage tritt.

Auf Eines muss ich besonders aufmerksam machen. Die Art, in der Objekte auf uns wirken oder uns in Anspruch nehmen, pflegt der Hauptsache nach nicht auf dem zu beruhen, was sie f?r unsere Wahrnehmung sind, sondern auf dem, was sie uns bedeuten, oder anzeigen, woran sie gemahnen oder erinnern. Die Wirkung der Worte liegt vor allen Dingen an dem, was sie sagen, nicht minder die der sichtbaren Formen, sei es einzig, sei es zum wesentlichen Teile, an den Gedanken, die sie in uns erwecken.

NACHAHMUNG UND KARIKATUR.

Oder, geh?rt die Eigent?mlichkeit nicht zum Wesen der Person, in dem Sinne, dass wir gar nichts Anderes von ihr erwarten, dann haben wir uns doch vielleicht in die Person und die Eigent?mlichkeit gefunden. Wir haben gelernt die Pers?nlichkeit als Ganzes zu fassen; und in ihrer Ganzheit, zu der auch die Schw?che geh?rt, ist sie uns vertraut.--Indem ich nun aber die Eigent?mlichkeit nachahme, reisse ich sie aus jenem Zusammenhang heraus. Sie wird jetzt gewissermassen Gegenstand absoluter Beurteilung, d. h. sie tritt statt in ihrer Beziehung zu ihrem Tr?ger, in ihrer Beziehung zum Menschen ?berhaupt ins Bewusstsein. Sie wird gemessen an dem, was man vom Menschen ?berhaupt erwartet. Und in diesem Zusammenhang stellt sie sich als Kleinheit dar und wirkt entsprechend. Sie wirkt komisch.

V?llig entgegengesetzte Eigenschaften k?nnen auf diese Weise durch Nachahmung komisch werden. Wie die Sprechweise, die ein Sichgehenlassen des Gef?hls verr?t, so auch die besonders energische, trotzig herausfordernde, kommandom?ssige. Der Kommandoton bleibt nicht hinter dem zur?ck, was wir im allgemeinen zu erwarten pflegen, sondern geht dar?ber hinaus; er l?sst aber seinerseits einen entsprechenden Zweck und Inhalt der Rede erwarten. Auch wo der fehlt, ertragen wir am Ende den Ton, wenn die Person und Stellung dazu passen. Reissen wir ihn, nachahmend, aus diesem Zusammenhang, so erscheint er in seiner Zweck- und Inhaltlosigkeit und damit relativ nichtig.

Man sieht leicht, dass zwischen den beiden hier unterschiedenen F?llen hinsichtlich des Grundes der Komik derselbe Gegensatz besteht, wie zwischen der zu kleinen und der zu grossen Nase oder zwischen ?berm?ssiger Hagerkeit und ?berm?ssiger K?rperf?lle. Ein Objekt wird komisch das eine Mal, weil es selbst eine Erwartung unerf?llt l?sst, das andere Mal, weil es eine Erwartung erregt, die unerf?llt bleibt. Dieser Gegensatz geht durch. Der Mann, der ein Kinderh?ubchen aufsetzt, und der kleine Junge, der sich einen Cylinder aufs Haupt st?lpt, beide sind gleich komisch. Zun?chst ist dort das H?ubchen komisch, weil man an seiner Stelle die w?rdige m?nnliche Kopfbedeckung erwartet, hier das Kind, weil wir als Tr?ger des w?rdigen Cylinders einen Mann erwarten. Dann aber heftet sich die Komik auch, in jenem Falle an den Mann, in diesem an den Cylinder, weil der Mann, indem er das H?ubchen aufsetzt, seiner W?rde als Mann, der Cylinder, indem er sich herabl?sst das Haupt des Kindes zu schm?cken, seiner W?rde als m?nnliche Kopfbedeckung sich zu begeben scheint.

Mit der Komik der Nachahmung ist die der Karikatur verwandt. Auch bei der letzteren werden "Eigenheiten" herausgehoben, nicht durch Herausl?sung aus dem gewohnten Zusammenhang, aber durch Steigerung. Ich zeichne einen Menschen im ?brigen korrekt, vergr?ssere aber die etwas zu grosse, oder verkleinere die etwas zu kleine Nase, verst?rke die Hagerkeit oder die Rundung der Person u. s. w. In jedem Falle handelt es sich um die Hervorhebung eines relativ Nichtigen. Dies macht zun?chst die Karikatur selbst zum Gegenstand der Komik, dann auch das Original, mit dem wir nicht umhin k?nnen sie zu identifizieren.

SITUATIONSKOMIK.

Nur unter einer Bedingung kann auch bei F?llen dieser letzteren Art das Gef?hl der Komik sich einstellen; dann n?mlich, wenn sich in unseren Gedanken der Zusammenhang der Facta in der Weise umkehrt, dass dasjenige, was dem nat?rlichen Gang der Dinge zufolge an die Stelle des Erwarteten tritt, zu dem wird, was die Erwartung erregt, und umgekehrt. Angenommen etwa, wir sehen nicht die geringe Bem?hung und auf diese folgend das bedeutsame Ergebnis, sondern h?ren zuerst von dem letzteren, und erwarten nun oder fordern an der Hand gel?ufiger Erfahrung, dass eine bedeutsame Anstrengung vorausgegangen sei, oder wir sehen wohl erst die geringe Bem?hung, und dann den grossen Erfolg, wenden aber nachher unsern Blick von dem Erfolg wiederum zur?ck zur geringen Bem?hung und finden diese geringf?giger als wir eigentlich glauben erwarten zu m?ssen,--in jedem der beiden F?lle kann die geringf?gige Bem?hung komisch erscheinen. Aber derartige F?lle wiederlegen nicht, sondern best?tigen unsere Behauptung. Nicht der objektive Zusammenhang, sondern der Zusammenhang in unserem Denken und das Vorher und Nachher innerhalb dieses Zusammenhangs, ist ja f?r uns das Entscheidende.

DIE ERWARTUNG.

Es ist, um viele F?lle in einen Typus zusammenzufassen, komisch, wenn Berge kreissen und ein winziges M?uschen wird geboren. Man lasse dabei die Erwartung weg, nehme an, das Kreissen der Berge gebe zu keiner Vermutung ?ber die Beschaffenheit dessen, was daraus entstehen m?ge, Anlass, so dass der Gedanke, es werde etwas Grosses geboren werden, nicht n?her liegt als der entgegengesetzte, und die Komik ist dahin. Sie beruht also freilich auf einem Kontrast, aber nicht auf dem Kontrast der Berge und des M?uschens, sondern auf dem Kontrast des Erwarteten und des daf?r Eintretenden.

Dies wird noch deutlicher in anderen F?llen. Vor mir liege ein chemischer K?rper, der bei einem leichten Schlage mit lautem Knall explodieren soll. Indem ich den Schlag ausf?hre, bin ich auf den Knall gefasst. Ich h?re aber thats?chlich nur das Ger?usch, das der Schlag auch sonst hervorgebracht h?tte: der Versuch ist missgl?ckt. Hier ist dasjenige, was die Erwartung erregt, die Wahrnehmung des Schlages, an sich so geringf?gig wie dasjenige, was folgt. Kein Kontrast irgendwelcher Art findet statt zwischen dem leichten Schlage und dem Ger?usch. Der Kontrast besteht einzig zwischen dem Ger?usch und der erwarteten Explosion. Hierin also ist der Grund der Komik zu suchen.

Die Erwartung einer Wahrnehmung oder einer Thatsache ist jedenfalls ein Zustand des Bereit- oder Ger?stetseins zum Vollzug der Wahrnehmung, bezw. zur Erfassung der Thatsache. Ein solches Bereitsein kann in unendlich vielen Stufen stattfinden. Ich bin nicht bereit eine Wahrnehmung zu vollziehen, wenn Anderes, das mit der Wahrnehmung in keinem Zusammenhang steht, mich g?nzlich in Anspruch nimmt, oder gar Vorstellungen sich mir aufdr?ngen, deren Inhalt dem Inhalt jener Wahrnehmung widerspricht. So bin ich nicht vorbereitet einen Glockenschlag zu h?ren, wenn Gedanken, die mit dem Glockenschlage in keiner Beziehung stehen, mich ganz und gar besch?ftigen. Ich bin in noch minderem Grade vorbereitet, jemand eine bedeutende Leistung vollbringen zu sehen, wenn seine ganze Pers?nlichkeit vielmehr den Eindruck der Unf?higkeit zu jeder bedeutenden Leistung macht.

Dagegen kann ich mich schon in gewisser Weise auf den Schall vorbereitet nennen, wenn mich in dem Augenblicke, wo er eintritt, nichts besonders in Anspruch nimmt, wenn also die Schallwahrnehmung relativ ungehindert in mir zu stande kommen kann. Ich bin ebenso in gewisser Weise vorbereitet, die Leistung sich vollziehen zu sehen, wenn ich hinsichtlich der Leistungsf?higkeit der Person kein g?nstiges, aber auch kein ung?nstiges Vorurteil hege.

Damit ist indessen noch nicht der h?chste Grad der Bereitschaft erreicht. Sie steigert sich, wenn ich von der Leistungsf?higkeit der Person die beste Meinung habe, wenn ich zugleich an ihrer Zuverl?ssigkeit nicht zweifle, wenn endlich solche Elemente, die dem, was kommen soll, unmittelbar angeh?ren, in der Wahrnehmung oder Erfahrung bereits gegeben sind. Ich weiss etwa, der Moment, f?r den die Leistung angek?ndigt war, ist da; ich sehe auch die Person zum Vollzug derselben sich anschicken. Jetzt wird mein Vorstellen gleichzeitig durch alle diese Faktoren auf die Wahrnehmung des wirklichen Vollzugs der Leistung hingeleitet. Die Energie dieser Hinleitung nimmt zu; bis zu dem Momente, wo es sich entscheiden muss, ob die That geschieht oder nicht. Wiederum verr?t sich die vorbereitende Kraft jener Faktoren in der unmittelbaren Erfahrung. Immer begieriger und leichter vollziehe ich die Wahrnehmung der Leistung, wenn sie wirklich geschieht, und immer befremdlicher finde ich mich angemutet, wenn sie schliesslich dennoch unterbleibt.

Vielleicht freilich giebt man nicht viel auf diese unmittelbare Erfahrung. Dann mag daran erinnert werden, dass die Wirksamkeit solcher Faktoren auch experimentell feststeht. Psychische Messungen ergeben, dass Wahrnehmungsinhalte um so schneller von uns erfasst werden oder zu unserem Bewusstsein gelangen, je mehr derartige Faktoren, je mehr also Vorstellungs- oder Wahrnehmungsinhalte, die mit der neuen Wahrnehmung in engem erfahrungsgem?ssem Zusammenhang stehen, bereits gegeben sind. So ist die Zeit, die zwischen der Ausl?sung eines Schalles und der Wahrnehmung desselben verfliesst, k?rzer, wenn derjenige, der ihn h?rt, vorher weiss, es werde ein Schall von dieser bestimmten Beschaffenheit erfolgen, als wenn er ihn v?llig unvorbereitet h?rt; sie ist noch k?rzer, wenn dem Schall in bestimmter, dem H?rer genau bekannter Zeit irgendwelches Signal vorangeht. Diese successive Verk?rzung der Zeit beweist so deutlich als m?glich die den Vollzug der Wahrnehmung vorbereitende und erleichternde Kraft jener Faktoren.

Der zuletzt bezeichneten Art der Bereitschaft nun wird jedermann den Namen der Erwartung zugestehen. Wir "erwarten" das in Aussicht gestellte und angefangene Unternehmen sich vollenden zu sehen. Dagegen sagen wir nicht, wir erwarten einen Schall zu h?ren, wenn die Wahrnehmung desselben nur in dem Sinne vorbereitet ist, dass ihr kein besonderes Hindernis entgegensteht. Wir "erwarten" auch nicht den Vollzug der Leistung, wenn die Ank?ndigung derselben uns zwar bekannt, aber im Augenblicke nicht in uns wirksam ist, sei es dass der Gedanke ?berhaupt nicht in uns lebendig ist, sei es dass sonstige seelische Vorg?nge ihn verhindern seine Wirksamkeit zu entfalten.

Damit sehen wir in der Erwartung nicht eine besondere seelische Th?tigkeit, oder ein ?ber den associativen "Mechanismus" hinausgehendes seelisches Geschehen. Zwei seelische Vorg?nge sind durch Association verkn?pft, dies heisst gar nichts anderes, als, sie sind so aneinander gebunden, dass die Wiederkehr des einen auf die Wiederkehr des ?ndern hindr?ngt; und dies Hindr?ngen giebt sich ?berall darin zu erkennen, dass der zweite seelische Vorgang sich, sei es ?berhaupt vollzieht, sei es leichter vollzieht, weil der erstere sich vollzieht oder sich vollzogen hat; womit dann zugleich gesagt ist, dass ein jenem Vorgang gegens?tzlicher in seinem Entstehen gehemmt werden wird. Oder kurz gesagt, wir sprechen von Association darum und nur darum, weil wir es erleben, dass seelische Vorg?nge sich als wirksame Bedingungen anderer, damit nat?rlich zugleich als Hemmung entgegengesetzter erweisen. Die an sich unbekannte Beziehung zwischen Vorg?ngen, welche in dieser Wirksamkeit sich ?ussert, nennen wir Association. Auch die Erwartung ist nur ein besonderer Fall der Wirksamkeit der Associationen. An gewisse Bewusstseinsinhalte hat sich in den besprochenen F?llen eine Wahrnehmung oder der Gedanke an die Verwirklichung eines Geschehens erfahrungsgem?ss gekn?pft. Diese Verkn?pfung beth?tigt sich, indem die Wahrnehmung oder die Erfassung des Geschehens leichter sich vollzieht, und eben damit zugleich der Vollzug einer entgegengesetzten Wahrnehmung oder eines widersprechenden Gedankens eine Hemmung erleidet, sobald jene Bewusstseinsinhalte wiederum in uns lebendig werden.

Ein Punkt nur scheint noch ?bersehen: das Gef?hl des Strebens oder der inneren Spannung, das die Erwartung begleitet. Aber dies Gef?hl ist, wie dies schon oben gelegentlich von den Gef?hlen ?berhaupt gesagt wurde, nicht mitwirksamer Faktor. Es ist ein Nebenprodukt, das ?berall sich einstellt, wo der Fluss des seelischen Geschehens auf ein Ziel gerichtet ist, dies Ziel aber nicht, oder einstweilen nicht erreichen kann; oder anders ausgedr?ckt, wo aktive, also in thats?chlich vorhandenen Empfindungen oder Vorstellungen bestehende Bedingungen f?r ein seelisches Geschehen gegeben sind, ohne dass doch dies Geschehen, sei es ?berhaupt, sei es einstweilen sich vollziehen kann. Wir werden in dem Gef?hl des Strebens eben dieses Sachverhaltes, dieser Kausalit?t, die ihres zugeh?rigen Erfolges ?berhaupt oder einstweilen entbehren muss, inne; es bildet den Widerschein desselben in unserem Bewusstsein.

Es ist nun aber gar nicht meine Absicht, hier dem Begriff der Erwartung eine m?glichst weite Anwendbarkeit zu sichern. Mag man die Erwartung da, wo man auf die Erf?llung oder Entt?uschung nicht zu "warten" braucht, und darum kein merkbares Spannungsgef?hl eintritt, trotzdem als solche bezeichnen oder nicht, uns kommt es einzig an auf das in aller Erwartung Wesentliche und psychologisch Wirksame, die aktive Bereitschaft also zur Erfassung eines Inhaltes. Und diese findet sich bei aller bisher besprochenen Komik.

DIE KOMIK ALS GR?SSE UND KLEINHEIT DESSELBEN.

V?llig analog verh?lt es sich in zahllosen andern, und der Hauptsache nach gleichartig in allen F?llen der Komik ?berhaupt. Der Bettler, so k?nnen wir allgemeiner sagen, spielt die "Rolle" des wichtigen Besuches, nicht in Wirklichkeit, sondern f?r mein Vorstellen; er beansprucht die Bedeutung desselben, geb?rdet sich so, f?r mein Bewusstsein n?mlich. Dann stellt er sich unvermittelt dar als das, was er ist. Ebenso spielt das Kinderh?ubchen auf dem Kopf des Erwachsenen die "Rolle" der m?nnlichen Kopfbedeckung, der kleine Knabe unter dem m?nnlichen Hute die Rolle des Mannes. Das kleine H?uschen in der Reibe von Pal?sten "geb?rdet" sich wie einer der Pal?ste; die Hautfarbe des Negers "erhebt den Anspruch", ebenso als Tr?ger und Verk?ndiger eines hinter ihr pulsirenden menschlichen Lebens zu gelten, wie die unsrige. Sie spielen die Rolle und erheben den Anspruch, um dann doch sofort wieder die Rolle fallen zu lassen und des Anspruchs beraubt zu erscheinen.

DAS KOMISCHE "LEIHEN".

Unser bisheriges Ergebnis ist dies. Das Gef?hl der Komik entsteht, indem ein--gleichg?ltig ob an sich oder nur f?r uns--Bedeutungsvolles oder Eindrucksvolles f?r uns oder in uns seiner Bedeutung oder Eindrucksf?higkeit verlustig geht.

Das zur Feststellung dieses Satzes Vorgebrachte bedarf aber noch der Erg?nzung oder der n?heren Bestimmung. Diese wollen wir in der Weise gewinnen, dass wir zugleich solche andere Theorien, die gleichfalls auf jener Grundanschauung beruhen, oder wenigstens Elemente derselben in sich schliessen, mit in die Diskussion hereinziehen.

"SELBSTGEF?HL IN STATU NASCENDI". KOMIK UND LACHEN.

Diese psychologische Methode nun kann zu einer vollkommenen Verkennung des Wesens der Komik f?hren. Das Wissen davon, bei welchen Gelegenheiten Menschen lachen, kann einen Aufschluss ?ber die Bedingungen der Komik geben, erst wenn feststeht, wieweit dies Lachen einem Gef?hl der Komik entspringt.

Der Erwachsene erhebt f?r das Kind den Anspruch, oder das Kind "erwartet" von ihm, dass er sich ?berlegen zeige. Dieser Anspruch zergeht, wenn der Erwachsene sich besiegen l?sst. Der ?berlegene zeigt sich nicht ?berlegen. Dass der Erwachsene thats?chlich ?berlegen bleibt und das Kind davon weiss, thut nichts zur Sache. Worauf es ankommt, das ist einzig der Schein, die im Kinde momentan entstehende Vorstellung, dass die ?berlegenheit in ihr Gegenteil umgeschlagen sei.

KOMIK DES "NEUEN".

Zun?chst bitte ich auch hier wiederum zu ber?cksichtigen, dass unser Problem nicht das Lachen ist, sondern die Komik. Im ?brigen gilt dies:

Neuheit ist keine Eigenschaft des Neuen. Sondern "Neuheit" eines Dinges besagt nur, dass das Ding noch kein gewohntes geworden ist. Die Gewohntheit stumpft die Eindrucksf?higkeit ab. Der "Reiz" der Neuheit ist also nichts, als die noch nicht durch Gewohntheit verminderte Eindrucksf?higkeit eines Dinges. Er ist die Eindrucksf?higkeit, oder die "Gr?sse", welche das Ding von Hause aus oder verm?ge seiner Beschaffenheit besitzt. Ich verweise hier auf die einschl?gigen Bemerkungen meiner "Grundthatsachen des Seelenlebens".

Dabei ist zu bedenken, dass das Neue, das Kinder erleben, nicht isoliert, sondern in einem Zusammenhang aufzutreten pflegt. Dieser Zusammenhang r?ckt es in eine Beleuchtung. Damit wird der Gegensatz des Bedeutsamen und des Nichtigen m?glich: Eines und dasselbe kann bedeutsam erscheinen in einem Zusammenhange, nichtig an sich. Ich begr?ndete oben den Umstand, dass Kindern so leicht Neues komisch erscheine, damit, dass ich sagte, das Neue sei f?r sie ein noch nicht Verstandenes, also Leeres. Dies hindert doch nicht, dass es jedesmal an der Stelle, wo es auftritt, f?r das Kind eine Bedeutung beansprucht. Und eben weil oder sofern es dies thut, zugleich aber diesen Anspruch nicht scheint aufrecht erhalten zu k?nnen, wird es komisch.

KOMISCHE UNTERBRECHUNG.

Angenommen aber auch das Unbedeutende werde zuf?llig Gegenstand der Aufmerksamkeit. Eine architektonische Linie etwa in den Raume, in dem ich mich befinde, weckt mein Interesse, weil sie nicht eben gew?hnlich ist. Dann wiederum lasse ich die Linie fallen. Oder ein Lichtschein, die mit einem Male durch die Fenster hereinfallende Sonne, zieht w?hrend der feierlichen Rede momentan meine Aufmerksamkeit auf sich, nicht weil der Lichtschein oder die Sonnenhelle mir an sich besonders interessant w?re, sondern einfach wegen ihrer Neuheit oder wegen ihres pl?tzlichen Auftretens. Dann wende ich, eben weil die Sache an sich kein besonderes Interesse hat, meine Aufmerksamkeit ebenso rasch wiederum davon ab. Auch hier hat eine Unterbrechung stattgefunden. Der Faden der Rede ist mir zerrissen. Die Spannung, in welche die Rede mich versetzte, ist gel?st. Ich bin jetzt f?r eine Zeitlang, n?mlich so lange bis ich den Faden der Rede wiedergefunden habe, in keiner Weise gespannt. Und die L?sung war eine pl?tzliche. Dennoch braucht darin gar nichts Komisches zu liegen. Es fehlt eben die Bedingung. Es zergeht nicht ein Bedeutungsvolles in sich selbst. Es offenbart sich nicht ein Bedeutungsvolles als ein solches, dem doch auch wiederum das Moment, durch das es bedeutungsvoll schien, nicht zukommt.

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